Zuständigkeit des VI. Zivilsenats

Wenn Sie sich einen Überblick über diejenigen Entscheidungen des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs verschaffen wollen, an denen die Sozietät beteiligt war, finden Sie eine entsprechende Auswahl unter „Schwerpunkte“.

Herr Rechtsanwalt Dr. Mennemeyer ist u.a. Fachanwalt für Medizinrecht und in großem Umfang mit Verfahren beim VI. Zivilsenat befasst.  

Dem VI. Zivilsenat sind zugewiesen die Rechtsstreitigkeiten über unerlaubte Handlungen, soweit nicht andere Senate zuständig sind. Dies betrifft insbesondere Schadensersatzansprüche aus medizinischer Behandlung von Mensch und Tier sowie Schadensersatzansprüche aus §§ 84 ff. des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (vgl. hierzu Newsletter Medizinrecht) sowie Ansprüche aus dem Recht am eigenen Bild und aus dem Bundesdatenschutzgesetz. Der Zuständigkeitsbereich des VI. Zivilsenats erstreckt sich daneben auf Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche aus Unfällen, an denen ein Luftfahrzeug, ein Kraftfahrzeug, eine Eisenbahn oder eine Straßenbahn beteiligt sind (vgl. hierzu Newsletter Verkehrsrecht), sowie auf Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche aus dem Produkthaftungsgesetz, aus dem Gesetz zur Regelung der Gentechnik und dem Umwelthaftungsgesetz, wobei sich weitere Spezialzuweisungen aus dem Geschäftsverteilungsplan ergeben.

 

 

 

ZPO § 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6
Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben sowie den Streitgegenstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen. Anderenfalls sind sie nicht mit den nach dem Gesetz erforderlichen Gründen versehen und bereits deshalb wegen eines von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangels aufzuheben.
Beschluss vom 20. Februar 2024 - VI ZB 19/22

 

 

BGB § 307 Abs. 1 Bg, Cl
Zur Wirksamkeit einer formularmäßigen Klausel, wonach der Geschädigte aufgrund der Abtretung seines Anspruchs auf Erstattung des Sachverständigenhonorars gegen den Unfallgegner an den Sachverständigen nur dann auf Zahlung des Honorars in Anspruch genommen werden kann, wenn eine Durchsetzung des Anspruchs "nicht möglich" ist.
Urteil vom 23. Januar 2024 - VI ZR 230/22

 

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9
Zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch Übergehen von Vortrag des Klägers, wie er auf einen richtigen ärztlichen Befund reagiert hätte.
Beschluss vom 23. Januar 2024 - VI ZR 213/22

 

 

ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1, § 304

BGB § 253 Abs. 2
Zum Wert des Beschwerdegegenstands bei einem Grundurteil über einen Schmerzensgeldanspruch.
Beschluss vom 16. Januar 2024 - VI ZB 45/23

 

 

BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Ca, Cb, Ga, Gb, § 398, § 399 Alt. 1 
a) Auch bei unbezahlter Werkstattrechnung kann sich der Geschädigte auf das sogenannte Werkstattrisiko berufen und in dessen Grenzen Zahlung von Reparaturkosten, Zug um Zug gegen Abtretung seiner diesbezüglichen Ansprüche gegen die Werkstatt an den Schädiger, verlangen, allerdings nicht an sich selbst, sondern an die Werkstatt (wie Senatsurteil vom heutigen Tag - VI ZR 253/22, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). 
b) Tritt der Geschädigte bei unbezahlter Werkstattrechnung seine Forderung gegen den Schädiger ab, trägt der Zessionar das Werkstattrisiko. 
Urteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 38/22
Pressemitteilung Nr. 7/2024 vom 16. Januar 2024
 

 

BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Ga, Gb, Ca, Cb

Auch bei unbezahlter Werkstattrechnung kann sich der Geschädigte auf das sogenannte Werkstattrisiko berufen und in dessen Grenzen Zahlung von Reparaturkosten, Zug um Zug gegen Abtretung seiner diesbezüglichen Ansprüche gegen die Werkstatt an den Schädiger, verlangen, allerdings nicht an sich selbst, sondern an die Werkstatt (wie Senatsurteil vom heutigen Tag - VI ZR 253/22, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
Urteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 266/22
Pressemitteilung Nr. 7/2024 vom 16. Januar 2024

 

 

BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Ga, Gb, Ca, Cb
Auch bei unbezahlter Werkstattrechnung kann sich der Geschädigte auf das sogenannte Werkstattrisiko berufen und in dessen Grenzen Zahlung von Reparaturkosten, Zug um Zug gegen Abtretung seiner diesbezüglichen Ansprüche gegen die Werkstatt an den Schädiger, verlangen, allerdings nicht an sich selbst, sondern an die Werkstatt. 
Urteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 253/22
Pressemitteilung Nr. 7/2024 vom 16. Januar 2024
 

 

 

BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Ca, Cb, Ga, Gb, § 398, § 399 Alt. 1
a) Auch bei unbezahlter Werkstattrechnung kann sich der Geschädigte auf das sogenannte Werkstattrisiko berufen und in dessen Grenzen Zahlung von Reparaturkosten, Zug um Zug gegen Abtretung seiner diesbezüglichen Ansprüche gegen die Werkstatt an den Schädiger, verlangen, allerdings nicht an sich selbst, sondern an die Werkstatt (wie Senatsurteil vom heutigen Tag - VI ZR 253/22, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). 
b) Tritt der Geschädigte bei unbezahlter Werkstattrechnung seine Forderung gegen den Schädiger ab, trägt der Zessionar das Werkstattrisiko. 
Urteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 239/22
Pressemitteilung Nr. vom 7/2024 vom16. Januar 2024

 

 

PflVG § 1 

WHG § 89 Abs. 2 Satz 1 
a) Der Entladevorgang gehört zum "Gebrauch" des Fahrzeugs im Sinne des § 1 PflVG, solange das Kraftfahrzeug oder seine an und auf ihm befindlichen Vorrichtungen daran beteiligt sind. Der Schaden, der beim Hantieren mit Ladegut eintritt, ist dann "durch den Gebrauch" des Kraftfahrzeugs entstanden, wenn es für die schadensstiftende Verrichtung aktuell, unmittelbar, zeitlich und örtlich nahe eingesetzt worden ist. Das Entladen eines Tanklastzugs mittels einer auf ihm befindlichen Pumpe ist danach dem Gebrauch des Kraftfahrzeugs zuzuordnen, solange der Druck der Pumpe noch auf das abzufüllende Öl einwirkt und die Flüssigkeit durch den Schlauch heraustreibt. 
b) Zum Begriff der Anlage im Sinne des § 89 Abs. 2 Satz 1 WHG. 
Urteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 385/22

 

 

BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Ca, Cb, Ga, Gb, Hb 
a) Auch bei unbezahlter Werkstattrechnung kann sich der Geschädigte auf das sogenannte Werkstattrisiko berufen und in dessen Grenzen Zahlung von Reparaturkosten, Zug um Zug gegen Abtretung seiner diesbezüglichen Ansprüche gegen die Werkstatt an den Schädiger, verlangen, allerdings nicht an sich selbst, sondern an die Werkstatt (wie Senatsurteil vom heutigen Tag - VI ZR 253/22, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). 
b) Der aufgrund eines Verkehrsunfalls Geschädigte darf bei der Beauftragung einer Fachwerkstatt mit der Reparatur des Unfallfahrzeugs grundsätzlich darauf vertrauen, dass diese keinen unwirtschaftlichen Weg für die Schadensbeseitigung wählt und nur die objektiv erforderlichen Reparaturmaßnahmen durchführt. Er ist daher aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebots nicht gehalten, vor der Beauftragung der Fachwerkstatt zunächst ein Sachverständigengutachten einzuholen und den Reparaturauftrag auf dessen Grundlage zu erteilen. 
Urteil vom 16. Januar 2024 - VI ZR 51/23
Pressemitteilung Nr. 7/2024 vom 16. Januar 2024

 

 

PflVG § 12 Abs. 1 Satz 3
Zum Begriff der Versorgungsbezüge in § 12 Abs. 1 Satz 3 PflVG (hier: Härtefallleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz).
Urteil vom 12. Dezember 2023 - VI ZR 297/22

 

 

StVG § 7 Abs. 1 
Zur Reichweite der Haftung des Halters eines Kraftfahrzeugs nach § 7 Abs. 1 StVG bei einem Fahrzeugbrand. 
Urteil vom 12. Dezember 2023 - VI ZR 76/23

 

BGB § 823 Ah, § 1004 analog

a) Eine Berichterstattung über eine nicht öffentlich gemachte Liebesbeziehung und ihr Ende sind Teil der Privatsphäre beider daran beteiligter Partner. Sie berührt damit die Privatsphäre beider Partner, soweit diese für potenzielle Leser identifizierbar sind. Dabei ist nicht entscheidend, ob alle oder ein erheblicher Teil der Adressaten der Berichterstattung oder gar der "Durchschnittsleser" die betroffene Person identifizieren können. Es reicht vielmehr aus, dass über die Berichterstattung Informationen über den Betroffenen an solche Personen geraten, die aufgrund ihrer sonstigen Kenntnisse in der Lage sind, die betroffene Person zu identifizieren (vgl. BVerfG, NJW 2004, 3619, 3620).

b) Das für die Rechtmäßigkeit einer in die Privatsphäre einer Person eingreifenden Berichterstattung grundsätzlich erforderliche berechtigte öffentliche Informationsinteresse kann sich in Bezug auf eine von der Berichterstattung mitbetroffene Person auch daraus ergeben, dass ein solches Interesse an der Berichterstattung allein in Bezug auf eine andere Person besteht (vgl. Senatsurteil vom 17. Mai 2022 - VI ZR 141/21, AfP 2022, 429 Rn. 57). Voraussetzung für das Vorliegen eines solchen in Bezug auf eine andere Person bestehenden, in Bezug auf den Mitbetroffenen also "abgeleiteten" Informationsinteresses der Öffentlichkeit ist allerdings, dass die Berichterstattung der anderen Person gegenüber zulässig ist.
Urteil vom 5. Dezember 2023 - VI ZR 1214/20

 

ZPO § 412 Abs. 2 
a) Gemäß § 412 Abs. 2 ZPO kann das Gericht die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist. In diesem Fall darf ungeachtet des Wortlauts des § 412 Abs. 2 ZPO ("kann") das Gutachten des abgelehnten Sachverständigen grundsätzlich nicht mehr verwertet werden. 
b) Die erfolgreiche Ablehnung des Sachverständigen steht der Verwertbarkeit seines Gutachtens jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Partei, die sich auf die Befangenheit des Sachverständigen beruft, den Ablehnungsgrund in rechtsmissbräuchlicher Weise provoziert hat und gleichzeitig kein Anlass zu der Besorgnis besteht, dass die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen schon bei Erstellung seiner bisherigen Gutachten beeinträchtigt gewesen ist (Anschluss BGH, Beschluss vom 26. April 2007 - VII ZB 18/06, NJW-RR 2007, 1293). 
Urteil vom 5. Dezember 2023 - VI ZR 34/22

 

 

BGB § 630h, § 823 Aa; ZPO § 286 B, G 
a) Einer ordnungsgemäßen, zeitnah erstellten Dokumentation in Papierform, die keinen Anhalt für Veränderungen, Verfälschungen oder Widersprüchlichkeiten bietet, kommt zugunsten der Behandlungsseite Indizwirkung zu, die im Rahmen der freien tatrichterlichen Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 ZPO zu berücksichtigen ist. 
b) In die Beweiswürdigung sind alle vom Beweisgegner vorgebrachten Gesichtspunkte einzubeziehen. Der Beweisgegner muss nicht die inhaltliche Richtigkeit der Dokumentation widerlegen. Ihm obliegt nicht der Beweis des Gegenteils. Vielmehr genügt es, wenn er Umstände dartut, die bleibende Zweifel daran begründen, dass das Dokumentierte der Wahrheit entspricht, das Beweisergebnis also keine Überzeugung im Sinne von § 286 ZPO rechtfertigt. So verhält es sich insbesondere, wenn der Beweisgegner Umstände aufzeigt, die den Indizwert - die abstrakte Beweiskraft - der Dokumentation in Frage stellen. 
c) An dem erforderlichen Indizwert der Dokumentation fehlt es dann, wenn der Dokumentierende Umstände in der Patientenakte festgehalten hat, die sich zu Lasten des im konkreten Fall in Anspruch genommenen Mitbehandlers (Beweisgegners) auswirken, und nicht ausgeschlossen werden kann, dass dies aus eigenem Interesse an einer Vermeidung oder Verringerung der eigenen Haftung erfolgt ist. 
Urteil vom 5. Dezember 2023 - VI ZR 108/21

 

 

BGB § 630d Abs. 2, § 630e Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 
a) § 630e Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB sieht keine vor der Einwilligung einzuhaltende "Sperrfrist" vor, deren Nichteinhaltung zur Unwirksamkeit der Einwilligung führen würde; die Bestimmung enthält kein Erfordernis, wonach zwischen Aufklärung und Einwilligung ein bestimmter Zeitraum liegen müsste (Bestätigung Senatsurteil vom 20. Dezember 2022 - VI ZR 375/21, BGHZ 236, 42 Rn. 16, 18).
b) Der Patient muss vor chirurgischen Eingriffen, bei denen der Arzt die ernsthafte Möglichkeit einer Operationserweiterung oder den Wechsel in eine andere Operationsmethode in Betracht ziehen muss, hierüber und über die damit ggf. verbundenen besonderen Risiken aufgeklärt werden. 
Urteil vom 21. November 2023 - VI ZR 380/22

 

 

BGB § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1 Aa, I; ZPO § 544 Abs. 9 
a) Dem Krankenhausträger obliegen vertragliche Pflichten zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit der stationär aufgenommenen Patienten. Er hat die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass sich ein auf Grund der konkreten Situation für den Patienten bestehendes Sturzrisiko verwirklicht. 
b) Zur Verletzung rechtlichen Gehörs durch Übergehen eines erheblichen Beweisantrags (hier: Bestimmung des medizinischen und des Pflegestandards). 
Beschluss vom 14. November 2023 - VI ZR 244/21

 

 

StVG § 19 Abs. 4
Auch das Rückwärtsfahren mit einem Anhänger ist ein "Ziehen" im Sinne von § 19 Abs. 4 Satz 4 StVG. 
Urteil vom 14. November 2023 - VI ZR 98/23

 

 

BGB § 826 E, Ga, H, § 823 Abs. 2 Bf 
EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 
Verordnung (EG) Nr. 715/2007 Art. 5 

Zur deliktischen Haftung des Kfz-Herstellers wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasrückführung gegenüber dem Leasingnehmer und späteren Käufer eines Fahrzeugs. 
Urteil vom 24. Oktober 2023 - VI ZR 131/20

 



ZPO § 85 Abs. 2, § 233 Satz 1 Fd 
Ein Rechtsanwalt hat durch geeignete organisatorische Vorkehrungen dafür Sorge zu tragen, dass Fristversäumnisse möglichst vermieden werden. Hierzu gehört die allgemeine Anordnung, bei Prozesshandlungen, deren Vornahme ihrer Art nach mehr als nur einen geringen Aufwand an Zeit und Mühe erfordert, wie dies regelmäßig bei Rechtsmittelbegründungen der Fall ist, außer dem Datum des Fristablaufs noch eine grundsätzlich etwa einwöchige Vorfrist zu notieren. Die Eintragung einer Vorfrist bietet eine zusätzliche Fristensicherung. Sie kann die Fristwahrung in der Regel selbst dann gewährleisten, wenn die Eintragung einer Rechtsmittelbegründungsfrist versehentlich unterblieben ist. 
Beschluss vom 24. Oktober 2023 - VI ZB 53/22

 

 

BGB § 826 E, Ga, H, § 823 Abs. 2 Bf; EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1; Verordnung (EG) Nr. 715/2007 Art. 5 
Zur deliktischen Haftung des Kfz-Herstellers wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasrückführung gegenüber dem Käufer eines Fahrzeugs. 
Urteil vom 24. Oktober 2023 - VI ZR 493/20

 

 

RVG § 15a Abs. 2 Fall 1; RVG VV Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1, 4 
Zur Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr, wenn außergerichtlich als Nebenforderung geltend gemachte Ansprüche auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten den alleinigen Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens bilden. 
Beschluss vom 24. Oktober 2023 - VI ZB 39/21

 

 

BGB § 823 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2 
Zur Zulässigkeit einer Berichterstattung über den Besuch eines Geistlichen im Privathaus einer prominenten Person. 
Urteil vom 24. Oktober 2023 - VI ZR 1074/20

 

 

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, G, § 1004 Abs. 1 Satz 2 
Sprechen gewichtige Gründe für eine identifizierende Tatschilderung seitens des Opfers, muss diese auch dann hingenommen werden, wenn sie (aufgrund einer Prangerwirkung oder Stigmatisierung) schwerwiegende Folgen für die Persönlichkeitsentfaltung des Täters hat. In der Abwägung der Interessen des Opfers an der Verbreitung der Wahrheit über eine Tat und die Identität des Täters einerseits und dem Persönlichkeitsrecht des Täters andererseits wird das Gewicht der Meinungsfreiheit des Opfers verstärkt, wenn die von ihm geschilderte Tat eine die Öffentlichkeit bzw. den Adressatenkreis des Opferberichts wesentlich berührende Frage ist und ein Interesse der Gesellschaft daran besteht, aus der Opferperspektive über die Tat informiert zu werden (vgl. BVerfGE 97, 391, 406 f., juris Rn. 53, 57). 
Urteil vom 17. Oktober 2023 - VI ZR 192/22

 

 

 

BGB § 307 Abs. 1 Satz 2 Bb Cl

Die in einem Vertrag über die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs enthaltene formularmäßige Klausel, nach der der geschädigte Mieter (Zedent) dem Fahrzeugvermieter (Zessionar) in Bezug auf dessen Mietzahlungsanspruch erfüllungshalber seine auf Ersatz der Mietwagenkosten gerichtete Schadensersatzforderung gegen den Schädiger abtritt, muss im Hinblick auf das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB klar erkennen lassen, zu welchem Zeitpunkt genau der Zedent die abgetretene Schadensersatzforderung zurückerhalten soll, wenn er den Mietzahlungsanspruch des Zessionars erfüllt. Das ist bei einer Klausel, wonach der Zessionar "im Umfang geleisteter Zahlungen" die Schadensersatzforderung "Zug um Zug" an den Zedenten zurücküberträgt, der Fall.
Urteil vom 17. Oktober 2023 - VI ZR 27/23

 

 

 

BGB § 823 Abs. 2 Bf, F.; EG-FGV (Fassung vom 21. April 2009) § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 
Unter den Voraussetzungen des § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung vom 21. April 2009 steht auch dem Käufer eines vor Geltung der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung vom 3. Februar 2011 aufgrund einer unrichtigen Übereinstimmungsbescheinigung in Verkehr gebrachten Kraftfahrzeugs ein Anspruch gegen den Fahrzeughersteller auf Ersatz des Differenzschadens zu. 
Urteil vom 16. Oktober 2023 - VIa ZR 374/22

 

 

BGB § 823 Abs. 2 Bf, F; EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 
§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV gewähren dem Käufer eines vom sogenannten Dieselskandal betroffenen Fahrzeugs gegen den Fahrzeughersteller neben dem der Höhe nach auf 15 % des gezahlten Kaufpreises begrenzten Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. 
Urteil vom 16. Oktober 2023 - VIa ZR 14/22

 

 

BGB § 307 Abs. 1 Bg, Cl, § 398 
Zur Unwirksamkeit einer als "Sicherungsabtretung" bezeichneten formularmäßigen Klausel in einem Vertrag über die Erstellung eines Kfz-Schadensgutachtens, nach der der geschädigte Auftraggeber dem Sachverständigen in Bezug auf dessen Honoraranspruch seinen auf Ersatz der Sachverständigenkosten gerichteten Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger abtritt und in der unter anderem bestimmt ist, der Sachverständige sei "berechtigt, jedoch nicht verpflichtet", die Rechte aus der Abtretung gegenüber dem Drittschuldner geltend zu machen, und dem Geschädigten sei bekannt, dass er sich um die Durchsetzung seiner Schadensersatzansprüche "selbst kümmern" müsse, wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders gemäß § 307 Abs. 1 BGB. 
Urteil vom 10. Oktober 2023 - VI ZR 257/22

 

 

StVO § 41 
a) Das Vorschriftszeichen 220 in Verbindung mit § 41 Abs. 1 StVO gebietet, dass die Einbahnstraße nur in vorgeschriebener Fahrtrichtung befahren werden darf. Verboten ist auch das Rückwärtsfahren entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung. Lediglich (unmittelbares) Rückwärtseinparken ("Rangieren") ist - ebenso wie Rückwärtseinfahren aus einem Grundstück auf die Straße - kein unzulässiges Rückwärtsfahren auf Richtungsfahrbahnen gegen die Fahrtrichtung. 

ZPO § 286 C 
b) Zur Anwendung des Anscheinsbeweises bei einem Verkehrsunfall (hier: Zusammenstoß eines aus einer Grundstückszufahrt auf eine Einbahnstraße einfahrenden Fahrzeugs mit einem auf der Einbahnstraße unzulässig rückwärts fahrenden Fahrzeug). 
Urteil vom 10. Oktober 2023 - VI ZR 287/22

 

 

 

ZPO § 542 Abs. 2, § 574 Abs. 1 Satz 2, § 890

a) Die Begrenzung des Instanzenzugs durch § 574 Abs. 1 Satz 2, § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO gilt nur für das Verfügungsverfahren selbst, nicht hingegen für selbständige und mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestaltete Verfahren, die sich an das Verfügungsverfahren anschließen, wie beispielsweise das Kostenfestsetzungsverfahren oder Ordnungsmittelverfahren gemäß § 890 ZPO.
b) Zum Schutzumfang eines titulierten Unterlassungsgebots (hier: Verbot bestimmter die Privatsphäre beeinträchtigender Äußerungen).
Beschluss vom 26. September 2023 - VI ZB 79/21

 

 

GG Art. 103 Abs. 1, ZPO § 544 Abs. 9 
Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots, die im Prozessrecht keine Stütze hat, verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG (st. Rspr. vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. April 2018 - VI ZR 378/17, juris). 
Beschluss vom 12. September 2023 - VI ZR 371/21

 

 

GG Art. 2 Abs. 1; ZPO § 511 Abs. 2, § 574 Abs. 2 Nr. 2 
a) Das Berufungsgericht muss vor Verwerfung des Rechtsmittels mangels ausreichender Beschwer eine Zulassungsprüfung nachholen, wenn das erstinstanzliche Gericht davon ausgegangen ist, dass die Beschwer der unterlegenen Partei 600 € übersteigt, und deswegen keine Prüfung der Zulassung der Berufung vorgenommen hat (st. Rspr.). 
b) Ein Grund für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne von § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO wegen einer Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes liegt in der Unterlassung einer gebotenen Nachholung der Entscheidung über die Zulassung der Berufung nur, wenn ein Grund für die Zulassung der Berufung vorliegt (Anschluss BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2015 - V ZB 179/14, WuM 2015, 320 Rn. 6; vom 10. Mai 2012 - V ZB 242/11, WuM 2012, 402 Rn. 11). 
Beschluss vom 12. September 2023 - VI ZB 72/22

 

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9 
Zum Vorliegen eines Gehörsverstoßes in einem Schadensersatzprozess. 
Beschluss vom 1. August 2023 - VI ZR 191/22

 

 

ProdHaftG §§ 1, 3 
Zum Vorliegen eines Produktfehlers bei einem gebrochenen Keramikinlay einer Hüftendoprothese.
Urteil vom 1. August 2023 - VI ZR 82/22

 

 

ZPO § 306, § 555 Abs. 3; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2
a) Entsprechend der Regelung in § 555 Abs. 3 ZPO für das Anerkenntnisurteil ergeht ein Verzichtsurteil in der Revisionsinstanz nur auf gesonderten Antrag des Beklagten. 
b) Die zutreffende Sinndeutung einer Äußerung ist unabdingbare Voraussetzung für die richtige rechtliche Würdigung ihres Aussagegehalts. Sie unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Ziel der Deutung ist stets, den objektiven Sinngehalt zu ermitteln. Dabei ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden maßgeblich noch das subjektive Verständnis des Betroffenen, sondern das Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums. Ausgehend vom Wortlaut - der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann - und dem allgemeinen Sprachgebrauch sind bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für das Publikum erkennbar sind. Zur Erfassung des vollständigen Aussagegehalts muss die beanstandete Äußerung stets in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden. Fernliegende Deutungen sind auszuschließen. 
Urteil vom 1. August 2023 - VI ZR 308/21

 

 

ZPO § 306, § 555 Abs. 3; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2 
a) Entsprechend der Regelung in § 555 Abs. 3 ZPO für das Anerkenntnisurteil ergeht ein Verzichtsurteil in der Revisionsinstanz nur auf gesonderten Antrag des Beklagten. 
b) Die zutreffende Sinndeutung einer Äußerung ist unabdingbare Voraussetzung für die richtige rechtliche Würdigung ihres Aussagegehalts. Sie unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Ziel der Deutung ist stets, den objektiven Sinngehalt zu ermitteln. Dabei ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden maßgeblich noch das subjektive Verständnis des Betroffenen, sondern das Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums. Ausgehend vom Wortlaut - der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann - und dem allgemeinen Sprachgebrauch sind bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für das Publikum erkennbar sind. Zur Erfassung des vollständigen Aussagegehalts muss die beanstandete Äußerung stets in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden. Fernliegende Deutungen sind auszuschließen. 
Urteil vom 1. August 2023 - VI ZR 307/21

 

 

StVG § 7 Abs. 1

Zur Reichweite der Haftung des Halters eines Kraftfahrzeugs mit Arbeitsfunktion nach § 7 Abs. 1 StVG (Kontaminierung von Trauben durch Austritt von Diesel aus einem Traubenvollernter bei der Ernte; Anschluss an Senatsurteil vom 21. September 2021 - VI ZR 726/20, VersR 2021, 1518).
Urteil vom 18. Juli 2023 - VI ZR 16/23

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 398, 402, 529 Abs. 1 Nr. 1
Auch wenn es grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Berufungsgerichts steht, ob und inwieweit eine im ersten Rechtszug durchgeführte Beweisaufnahme zu wiederholen ist, kann von einer erneuten mündlichen Anhörung des Sachverständigen jedenfalls dann nicht abgesehen werden, wenn das Berufungsgericht dessen Ausführungen abweichend von der Vorinstanz würdigen will (Festhaltung an BGH, Urteil vom 8. Juni 1993 - VI ZR 192/92; Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 6. März 2019 - IV ZR 128/18, VersR 2019, 506 Rn. 7; vom 14. Juli 2020 - VI ZR 468/19, VersR 2021, 398 Rn. 6). 
Beschluss vom 18. Juli 2023 - VI ZR 126/21

 

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9 
Zum Vorliegen eines Gehörsverstoßes in einem Schadensersatzprozess. 
Beschluss vom 11. Juli 2023 - VI ZR 256/22

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9

Zum Vorliegen eines Gehörsverstoßes in einem Schadensersatzprozess.
Beschluss vom 11. Juli 2023 - VI ZR 256/22

 

 

GG Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2 
Für eine identifizierende Verdachtsberichterstattung ist jedenfalls ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen, erforderlich. Die Darstellung darf ferner keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist. 
Urteil vom 20. Juni 2023 - VI ZR 262/21

 

 

BGB § 253, § 823 Ah, I 
Für Klagen, die auf ansehensbeeinträchtigende Äußerungen gestützt werden, welche dazu dienen, einen Antrag auf Vereinsausschluss zu begründen und das entsprechende Verfahren der zuständigen Vereinsorgane in Gang zu setzen bzw. zu fördern, besteht in aller Regel kein Rechtsschutzbedürfnis (Fortentwicklung von BGH, Urteile vom 27. Februar 2018 - VI ZR 86/16, VersR 2018, 817; vom 28. Februar 2012 - VI ZR 79/11, VersR 2012, 502; vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07, VersR 2008, 357). 
Urteil vom 20. Juni 2023 - VI ZR 207/22

 

 

VeröffAnsprKonzV NW § 1 
Die Zuständigkeitsregelung in § 1 der nordrhein-westfälischen Konzentrations-Verordnung über Ansprüche aus Veröffentlichungen vom 1. Oktober 2021 (GV. NRW. S. 1156) erfasst auch Streitigkeiten über Ansprüche aus Veröffentlichungen im Internet. 
Beschluss vom 6. Juni 2023 - VI ZB 75/22
 

 

BGB § 823 Ah; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 
Zur teilweisen Unzulässigkeit einer Filmberichterstattung über eine Kindesentführung wegen Schutzbedürftigkeit des Opfers. 
Urteil vom 6. Juni 2023 - VI ZR 309/22 

 

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9
Zum Vorliegen eines Gehörsverstoßes in einem Schadensersatzprozess. 
Beschluss vom 6. Juni 2023 - VI ZR 197/21

 

 

BGB § 823 Abs. 1, Abs. 2 Ah, Be § 1004 Abs. 1; StGB § 353d Nr. 3 
a) Die Anerkennung einer Rechtsnorm als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB setzt unter anderem voraus, dass die Schaffung eines individuellen - unter Umständen zusätzlichen - Anspruchs sinnvoll und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheint. Bei dieser Beurteilung ist in umfassender Würdigung des gesamten Regelungszusammenhangs, in den die Norm gestellt ist, zu prüfen, ob es in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des dagegen Verstoßenden mit allen damit zugunsten des Geschädigten gegebenen Haftungs- und Beweiserleichterungen zu knüpfen. In diesem Zusammenhang kann es eine Rolle spielen, ob der Geschädigte in ausreichender Weise anderweitig abgesichert und ein deliktischer Schutz derselben Interessen über § 823 Abs. 2 BGB deshalb entbehrlich ist. Ebenso ist zu berücksichtigen, ob ein durch ein Schutzgesetz geschaffener Anspruch im Widerspruch zu allgemeinen Rechtsprinzipien stünde, und zu fragen, ob dieser Widerspruch wirklich gewollt ist. 
b) Zur Frage, ob § 353d Nr. 3 StGB ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellt. 
c) Private Tagebuchaufzeichnungen, die von den Strafverfolgungsbehörden beschlagnahmt wurden, sind keine amtlichen Dokumente des Strafverfahrens im Sinne von § 353d Nr. 3 StGB. 
d) Dem wörtlichen Zitat kommt wegen seiner Belegfunktion ein besonderer Dokumentationswert im Rahmen einer Berichterstattung zu. Es dient dem Beleg und der Verstärkung des Aussagegehalts und hat deshalb eine besondere Überzeugungskraft. 
Urteil vom 16. Mai 2023 - VI ZR 116/22
Pressemitteilung Nr. 80/2023 vom 16. Mai 2023
 

 

BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Hb, § 254 Abs. 2 Satz 1 Dc 
a) Wird bei einem Verkehrsunfall ein Kfz beschädigt, hat der Geschädigte, der einen auf Gewinnerzielung ausgerichteten Reparaturbetrieb führt, grundsätzlich Anspruch auf Ersatz der Kosten einer Fremdreparatur einschließlich des Gewinnanteils. 
b) Allerdings muss sich der Geschädigte in diesem Fall unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 Satz 1 letzter Halbsatz BGB auf eine gleichwertige Reparaturmöglichkeit in seiner eigenen Werkstatt verweisen lassen, wenn sein Betrieb nicht ausgelastet und es ihm zumutbar ist, ansonsten ungenutzte Kapazitäten für die notwendige Reparatur zu nutzen. Dies gilt sowohl bei der konkreten als auch bei der fiktiven Schadensabrechnung. 
Urteil vom 26. Mai 2023 - VI ZR 274/22

 

 

DS-GVO Art. 17 
a) Begehrt ein Betroffener von dem Betreiber einer Internet-Suchmaschine wegen der (behaupteten) Unrichtigkeit eines gelisteten Inhalts dessen Auslistung, obliegt ihm grundsätzlich der Nachweis, dass die in diesem Inhalt enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind oder dass zumindest ein für diesen gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil dieser Informationen offensichtlich unrichtig ist. Dabei hat der Betroffene die Nachweise beizubringen, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls von ihm vernünftigerweise verlangt werden können, um diese offensichtliche Unrichtigkeit festzustellen. Der Betroffene ist insoweit nicht verpflichtet, bereits im Vorfeld seines Auslistungsantrags eine gerichtliche Entscheidung gegen den Inhalteanbieter zu erwirken. 
b) Vom Betreiber einer Internet-Suchmaschine angezeigte Vorschaubilder einer natürlichen Person sind immer dann zu löschen, wenn dem Auslistungsantrag hinsichtlich des ursprünglichen Kontextes der gelisteten Bilder stattzugeben ist. Im Übrigen ist die Rechtmäßigkeit der Anzeige von Bildern durch die Bildersuche einer Suchmaschine eigenständig zu beurteilen. Dem Informationswert der Fotos ist dann unabhängig vom Kontext ihrer Veröffentlichung auf der Internetseite, der sie entnommen sind, aber unter Berücksichtigung jedes Textelements, das mit der Anzeige dieser Fotos in den Suchergebnissen unmittelbar einhergeht und Aufschluss über den Informationswert dieser Fotos geben kann, Rechnung zu tragen. 
Urteil vom 23. Mai 2023 - VI ZR 476/18
Pressemitteilung Nr. 95/2020 vom 27. Juli 2020
 

 

 

BGB § 844 Abs. 3; StVG § 10 Abs. 3 
Zur Bemessung der Höhe der Hinterbliebenenentschädigung (Anschluss an Senatsurteil vom 6. Dezember 2022, VI ZR 73/21, VersR 2023, 256). 
Urteil vom 23. Mai 2023 - VI ZR 161/22

 

 

ZPO § 3, § 544 Abs. 2 Nr. 1
Zur Bemessung des Werts der Beschwer des zur Unterlassung ansehensbeeinträchtigender Äußerungen verurteilten Beklagten. 
Beschluss vom 25. April 2023 - VI ZR 111/22

 

 

ZPO § 130a Abs. 5 Satz 2
Zur Frage, wann ein Rechtsanwalt von einer erfolgreichen Übermittlung eines Schriftsatzes mittels des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) an das Gericht ausgehen darf. 
Beschluss vom 18. April 2023 - VI ZB 36/22

 

 

StVG § 7 Abs. 1, § 17 Abs. 1, § 17 Abs. 2; BGB § 280 Abs. 1, § 421, § 426 Abs. 2 Satz 1 
Zum Ausgleichsanspruch des Unfallgegners gegen den haltenden Nichteigentümer (Leasingnehmer) und den Fahrer nach Regulierung der Schadensersatzansprüche des Leasinggebers wegen der Verletzung seines Eigentums an dem Fahrzeug. 
Urteil vom 18. April 2023 - VI ZR 345/21

 

 

StVO §§ 1, 25 Abs. 3; BGB § 276 Cg 
Zur Reichweite des Vertrauensgrundsatzes hinsichtlich des verkehrsgerechten Verhaltens eines Fußgängers beim Überqueren der Fahrbahn. 
Urteil vom 4. April 2023 - VI ZR 11/21

 

 

GG Art. 103 Abs. 1 
Zur Verletzung rechtlichen Gehörs durch Übergehen von Parteivortrag zur Würdigung von Zeugenaussagen und Verzicht auf erneute Vernehmung in der Berufungsinstanz. 
Beschluss vom 28. März 2023 - VI ZR 368/21

 

 

BGB § 823 Abs. 1 (Dc) 
Zu den Verkehrssicherungspflichten, insbesondere Prüfpflichten einer Kraftfahrzeugvertragshändlerin bei der Bestellung und Weitergabe von Ersatzschlüsseln für Kraftfahrzeuge. 
Urteil vom 28. März 2023 - VI ZR 19/22

 

 


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9 
Zur Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs bei einer unterbliebenen Auseinandersetzung der Entscheidungsgründe mit dem auf Privatgutachten gestützten Kernvorbringen einer Partei. 
Beschluss vom 28. März 2023 - VI ZR 29/21

 

 

 

BGB § 823 Abs. 1 M 
Zur deliktischen Produzentenhaftung bei einem mit Herbiziden verunreinigten Düngemittel. 
Urteil vom 21. März 2023 - VI ZR 1369/20

 

 

BGB § 823 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2 
a) Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine Berichterstattung über den Gesundheitszustand eines Menschen. 
b) Die bloße Richtigstellung einer falschen Presseberichterstattung führt nicht dazu, dass dadurch ein konsistent verschlossener Bereich der Privatsphäre für eine öffentliche Berichterstattung eröffnet würde. 
Urteil vom 14. März 2023 - VI ZR 338/21

 

 

ZPO § 519 Abs. 2 
Zu den Anforderungen an die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners nach § 519 Abs. 2 ZPO. 
Beschluss vom 7. März 2023 - VI ZB 74/22

 

 

RDG § 2 Abs. 2, § 4 
Zur Zulässigkeit der Vereinbarung eines Erfolgshonorars bei einer Inkassodienstleistung nach § 2 Abs. 2 RDG. 
Urteil vom 7. März 2023 - VI ZR 180/22

 

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9 
Zum Vorliegen eines Gehörsverstoßes wegen abweichender Würdigung einer Zeugenaussage durch das Berufungsgericht gegenüber der Vorinstanz, ohne den Zeugen erneut zu vernehmen.
Beschluss vom 28. Februar 2023 - VI ZR 98/22 

 

 

StGB § 218a Abs. 2 
a) Für eine schwerwiegende Beeinträchtigung des seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren im Sinne von § 218a Abs. 2 StGB müssen Belastungen zu befürchten sein, die ein solches Maß an Aufopferung eigener Lebenswerte verlangen, dass dies von der Frau nicht erwartet werden kann. Bei der zu erwartenden Geburt eines schwerbehinderten Kindes und der hieraus resultierenden besonderen Lebenssituation müssen diese Belastungen dergestalt sein, dass sie die Mutter in ihrer Konstitution überfordern und die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung ihres seelischen Gesundheitszustandes als so drohend erscheinen lassen, dass bei der gebotenen Güterabwägung das Lebensrecht des Ungeborenen dahinter zurückzutreten hat. 
b) Der fortgeschrittene Zustand der Schwangerschaft kann nicht ausgeblendet werden. Auch wenn das Lebensrecht des Kindes dem Grunde nach eine zeitliche Differenzierung der verfassungsrechtlichen Schutzpflicht nicht zulässt, sind bei der Abwägung zur Bestimmung der Voraussetzungen der medizinischen Indikation auch die Dauer der Schwangerschaft und die daraus resultierende besondere Situation für Mutter und Kind in den Blick zu nehmen. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um ein lebensfähiges Kind einige Wochen vor der Geburt handelt. 
Urteil vom 14. Februar 2023 - VI ZR 295/20

 

 

ZPO § 318, § 321a, § 511; BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 (Hd), § 398, § 425 
a) Die nachträgliche Zulassung der Berufung aufgrund einer Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO ist ausnahmsweise zulässig, wenn das Verfahren aufgrund eines Gehörsverstoßes gemäß § 321a Abs. 5 ZPO fortgesetzt wird und sich erst aus dem anschließend gewährten rechtlichen Gehör ein Grund für die Zulassung ergibt, oder wenn das Erstgericht bei seiner ursprünglichen Entscheidung über die Nichtzulassung der Berufung bezogen auf die Zulassungsentscheidung das rechtliche Gehör des späteren Berufungsklägers verletzt hat. 
b) Zur Wirksamkeit einer isolierten Zession bei Gesamtschulden. 
c) Hat der Geschädigte eines Verkehrsunfalls ein Schadensgutachten in Auftrag gegeben und mit dem Sachverständigen eine Preis- oder Honorarvereinbarung getroffen, ohne sich der daraus ergebenden Verpflichtung zugleich durch Abtretung eigener Ansprüche auf Ersatz der Sachverständigenkosten an Erfüllungs statt zu entledigen, bildet dies bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung "erforderlichen" Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. 
Urteil vom 7. Februar 2023 - VI ZR 137/22

 

 

StVG § 19 Abs. 1 Satz 1 
Zur Reichweite der Haftung des Halters eines Anhängers nach § 7 Abs. 1 StVG a.F. (§ 19 Abs. 1 Satz 1 StVG n.F.). 
Urteil vom 7. Februar 2023 - VI ZR 87/22

 

 

BGB § 254 Abs. 2 (Dc) 
a) Von einem Geschädigten, der vom Arbeitsamt aufgrund seines Gesundheitszustandes für nicht mehr vermittlungsfähig gehalten wird, kann grundsätzlich keine weitere Eigeninitiative hinsichtlich der Aufnahme von Erwerbstätigkeit erwartet werden. Unter diesen Umständen besteht grundsätzlich auch keine weitere Darlegungslast dazu, was der Geschädigte unternommen hat, um einen angemessenen Arbeitsplatz zu erhalten (Bestätigung Senatsurteil vom 9. Oktober 1990 - VI ZR 291/89, VersR 1991, 437, 438, juris Rn. 15 f.). 
b) Verstößt der Geschädigte gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht, weil er es unterlässt, einer ihm zumutbaren Erwerbstätigkeit nachzugehen, sind die erzielbaren (fiktiven) Einkünfte auf den Schaden anzurechnen. Eine quotenmäßige Anspruchskürzung kommt grundsätzlich nicht in Betracht (Festhalten an Senatsurteil vom 21. September 2021 - VI ZR 91/19, VersR 2021, 1583 Rn. 14). 
Urteil vom 24. Januar 2023 - VI ZR 152/21

 

 

StVG § 7 Abs. 1

Zur Reichweite der Haftung des Halters eines Elektrorollers nach § 7 Abs. 1 StVG, wenn dessen ausgebaute Batterie während des Aufladens explodiert.
Urteil vom 24. Januar 2023 - VI ZR 1234/20

 

 

ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; BGB § 823 Abs. 1 F, § 426, § 242 Cd 
a) Wird das Klagebegehren auf ein undifferenziertes Gemenge von Ansprüchen sowohl aus eigenem als auch aus abgetretenem Recht ohne Angabe einer Prüfungsreihenfolge gestützt, liegt eine alternative Klagehäufung vor, die wegen des Verstoßes gegen das Gebot, den Klagegrund bestimmt zu bezeichnen, unzulässig ist. 
b) Auf Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Sicherungseigentums an einem Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall muss sich der Sicherungseigentümer das Mitverschulden des Halters und Sicherungsgebers nicht anspruchsmindernd zurechnen lassen. Dem Schädiger kann aber ein Ausgleichsanspruch gemäß § 426 BGB gegen den Sicherungsgeber zustehen (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2007 - VI ZR 199/06, BGHZ 173, 182 Rn. 11 ff.). 
c) Macht der Halter (Sicherungsgeber; ähnlich: Leasingnehmer) in Prozessstandschaft für den nicht-haltenden Eigentümer (Sicherungsnehmer, ähnlich: Leasinggeber) dessen deliktische Ansprüche wegen Verletzung des Eigentums geltend und verlangt er aufgrund einer Ermächtigung des Eigentümers Zahlung an sich selbst, kann der Schädiger die dolo-agit-Einwendung im Hinblick auf den ihm gegen den Halter zustehenden Ausgleichsanspruch gemäß § 426 BGB nicht erheben. Es besteht aber die Möglichkeit, den Ausgleichsanspruch im Wege der (Hilfs-)Widerklage gegen den Halter geltend zu machen. 
Urteil vom 17. Januar 2023 - VI ZR 203/22

 

 

BGB § 826 E, Ga 
Zur Haftung eines Fahrzeugherstellers nach § 826 BGB gegenüber dem Käufer eines Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: Vorteilsausgleich, Annahmeverzug). 
Urteil vom 17. Januar 2023 - VI ZR 316/20 

 

 

BGB § 249 (Cb); ZPO § 256 
Zum Umfang der Haftung eines Automobilherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: Feststellungsinteresse bei Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht; Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten). 
Urteil vom 10. Januar 2023 - VI ZR 67/20

 

GG Art. 34 Satz 3 
Zum Rechtsweg beim Rückgriff des Unfallversicherungsträgers gegen den für ihn tätigen Durchgangsarzt bezüglich einer fehlerhaften Behandlung im Rahmen eines Arbeitsunfalls. 
Beschluss vom 9. Januar 2023 - VI ZB 81/20

 

GG Art. 34 Satz 3

Zum Rechtsweg beim Rückgriff des Unfallversicherungsträgers gegen den für ihn tätigen Durchgangsarzt bezüglich einer fehlerhaften Behandlung im Rahmen eines Arbeitsunfalls.
Beschluss vom 9. Januar 2023 - VI ZB 79/20

 

 

GG Art. 34 Satz 3
Zum Rechtsweg beim Rückgriff des Unfallversicherungsträgers gegen den für ihn tätigen Durchgangsarzt bezüglich einer fehlerhaften Behandlung im Rahmen eines Arbeitsunfalls.
Beschluss vom 9. Januar 2023 - VI ZB 80/20

 

 

GG Art. 34 Satz 3 
Zum Rechtsweg beim Rückgriff des Unfallversicherungsträgers gegen den für ihn tätigen Durchgangsarzt bezüglich einer fehlerhaften Behandlung im Rahmen eines Arbeitsunfalls. 
Beschluss vom 9. Januar 2023 - VI ZB 82/20

 

ZPO § 130 Nr. 6, § 520 Abs. 5 
Zur Frage, wann das Handeln eines Rechtsanwalts als Vertreter des hauptbevollmächtigten Rechtsanwalts hinreichend deutlich erkennbar ist (hier: Verwendung des Briefkopfs des Hauptbevollmächtigten ohne zusätzlichen Hinweis auf Vertretungsverhältnis). 
Urteil vom 20. Dezember 2022 - VI ZR 279/21

 

 

BGB § 630d Abs. 2; § 630e Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 
a) In § 630e BGB sind die vom Senat entwickelten Grundsätze zur Selbstbestimmungsaufklärung kodifiziert worden. Diese Grundsätze gelten inhaltlich unverändert fort. 
b) § 630e Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB nimmt die bisherige Rechtsprechung auf, der zufolge der Patient vor dem beabsichtigten Eingriff so rechtzeitig aufgeklärt werden muss, dass er durch hinreichende Abwägung der für und gegen den Eingriff sprechenden Gründe seine Entscheidungsfreiheit und damit sein Selbstbestimmungsrecht in angemessener Weise wahrnehmen kann. Die Bestimmung sieht keine vor der Einwilligung einzuhaltende "Sperrfrist" vor, deren Nichteinhaltung zur Unwirksamkeit der Einwilligung führen würde; sie enthält kein Erfordernis, wonach zwischen Aufklärung und Einwilligung ein bestimmter Zeitraum liegen müsste. 
c) Zu welchem konkreten Zeitpunkt ein Patient nach ordnungsgemäßer - insbesondere rechtzeitiger - Aufklärung seine Entscheidung über die Erteilung oder Versagung seiner Einwilligung trifft, ist seine Sache. Sieht er sich bereits nach dem Aufklärungsgespräch zu einer wohlüberlegten Entscheidung in der Lage, ist es sein gutes Recht, die Einwilligung sofort zu erteilen. Wünscht er dagegen noch eine Bedenkzeit, so kann von ihm grundsätzlich erwartet werden, dass er dies gegenüber dem Arzt zum Ausdruck bringt und von der Erteilung einer - etwa im Anschluss an das Gespräch erbetenen - Einwilligung zunächst absieht. Eine andere Beurteilung ist - sofern medizinisch vertretbar - allerdings dann geboten, wenn für den Arzt erkennbare konkrete Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass der Patient noch Zeit für seine Entscheidung benötigt. 
d) Die Einwilligung in den ärztlichen Eingriff ist kein Rechtsgeschäft, sondern eine Gestattung oder Ermächtigung zur Vornahme tatsächlicher Handlungen, die in den Rechtskreis des Gestattenden eingreifen. Sie kann sich konkludent aus den Umständen und dem gesamten Verhalten des Patienten ergeben. 
Urteil vom 20. Dezember 2022 - VI ZR 375/21

 

 

DS-GVO Art. 6 Abs. 1 Buchst. f, Art. 17 Abs. 1 
Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Löschung und Unterlassung der Verarbeitung von personenbezogenen Daten in einem Arztsuch- und -bewertungsportal im Internet (www.jameda.de). 
Urteil vom 13. Dezember 2022 - VI ZR 54/21

 

 

DS-GVO Art. 6 Abs. 1 Buchst f, Art. 17 Abs. 1
Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Unterlassung der Verarbeitung von personenbezogenen Daten in einem Arztsuch- und -bewertungsportal im Internet (www.jameda.de). 
Urteil vom 13. Dezember 2022 - VI ZR 60/21

 

 

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2 
1. Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Ehemanns durch eine Berichterstattung über die Umstände des Todes der Ehefrau. 
2. a) Gegen rechtsverletzende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht kann nur der unmittelbar Verletzte, nicht auch derjenige vorgehen, der von den Fernwirkungen eines Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht eines anderen nur mittelbar belastet wird, solange diese Auswirkungen nicht auch als Verletzung des eigenen Persönlichkeitsrechts zu qualifizieren sind. Es hängt von den Umständen einer Berichterstattung über den Tod einer Person im Einzelfall ab, ob sie das Persönlichkeitsrecht eines nahen Angehörigen unmittelbar oder nur mittelbar beeinträchtigt. 
b) Der Aussagegehalt einer Äußerung ist nur in dem Kontext des Artikels zu erfassen, in dem sie steht. Es stellte eine nicht zu rechtfertigende Einschränkung der Meinungsfreiheit dar, würde zur Bestimmung des Aussagegehalts einer Äußerung und daran anknüpfend zur Beurteilung, ob diese Äußerung den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts überhaupt berührt, der Inhalt anderer Artikel zum selben Thema einbezogen, die der Leser zur Kenntnis genommen haben kann, aber nicht muss. 
3. Eine vom Recht auf Achtung der Privatsphäre umfasste Situation großer emotionaler Belastung kann auch die des Bangens um das Leben eines nahen Angehörigen sein. 
Urteil vom 13. Dezember 2022 - VI ZR 280/21

 

 

BGB § 249 Abs. 2 (Hd) 
Verlangt der Geschädigte eines Verkehrsunfalls vom Schädiger die Freistellung von der Honorarforderung des von ihm mit der Erstellung eines Schadensgutachtens beauftragten Sachverständigen, richtet sich sein Anspruch grundsätzlich und bis zur Grenze des Auswahl- und Überwachungsverschuldens danach, ob und in welcher Höhe er mit der Verbindlichkeit, die er gegenüber dem Sachverständigen eingegangen ist, beschwert ist. Jedenfalls in diesem Fall des Freistellungsantrags ist auch für die schadensrechtliche Betrachtung (§ 249 BGB) des Verhältnisses zwischen Geschädigtem und Schädiger die werkvertragliche Beziehung (§§ 631 ff. BGB) zwischen Geschädigtem und Sachverständigem maßgeblich. 
Urteil vom 13. Dezember 2022 - VI ZR 324/21

 

 

BGB § 199 Abs. 1
Zur Frage des Verjährungsbeginns in einem sogenannten Dieselfall (hier EA189). 
Urteil vom 13. Dezember 2022 - VI ZR 1186/20

 

 

BGB § 199 Abs. 1 
Zur Frage des Verjährungsbeginns in einem sogenannten Dieselfall (hier: EA189). 
Urteil vom 13. Dezember 2022 - VI ZR 1008/20

 

 

BGB §§ 823 (Ah, G), 1004 (analog) 
a) Eine Berichterstattung über eine nicht öffentlich gemachte Liebesbeziehung und ihr Ende sind Teil der Privatsphäre beider daran beteiligter Partner. Sie berührt damit die Privatsphäre beider Partner, soweit diese für potentielle Leser identifizierbar sind. Dabei ist nicht entscheidend, ob alle oder ein erheblicher Teil der Adressaten der Berichterstattung oder gar der "Durchschnittsleser" die betroffene Person identifizieren können. Es reicht vielmehr aus, dass über die Berichterstattung Informationen über den Betroffenen an solche Personen geraten, die aufgrund ihrer sonstigen Kenntnisse in der Lage sind, die betroffene Person zu identifizieren (vgl. BVerfG, NJW 2004, 3619, 3620). 
b) Das für die Rechtmäßigkeit einer in die Privatsphäre einer Person eingreifenden Berichterstattung grundsätzlich erforderliche berechtigte öffentliche Informationsinteresse kann sich in Bezug auf eine von der Berichterstattung mitbetroffene Person auch daraus ergeben, dass ein solches Interesse an der Berichterstattung allein in Bezug auf eine andere Person besteht (vgl. Senatsurteil vom 17. Mai 2022 - VI ZR 141/21, AfP 2022, 429 Rn. 57). Voraussetzung für das Vorliegen eines solchen in Bezug auf eine andere Person bestehenden, in Bezug auf den Mitbetroffenen also "abgeleiteten" Informationsinteresses der Öffentlichkeit ist allerdings, dass die Berichterstattung der anderen Person gegenüber zulässig ist. 
Urteil vom 6. Dezember 2022 - VI ZR 237/21

 

 

BGB § 844 Abs. 3; StVG § 10 
a) Die Bemessung der Höhe der Hinterbliebenenentschädigung ist grundsätzlich Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Er hat die konkrete seelische Beeinträchtigung des betroffenen Hinterbliebenen zu bewerten und hierbei die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles zu berücksichtigen. Ähnlich wie beim Schmerzensgeld sind dabei sowohl der Ausgleichs- als auch der Genugtuungsgedanke in den Blick zu nehmen. 
b) Maßgebend für die Höhe der Hinterbliebenenentschädigung sind im Wesentlichen die Intensität und Dauer des erlittenen seelischen Leids und der Grad des Verschuldens des Schädigers. Dabei lassen sich aus der Art des Näheverhältnisses, der Bedeutung des Verstorbenen für den Anspruchsteller und der Qualität der tatsächlich gelebten Beziehung indizielle Rückschlüsse auf die Intensität des seelischen Leids ableiten. 
c) Der in dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD genannte Betrag in Höhe von 10.000 € (BT-Drucks. 18/11397, S. 11) bietet eine Orientierungshilfe für die Bemessung der Hinterbliebenenentschädigung, von der im Einzelfall sowohl nach unten als auch nach oben abgewichen werden kann. Er stellt keine Obergrenze dar. 
d) Die Einführung eines Anspruchs auf Hinterbliebenengeld diente dem Zweck, den Hinterbliebenen für immaterielle Beeinträchtigungen unterhalb der Schwelle einer Gesundheitsverletzung einen Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld einzuräumen. Der dem Hinterbliebenen im Einzelfall zuerkannte Betrag muss deshalb im Regelfall hinter demjenigen zurückbleiben, der ihm zustände, wenn das von ihm erlittene seelische Leid die Qualität einer Gesundheitsverletzung hätte. 
Urteil vom 6. Dezember 2022 - VI ZR 73/21

 

 

 

BGB § 428, § 420, § 387; ZPO § 100 
Zur Frage der Gesamt- oder Teilgläubigerschaft obsiegender Streitgenossen bezüglich eines Kostenerstattungsanspruchs (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 20. Mai 1985 - VII ZR 209/84, BauR 1985, 478). 
Urteil vom 8. November 2022 - VI ZR 379/21

 

 

NRWBeamtenG § 81; VVG § 193 Abs. 3 
Das sog. Quotenvorrecht des Beamten gegenüber dem Beihilfeträger ist durch die zum 1. Januar 2009 eingeführte Pflicht zum Abschluss einer privaten Krankenversicherung über den von der Beihilfe nicht abgedeckten Anteil (§ 193 Abs. 3 VVG) nicht entfallen (Fortführung Senat, Urteile vom 30. September 1997 - VI ZR 335/96, NJW-RR 1998, 237; vom 10. Februar 1998 - VI ZR 139/97, NJW-RR 1998, 1103). 
Urteil vom 6. Dezember 2022 - VI ZR 377/21

 

 

BGB § 823 Abs. 1 Aa 
Bei sogenannten "Schockschäden" stellt - wie im Falle einer unmittelbaren Beeinträchtigung - eine psychische Störung von Krankheitswert eine Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB dar, auch wenn sie beim Geschädigten mittelbar durch die Verletzung eines Rechtsgutes bei einem Dritten verursacht wurde. Ist die psychische Beeinträchtigung pathologisch fassbar, hat sie also Krankheitswert, ist für die Bejahung einer Gesundheitsverletzung nicht erforderlich, dass die Störung über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgeht, denen Betroffene bei der Verletzung eines Rechtsgutes eines nahen Angehörigen in der Regel ausgesetzt sind (insoweit Aufgabe Senatsurteil vom 21. Mai 2019 - VI ZR 299/17, BGHZ 222, 125 Rn. 7 mwN). 
Urteil vom 6. Dezember 2022 - VI ZR 168/21

 

 

BGB § 426 Abs. 1, § 630h Abs. 5 
Die Grundsätze der Beweislastumkehr wegen eines groben Behandlungsfehlers sind auch im Rechtsstreit zwischen Mitbehandlern des Patienten über den selbständigen Ausgleichsanspruch des Gesamtschuldners nach § 426 Abs. 1 BGB anwendbar (Klarstellung zu Senatsurteil vom 6. Oktober 2009 - VI ZR 24/09, NJW-RR 2010, 831). 
Urteil vom 6. Dezember 2022 - VI ZR 284/19

 

 

StVO § 8 Abs. 1 Satz 1 
Die Vorfahrtsregel des § 8 Abs. 1 Satz 1 StVO ("rechts vor links") findet auf öffentlichen Parkplätzen ohne ausdrückliche Vorfahrtsregelung weder unmittelbar noch im Rahmen der Pflichtenkonkretisierung nach § 1 Abs. 2 StVO Anwendung, soweit den dort vorhandenen Fahrspuren kein eindeutiger Straßencharakter zukommt. 
Urteil vom 22. November 2022 - VI ZR 344/21

 

 

BGB § 31, § 826 (Gd) 
Zur Haftung eines Automobilherstellers nach § 826 BGB gegenüber dem Käufer des gebrauchten Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: Darlegungserfordernisse hinsichtlich § 31 BGB und Sittenwidrigkeit, Schaden). 
Urteil vom 15. November 2022 - VI ZR 35/20

 

 

 

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; HessHG § 77 a.F./§ 84 n.F. 
a) Unterlassungsansprüche von Studierenden gegen ihre verfasste Studierendenschaft wegen Berichterstattung in deren Mitgliederzeitschrift (AStA-Zeitung) oder wegen sonstiger Verlautbarungen unterfallen dem öffentlichen Recht. 
b) Die Studierendenschaft nimmt insoweit eine öffentliche Aufgabe wahr; auf die Ausübung eigener Kommunikationsfreiheiten kann sie sich nicht berufen. Ein sog. allgemein-politisches Mandat steht ihr nicht zu. Soweit die Studierendenschaft Meinungen Dritter zur Diskussion stellt, ist ihr äußerste Zurückhaltung sowie eine am Neutralitätsgebot orientierte Berücksichtigung der verschiedenen Sichtweisen abzuverlangen. 
c) Zur Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen einerseits und der Wahrnehmung der sozialen Belange der Studierenden durch die Studierendenschaft andererseits (hier: Berichterstattung über sog. "Pick-Up-Artists"). 
Urteil vom 8. November 2022 - VI ZR 65/21

 

 

BGB § 823 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2; KUG § 22, § 23 Abs. 1 Nr. 1 
Zur Zulässigkeit einer Bildberichterstattung über einen Bundespolizisten, der bei einem Einsatz anlässlich eines Neonazifestivals Aufnäher an seiner Uniform trug. 
Urteil vom 8. November 2022 - VI ZR 1328/20

 

 

BGB § 823 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2; KUG § 22, § 23 Abs. 1 Nr. 1 
Zur Unzulässigkeit einer Bildberichterstattung über einen Bundespolizisten, der bei einem Einsatz anlässlich eines Neonazifestivals Aufnäher an seiner Uniform trug (Abgrenzung zu Senatsurteilen vom 8. November 2022 - VI ZR 1319/20; VI ZR 1328/20; VI ZR 22/21). 
Urteil vom 8. November 2022 - VI ZR 57/21

 

 

BGB § 823 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2; KUG § 22, § 23 Abs. 1 Nr. 1 
Zur Zulässigkeit einer Bildberichterstattung über einen Bundespolizisten, der bei einem Einsatz anlässlich eines Neonazifestivals Aufnäher an seiner Uniform trug. 
Urteil vom 8. November 2022 - VI ZR 22/21

 

 

BGB § 823 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2; KUG § 22, § 23 Abs. 1 Nr. 1 
Zur Zulässigkeit einer Bildberichterstattung über einen Bundespolizisten, der bei einem Einsatz anlässlich eines Neonazifestivals Aufnäher an seiner Uniform trug. 
Urteil vom 8. November 2022 - VI ZR 1319/20

 

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 286 Abs. 1 Satz 1 B 
Eine erneute Parteianhörung durch das Berufungsgericht kann dann erforderlich werden, wenn sich das erstinstanzliche Gericht - etwa aufgrund von Zeugenaussagen - von dem Gegenteil dessen überzeugt hat, was eine Partei in einer persönlichen Anhörung erklärt hat, und in den Urteilsgründen von der Würdigung dieser Parteierklärung ganz abgesehen hat. 
Beschluss vom 25. Oktober 2022 - VI ZR 382/21

 

 

BGB § 826 (Gd), § 849
Zur Haftung eines Automobilherstellers nach § 826 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: Deliktszinsen). 
Urteil vom 25. Oktober 2022 - VI ZR 1034/20

 

 

BGB § 31, § 826 (Gd)
Zur Haftung eines Automobilherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem (Gebrauchtwagen-)Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: Voraussetzungen der Haftung, Schadensberechnung nach Weiterverkauf). 
Urteil vom 25. Oktober 2022 - VI ZR 339/20

 

 

BGB § 280 Abs. 1
Zur Beweislastverteilung nach Gefahren- und Organisationsbereichen hinsichtlich der objektiven Verletzung einer vorvertraglichen Schutzpflicht beim Sturz eines Kunden aufgrund einer Verunreinigung des Bodens in einem Warenhaus (Festhaltung Senatsurteil vom 26. September 1961 - VI ZR 92/61, NJW 1962, 31; BGH, Urteil vom 28. Januar 1976 - VIII ZR 246/74, BGHZ 66, 51).
Urteil vom 25. Oktober 2022 - VI ZR 1283/20

 

 

EGZPO § 15a; JustG NRW § 53

§ 15a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EGZPO i.V.m. § 53 Abs. 1 Nr. 2 JustG NRW unterfallen nicht alle Ansprüche, die sich aus einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ergeben, sondern nur Ansprüche wegen einer Ehrverletzung im Sinne der strafrechtlichen Vorschriften der §§ 185 ff. StGB.
Urteil vom 25. Oktober 2022 - VI ZR 258/21

 

 

BGB § 295, § 826 (Gd), § 849
Zur Haftung eines Automobilherstellers nach § 826 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: Annahmeverzug).
Urteil vom 25. Oktober 2022 - VI ZR 467/20

 

BGB § 826 E, Ga, H
Zur Haftung eines Motorenherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Käufer eines von dessen Tochtergesellschaft hergestellten Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall.
Urteil vom 25. Oktober 2022 - VI ZR 68/20

 

 

BGB § 823 Aa, § 842; SGB X § 116; SGB III § 122

a) Hinsichtlich des Zeitpunkts des Anspruchsübergangs gemäß § 116 SGB X ist zu differenzieren. Maßgeblich für die Differenzierung ist der Grund der Leistungserbringung und nicht der Träger der Leistung.
Bei Sozialleistungen, die aufgrund eines Sozialversicherungsverhältnisses zu erbringen sind, findet der in § 116 Abs. 1 SGB X normierte Anspruchsübergang in aller Regel bereits im Zeitpunkt des schadenstiftenden Ereignisses statt, sofern das Versicherungsverhältnis schon zu diesem Zeitpunkt besteht. Bei Sozialleistungen, deren Gewährung nicht an das Bestehen eines Sozialversicherungsverhältnisses, sondern an andere Voraussetzungen gebunden ist, ist für den Rechtsübergang erforderlich, dass nach den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls eine Leistungspflicht ernsthaft in Betracht zu ziehen ist.

b) Zur grob fahrlässigen Unkenntnis von Bediensteten der Regressabteilung (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1 BGB).
Urteil vom 18. Oktober 2022 - VI ZR 1177/20

 

 

BGB § 823 Abs. 1 und Abs. 2 F

a) Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der vorübergehenden Entziehung der Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs besteht nicht, wenn dem Geschädigten ein weiteres Fahrzeug zur Verfügung steht, dessen ersatzweise Nutzung ihm zumutbar ist.

b) Die Unzumutbarkeit der Nutzung des weiteren Fahrzeugs lässt sich nicht mit dem Argument begründen, dass das Fahrzeug, dessen Nutzung vorübergehend entzogen ist, gegenüber dem Zweitfahrzeug eine höhere Wertschätzung des Geschädigten erfahre, etwa weil ihm ein höheres Prestige zukomme, es ein anderes Fahrgefühl vermittle oder den individuellen Genuss erhöhe.
Urteil vom 11. Oktober 2022 - VI ZR 35/22

 

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 138 Abs. 2
Die offenkundig unrichtige Nichtberücksichtigung eines Bestreitens wegen mangelnder Substantiierung verletzt Art. 103 Abs. 1 GG.
Beschluss vom 11. Oktober 2022 - VI ZR 361/21

 


ZPO § 110
a) In einer höheren Instanz ist die Einrede der mangelnden Sicherheitsleistung für die Prozesskosten nur zulässig, wenn die Voraussetzungen für die Sicherheitsleistung erst in dieser Instanz eingetreten sind oder wenn die Einrede in den Vorinstanzen ohne Verschulden nicht erhoben worden ist.
b) Zur Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung einer Prozesskostensicherheit gemäß § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 des Europäischen Niederlassungsabkommens vom 13. Dezember 1955.
c) Zur Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung einer Prozesskostensicherheit gemäß § 110 Abs. 2 Nr. 2 ZPO in Verbindung mit Art. 32, 38 ff. des Luganer Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007.
Beschluss vom 27. September 2022 - VI ZR 68/21

 

 

StVG § 7 Abs. 1 
a) Der Schadensbegriff des § 7 Abs. 1 StVG entspricht dem des § 823 Abs. 1 BGB.
b) Die Verletzung des Eigentums an einer Sache bzw. die Beschädigung einer Sache kann nicht nur durch eine Beeinträchtigung der Sachsubstanz, sondern auch durch eine sonstige die Eigentümerbefugnisse treffende tatsächliche Einwirkung auf die Sache selbst erfolgen, die deren Benutzung objektiv verhindert. Voraussetzung ist stets, dass die Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung der Sache ihren Grund in einer unmittelbaren Einwirkung auf die Sache selbst hat. Werden die Eigentümerbefugnisse durch eine tatsächliche Einwirkung auf die Sache derart beeinträchtigt, dass deren Verwendungsfähigkeit vorübergehend praktisch aufgehoben ist, bedarf es für die Annahme einer Eigentumsverletzung bzw. einer Sachbeschädigung grundsätzlich nicht zusätzlich der Überschreitung einer zeitlich definierten Erheblichkeitsschwelle. Die erforderliche Intensität der Nutzungsbeeinträchtigung folgt hier grundsätzlich bereits aus dem Entzug des bestimmungsgemäßen Gebrauchs (hier: Blockade einer Schiene durch ein verunfalltes Kraftfahrzeug, die dazu führt, dass das Gleis deshalb an der blockierten Stelle nicht befahren werden kann). 
Urteil vom 27. September 2022 - VI ZR 336/21

 

 

ZPO § 520 Abs. 2 
Geht dem Prozessbevollmächtigten des Berufungsklägers auf einen von ihm gestellten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist eine Mitteilung des Gerichts zu, aus der sich ergibt, dass die gewährte Fristverlängerung hinter der begehrten zurückbleibt, so ist eine Grundlage für sein Vertrauen, die Frist laufe erst später als aus der Mitteilung ersichtlich ab, nicht ersichtlich. Vielmehr ist von einem ordentlichen und gewissenhaften Rechtsanwalt zu erwarten, dass er eine solche Mitteilung zur Kenntnis nimmt und sich auf die daraus ersichtliche Frist einstellt. 
Beschluss vom 27. September 2022 - VI ZB 66/21

 

 

BGB §§ 319, 520 
a) Eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist wird erst wirksam, wenn sie dem Berufungskläger formlos mitgeteilt wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Januar 1999 - V ZB 31/98, NJW 1999, 1036, juris Rn. 5; vom 14. Februar 1990 - XII ZB 126/89, NJW 1990, 1797). 
b) Wird dem Berufungskläger bei Mitteilung der Verlängerungsverfügung ebenfalls mitgeteilt, die Verfügung enthalte einen Schreibfehler, tatsächlich sei ein anderes Fristende gewollt gewesen, so kann dieses Schreibversehen jedenfalls gemäß § 319 ZPO berichtigt werden. 
Beschluss vom 20. September 2022 - VI ZB 48/21

 

 

ZPO § 236 Abs. 2 Satz 1 
An einer Glaubhaftmachung der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen gemäß § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO fehlt es, wenn in dem Wiedereinsetzungsantrag auf eine eidesstattliche Versicherung Bezug genommen wird, deren Beifügung versäumt und auch auf gerichtlichen Hinweis hin nicht nachgeholt wird. 
Beschluss vom 20. September 2022 - VI ZB 27/22

 

 

 

ZPO § 85 Abs. 2, § 233 Satz 1 (B) 
Ein Rechtsanwalt hat durch geeignete organisatorische Vorkehrungen dafür Sorge zu tragen, dass Fristversäumnisse möglichst vermieden werden. Hierzu gehört die allgemeine Anordnung, bei Prozesshandlungen, deren Vornahme ihrer Art nach mehr als nur einen geringen Aufwand an Zeit und Mühe erfordert, wie dies regelmäßig bei Rechtsmittelbegründungen der Fall ist, außer dem Datum des Fristablaufs noch eine grundsätzlich etwa einwöchige Vorfrist zu notieren. 
Beschluss vom 20. September 2022 - VI ZB 17/22

 

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9
Zum Vorliegen einer Gehörsverletzung bei unterbliebener ausdrücklicher Auseinandersetzung mit zentralem Parteivortrag im Urteil.
Beschluss vom 16. August 2022 - VI ZR 342/21

 

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 286 E 
Zur unzulässigen Beweisantizipation. 
Beschluss vom 16. August 2022 - VI ZR 1151/20

 

 

BGB § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Ah 
Bei einem Bewertungsportal (hier: Hotelbewertungsportal) reicht die Rüge des Bewerteten, einer Bewertung liege kein Gästekontakt zugrunde, grundsätzlich aus, um Prüfpflichten des Bewertungsportals auszulösen. Zu weiteren Darlegungen, insbesondere einer näheren Begründung seiner Behauptung des fehlenden Gästekontakts, ist der Bewertete gegenüber dem Bewertungsportal grundsätzlich nicht verpflichtet. Dies gilt nicht nur in dem Fall, dass die Bewertung keinerlei tatsächliche, die konkrete Inanspruchnahme der Leistung beschreibende Angaben enthält und dem Bewerteten daher eine weitere Begründung schon gar nicht möglich ist, sondern auch dann, wenn für einen Gästekontakt sprechende Angaben vorliegen (Klarstellung zu Senatsurteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15, BGHZ 209, 139 Rn. 26). Denn der Bewertete kann diese Angaben regelmäßig nicht überprüfen und damit den behaupteten Gästekontakt nicht sicher feststellen. Einer näheren Begründung der Behauptung des fehlenden Gästekontakts bedarf es nur, wenn sich die Identität des Bewertenden für den Bewerteten ohne Weiteres aus der Bewertung ergibt. Im Übrigen gilt die Grenze des Rechtsmissbrauchs.
Urteil vom 9. August 2022 - VI ZR 1244/20

 

 

BGB § 823 Ah; GG Art. 5 
Zur Zulässigkeit einer Berichterstattung, die über eine Liebesbeziehung spekuliert (Fortführung und Abgrenzung Senat, Urteil vom 2. Mai 2017 - VI ZR 262/16, NJW-RR 2017, 1516). 
Urteil vom 2. August 2022 - VI ZR 26/21

 

 

BGB § 823 Aa; StVG § 7 Abs. 1, § 11 
Der Begriff der Primärverletzung bezeichnet die für die Erfüllung der Haftungstatbestände des § 823 Abs. 1 BGB und des § 7 Abs. 1 StVG erforderliche Rechtsgutsverletzung. Er enthält kein kausalitätsbezogenes Element. 
Urteil vom 26. Juli 2022 - VI ZR 58/21

 

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9 
Zum Vorliegen einer Gehörsverletzung bei unterbliebener ausdrücklicher Auseinandersetzung mit zentralem Parteivortrag im Urteil. 
Beschluss vom 21. Juni 2022 - VI ZR 1067/20

 

 

ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 
Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung jede tragende Erwägung angreifen. 
Beschluss vom 21. Juni 2022 - VI ZB 87/21

 

 

GG Art. 103 Abs. 1; BGB § 630h Abs. 2 Satz 2 
Feststellungen darüber, wie sich ein Patient bei ausreichender Aufklärung entschieden hätte, und ob er in einen Entscheidungskonflikt geraten wäre, darf der Tatrichter grundsätzlich nicht ohne persönliche Anhörung des Patienten treffen. 
Beschluss vom 21. Juni 2022 - VI ZR 310/21

 

BGB §§ 823 (Ah, Ai, Bd, G), 1004 (analog); StGB §§ 185 ff.; ZPO 139
a) Begehrt der Kläger in einem äußerungsrechtlichen Rechtsstreit nicht die Unterlassung einer von ihm wörtlich wiedergegebenen Äußerung des Beklagten, sondern die Unterlassung einer Aussage, die er der Äußerung des Beklagten nach eigener Interpretation entnehmen zu können meint, so kommt ein auf eine Wiederholungsgefahr nach erfolgter Erstbegehung gestützter Unterlassungsanspruch (sogenannter "Verletzungsunterlassungsanspruch") nur in Betracht, wenn sich die vom Kläger bekämpfte Aussage aus der betreffenden Äußerung des Beklagten tatsächlich ergibt.
b) Ergibt sich in einem äußerungsrechtlichen Rechtsstreit, dass der Kläger die von ihm begehrte Unterlassung einer bestimmten Aussage nicht verlangen kann und die Klage deshalb unbegründet ist, so bedarf es vor Abweisung der Klage keines richterlichen Hinweises dahingehend, dass sich aus dem maßgeblichen Sachverhalt (möglicherweise) ein auf eine andere Aussage gerichteter Unterlassungsanspruch ergibt.
Urteil vom 21. Juni 2022 - VI ZR 395/19

 

 

ZPO §§ 321a, 517
Die Erhebung einer Anhörungsrüge hat keinen Einfluss auf den Ablauf prozessualer Fristen und hindert den Eintritt der formellen Rechtskraft nicht (hier: Frist zur Einlegung der Berufung).
Beschluss vom 14. Juni 2022 - VI ZB 26/21

 

BGB § 823 Abs. 2 Bf.

§ 40 Abs. 1 Satz 1 BlmSchG in Verbindung mit dem im Luftreinhalteplan für die Landeshauptstadt Stuttgart vorgesehenen Lkw-Durchfahrtsverbot ist kein
Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der einzelnen Anwohner innerhalb der Durchfahrtsverbotszone, das es diesen ermöglicht, dem Verbot Zuwiderhandelnde zivilrechtlich auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen.
Urteil vom 14. Juni 2022 - VI ZR 110/21
Pressemitteilung Nr. 93/22 vom 14. Juni 2022

 

 

BGB § 823 Ah; § 1004 Abs. 1 Satz 1 
a) Durch eine Darstellung, die das jüdische Volk und seine Religion, mithin das Judentum als Ganzes verhöhnt und verunglimpft, wird der Geltungs- und Achtungsanspruch eines jeden in Deutschland lebenden Juden angegriffen. 
b) Der rechtsverletzende Zustand, der von einem der Diffamierung und Verunglimpfung von Juden dienenden Sandsteinrelief ausgeht, kann nicht allein durch Entfernung des Reliefs, sondern auch dadurch beseitigt werden, dass sich der Störer von dem im Relief verkörperten Aussagegehalt distanziert, dieses kontextualisiert und in eine Stätte der Mahnung zum Zwecke des Gedenkens und der Erinnerung an die jahrhundertelange Diskriminierung und Verfolgung von Juden bis hin zum Holocaust umwandelt. 
c) Der Abwehranspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auf die Beseitigung des andauernden rechtswidrigen Störungszustands, nicht hingegen auf eine bestimmte Handlung gerichtet. Es muss daher grundsätzlich dem Schuldner überlassen bleiben, wie er den Störungszustand beseitigt. 
Urteil vom 14. Juni 2022 - VI ZR 172/20
Pressemitteilung Nr. 94/2022 vom 14. Juni 2022

 

 

BGB § 823 Ah; GG Art. 5 
Zu den Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung (hier: Pressebericht über Hauptverhandlung im Strafverfahren). 
Urteil vom 31. Mai 2022 - VI ZR 95/21

 

 

BGB § 823 Abs. 1 Ae; StVG § 7
Zum Schadensersatzanspruch bei Verletzung des berechtigten unmittelbaren Besitzes.
Urteil vom 24. Mai 2022 - VI ZR 1215/20

 

 

BGB § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1 Aa
Zur Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalität grober Behandlungsfehler (hier: Unterlassen der therapeutischen Information) und zum Zurechnungszusammenhang unter Schutzzweckgesichtspunkten.
Urteil vom 24. Mai 2022 - VI ZR 206/21

 

 

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1
Satz 2
a) Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Ehemanns durch eine Berichterstattung über die Umstände des Todes der Ehefrau.
b) Gegen rechtsverletzende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht kann nur der unmittelbar Verletzte, nicht auch derjenige vorgehen, der von den Fernwirkungen eines Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht eines anderen nur mittelbar belastet wird, solange diese Auswirkungen nicht auch als Verletzung des eigenen Persönlichkeitsrechts zu qualifizieren sind. Es hängt von den Umständen einer Berichterstattung über den Tod einer Person im Einzelfall ab, ob sie das  Persönlichkeitsrecht eines nahen Angehörigen unmittelbar oder nur mittelbar beeinträchtigt.
c) Eine vom Recht auf Achtung der Privatsphäre umfasste Situation großer emotionaler Belastung kann auch die des Bangens um das Leben eines nahen Angehörigen sein.
Urteil vom 17. Mai 2022 - VI ZR 123/21

 


GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1
Satz 2
a) Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Ehemanns durch eine Berichterstattung über die Umstände des Todes der Ehefrau.
b) Gegen rechtsverletzende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht kann nur der unmittelbar Verletzte, nicht auch derjenige vorgehen, der von den Fernwirkungen eines Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht eines anderen nur mittelbar belastet wird, solange diese Auswirkungen nicht auch als Verletzung des eigenen  Persönlichkeitsrechts zu qualifizieren sind. Es hängt von den Umständen einer Berichterstattung über den Tod einer Person im Einzelfall ab, ob sie das Persönlichkeitsrecht eines nahen Angehörigen unmittelbar oder nur mittelbar beeinträchtigt.
c) Eine vom Recht auf Achtung der Privatsphäre umfasste Situation großer emotionaler Belastung kann auch die des Bangens um das Leben eines nahen Angehörigen sein.
Urteil vom 17. Mai 2022 - VI ZR 124/21

 

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1
Satz 2
a) Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Ehemanns durch eine Berichterstattung über die Umstände des Todes der Ehefrau.
b) Gegen rechtsverletzende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht kann nur der unmittelbar Verletzte, nicht auch derjenige vorgehen, der von den Fernwirkungen eines Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht eines anderen nur mittelbar belastet wird, solange diese Auswirkungen nicht auch als Verletzung des eigenen Persönlichkeitsrechts zu qualifizieren sind. Es hängt von den Umständen einer Berichterstattung über den Tod einer Person im Einzelfall ab, ob sie das Persönlichkeitsrecht eines nahen Angehörigen unmittelbar oder nur mittelbar beeinträchtigt.
c) Eine vom Recht auf Achtung der Privatsphäre umfasste Situation großer emotionaler Belastung kann auch die des Bangens um das Leben eines nahen Angehörigen sein.
Urteil vom 17. Mai 2022 - VI ZR 125/21

 

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1
Satz 2
a) Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Ehemanns durch eine Berichterstattung über die Umstände des Todes der Ehefrau.
b) Gegen rechtsverletzende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht kann nur der unmittelbar Verletzte, nicht auch derjenige vorgehen, der von den Fernwirkungen eines Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht eines anderen nur mittelbar belastet wird, solange diese Auswirkungen nicht auch als Verletzung des eigenen Persönlichkeitsrechts zu qualifizieren sind. Es hängt von den Umständen einer Berichterstattung über den Tod einer Person im Einzelfall ab, ob sie das Persönlichkeitsrecht eines nahen Angehörigen unmittelbar oder nur mittelbar beeinträchtigt.
c) Eine vom Recht auf Achtung der Privatsphäre umfasste Situation großer emotionaler Belastung kann auch die des Bangens um das Leben eines nahen Angehörigen sein.
Urteil vom 17. Mai 2022 - VI ZR 141/21

 

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 308 Abs. 1 
Zur Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs bei einem Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO. 
Beschluss vom 24. Mai 2022 - VI ZR 304/21

 

 

BGB § 31, § 826 A, B, C, D, Gb 
Die Haftung einer juristischen Person aus § 826 BGB in Verbindung mit § 31 BGB setzt voraus, dass einer ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht hat. 
Urteil vom 10. Mai 2022 - VI ZR 838/20

 

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9 
Zum Vorliegen eines Gehörsverstoßes in einem Schadensersatzprozess. 
Beschluss vom 10. Mai 2022 - VI ZR 219/21

 

 

ZPO § 256 Abs. 1; RVG VV Nr. 2300 
a) Zum Feststellungsinteresse bei einer Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht in einem sogenannten Dieselfall. 
b) Auf mögliche künftige Belastungen mit Aufwendungen, die nur im Rahmen des großen Schadensersatzes ersatzfähig wären, kann der Kläger sein Feststellungsinteresse nicht stützen, wenn er sich nicht für die Geltendmachung des großen Schadensersatzes entschieden hat, obwohl ihm diese Entscheidung möglich und zumutbar ist (Senatsurteil vom 5. Oktober 2021 - VI ZR 136/20, ZIP 2021, 2553 Rn. 33). 
c) Zur Bestimmung einer außergerichtlichen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG. 
Urteil vom 10. Mai 2022 - VI ZR 156/20

 

 

BGB § 249 (Ga) 
Zur Bedeutung des sogenannten "Werkstattrisikos" nach Abtretung der Schadensersatzforderung an die die Reparatur des Unfallschadens vornehmende Werkstatt. 
Urteil vom 26. April 2022 - VI ZR 147/21

 

 

BGB § 31, § 826 (C, Gb, H)
Eine sekundäre Darlegungslast eines Fahrzeugherstellers zu Vorgängen innerhalb seines Unternehmens, die auf eine Kenntnis seiner verfassungsmäßig berufenen Vertreter von der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung schließen lassen sollen, setzt jedenfalls voraus, dass das (unstreitige oder nachgewiesene) Parteivorbringen hinreichende Anhaltspunkte enthält, die einen solchen Schluss nahelegen (Senatsurteile vom 21. Dezember 2021 - VI ZR 875/20, MDR 2022, 308 Rn. 14; vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19, NJW 2021, 1669 Rn. 28; jeweils mwN).
Urteil vom 26. April 2022 - VI ZR 965/20

 

 

BGB § 826 (Gg, H)

Zur deliktischen Haftung eines Automobilherstellers gegenüber dem Käufer des gebrauchten Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: sogenanntes "Thermofenster" und Darlegungserfordernisse bei Behauptung einer sogenannten "Umschaltlogik").
Urteil vom 26. April 2022 - VI ZR 435/20

 

 

BGB § 833; ZPO §§ 66, 67, 68, 69
a) Zu den Voraussetzungen der Tierhalterhaftung (§ 833 Satz 1 BGB).
b) Der nicht streitgenössische Nebenintervenient kann keinen Sachvortrag halten, der in Widerspruch zu demjenigen der Partei steht. Der Widerspruch muss nicht ausdrücklich erklärt werden; es reicht, wenn sich aus dem Gesamtverhalten der unterstützten Partei zweifelsfrei ergibt, dass sie die Erklärung des Nebenintervenienten nicht gegen sich geltend lassen möchte. Der Widerspruch der Hauptpartei ist dabei auch dann zu berücksichtigen, wenn er nicht durch einen Rechtsanwalt erklärt wird; er unterliegt nicht dem Anwaltszwang.
Urteil vom 26. April 2022 - VI ZR 1321/20

 

 

BGB § 249 (Hb, K) 
Wählt der Geschädigte den Weg der fiktiven Schadensabrechnung, kann er den Ersatz von Umsatzsteuer nicht verlangen. Dies gilt auch dann, wenn im Rahmen einer durchgeführten Reparatur tatsächlich Umsatzsteuer angefallen ist. Eine Kombination fiktiver und konkreter Schadensberechnung ist insoweit nicht zulässig (hier: Teilreparatur zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit des Unfallfahrzeugs). 
Urteil vom 5. April 2022 - VI ZR 7/21

 

 

BGB § 826 B, GD 
Für die Bewertung eines schädigenden Verhaltens als sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ist in einer Gesamtschau dessen Gesamtcharakter zu ermitteln und das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens beim konkreten Geschädigten zugrunde zu legen. 
Urteil vom 5. April 2022 - VI ZR 485/20 

 

 

DS-GVO Art. 17 
Zu den Voraussetzungen eines Auslistungsanspruchs gegen den Verantwortlichen eines Internet-Suchdienstes nach Art. 17 DS-GVO. 
Urteil vom 3. Mai 2022 - VI ZR 832/20

 

Verordnung (EU) 2016/679 Art. 12 Abs. 5, Art. 15 Abs. 3 Satz 1, Art. 23 Abs. 1; BGB § 630g Abs. 2 Satz 2 
Vorlagefragen an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Auslegung von Art. 15 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 5 und Art. 23 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO, ABl. EU L 119 vom 4. Mai 2016 S. 1) bezüglich der Reichweite des unionsrechtlichen Anspruchs des Patienten gegen den behandelnden Arzt auf kostenfreie Zurverfügungstellung einer ersten Kopie seiner in der Patientenakte verarbeiteten personenbezogenen Daten und der Möglichkeit einer Beschränkung dieses Anspruchs durch § 630g Abs. 2 Satz 2 BGB. 
Beschluss vom 29. März 2022 - VI ZR 1352/20

 

 

BGB § 253 Abs. 2; ZPO § 287 Abs. 1 
a) Zur Ungeeignetheit der Methode der "taggenauen Berechnung" des Schmerzensgeldes auch als "Plausibilitätskontrolle" in Fällen von Dauerschäden (Anschluss an Senatsurteil vom 15. Februar 2022 - VI ZR 937/20). 
b) Zur Unterscheidung zwischen "grobem Behandlungsfehler" und "grob fahrlässigem Handeln eines Arztes" bei der Bemessung des Schmerzensgeldes in Arzthaftungsfällen (Anschluss an Senatsurteil vom 8. Februar 2022 - VI ZR 409/19). 
Urteil vom 22. März 2022 - VI ZR 16/21

 

 

ZPO § 130 Nr. 6; § 236 (D); § 519 

GG Art. 2 Abs. 1; Art 3 Abs. 1; Art. 103 Abs. 1 
a) Der Mangel der Unterschrift in einem als Urschrift der Berufung gedachten Schriftsatz kann durch eine gleichzeitig eingereichte beglaubigte Abschrift dieses Schriftsatzes behoben werden, auf der der Beglaubigungsvermerk von dem Prozessbevollmächtigten handschriftlich vollzogen worden ist. Voraussetzung ist freilich, dass bei Ablauf der Berufungsfrist zweifelsfrei feststeht, dass die Unterschrift unter dem Beglaubigungsvermerk der Person zurechenbar ist, die aus der Urschrift als deren Urheber hervorgeht (Fortführung Senatsbeschluss vom 24. November 2009 - VI ZB 36/09 Rn. 8 f.; BGH, Beschluss vom 10. April 2018 - VIII ZB 35/17 Rn. 14 f.). 
b) Zum Grundsatz der materiellen Subsidiarität bei unterbliebener Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Amts wegen. 
Beschluss vom 22. März 2022 - VI ZB 27/20

 

 

ZPO § 519 Abs. 2, § 233 (D) 
a) Zum notwendigen Inhalt der Berufungsschrift gehört gemäß § 519 Abs. 2 ZPO die Angabe, für und gegen welche Partei das Rechtsmittel eingelegt wird. Aus der Berufungsschrift muss entweder für sich allein oder mit Hilfe weiterer Unterlagen, etwa einer der Berufungsschrift beigefügten Ablichtung des angefochtenen Urteils, bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig zu erkennen sein, wer Berufungskläger und wer Berufungsbeklagter sein soll. 
b) Die erforderliche Klarheit über die Person des Berufungsklägers kann nicht ausschließlich durch dessen ausdrückliche Bezeichnung erzielt werden, sie kann auch im Wege der Auslegung der Berufungsschrift und der sonst vorliegenden Unterlagen gewonnen werden. Hierbei sind, wie auch im Übrigen bei der Ausdeutung von Prozesserklärungen, alle Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen (Festhalten an BGH, Beschluss vom 24. Februar 2021 - VII ZB 8/21, BauR 2021, 1008). 
c) Grundsätzlich darf der Rechtsanwalt auch bei einem so wichtigen Vorgang wie der Anfertigung einer Rechtsmittelschrift einer zuverlässigen Büroangestellten eine konkrete Weisung erteilen, deren Ausführung er nicht mehr persönlich überprüfen muss. Erteilt der Rechtsanwalt allerdings die den Inhalt der Rechtsmittelschrift betreffende Weisung im Vorfeld der Erstellung des Schriftsatzes, entbindet ihn diese Anordnung regelmäßig nicht von seiner Pflicht, das ihm in der Folge vorgelegte Arbeitsergebnis vor Unterzeichnung sorgfältig auf die richtige und vollständige Umsetzung der anwaltlichen Vorgaben zu überprüfen. (Festhalten an BGH, Beschluss vom 12. Mai 2016 - IX ZB 75/15, juris, Rn. 8; Senatsbeschluss vom 29. August 2017 - VI ZB 49/16, NJW-RR 2018, 56 Rn. 10). 
Beschluss vom 15. März 2022 - VI ZB 20/20

 

 

ZPO § 130a Abs. 5 
Zum Eingang eines über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) eingereichten elektronischen Dokuments (hier: Berufungsbegründung) bei Gericht (§ 130a Abs. 5 ZPO). 
Beschluss vom 8. März 2022 - VI ZB 25/20

 

 

StVG § 17; StVO § 1, Anlage 1 zu § 40 Abs. 6 und 7 Zeichen 120 
Bei einer beidseitigen Fahrbahnverengung (Gefahrenzeichen 120 nach Anlage 1 zu § 40 Abs. 6 und 7 StVO) gilt das Gebot der wechselseitigen Rücksichtnahme (§ 1 StVO). Ein regelhafter Vorrang eines der beiden bisherigen Fahrstreifen besteht nicht. 
Urteil vom 8. März 2022 - VI ZR 47/21

 

 

StVO § 7 Abs. 5 Satz 1 
Im Rahmen des § 7 Abs. 5 Satz 1 StVO ist "anderer Verkehrsteilnehmer" nur ein Teilnehmer des fließenden Verkehrs, also nicht der vom Fahrbahnrand An- und in den fließenden Verkehr Einfahrende. 
Urteil vom 8. März 2022 - VI ZR 1308/20

 

 

BGB § 31, § 826 (Gd) 
Zur Haftung eines Automobilherstellers nach § 826 BGB gegenüber dem Käufer des gebrauchten Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: Darlegungserfordernisse hinsichtlich § 31 BGB, Schaden). 
Urteil vom 8. März 2022 - VI ZR 475/19

 

 

ZPO § 85 Abs. 2, § 130a Abs. 3, § 233 Satz 1 (B) 
Bei der Signierung eines ein Rechtsmittel oder eine Rechtsmittelbegründung enthaltenden fristwahrenden elektronischen Dokumentes gehört es zu den nicht auf das Büropersonal übertragbaren Pflichten eines Rechtsanwalts, das zu signierende Dokument zuvor selbst sorgfältig auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu prüfen. 
Beschluss vom 8. März 2022 - VI ZB 78/21

 

 

BGB § 823 Abs. 1 Ah, F; GG Art. 5 
Zu den Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung (hier: Pressebericht über bevorstehende Hauptverhandlung im Strafverfahren). 
Urteil vom 22. Februar 2022 - VI ZR 1175/20

 

 

ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
a) Die Bestimmung des Streitgegenstands ist Sache des Klägers. Will er einen weiteren Streitgegenstand in den Prozess einführen, muss er zweifelsfrei deutlich machen, dass er einen neuen prozessualen Anspruch verfolgt.
b) Leitet ein Fahrzeugkäufer sein Schadensersatzbegehren in einem sog. Dieselfall zusätzlich aus einer vertraglichen Vereinbarung im Zusammenhang mit dem Aufspielen des Software-Updates ab, handelt es sich gegenüber dem ursprünglichen Fahrzeugerwerb um einen anderen Klagegrund und damit um einen anderen Streitgegenstand.
Urteil vom 22. Februar 2022 - VI ZR 265/20

 

 

DS-GVO Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. g
Zur Beschränkung des Auskunftsrechts über die Herkunft von Daten gemäß Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. g DS-GVO durch datenschutzrechtlich geschützte Interessen Dritter.
Urteil vom 22. Februar 2022 - VI ZR 14/21

 

 

ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2 
a) Die Bestimmung des Streitgegenstands ist Sache des Klägers. Will er einen weiteren Streitgegenstand in den Prozess einführen, muss er zweifelsfrei deutlich machen, dass er einen neuen prozessualen Anspruch verfolgt. 
b) Leitet ein Fahrzeugkäufer sein Schadensersatzbegehren in einem sog. Dieselfall zusätzlich aus einer vertraglichen Vereinbarung im Zusammenhang mit dem Aufspielen des Software-Updates ab, handelt es sich gegenüber dem ursprünglichen Fahrzeugerwerb um einen anderen Klagegrund und damit um einen anderen Streitgegenstand. 
Urteil vom 22. Februar 2022 - VI ZR 934/20

 

 

ZPO § 256 Abs. 1 
a) Zum Feststellungsinteresse bei einer Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht in einem sogenannten Dieselfall. 
b) Auf mögliche künftige Belastungen mit Aufwendungen, die nur im Rahmen des großen Schadensersatzes ersatzfähig wären, kann der Kläger sein Feststellungsinteresse nicht stützen, wenn er sich nicht für die Geltendmachung des großen Schadensersatzes entschieden hat, obwohl ihm diese Entscheidung möglich und zumutbar ist (Senatsurteil vom 5. Oktober 2021 - VI ZR 136/20, ZIP 2021, 2553 Rn. 33). 
Urteil vom 22. Februar 2022 - VI ZR 415/20

 

 

BGB § 253 Abs. 2; ZPO § 287 Abs. 1 
a) Maßgebend für die Höhe des Schmerzensgeldes sind im Wesentlichen die Schwere der Verletzungen, das durch diese bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchtigung durch den Verletzten und der Grad des Verschuldens des Schädigers. Dabei geht es nicht um eine isolierte Schau auf einzelne Umstände des Falles, sondern um eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls. Diese hat der Tatrichter zunächst sämtlich in den Blick zu nehmen, dann die fallprägenden Umstände zu bestimmen und diese im Verhältnis zueinander zu gewichten. Dabei ist in erster Linie die Höhe und das Maß der entstandenen Lebensbeeinträchtigung zu berücksichtigen; hier liegt das Schwergewicht. Auf der Grundlage dieser Gesamtbetrachtung ist eine einheitliche Entschädigung für das sich insgesamt darbietende Schadensbild festzusetzen, die sich jedoch nicht streng rechnerisch ermitteln lässt. 
b) Diesen Grundsätzen wird die sogenannte "taggenaue Berechnung" des Schmerzensgeldes nicht gerecht. 
Urteil vom 15. Februar 2022 - VI ZR 937/20
Pressemitteilung Nr. 20/2022 vom 15. Februar 2022
 

 

DS-GVO Art. 17 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 Buchst. f
DS-GVO Art. 82 Abs. 2; BayDSG Art. 38 Abs. 1
a) Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Löschung von personenbezogenen Daten in einem Arztsuche- und -bewertungsportal im Internet (www.jameda.de).
b) Zum sogenannten "Medienprivileg" im Sinne des Art. 38 Abs. 1 BayDSG in Verbindung mit Art. 85 Abs. 2 DS-GVO.
Urteil vom 15. Februar 2022 - VI ZR 692/20

 

 

ZPO §§ 139, 233 (Fd), 236 (B) 
Zu den Voraussetzungen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Fristversäumung infolge unvollständiger Umsetzung einer anwaltlichen Einzelweisung zur Notierung von Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfrist im Fristenkalender durch Kanzleipersonal. 
Beschluss vom 15. Februar 2022 - VI ZB 37/20

 

 

BGB § 253 Abs. 2

a) Auch bei der Bemessung des Schmerzensgeldes in Arzthaftungssachen kann der Gesichtspunkt der Genugtuung nicht grundsätzlich außer Betracht bleiben. Auch wenn bei der ärztlichen Behandlung das Bestreben der Behandlungsseite im Vordergrund steht, dem Patienten zu helfen und ihn von seinen Beschwerden zu befreien, stellt es unter dem Blickpunkt der Billigkeit einen wesentlichen Unterschied dar, ob dem Arzt grobes - möglicherweise die Grenze zum bedingten Vorsatz berührendes - Verschulden zur Last fällt oder ob ihn nur ein geringfügiger Schuldvorwurf trifft. Ein dem Arzt aufgrund grober Fahrlässigkeit unterlaufener Behandlungsfehler kann dem Schadensfall sein besonderes Gepräge geben.
b) Grobe Fahrlässigkeit ist allerdings nicht bereits dann zu bejahen, wenn dem Arzt ein grober Behandlungsfehler unterlaufen ist. Ein grober Behandlungsfehler ist weder mit grober Fahrlässigkeit gleichzusetzen noch kommt ihm insoweit eine Indizwirkung zu.
Urteil vom 8. Februar 2022 - VI ZR 409/19

 

 

BGB § 844 Abs. 3; SGB VII § 104 Abs. 1; SGB VII § 105 Abs. 1 
Der Haftungsausschluss gemäß § 104 Abs. 1 SGB VII und § 105 Abs. 1 SGB VII erfasst auch die Ansprüche der Hinterbliebenen auf Hinterbliebenengeld gemäß § 844 Abs. 3 BGB. 
Urteil vom 8. Februar 2022 - VI ZR 3/21

 

 

BGB § 826 H 
Für die Bewertung eines schädigenden Verhaltens als sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ist in einer Gesamtschau dessen Gesamtcharakter zu ermitteln und das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens beim konkreten Geschädigten zugrunde zu legen. 
Urteil vom 8. Februar 2022 - VI ZR 543/20

 

 

 

ZPO § 256 Abs. 1
a) Zum Feststellungsinteresse bei einer Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht in einem sogenannten Dieselfall.
b) Auf mögliche künftige Belastungen mit Aufwendungen, die nur im Rahmen des großen Schadensersatzes ersatzfähig wären, kann der Kläger sein Feststellungsinteresse nicht stützen, wenn er sich nicht für die Geltendmachung des großen Schadensersatzes entschieden hat, obwohl ihm diese Entscheidung möglich und zumutbar ist (Senatsurteil vom 5. Oktober 2021 - VI ZR 136/20, ZIP 2021, 2553 Rn. 33).
Urteil vom 8. Februar 2022 - VI ZR 24/20

 

 

GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2; ZPO §§ 568, 574
Bejaht das Beschwerdegericht mit seiner Entscheidung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, die - im Sinne aller in § 574 Abs. 2 ZPO genannter Zulassungsgründe zu verstehende (BGH, Beschluss vom 22. November 2011 - VIII ZB81/11, NJW-RR 2012, 125 Rn. 9, mwN) - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, entscheidet es aber zugleich in der Sache durch den Einzelrichter, so ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und verstößt gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters, was vom Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu beachten ist (st. Rspr., vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 18. Dezember 2018 - VI ZB 2/18, NJW-RR 2019, 381 Rn. 6; vom 18. September 2018 - VI ZB 34/17, NJW-RR 2018, 1460 Rn. 5; BGH, Beschlüsse vom 29. November 2019 - IX ZB 56/19, ZInsO 2020, 85 Rn. 12; vom 22. November 2011 - VIII ZB 81/11, NJW-RR 2012, 125 Rn. 9; teilw. mwN).
Beschluss vom 28. Januar 2022 - VI ZB 13/20

 

 

BGB §§ 134, 398, 556d Abs. 1, 2 Satz 5 bis 7, § 556g [aF] Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1; RDG § 2 Abs. 2 Satz 1 [aF], §§ 3, 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 
Zur Wirksamkeit der Abtretung des Anspruchs eines Wohnungsmieters an einen Inkassodienstleister auf Rückerstattung zu viel gezahlter Miete wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften über die Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB), verbunden mit der Aufforderung an den Vermieter, künftig von dem Mieter nicht mehr die als überhöht gerügte Miete zu verlangen und diese auf den zulässigen Höchstbetrag herabzusetzen (hier: Abgrenzung der einem registrierten Inkassodienstleister nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG, § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG aF gestatteten Forderungseinziehung von unzulässigen Maßnahmen der Anspruchsabwehr). 
Versäumnisurteil vom 19. Januar 2022 - VIII ZR 220/21

 

 

ZPO §§ 66, 67, 68, 69; VVG § 100 
a) Beteiligt sich ein Privathaftpflichtversicherer als Streithelfer an dem gegen seinen Versicherungsnehmer geführten Haftpflichtprozess, ist es ihm als einfachem Nebenintervenienten verwehrt, gegen den Widerspruch der von ihm unterstützten Hauptpartei ein Rechtsmittel zu führen. 
b) Dem Privathaftpflichtversicherer bleibt es trotz des haftpflichtversicherungsrechtlichen Trennungsprinzips und der dieses ergänzenden Bindungswirkung des Haftpflichturteils für den Deckungsrechtsstreit unbenommen, im Deckungsprozess den Einwand des arglistigen Zusammenwirkens von Versicherungsnehmer und (vermeintlich) Geschädigtem zu erheben. 
Beschluss vom 18. Januar 2022 - VI ZB 36/21

 

 

BGB § 826 (H); ZPO § 256 Abs. 1 
a) Zur Haftung eines Automobilherstellers nach § 826 BGB gegenüber dem Käufer in einem sogenannten Dieselfall (hier: Deliktszinsen). 
b) Zu den Voraussetzungen einer auf den Ersatz künftiger Schäden gerichteten Feststellung bei einem Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB. 
Urteil vom 21. Dezember 2021 - VI ZR 455/20

 

 

ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 
Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung. 
Beschluss vom 21. Dezember 2021 - VI ZB 18/20

 

BGB § 826 (H)
Zur Haftung eines Automobilherstellers nach § 826 BGB gegenüber dem Käufer in einem sogenannten Dieselfall (hier: Kauf nach Bekanntwerden des sog. Dieselskandals). 
Urteil vom 21. Dezember 2021 - VI ZR 277/20

 

 

BGB § 31, § 826 C, E, Gb, H 
a) Die Haftung einer juristischen Person aus § 826 BGB in Verbindung mit § 31 BGB setzt voraus, dass einer ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht hat. 
b) Eine sekundäre Darlegungslast eines Fahrzeugherstellers zu Vorgängen innerhalb seines Unternehmens, die auf eine Kenntnis seiner verfassungsmäßig berufenen Vertreter von der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung schließen lassen sollen, setzt jedenfalls voraus, dass das Parteivorbringen hinreichende Anhaltspunkte enthält, die einen solchen Schluss nahelegen (Senatsurteil vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19, NJW 2021, 1669, Rn. 28 mwN). 
Urteil vom 21. Dezember 2021 - VI ZR 875/20

 

 

ZPO § 85 Abs. 2, § 233 Satz 1 
Ein Rechtsanwalt genügt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist. Dabei darf sich die Kontrolle des Sendeberichts grundsätzlich nicht darauf beschränken, die auf diesem ausgedruckte Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen, etwa in den Schriftsatz eingefügten Faxnummer zu vergleichen. Vielmehr muss der Abgleich anhand einer zuverlässigen Quelle, etwa anhand eines geeigneten Verzeichnisses, vorgenommen werden, aus der die Faxnummer des Gerichts hervorgeht, für das die Sendung bestimmt ist. 

Dem Erfordernis, durch organisatorische Anweisungen sicherzustellen, dass Fehler bei der Ermittlung der Faxnummer erfasst werden, kann allerdings auch durch die Anweisung genügt werden, die im Sendebericht ausgedruckte Faxnummer mit der schriftlich niedergelegten zu vergleichen, wenn sichergestellt ist, dass diese ihrerseits zuvor aus einer zuverlässigen Quelle ermittelt worden ist. Dies setzt aber voraus, dass zusätzlich die generelle Anweisung besteht, die ermittelte Faxnummer vor der Versendung auf eine Zuordnung zu dem vom Rechtsanwalt bezeichneten Empfangsgericht zu überprüfen. 
Beschluss vom 21. Dezember 2021 - VI ZB 2/21

 

 

BGB § 393; ZPO § 256 Abs. 1
Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an der Feststellung des Rechtsgrundes der unerlaubten Handlung kann sich aus dem Aufrechnungsverbot des § 393 BGB ergeben.
Urteil vom 21. Dezember 2021 - VI ZR 457/20

 

 

BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2, § 293, § 849 
Zur Haftung eines Motorenherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: Deliktszinsen, Annahmeverzug, Verjährung). 
Urteil vom 21. Dezember 2021 - VI ZR 212/20

 

 

BGB § 826 E, Ga, H 
a) Ein Schaden im Sinne des § 826 BGB kann auch in einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung liegen. Nach deren Erfüllung setzt sich der Schaden in dem Verlust der aufgewendeten Geldmittel fort. 
b) Zur Kausalität des sittenwidrigen Verhaltens für den eingetretenen Schaden, wenn der Käufer das mit einer unzulässigen Prüfstandserkennungssoftware ausgestattete Fahrzeug vor den von der VW AG im September 2015 ergriffenen Maßnahmen zur Information der Öffentlichkeit kaufte, den Kaufvertrag aber erst danach erfüllte. 
Urteil vom 14. Dezember 2021 - VI ZR 676/20

 

 

BGB §§ 823 (Ah), 1004 Abs. 1 Satz 2; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; EMRK Art. 8 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1; ZPO § 563 Abs. 3 
Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch einen das Sexualleben betreffenden Pressebericht nach Selbstöffnung des Partners. 
Urteil vom 14. Dezember 2021 - VI ZR 403/19

 

 

SGB X § 116 Abs. 6 aF; VVG § 116 Abs. 1; BGB § 426 Abs. 1 
Dem Übergang des Direktanspruchs des Geschädigten gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer des schädigenden Fahrzeugführers auf den Sozialversicherungsträger stand auch unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 116 Abs. 1 VVG das Familienprivileg des § 116 Abs. 6 SGB X aF entgegen. Der Anspruch gegen den nicht dem Familienprivileg unterfallenden Fahrzeughalter konnte vom Sozialversicherungsträger nach den Grundsätzen der gestörten Gesamtschuld gegenüber dem Kfz-Haftpflichtversicherer aufgrund seiner Akzessorietät nicht geltend gemacht werden, weil im Innenverhältnis zwischen Halter und Fahrzeugführer der letztere allein für die Unfallfolgen einzustehen hatte. 
Urteil vom 7. Dezember 2021 - VI ZR 1189/20

 

 

BGB § 630e Abs. 1 Satz 3, § 630h Abs. 2 Satz 2 
Beruft sich der behandelnde Arzt im Falle einer fehlerhaften Eingriffsaufklärung darauf, der Patient hätte auch im Falle einer zutreffenden Aufklärung in die betreffende Maßnahme eingewilligt ("hypothetische Einwilligung"), so trifft ihn die Beweislast für diese Behauptung dann, wenn der Patient zur Überzeugung des Tatrichters plausibel macht, dass er - wäre er ordnungsgemäß aufgeklärt worden - vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden hätte, wobei an die Substantiierung keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. Vom Patienten nicht zu verlangen ist hingegen, dass er - darüber hinausgehend - plausibel macht, er hätte sich im Falle einer ordnungsgemäßen Aufklärung auch tatsächlich gegen die durchgeführte Maßnahme entschieden (Festhaltung Senatsurteil vom 15. März 2005 - VI ZR 313/03, NJW 2005, 1718, 1719, juris Rn. 18). 
Urteil vom 7. Dezember 2021 - VI ZR 277/19

 

 

BGB § 823 (Ah) 
Der Anspruch auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung wird grundsätzlich erst mit Rechtskraft eines dem Verletzten die Geldentschädigung zusprechenden Urteils vererblich; ein nicht rechtskräftiges, nur vorläufig vollstreckbares Urteil genügt nicht (Fortführungen Senatsurteile vom 23. Mai 2017 - VI ZR 261/16, BGHZ 215, 117; vom 29. April 2014 - VI ZR 246/12, BGHZ 201, 45 Rn. 24). 
Urteil vom 29. November 2021 - VI ZR 258/18
Pressemitteilung Nr. 218/2021 vom 29. November 2021

 

 

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; BGB § 823 (Ah), § 1004; ZPO § 554 Abs. 2 Satz 1 
a) Der unzutreffenden Wiedergabe von (angeblichen) Äußerungen eines Verstorbenen kommt ein dessen postmortales Persönlichkeitsrecht verletzendes Gewicht zu, wenn die untergeschobenen Äußerungen nach Qualität und/oder Quantität das Lebensbild des Verstorbenen grob entstellen. 
b) Das postmortale Persönlichkeitsrecht schützt den Verstorbenen grundsätzlich nicht davor, mit Aussagen zitiert zu werden, die er zu Lebzeiten im vertraulichen Gespräch mit der ausdrücklichen Erklärung, sie nicht veröffentlichen zu wollen ("Sperrvermerk"), getätigt hat. 
c) Zur Reichweite des postmortalen Persönlichkeitsrechts in Bezug auf Buchveröffentlichungen ("VERMÄCHTNIS-DIE KOHL-PROTOKOLLE"). 
Urteil vom 29. November 2021 - VI ZR 248/18
Pressemitteilung Nr. 218/2021 vom 29. November 2021

 


BGB § 826 Ga, H, § 31, § 166; ZPO § 286 D, G 
a) Das sittenwidrige Verhalten eines verfassungsmäßig berufenen Vertreters einer juristischen Person kann nicht mittels einer Zurechnung fremden Wissens entsprechend § 166 BGB begründet werden (Anschluss an BGH, Urteil vom 8. März 2021 - VI ZR 505/19, NJW 2021, 1669; Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15, NJW 2017, 250). 
b) Zur Frage der Haftung der Fahrzeugherstellerin gemäß § 826 BGB wegen einer angeblich unzulässigen Organisation des Typgenehmigungsverfahrens. 
c) Zur tatrichterlichen Überzeugungsbildung gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO hinsichtlich der Kenntnis von Repräsentanten der Fahrzeugherstellerin vom Einsatz einer von der Motorherstellerin implementierten evident unzulässigen Abschalteinrichtung. 
Urteil vom 25. November 2021 - VII ZR 257/20
Pressemitteilung Nr. 216/2021 vom 25. November 2021

 

 

GVG § 17a Abs. 4 Satz 4 
Zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG in Verfahren der einstweiligen Verfügung. 
Beschluss vom 23. November 2021 - VI ZB 69/20

 

 

BGB § 826 H 
Für die Bewertung eines schädigenden Verhaltens als sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ist in einer Gesamtschau dessen Gesamtcharakter zu ermitteln und das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens beim konkreten Geschädigten zugrunde zu legen. 
Urteil vom 23. November 2021 - VI ZR 818/20

 

 

BGB § 826 (H) 
Zur Haftung eines Automobilherstellers nach § 826 BGB gegenüber dem Käufer in einem sogenannten Dieselfall (hier: Kauf nach Bekanntwerden des sog. Dieselskandals; Thermofenster). 
Urteil vom 23. November 2021 - VI ZR 839/20

 

 

BGB § 249 Abs. 1 Hd, § 826 E 
Zum Umfang der Haftung eines Motorenherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: u.a. Ersatzfähigkeit von Zulassungs- und Überführungskosten). 
Urteil vom 16. November 2021 - VI ZR 291/20

 

 

GG Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2; KUG § 22, § 23 
a) Für eine identifizierende Verdachtsberichterstattung ist jedenfalls ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen, erforderlich. Die Darstellung darf ferner keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist. 
b) Das grundsätzliche Erfordernis einer Möglichkeit zur Stellungnahme soll sicherstellen, dass der Standpunkt des von der Verdachtsberichterstattung Betroffenen in Erfahrung und gegebenenfalls zum Ausdruck gebracht wird, der Betroffene also selbst zu Wort kommen kann. Dies setzt voraus, dass der Betroffene nicht nur Gelegenheit zur Stellungnahme erhält, sondern dass seine etwaige Stellungnahme auch zur Kenntnis genommen und der Standpunkt des Betroffenen in der Berichterstattung sichtbar wird. 
Urteil vom 16. November 2021 - VI ZR 1241/20

 

 

ZPO § 2, § 3, § 511 Abs. 2 Nr. 1 
Für die Bemessung des Beschwerdewerts eines Berufungsantrags auf Unterlassung einer Äußerung kommt es nicht nur auf deren Breitenwirkung, sondern auch auf die Wirkung der Äußerungen auf den Kläger selbst an. 
Beschluss vom 16. November 2021 - VI ZB 58/20

 

 

BGB § 249 H
Gelingt es dem Geschädigten entgegen der Einschätzung des von ihm beauftragten Sachverständigen zur Überzeugung des Tatrichters, die erforderliche Reparatur seines Fahrzeugs unter Berücksichtigung eines merkantilen Minderwerts innerhalb der 130%-Grenze fachgerecht und in einem Umfang durchzuführen, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat, und stellt der Geschädigte damit den Zustand seines Fahrzeugs wie vor dem Unfall wieder her, um es nach der Reparatur weiter zu nutzen, kann er Ersatz des entstandenen Reparaturaufwands verlangen.
Urteil vom 16. November 2021 - VI ZR 100/20

 

 

BGB § 826 H
Zur Haftung eines Automobilherstellers nach § 826 BGB gegenüber dem Käufer in einem sogenannten Dieselfall (hier: Verkauf eines Gebrauchtwagens).
Urteil vom 16. November 2021 - VI ZR 355/20

 

 

InsO § 63 Abs. 1; InsVV § 8 
a) Im Allgemeinen wird der Anspruch des Insolvenzverwalters nach Erledigung der zu vergütenden Tätigkeit fällig. Eine Vergütungsfestsetzung für einzelne Zeitabschnitte eines Insolvenzverfahrens sehen weder die Insolvenzordnung noch die Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung vor. 
b) Solange der Insolvenzverwalter weitere Verwertungsmaßnahmen durchführt, ist seine Tätigkeit nicht erledigt. 

InsO § 217 
Vereinbarungen über eine von den gesetzlichen Regelungen abweichende Fälligkeit der Vergütung des Insolvenzverwalters können nicht Inhalt eines Insolvenzplans sein (Ergänzung BGH, Beschluss vom 16. Februar 2017 - IX ZB 103/15, BGHZ 214, 78 ff). 
Beschluss vom 11. November 2021 - IX ZB 19/20

 

 

BGB § 249 Ga, § 251 Abs. 1 
Für die Bemessung des Schadens bei Verlust einer Sache kommt es auf deren objektive Eigenschaften an (hier: Wiederbeschaffungswert bei Verlust eines Pferdes). 
Urteil vom 9. November 2021 - VI ZR 87/20

 

 

ZPO § 3, § 511 Abs. 2 Nr. 1 
Eine erstmalig in der Berufungsinstanz erhobene Widerklage erhöht nicht den Wert des Beschwerdegegenstandes der Berufung des Beklagten (Fortführung BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - IX ZB 152/08, NJW-RR 2009, 853 Rn. 8 f.). 
Beschluss vom 9. November 2021 - VI ZB 45/21

 

 

BGB § 249 (Cb), ZPO § 287
Zum Umfang der Haftung eines Motorenherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: Ersatzfähigkeit von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, Deliktszinsen).
Urteil vom 2. November 2021 - VI ZR 731/20

 

ZPO § 307 
Zu den Wirkungen eines Anerkenntnisses. 
Urteil vom 19. Oktober 2021 - VI ZR 1173/20

 

 

BGB § 244, § 826 H, ZPO § 138
a) Zur sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wer die Entscheidung über den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei dem beklagten Fahrzeughersteller getroffen und ob der Vorstand hiervon Kenntnis hatte.
b) Ein Schaden im Sinne des § 826 BGB kann auch in einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung liegen. Nach deren Erfüllung setzt sich der Schaden in dem Verlust der aufgewendeten Geldmittel fort.
c) Der in ausländischer Währung ermittelte Schadensbetrag bildet bei einer auf Zahlung in inländischer Währung gerichteten Klage lediglich einen Rechnungsfaktor für die Schadenshöhe.
Urteil vom 19. Oktober 2021 - VI ZR 148/20

 

 

BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2, § 204 Abs. 1 Nr. 1a
Zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen den Fahrzeughersteller in einem sogenannten Dieselfall.
Urteil vom 19. Oktober 2021 - VI ZR 189/20

 

 

BGB § 826 H, ZPO § 138
a) Zur sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wer die Entscheidung über den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei dem beklagten Fahrzeughersteller getroffen und ob der Vorstand hiervon Kenntnis hatte.
b) Ein Schaden im Sinne des § 826 BGB kann auch in einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung liegen. Nach deren Erfüllung setzt sich der Schaden in dem Verlust der aufgewendeten Geldmittel fort.
Urteil vom 19. Oktober 2021 - VI ZR 28/20

 

 

DS-GVO Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. f, Art. 17 Abs. 1, Art. 21 Abs. 1, Art. 85 Abs. 2; EU-Grundrechtecharta Art. 11 Abs. 1; BayDSG Art. 38 Abs. 1 
a) Der Betreiber eines Ärztebewertungsportals unterliegt keinem strengen Gleichbehandlungsgebot in dem Sinne, dass eine Ungleichbehandlung von Ärzten, die keine (zahlenden) Kunden des Portalbetreibers sind, einerseits und Ärzten, die für ihr Profil bezahlen, andererseits stets zur Unzulässigkeit der Verarbeitung der personenbezogenen Daten von nichtzahlenden Ärzten führt, die der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten im Portalbetrieb widersprochen haben. Maßgeblich ist vielmehr, welche konkreten Vorteile der Portalbetreiber zahlenden gegenüber nichtzahlenden Ärzten gewährt und ob die sich daraus ergebende Ungleichbehandlung in einer Gesamtschau mit allen anderen Umständen des konkreten Einzelfalls dazu führt, dass die Interessen des gegen seinen Willen in das Portal aufgenommenen Arztes die berechtigten Interessen des Portalbetreibers und vor allem der Portalnutzer überwiegen (Fortführung Senatsurteil vom 20. Februar 2018 - VI ZR 30/17, BGHZ 217, 340 Rn. 18 - Ärztebewertung III). 
b) Zum sogenannten "Medienprivileg" im Sinne des Art. 38 Abs. 1 BayDSG in Verbindung mit Art. 85 Abs. 2 DS-GVO.
Urteil vom 12. Oktober 2021 - VI ZR 489/19
Pressemitteilung Nr. 231/2021 vom 23. Dezember 2021
 

 


DS-GVO Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. f, Art. 17 Abs. 1, Art. 21 Abs. 1, Art. 85 Abs. 2; EU-Grundrechtecharta Art. 11 Abs. 1; BayDSG Art. 38 Abs. 1 
a) Der Betreiber eines Ärztebewertungsportals unterliegt keinem strengen Gleichbehandlungsgebot in dem Sinne, dass eine Ungleichbehandlung von Ärzten, die keine (zahlenden) Kunden des Portalbetreibers sind, einerseits und Ärzten, die für ihr Profil bezahlen, andererseits stets zur Unzulässigkeit der Verarbeitung der personenbezogenen Daten von nichtzahlenden Ärzten führt, die der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten im Portalbetrieb widersprochen haben. Maßgeblich ist vielmehr, welche konkreten Vorteile der Portalbetreiber zahlenden gegenüber nichtzahlenden Ärzten gewährt und ob die sich daraus ergebende Ungleichbehandlung in einer Gesamtschau mit allen anderen Umständen des konkreten Einzelfalls dazu führt, dass die Interessen des gegen seinen Willen in das Portal aufgenommenen Arztes die berechtigten Interessen des Portalbetreibers und vor allem der Portalnutzer überwiegen (Fortführung Senatsurteil vom 20. Februar 2018 - VI ZR 30/17, BGHZ 217, 340 Rn. 18 - Ärztebewertung III). 
b) Zum sogenannten "Medienprivileg" im Sinne des Art. 38 Abs. 1 BayDSG in Verbindung mit Art. 85 Abs. 2 DS-GVO.
Urteil vom 12. Oktober 2021 - VI ZR 488/19
Pressemitteilung Nr. 231/2021 vom 23. Dezember 2021
 

 

BGB § 249 G, H 
a) Der Geschädigte, der statt der wirtschaftlich gebotenen Reparatur ein Ersatzfahrzeug erwirbt, kann die tatsächlich angefallenen Kosten der Ersatzbeschaffung bis zur Höhe der - hypothetisch erforderlichen - Reparaturkosten beanspruchen. 
b) Wählt der Geschädigte den Weg der fiktiven Schadensabrechnung, kann er den Ersatz von Umsatzsteuer nicht verlangen. Dies gilt auch dann, wenn im Rahmen einer durchgeführten Reparatur oder Ersatzbeschaffung tatsächlich Umsatzsteuer angefallen ist. Eine Kombination fiktiver und konkreter Schadensberechnung ist insoweit nicht zulässig. 
Urteil vom 12. Oktober 2021 - VI ZR 513/19

 

 

BGB § 826 E, Ga, H
Für die Bewertung eines schädigenden Verhaltens als sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ist in einer Gesamtschau dessen Gesamtcharakter zu ermitteln und das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens beim konkreten Geschädigten zugrunde zu legen (Anschluss an Senatsbeschluss vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20, VersR 2021, 661).
Urteil vom 12. Oktober 2021 - VI ZR 879/20

 

InsVV § 1 Abs. 2 Nr. 4, Satz 2 Buchstabe b 
Im Zuge der Betriebsfortführung vereinnahmte Umsatzsteuern sind in die mit dem Vergütungsantrag vorzulegende Überschussrechnung einzustellen. 

InsVV § 3 Abs. 2 
a) Es kann einen Abschlag von der Regelvergütung des Insolvenzverwalters rechtfertigen, wenn der größte Teil der Forderungen bereits von dem gesondert vergüteten Sachwalter geprüft wurde. 
b) Ein Abschlag kann auch gerechtfertigt sein, wenn die vom Insolvenzverwalter aus der vorangegangenen Eigenverwaltung übernommene Masse zu einem beträchtlichen Teil aus einem Kontoguthaben besteht. 
Beschluss vom 7. Oktober 2021 - IX ZB 42/20

 

 

ZPO § 256 Abs. 1 
a) Zum Feststellungsinteresse bei einer Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht in einem sogenannten Dieselfall. 
b) Auf mögliche künftige Belastungen mit Aufwendungen, die nur im Rahmen des großen Schadensersatzes ersatzfähig wären, kann der Kläger sein Feststellungsinteresse nicht stützen, wenn er sich nicht für die Geltendmachung des großen Schadensersatzes entschieden hat, obwohl ihm diese Entscheidung möglich und zumutbar ist. 
Urteil vom 5. Oktober 2021 - VI ZR 136/20

 

 

BGB § 249 (Cb), § 254 Abs. 2 Satz 1 Dc 
Zur Haftung eines Automobilherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: kein Wegfall des Anspruchs auf Schadensersatz wegen Mitverschuldens nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB bei Nichtaufspielen des Software-Updates). 
Urteil vom 5. Oktober 2021 - VI ZR 495/20

 

 

BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
Zum Anspruch auf Löschung einer selbst erwirkten Gegendarstellung aus dem Online-Archiv eines Presseorgans, wenn auch die unzulässige Erstmitteilung dort nicht mehr zum Abruf vorgehalten wird.
Urteil vom 28. September 2021 - VI ZR 1228/20

 

 

GG Art. 103 Abs. 1 
Eine Entscheidung beruht auf der Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG, falls nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie bei Berücksichtigung des übergegangenen Vorbringens anders ausgefallen wäre. 
Beschluss vom 28. September 2021 - VI ZR 946/20

 

 

GB § 826 H; ZPO § 138
a) Zur sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wer die Entscheidung über den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei dem beklagten Fahrzeugmotorenhersteller getroffen und ob der Vorstand hiervon Kenntnis hatte. 
b) Ein Schaden im Sinne des § 826 BGB kann auch in einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung liegen. Nach deren Erfüllung setzt sich der Schaden in dem Verlust der aufgewendeten Geldmittel fort. 
Urteil vom 28. September 2021 - VI ZR 29/20

 

 

BGB § 254 (Dc) 
a) Verstößt der Geschädigte gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht, weil er es unterlässt, einer ihm zumutbaren Erwerbstätigkeit nachzugehen, sind die erzielbaren (fiktiven) Einkünfte auf den Schaden anzurechnen. Eine quotenmäßige Anspruchskürzung kommt grundsätzlich nicht in Betracht (Festhalten an Senatsurteil vom 26. September 2006 - VI ZR 124/05, NJW 2007, 64, 65 juris Rn. 9).
b) Unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB wird regelmäßig für die Zumutbarkeit einer stationären psychiatrischen oder mit belastenden Nebenwirkungen behafteten medikamentösen Behandlung zur Wiederherstellung oder jedenfalls Verbesserung der unfallbedingt beeinträchtigten Arbeitskraft auch die sichere Aussicht einer wesentlichen Besserung zu fordern sein (Fortschreibung von Senatsurteilen vom 15. März 1994 - VI ZR 44/93, NJW 1994, 1592, 1593 und vom 14. März 1989 - VI ZR 136/88, VersR 1989, 635). 
Urteil vom 21. September 2021 - VI ZR 91/19

 

 

StVG § 7 Abs. 1; VVG § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 
Zur Reichweite der Haftung des Halters eines Kraftfahrzeugs mit Arbeitsfunktion nach § 7 Abs. 1 StVG (Schadensverursachung durch einen von einem Traktor angetriebenen Kreiselmäher beim Mähen einer als Weideland genutzten Wiesenfläche; Anschluss an Senatsurteil vom 24. März 2015 - VI ZR 265/14, VersR 2015, 638). 
Urteil vom 21. September 2021 - VI ZR 726/20

 

 

ZPO § 574 Abs. 2 Nr. 2; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 
Eine auf die Verletzung des Grundrechts auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes gestützte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, wenn es der Beschwerdeführer im Rahmen des vorinstanzlichen Rechtsmittels versäumt hat, eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (Anschluss an BGH, Beschluss vom 15. Juli 2015 - IV ZB 10/15, VersR 2016, 137 Rn. 7). 
Beschluss vom 14. September 2021 - VI ZB 30/19

 

 

ZPO § 4 Abs. 1, § 544 Abs. 2 Nr. 1 
Zur Bestimmung von Streitwert und Rechtsmittelbeschwer (hier: Beseitigung eines Carports auf dem Nachbargrundstück). 
Beschluss vom 24. August 2021 - VI ZR 1265/20

 

 

BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2, § 204 Abs. 1 Nr. 1a, § 242 (Cb); ZPO § 608 Abs. 1 und 3 
a) Die Annahme grober Fahrlässigkeit (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) setzt im Zusammenhang mit dem sogenannten Dieselskandal zumindest in einem ersten Schritt die Feststellung voraus, dass der geschädigte Fahrzeugerwerber von dem sogenannten Dieselskandal Kenntnis erlangt hat. 
b) Die Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB setzt lediglich voraus, dass die Musterfeststellungsklage selbst innerhalb der Verjährungsfrist erhoben wird. Dagegen kann die Anspruchsanmeldung zum Klageregister - im zeitlichen Rahmen des § 608 Abs. 1 ZPO - auch später erfolgen. 
c) Die Berufung auf den Hemmungstatbestand des § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB verstößt nicht allein deshalb gegen Treu und Glauben, weil der Gläubiger seinen Anspruch ausschließlich zum Zweck der Verjährungshemmung zum Klageregister der Musterfeststellungsklage angemeldet hat. 
Urteil vom 29. Juli 2021 - VI ZR 1118/20
Pressemitteilung Nr. 150/21 vom 29. Juli 2021
 

 BGB § 826 (H) 
Zur Haftung eines Automobilherstellers nach § 826 BGB gegenüber dem Käufer in einem sogenannten Dieselfall (hier: Verkauf eines Gebrauchtwagens; kein Wegfall des Schadens durch Software-Update). 
Urteil vom 27. Juli 2021 - VI ZR 365/20

 

BGB § 826 (H) 
Zur Haftung eines Automobilherstellers nach § 826 BGB gegenüber dem Käufer in einem sogenannten Dieselfall (hier: Verkauf eines Gebrauchtwagens; kein Wegfall des Schadens durch Software-Update). 
Urteil vom 27. Juli 2021 - VI ZR 698/20

 

 

BGB § 249 (Cb) 
Zum Umfang der Haftung eines Automobilherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: Ersatzfähigkeit von Finanzierungskosten). 
Urteil vom 27. Juli 2021 - VI ZR 865/20

 

 

BGB § 249 (Cb), ZPO § 287 
Zum Umfang der Haftung eines Automobilherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: Ersatzfähigkeit von Finanzierungskosten, Schätzung der Gesamtlaufleistung eines Fahrzeugs im Zusammenhang mit der Berechnung der gezogenen Nutzungsvorteile). 
Urteil vom 27. Juli 2021 - VI ZR 480/19

 

 

BGB § 826 H, ZPO § 138 
a) Zur sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wer die Entscheidung über den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei dem beklagten Fahrzeugmotorenhersteller getroffen und ob der Vorstand hiervon Kenntnis hatte. 
b) Ein Schaden im Sinne des § 826 BGB kann auch in einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung liegen. Nach deren Erfüllung setzt sich der Schaden in dem Verlust der aufgewendeten Geldmittel fort. 
Urteil vom 27. Juli 2021 - VI ZR 151/20

 

 

BGB § 438, § 823 (Bf), § 826 (Ga); EG-FGV §§ 6, 27; Verordnung (EG) 715/2007 Art. 5; ZPO § 551

Zur vertraglichen und deliktischen Haftung eines Automobilherstellers und -verkäufers in einem sogenannten Dieselfall (hier: Thermofenster).
Urteil vom 20. Juli 2021 - VI ZR 1154/20

 

 

BGB § 249 (Cb) 
Verlangt der geschädigte Fahrzeugkäufer in einem sog. Dieselfall vom Fahrzeughersteller Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises und hat er im Wege der Vorteilsausgleichung das erworbene Fahrzeug Zug um Zug an den Fahrzeughersteller herauszugeben und zu übereignen, tritt im Fall des Weiterverkaufs im Rahmen der Vorteilsausgleichung der erzielte marktgerechte Verkaufserlös an die Stelle des herauszugebenden und zu übereignenden Fahrzeugs.
Urteil vom 20. Juli 2021 - VI ZR 575/20
Pressemitteilung Nr. 138/21 vom 20. Juli 2021
 

 

BGB § 249 (Cb) 
a) Verlangt der geschädigte Fahrzeugkäufer in einem sog. Dieselfall vom Fahrzeughersteller Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises und hat er im Wege der Vorteilsausgleichung das erworbene Fahrzeug Zug um Zug an den Fahrzeughersteller herauszugeben und zu übereignen, tritt im Fall des Weiterverkaufs im Rahmen der Vorteilsausgleichung der erzielte marktgerechte Verkaufserlös an die Stelle des herauszugebenden und zu übereignenden Fahrzeugs. 
b) Erhält der geschädigte Fahrzeugkäufer für den Kauf eines neuen Fahrzeugs eine "Wechselprämie" und handelt es sich dabei um eine Prämie für die individuelle Entscheidung, Auto und ggf. Automarke zu wechseln, die nichts mit dem Substanz- und Nutzungswert eines in Zahlung gegebenen Fahrzeugs zu tun hat, steht der mit der "Wechselprämie" verbundene wirtschaftliche Vorteil bei wertender Betrachtung dem Geschädigten zu. 
Urteil vom 20. Juli 2021 - VI ZR 533/20
Pressemitteilung Nr. 137/21 vom 20. Juli 2021
 

 

BGB § 826 H, ZPO § 138 
a) Zur sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wer die Entscheidung über den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei dem beklagten Fahrzeugmotorenhersteller getroffen und ob der Vorstand hiervon Kenntnis hatte. 
b) Ein Schaden im Sinne des § 826 BGB kann auch in einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung liegen. Nach deren Erfüllung setzt sich der Schaden in dem Verlust der aufgewendeten Geldmittel fort. 
Urteil vom 20. Juli 2021 - VI ZR 152/20




Brüssel-Ia-VO Art. 7 Nr. 2 
Macht ein in Deutschland ansässiger Kläger geltend, er habe aufgrund vorsätzlich falscher Angaben des in Bulgarien ansässigen Beklagten über den Zustand einer Sache in einer auf einer Internetplattform eingestellten Verkaufsanzeige einen Kaufvertrag abgeschlossen und den vereinbarten Kaufpreis an den Beklagten überwiesen und stützt der Kläger den Schadensersatzanspruch ausschließlich auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB, ist für diese Klage der unionsrechtliche Gerichtsstand der unerlaubten Handlung eröffnet. 
Urteil vom 20. Juli 2021 - VI ZR 63/19

 

 

BGB § 31, § 826 Gd, H 
Zur Haftung eines Automobilherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall. 
Urteil vom 20. Juli 2021 - VI ZR 633/20

 

 

BGB § 826 E, Ga, H 
Das Verhalten der für einen Kraftfahrzeughersteller handelnden Personen ist nicht bereits deshalb als sittenwidrig zu qualifizieren, weil sie einen Fahrzeugtyp aufgrund einer grundlegenden unternehmerischen Entscheidung mit einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster) ausgestattet und in den Verkehr gebracht haben. Hierfür bedürfte es vielmehr weiterer Umstände. Der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit setzt jedenfalls voraus, dass diese Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19, ZIP 2021, 297 Rn. 19; vom 9. März 2021 - VI ZR 889/20, VersR 2021, 661 Rn. 28). 
Urteil vom 13. Juli 2021 - VI ZR 128/20
Pressemitteilung Nr. 126/21 vom 13. Juli 2021
 

 

BGB § 249 (Cb) 
Zum Umfang der Haftung eines Automobilherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: Deliktszinsen, Ersatz von Aufwendungen). 
Versäumnisurteil vom 6. Juli 2021 - VI ZR 1146/20
 

 

BGB § 249 Abs. 1 Ha, Cb
a) Ein Geschädigter, der durch das deliktische Handeln eines Dritten (hier: Fahrzeughersteller) zum Abschluss eines Kaufvertrages (hier: über ein Dieselfahrzeug mit Prüfstanderkennungssoftware) bestimmt worden ist, kann, wenn er die Kaufsache behalten möchte, als Schaden von dem Dritten den Betrag ersetzt verlangen, um den er den Kaufgegenstand - gemessen an dem objektiven Wert von Leistung und
Gegenleistung - zu teuer erworben hat (sogenannter kleiner Schadensersatz).
b) Für die Bemessung dieses kleinen Schadensersatzes ist grundsätzlich zunächst der Vergleich der Werte von Leistung (Fahrzeug) und Gegenleistung (Kaufpreis) im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich. Eine etwaige Aufwertung des Fahrzeugs durch eine nachträgliche Maßnahme (hier: Software-Update) des Schädigers, die gerade der Beseitigung der Prüfstanderkennungssoftware dienen sollte,
ist im Rahmen der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen; dabei sind etwaige mit dem Software-Update verbundene Nachteile in die Bewertung des Vorteils einzubeziehen.
c) In den so zu bemessenden Schaden (Minderwert) sind Nachteile, die mit der Prüfstanderkennungssoftware oder dem Software-Update (Vorteilsausgleichung) verbunden sind, bereits "eingepreist". Für eine Feststellung der Ersatzpflicht für diesbezügliche weitere Schäden ist daher kein Raum.
Urteil vom 6. Juli 2021 - VI ZR 40/20
Pressemitteilung Nr. 154/2021 vom 12. August 2021

 

 

ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3
Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung (hier: gegen Abweisung einer Klage wegen Inverkehrbringens eines Kraftfahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung). 
Urteil vom 6. Juli 2021 - VI ZR 370/19

 

 

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; EMRK Art. 8 Abs. 1, Art. 10; BGB § 823 (Ah, Da, G), § 1004; StGB § 253; ZPO § 256 Abs. 1 
a) Dient der Betrieb eines einer bestimmten Person "gewidmeten", ehrbeeinträchtigenden Blogs dem Blogger (auch) als Nötigungsmittel im Rahmen einer Erpressung im Sinne von § 253 StGB, so kann sich daraus die Rechtswidrigkeit der mit dem Blogbetrieb verbundenen Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ergeben. 
b) Für die Annahme des Interesses an alsbaldiger Feststellung der Pflicht zum Ersatz materieller Schäden im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO genügt im Falle, der Kläger stützt den entsprechenden Schadensersatzanspruch auf die Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts, die bloße Möglichkeit solcher Schäden. Einer dahingehenden Wahrscheinlichkeit bedarf es nicht. 
Urteil vom 29. Juni 2021 - VI ZR 10/18

 


BGB §§ 293, 826 Gi, 31
Zu den Voraussetzungen des Annahmeverzuges bei der Haftung eines Automobilherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall.
Urteil vom 29. Juni 2021 - VI ZR 130/20

 

 

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; EMRK Art. 8 Abs. 1, Art. 10; BGB
§ 823 (Ah, Da, G), § 1004; StGB § 253; ZPO § 256 Abs. 1
a) Dient der Betrieb eines einer bestimmten Person "gewidmeten", ehrbeeinträchtigenden Blogs dem Blogger (auch) als Nötigungsmittel im Rahmen einer Erpressung im Sinne von § 253 StGB, so kann sich daraus die Rechtswidrigkeit der mit dem Blogbetrieb verbundenen Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ergeben.
b) Für die Annahme des Interesses an alsbaldiger Feststellung der Pflicht zum Ersatz materieller Schäden im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO genügt im Falle, der Kläger stützt den entsprechenden Schadensersatzanspruch auf die Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts, die bloße Möglichkeit solcher Schäden. Einer dahingehenden Wahrscheinlichkeit bedarf es nicht.
Urteil vom 29. Juni 2021 - VI ZR 52/18

 


BGB § 826 H
Zur sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wer die Entscheidung über den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei dem beklagten
Fahrzeughersteller getroffen hatte und ob der Vorstand hiervon Kenntnis hatte.
Urteil vom 29. Juni 2021 - VI ZR 566/19

 

 

ZPO § 287; RVG § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1; RVG VV Nr. 2300, Nr. 3100
Zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten (hier: Klage wegen Inverkehrbringens eines Kraftfahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung).
Urteil vom 22. Juni 2021 -VI ZR 353/20

 


ZPO § 233 Fa 
Der Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. In der Wahl des Verfahrens, mit dem er dies gewährleistet, ist er dabei grundsätzlich frei. Er hat aber sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen. 
Beschluss vom 22. Juni 2021 - VI ZB 15/20

 

Verordnung (EU) 2016/679 Art. 15; BGB § 362 Abs. 1
Zur Reichweite des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO.
Urteil vom 15. Juni 2021 - VI ZR 576/19

 

 

ZPO § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO 
Zum notwendigen Inhalt eines Berufungsurteils. 
Urteil vom 15. Juni 2021 - VI ZR 1029/20

 

 

ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 
Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung (hier: Abweisung einer Klage wegen Inverkehrbringens eines Kraftfahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung). 
Beschluss vom 8. Juni 2021 - VI ZB 47/20

 

 

BGB § 249 (Hd), § 252
Ein erwerbstätiger verheirateter Geschädigter, der mit seinem Ehegatten zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wird, kann von dem Schädiger, der ihm neben dem entgangenen Nettoverdienst die darauf anfallenden Steuern zu ersetzen hat, den Einkommensteuerbetrag ersetzt verlangen, der sich auf der Grundlage der Zusammenveranlagung ergibt (teilweise Aufgabe Senatsurteil vom 28. April 1970 - VI ZR 193/68, VersR 1970, 640).
Urteil vom 8. Juni 2021 - VI ZR 924/20

 

 

ZPO § 91a
Zur Kostentragungspflicht bei übereinstimmender Erledigungserklärung nach vollständiger Zahlung der Klageforderung.
Beschluss vom 8. Juni 2021 - VI ZR 1232/20

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9 
Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht unter anderem dazu, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden (st. Rspr.). 
Beschluss vom 8. Juni 2021 - VI ZR 1272/20

 

ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2
Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung (hier: Abweisung einer Klage wegen Inverkehrbringens eines Kraftfahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung).
Beschluss vom 8. Juni 2021 - VI ZB 22/20

 

 

BGB § 249 (Cb)
Zur Haftung eines Automobilherstellers nach § 826 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: Verkauf eines Gebrauchtwagens; kein Wegfall des Schadens durch Software-Update).
Urteil vom 18. Mai 2021 - VI ZR 452/19

 

 

KUG § 22; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1
a) Die als solche erkennbare bloße Darstellung einer realen Person durch einen Schauspieler ist kein Bildnis der dargestellten Person i.S.d. § 22 Satz 1 KUG.
b) Zur Zulässigkeit der Darstellung des Missbrauchsgeschehens an der Odenwaldschule in einem Spielfilm (hier: "Die Auserwählten"). 
Urteil vom 18. Mai 2021 - VI ZR 441/19
Pressemitteilung Nr. 97/2021 vom 18. Mai 2021
 

 

BGB § 249 (Cb), § 826 (Ga); ZPO § 287, §§ 402 ff., § 531 Abs. 2
a) Zur Zurückweisung des die zu erwartende Gesamtleistung eines Fahrzeugs betreffenden neuen Vortrags in der Berufungsinstanz in einem sogenannten Dieselfall.
b) Das Tatgericht ist bei der im Rahmen des Vorteilsausgleichs vorzunehmenden Bemessung des Nutzungsvorteils in einem sogenannten Dieselfall grundsätzlich nicht gehalten, zur Ermittlung der zu erwartenden Gesamtlaufleistung des betroffenen Pkws ein Sachverständigengutachten einzuholen; es kann diese vielmehr grundsätzlich selbst ohne sachverständige Hilfe gemäß § 287 ZPO schätzen (Fortführung Senatsurteile vom 27. April 2021 - VIZR 812/20, juris Rn.18; vom 23. März 2021 - VI ZR 3/20, juris Rn. 11).
Urteil vom 18. Mai 2021 - VI ZR 720/20

 

BGB § 280 Abs. 1 Satz 1, § 823 Aa; ZPO § 138 Abs. 1 
a) Bei der Anwendung einer (noch) nicht allgemein anerkannten medizinischen Behandlungsmethode sind zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten erhöhte Anforderungen an dessen Aufklärung zu stellen. Dem Patienten müssen nicht nur das Für und Wider dieser Methode erläutert werden, sondern er ist auch darüber aufzuklären, dass der geplante Eingriff nicht oder noch nicht medizinischer Standard ist. Eine Neulandmethode darf nur dann am Patienten angewandt werden, wenn diesem zuvor unmissverständlich verdeutlicht wurde, dass die neue Methode die Möglichkeit unbekannter Risiken birgt. 
b) Gedankliche Voraussetzung der hypothetischen Einwilligung ist die Hypothese einer ordnungsgemäßen, insbesondere auch vollständigen Aufklärung. Diese Hypothese ist auch der Beurteilung der Frage zugrunde zu legen, ob der Patient einen Entscheidungskonflikt plausibel gemacht hat. Der Tatrichter hat dem Patienten vor seiner - zur Feststellung der Frage, ob dieser in einen Entscheidungskonflikt geraten wäre, grundsätzlich erforderlichen - Anhörung mitzuteilen, welche Aufklärung ihm vor dem maßgeblichen Eingriff richtigerweise hätte zuteilwerden müssen. 
c) Zu den Anforderungen an die Substantiierung des klagebegründenden Vortrags. 
Urteil vom 18. Mai 2021 - VI ZR 401/19

 

BGB § 249 (Cb), § 293
Zum Umfang der Haftung eines Automobilherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: Feststellung des Annahmeverzugs).
Urteil vom 18. Mai 2021 - VI ZR 167/20

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9 
Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (hier: zu Unrecht unterbliebene Einholung eines Sachverständigengutachtens wegen offensichtlicher Ungeeignetheit des Beweismittels). 
Beschluss vom 11. Mai 2021 - VI ZR 1206/20 

 

BGB § 826 H; ZPO § 138
Zur sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wer die Entscheidung über den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei dem beklagten Fahrzeughersteller getroffen und ob der Vorstand hiervon Kenntnis hatte.
Urteil vom 11. Mai 2021 - VI ZR 154/20

 

BGB § 826 H; ZPO § 138
Zur sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wer die Entscheidung über den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei dem beklagten Fahrzeugmotorenhersteller getroffen und ob der Vorstand hiervon Kenntnis hatte.
Urteil vom 11. Mai 2021 - VI ZR 80/20

 

BGB § 826 H, ZPO § 138 
Zur sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wer die Entscheidung über den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei dem beklagten Fahrzeughersteller getroffen und ob der Vorstand hiervon Kenntnis hatte. 
Urteil vom 04. Mai 2021 - VI ZR 81/20

 

 

GG Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2
Zur Wiederholungsgefahr hinsichtlich der Veröffentlichung einer redaktionellen Anmerkung zu einer Gegendarstellung (sogenannter Redaktionsschwanz).
Urteil vom 27. April 2021 - VI ZR 166/19

 

GG Art. 103 Abs. 1;ZPO § 398 Abs. 1.
Hat die erste Instanz von der Würdigung der Aussagen der von ihr vernommenen Zeugen und der Erörterung der Glaubwürdigkeit der Zeugen ganz abgesehen, kann in der Berufungsinstanz der Zeugenbeweis durch die Verwertung der Niederschrift der erstinstanzlichen Zeugenvernehmung nur ersetzt werden, wenn der persönliche Eindruck, den der Zeuge bei seiner Vernehmung hinterließ oder bei einer erneuten Vernehmung hinterlassen würde, für die Würdigung seiner Aussage nicht entscheidend ist. Anderenfalls hat eine Wiederholung der Beweisaufnahme zu erfolgen.
Beschluss vom 27. April 2021 -VI ZR 845/20

 

ZPO § 85 Abs. 2, § 233 (B), § 234 Abs. 2 (B), § 575 Abs. 2 
Beantragt eine unbemittelte Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einlegungs- und Begründungsfrist für eine Rechtsbeschwerde, läuft die Frist für deren Begründung ab der Bekanntgabe der Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts und nicht erst ab Bekanntgabe der Bewilligung von Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einlegungsfrist (Anschluss BGH, Beschluss vom 29. Mai 2008 - IX ZB 197/07, BGHZ 176, 379). 
Beschluss vom 27. April 2021 - VI ZB 60/20 

 

 

BGB § 630c, § 630f, § 823 Aa, ZPO § 286 B 
a) In § 630c Abs. 2 Satz 1 BGB sind die vom Senat entwickelten Grundsätze zur therapeutischen Aufklärung bzw. Sicherungsaufklärung kodifiziert worden. Diese Grundsätze gelten inhaltlich unverändert fort; neu ist lediglich die Bezeichnung als Informationspflicht. 
b) Der Umfang der Dokumentationspflicht ergibt sich aus § 630f Abs. 2 BGB. Eine Dokumentation, die aus medizinischer Sicht nicht erforderlich ist, ist auch aus Rechtsgründen nicht geboten. 
c) Einer elektronischen Dokumentation, die nachträgliche Änderungen entgegen § 630f Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB nicht erkennbar macht, kommt keine positive Indizwirkung dahingehend zu, dass die dokumentierte Maßnahme von dem Behandelnden tatsächlich getroffen worden ist. 
Urteil vom 27. April 2021 - VI ZR 84/19

 

 

VVG § 124 Abs. 1 
a) Ist die Direktklage eines Dritten gegen den Versicherer und den Fahrer rechtskräftig abgewiesen worden, ist eine Klage gegen den Halter gemäß § 124 Abs. 1 VVG dann ausgeschlossen, wenn der Versicherer zumindest auch wegen der Halterhaftung erfolglos in Anspruch genommen worden war. 
b) Die Rechtskrafterstreckung gemäß § 124 Abs. 1 VVG erfolgt auch dann, wenn der Dritte mit seinem Begehren auf Schadensersatz gegen den Versicherer (nur) deshalb unterlegen ist, weil er seine Aktivlegitimation nicht nachweisen konnte. 
Urteil vom 27. April 2021 - VI ZR 883/20

 

 

ZPO § 287 
Zur Schätzung der Gesamtlaufleistung eines Fahrzeugs im Zusammenhang mit der Berechnung der gezogenen Nutzungsvorteile. 
Urteil vom 27. April 2021 - VI ZR 812/20

 


GwG §§ 12, 13 
Zu den Anforderungen an die Identitätsüberprüfung eines für unbekannte Erben tätigen Nachlasspflegers gemäß § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 1 GwG. 
Urteil vom 20. April 2021 - XI ZR 511/19

 

BGB §§ 293, 826 (Gi.), 31 
Zu den Voraussetzungen des Annahmeverzuges bei der Haftung eines Automobilherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall. 
Urteil vom 20. April 2021 - VI ZR 521/19

 

ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2, § 577 Abs. 4 
Zu den Voraussetzungen einer ausreichenden Berufungsbegründung.
Beschluss vom 13. April 2021 - VI ZB 50/19

 


ZPO § 544 Abs. 9; GG Art. 103 Abs. 1 
Das Gebot rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Dieses Gebot verpflichtet das Gericht unter anderem dazu, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden. Von einer Verletzung dieser Pflicht ist auszugehen, wenn die Begründung der Entscheidung des Gerichts nur den Schluss zulässt, dass sie auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, aber nicht den Sinn des Vortrags der Partei erfassenden Wahrnehmung beruht (hier: Vortrag und Beweisantritt zu einer illegalen Abschalteinrichtung in einem Fahrzeug mit Dieselmotor EA189).
Beschluss vom 13. April 2021 - VI ZR 493/19

 

 

BGB § 826 E, Ga, H 
Für die Bewertung eines schädigenden Verhaltens als sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ist in einer Gesamtschau dessen Gesamtcharakter zu ermitteln und das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens beim konkreten Geschädigten zugrunde zu legen. 
Urteil vom 13. April 2021 - VI ZR 276/20

 


BGB § 249 (Cb), § 293
Zum Umfang der Haftung eines Automobilherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: Ersatzfähigkeit von Finanzierungskosten, Feststellung des Annahmeverzugs).
Urteil vom 13. April 2021 – VI ZR 274/20
Pressemitteilung Nr. 80/21 vom 13.04.2021

 

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9 
Zu einer Gehörsverletzung wegen offensichtlich unzutreffender Erfassung des Inhalts eines von einer Partei vorgelegten Befundberichts in einer Arzthaftungssache. 
Beschluss vom 13. April 2021 - VI ZR 498/19

 

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9 
Zum Vorliegen eines Gehörsverstoßes in einem Schadensersatzprozess. 
Beschluss vom 23. März 2021 - VI ZR 1110/20 

 

 

BGB § 826 Ga 
Für die Bewertung eines schädigenden Verhaltens als sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ist in einer Gesamtschau dessen Gesamtcharakter zu ermitteln und das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens beim konkreten Geschädigten zugrunde zu legen. Dies wird insbesondere dann bedeutsam, wenn die erste potenziell schadensursächliche Handlung und der Eintritt des Schadens zeitlich auseinanderfallen und der Schädiger sein Verhalten zwischenzeitlich nach außen erkennbar geändert hat (hier: Erstreckung der Verhaltensänderung des VW-Konzerns in dem sog. "Dieselskandal" ab dem 22. September 2015 auf andere Konzernmarken; Bestätigung Senatsurteil vom 8. Dezember 2020 - VI ZR 244/20, ZIP 2021, 84). 
Urteil vom 23. März 2021 - VI ZR 1180/20

 

ZPO § 287
Zur Schätzung der Gesamtlaufleistung eines Fahrzeugs im Zusammenhang mit der Berechnung der gezogenen Nutzungsvorteile. 
Urteil vom 23. März 2021 - VI ZR 3/20

 


ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 
Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung (hier: Abweisung einer Klage wegen Inverkehrbringens eines Kraftfahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung). 
Beschluss vom 16. März 2021 - VI ZB 97/19

 


StVG § 12 aF; BGB § 133 (B.) 
a) Der Kapitalhöchstbetrag gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVG aF oder § 12 Abs. 1 Nr. 2 StVG aF stellt nicht zugleich die Höchstsumme der gemäß § 12 Abs. 1 StVG aF zu zahlenden Rentenbeträge dar. Die Regelungen der Kapitalhöchstbeträge sind nicht zusätzlich als weitere Höchstgrenze für die jährlichen Rentenbeträge heranzuziehen. 
b) Auch bei Verletzung mehrerer Menschen durch dasselbe Ereignis verbleibt es trotz der globalen Haftungsgrenze in § 12 Abs. 1 Nr. 2 StVG aF für den einzelnen Verletzten bei der individuellen Höchstgrenze des § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVG aF von einem Kapitalbetrag von 500.000 DM oder einem Rentenbetrag von jährlich 30.000 DM. 
c) Zwar kann grundsätzlich die Bezahlung einer Verbindlichkeit im Einzelfall ein konkludent erklärtes bestätigendes Schuldanerkenntnis der beglichenen Forderung darstellen. Dieser Erklärungswert kommt einer Tilgungsleistung als solcher aber nicht allgemein, sondern nur dann zu, wenn der Schuldner aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall bei seiner Leistung aus der Sicht des Empfängers den Eindruck erweckt, er handle mit einem auf den Abschluss einer solchen Vereinbarung gerichteten Rechtsfolgewillen. Dies setzt voraus, dass die Beteiligten einen nachvollziehbaren Anlass für ein Schuldanerkenntnis haben, insbesondere Streit oder zumindest Ungewissheit über das Bestehen der Schuld oder über einzelne Einwendungen herrscht und damit der Wille erkennbar wird, diese Unsicherheit durch vertragliche Vereinbarung zu beseitigen (Anschluss an BGH, Urteil vom 21. Oktober 2008 – XI ZR 256/07, ZIP 2008, 2405).
Urteil vom 16. März 2021 – VI ZR 140/20

 

BeamtStG § 26; VwGO § 121 
a) Der Umfang der Bindungswirkung eines Verwaltungsaktes wird von dessen Regelungsinhalt bestimmt und durch diesen begrenzt. Der Regelungsinhalt der Versetzung eines unfallverletzten Beamten in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit erstreckt sich nicht auf die Frage, ob und für welchen Zeitraum die Dienstunfähigkeit eine adäquate Folge des Unfalls ist. 
b) An rechtskräftige Entscheidungen von Verwaltungsgerichten sind Zivilgerichte nur im Rahmen der in § 121 VwGO geregelten Rechtskraftwirkung gebunden. Gegenüber Personen, die an dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt waren und denen somit in diesem Verfahren auch kein rechtliches Gehör gewährt wurde, kann eine gerichtliche Entscheidung in einem späteren Schadensersatzprozess grundsätzlich keine Bindungswirkung entfalten. 
Urteil vom 16. März 2021 - VI ZR 773/20

 

 

ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2 
a) Zur Bestimmtheit eines Klageantrags bei einem auf Erstbegehungsgefahr gestützten äußerungsrechtlichen Unterlassungsanspruch. 
b) Zur Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen einerseits und der Meinungs- und Medienfreiheit andererseits bei einem auf Erstbegehungsgefahr gestützten Anspruch auf Unterlassung einer angekündigten, aber nicht näher konkretisierten Berichterstattung (hier: Berichterstattung über wissenschaftliches Plagiat). 
Urteil vom 9. März 2021 - VI ZR 73/20

 

 

GB § 249 (Cb), § 849 
Zum Umfang der Haftung eines Automobilherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: Anrechnung von Nutzungsvorteilen, Verzugs- und Deliktszinsen). 
Urteil vom 9. März 2021 - VI ZR 13/20

 


BGB § 826 E, Ga, H; ZPO § 543 Abs. 2 
a) War im Zeitpunkt der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde ein Zulassungsgrund gegeben und ist dieser zwischenzeitlich durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs in anderer Sache entfallen, ist die Revision zuzulassen, wenn dem Rechtsmittel Erfolgsaussichten beizumessen sind. 
b) Für die Bewertung eines schädigenden Verhaltens als sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ist in einer Gesamtschau dessen Gesamtcharakter zu ermitteln und das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens beim konkreten Geschädigten zugrunde zu legen. 
c) Zur Frage, ob das Verhalten der für einen Kraftfahrzeughersteller handelnden Personen in der gebotenen Gesamtbetrachtung als sittenwidrig zu qualifizieren ist, wenn mit dem zur Beseitigung einer unzulässigen Prüfstandserkennungssoftware entwickelten Software-Update eine temperaturabhängige Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster) implementiert wird. 
Beschluss vom 09. März 2021 – VI ZR 889/20

 

 

BGB § 31, § 826 C, E, Gb, H 
a) Die Haftung einer juristischen Person aus § 826 BGB in Verbindung mit § 31 BGB setzt voraus, dass einer ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB persönlich verwirklicht hat. Über eine Wissenszusammenrechnung führt kein Weg zu dem für das Merkmal der Sittenwidrigkeit im Sinne des § 826 BGB erforderlichen moralischen Unwerturteil. So wie sich die die Verwerflichkeit begründende bewusste Täuschung nicht dadurch konstruieren lässt, dass die im Hause der juristischen Person vorhandenen kognitiven Elemente "mosaikartig" zusammengesetzt werden, weil eine solche Konstruktion dem personalen Charakter der Schadensersatzpflicht gemäß § 826 BGB nicht gerecht würde, so lässt sie sich erst recht nicht mit einer Wissenszurechnung über die Grenzen rechtlich selbständiger (Konzern-)Gesellschaften hinaus begründen (Fortführung Senatsurteil vom 28. Juni 2016 – VI ZR 536/15, NJW 2017, 250 Rn. 13, 22 f., 27). 
b) Zur sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wer die Entscheidung über den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei dem beklagten Fahrzeughersteller getroffen und ob der Vorstand hiervon Kenntnis hatte. 
Urteil vom 08. März 2021 – VI ZR 505/19
Pressemitteilung Nr. 34/21 vom 11.02.21

 

Beschluss vom 23. Februar 2021 - VI ZR 44/20

BGB § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1 Aa, I; ZPO § 544 Abs. 9 
a) Zur Verletzung rechtlichen Gehörs durch Übergehen eines erheblichen Beweisantrags. 
b) Die Frage, welche Maßnahmen der Arzt aus der berufsfachlichen Sicht seines Fachbereichs unter Berücksichtigung der in seinem Fachbereich vorausgesetzten Kenntnisse und Fähigkeiten in der jeweiligen Behandlungssituation ergreifen muss, richtet sich in erster Linie nach medizinischen Maßstäben, die der Tatrichter mit Hilfe eines Sachverständigen zu ermitteln hat. Er darf den medizinischen Standard grundsätzlich nicht ohne eine entsprechende Grundlage in einem Sachverständigengutachten oder gar entgegen den Ausführungen des Sachverständigen aus eigener Beurteilung heraus festlegen. 
Beschluss vom 23. Februar 2021 - VI ZR 44/20

 


BGB § 249 (Cb) 
Zum Umfang der Haftung eines Automobilherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: Anrechnung von Nutzungsvorteilen).
Urteil vom 02. März 2021 – VI ZR 147/20

 


BGB § 249 (Ca); ZPO § 4 Abs. 1, § 544 Abs. 2 Nr. 1 
Zur Bestimmung von Streitwert und Rechtsmittelbeschwer bei der Anrechnung von gezogenen Nutzungen im Rahmen des Vorteilsausgleichs nach § 249 BGB.  
Beschluss vom 23. Februar 2021 – VI ZR 1191/20
 

 

BGB § 823 Abs. 1 Ac, F, L, M 
Zum Umfang der deliktischen Haftung wegen fehlerhafter Werkleistung bei Errichtung eines Gebäudes (hier: Installationsarbeiten in einer Sporthalle). 
Urteil vom 23. Februar 2021 – VI ZR 21/20
 

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9 
Stellen sich in einem Schadensersatzprozess wegen Produkthaftung medizinische Fragen, dürfen weder an den klagebegründenden Sachvortrag einer Partei noch an ihre Einwendungen gegen ein Sachverständigengutachten hohe Anforderungen gestellt werden. 
Beschluss vom 16. Februar 2021 – VI ZR 1104/20

 


ZPO § 321a 
Eine Anhörungsrüge gegen einen eine Anhörungsrüge als unzulässig verwerfenden Beschluss ist nicht zulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2017 - IV ZR 391/16 Rn. 2, juris, mwN). 
Beschluss vom 16. Februar 2021 - VI ZR 354/19
Pressemitteilung Nr. 31/20 vom 30.03.2020
 

 

ZPO § 551 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1; GKG § 47 Abs. 1 Satz 1 
Zur Beschränkung der Revision durch die Revisionsanträge. 
Urteil vom 02. Februar 2021 – VI ZR 449/20
 


BGB § 823 Ah, Db, G; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5
Zur Presseberichterstattung über ehrbeeinträchtigende Äußerungen Dritter.
Urteil vom 26. Januar 2021 – VI ZR 437/19

 



ZPO § 85 Abs. 2, § 130 Nr. 6, § 233 (B), § 236 Abs. 2 (B) 
Zu den Anforderungen an die Schilderung der die Wiedereinsetzung in eine versäumte Berufungsfrist begründenden Tatsachen (hier: Einlegung der Berufung mittels Computerfax). 
Beschluss vom 26. Januar 2021 – VI ZB 46/20

 

ZPO §§ 78, 321a; GG Art. 103 Abs. 1 
Die Anhörungsrüge gegen ein Urteil des Bundesgerichtshofs kann gemäß § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO nur von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt erhoben und begründet werden. Dabei genügt es nicht, dass ein beim Bundesgerichtshof zugelassener Rechtsanwalt den betreffenden Schriftsatz zwar formal unterzeichnet, zugleich durch einen Zusatz aber deutlich macht, dass er die volle Verantwortung für den gesamten Inhalt des Schriftsatzes ablehnt (Fortführung Senatsbeschluss vom 14. März 2017 – VI ZB 34/16, NJW-RR 2017, 686 Rn. 9 mwN). 
Beschluss vom 26. Januar 2021 – VI ZR 354/19
Pressemitteilung Nr. 31/20 vom 30.03.2020

 

BGB § 826 H 
Zur sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wer die Entscheidung über den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei dem beklagten Fahrzeughersteller getroffen hatte und ob der Vorstand hiervon Kenntnis hatte. 
Urteil vom 26. Januar 2021 - VI ZR 405/19

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 139 Abs. 5, § 544 Abs. 9 
a) Zur Zulassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel in der Berufungsinstanz gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO. 
b) Zur Gewährung eines beantragten Schriftsatznachlasses nach Erteilung eines rechtlichen Hinweises in der mündlichen Verhandlung. 
Beschluss vom 26. Januar 2021 - VI ZR 1304/20


BGB §§ 680, 280 Abs. 1, § 276 (Ci); § 823 (Eh) 
Zur Frage des Haftungsmaßstabs bei pflichtwidrig unterlassenen Erste-Hilfe Maßnahmen von Sporttrainern bei einem Tischtennis-Kreiskadertraining.  
Urteil vom 19. Januar 2021 – VI ZR 188/17


ZPO § 3, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 574 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt., § 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6 
Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben sowie den Streitgegenstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen. Anderenfalls sind sie nicht mit den nach dem Gesetz erforderlichen Gründen versehen und bereits deshalb wegen eines von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangels aufzuheben. 
Beschluss vom 19. Januar 2021 – VI ZB 41/20


BGB § 823 Abs. 1 Dc, Ef 
Zu den Verkehrssicherungspflichten eines Grundstückseigentümers gegenüber Kindern (hier: Veranstaltung eines Reitturniers).

ZPO § 256 Abs. 1
Die Behauptung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien ist besondere Prozessvoraussetzung der Feststellungsklage. Für ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis genügen Beziehungen zwischen den Parteien, die schon zur Zeit der Klageerhebung die Grundlage bestimmter Ansprüche bilden. Nicht ausreichend ist dagegen ein Rechtsverhältnis, das noch nicht besteht, sondern erst in Zukunft unter Voraussetzungen, deren Eintritt noch völlig offen ist, entstehen kann. Die bloße Aussicht, einen Anspruch demnächst zu erwerben, begründet kein gegenwärtiges Rechtsverhältnis (hier: zukünftig zu leistende Zahlungen eines Haftpflichtversicherers und Anspruchsübergang nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG). 
Urteil vom 19. Januar 2021 – VI ZR 194/18
 


BGB § 1664 Abs. 1, § 823 Abs. 1 Dc, L 
a) Bei einer Aufsichtspflichtverletzung der Eltern kann sich ein Anspruch des Kindes gegen diese aus § 1664 Abs. 1 BGB ergeben. Daneben kann eine Körperverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB auch durch Verletzung einer (familienrechtlich begründeten) Obhutspflicht begangen werden. 
b) Der Umfang der gebotenen Aufsicht über Minderjährige bestimmt sich nach deren Alter, Eigenart und Charakter, wobei sich die Grenze der erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen danach richtet, was verständige Eltern nach vernünftigen Anforderungen in der konkreten Situation tun müssen, um Schädigungen zu verhindern. 
Urteil vom 19. Januar 2021 – VI ZR 210/18

 

SGB X § 116 Abs. 1 Satz 1 
a) Der Wortlaut des § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X setzt lediglich eine Leistungspflicht voraus. Geht es um die Leistungspflicht eines Sozialversicherungsträgers, knüpft diese regelmäßig an ein Sozialversicherungsverhältnis an. Für den Forderungsübergang ist es nach dem Wortlaut sowie nach Sinn und Zweck des § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X unerheblich, ob der Geschädigte an diesem beteiligt oder durch die Leistungspflicht nur begünstigt ist. 
b) Hier: Forderungsübergang auf den Rentenversicherungsträger, der nach einem Verkehrsunfall auf Antrag des bei ihm versicherten Vaters Leistungen für eine sog. Kinderheilbehandlung an die durch den Unfall geschädigte, nicht rentenversicherte Tochter erbracht hat. 
Urteil vom 19. Januar 2021 - VI ZR 125/20

 

BGB § 249 (Cb), § 849
Zum Umfang der Haftung eines Automobilherstellers nach §§ 826, 31 BGB gegenüber dem Käufer des Fahrzeugs in einem sogenannten Dieselfall (hier: An-rechnung von Nutzungsvorteilen, Aufwendungsersatz, Verzugs- und Deliktszinsen, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten).
Urteil vom 19. Januar 2021 - VI ZR 8/20

 

BGB § 826 E, Ga, H; ZPO § 544 Abs. 9 
a) Das Verhalten der für einen Kraftfahrzeughersteller handelnden Personen ist nicht bereits deshalb als sittenwidrig zu qualifizieren, weil sie einen Fahrzeugtyp aufgrund einer grundlegenden unternehmerischen Entscheidung mit einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster) ausgestattet und in den Verkehr gebracht haben. Dies gilt auch dann, wenn mit der Entwicklung und dem Einsatz dieser Steuerung eine Kostensenkung und die Erzielung von Gewinn erstrebt wird. Der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit ist nur gegeben, wenn weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen. 
b) Die Annahme objektiver Sittenwidrigkeit setzt jedenfalls voraus, dass die handelnden Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen.
Beschluss vom 19. Januar 2021 - VI ZR 433/19
Pressemitteilung Nr. 16/21 vom 26.01.2021


BGB § 630a, § 823 (Aa, I) 
Zur Frage der Arzthaftung bei einer elektiven sekundären Sectio. 
Urteil vom 12. Januar 2021 – VI ZR 60/20


StVG § 8 Nr. 2
Zur Reichweite des Ausschlusses der Haftung des Halters eines Kraftfahrzeuges nach § 7 Abs. 1 StVG, wenn der Verletzte bei dem Betrieb des Kraftfahrzeuges tätig war (hier: Beschädigung des eigenen Pkw des Fahrzeugführers).
Urteil vom 12. Januar 2021 - VI ZR 662/20

 

BGB § 199 Abs. 1
Zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen den Fahrzeughersteller, wenn der Fahrzeugerwerber von der Betroffenheit seines Fahrzeugs vom sogenannten Dieselskandal Kenntnis erlangt hat.
Urteil vom 17. Dezember 2020 - VI ZR 739/20
Pressemitteilung Nr. 163/20 vom 17.12.2020

 

BGB § 833 Satz 1, § 1664 Abs. 1
Durch § 1664 Abs. 1 BGB wird ein verschuldensunabhängiger Anspruch nach § 833 Satz 1 BGB ausgeschlossen.
Urteil vom 15. Dezember 2020 - VI ZR 224/20

 

ZPO § 559
Eine Klageänderung in der Revisionsinstanz ist grundsätzlich unzulässig.
Urteil vom 14. Dezember 2020 - VI ZR 573/20

 

BGB § 823 Abs. 1 (C)
Das Risiko einer psychischen Gesundheitsverletzung eines Polizeibeamten oder einer professionellen Rettungskraft ist bei der gebotenen wertenden Betrachtung jedenfalls bei unmittelbarer aufgezwungener Beteiligung an einem traumatisierenden Geschehen grundsätzlich auch bei Verwirklichung eines berufsspezifischen Risikos dem Schädiger zuzuordnen. Auch wenn es zur Ausbildung und zum Beruf von Polizeibeamten gehört, sich auf derartige Belastungssituationen vorzubereiten, mit ihnen umzugehen, sie zu bewältigen und zu verarbeiten, gebietet eine solche Vorbereitung und etwaige Stärkung ihrer Psyche regelmäßig nicht, ihnen beim dennoch erfolgenden Eintritt einer psychischen Erkrankung den Schutz des Deliktsrechts zu versagen (Fortführung Senatsurteil vom 17. April 2018 – VI ZR 237/17, BGHZ 218, 220).
Urteil vom 08. Dezember 2020 - VI ZR 19/20

 

BGB § 826 Ga 
Für die Bewertung eines schädigenden Verhaltens als sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ist in einer Gesamtschau dessen Gesamtcharakter zu ermitteln und das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens beim konkreten Geschädigten zugrunde zu legen. Dies wird insbesondere dann bedeutsam, wenn die erste potenziell schadensursächliche Handlung und der Eintritt des Schadens zeitlich auseinanderfallen und der Schädiger sein Verhalten zwischenzeitlich nach außen erkennbar geändert hat (hier: Erstreckung der Verhaltensänderung des VW-Konzerns in dem sog. "Dieselskandal" ab dem 22. September 2015 auf andere Konzernmarken; Fortführung Senatsurteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798 Rn. 30 ff.). 
Urteil vom 8. Dezember 2020 - VI ZR 244/20
Pressemitteilung Nr. 155/2020 vom 08. Dezember 2020

 

ZPO § 138 Abs. 1-3, § 286 A 
a) Zur Beachtlichkeit des Bestreitens, wenn sich in der Beweisaufnahme herausstellt, dass der von der Behandlungsseite benannte Arzt die streitgegenständliche Infusion, bei der es nach der Behauptung des klagenden Patienten zu Hygieneverstößen gekommen sein soll, gar nicht gelegt hat. 
b) Zur sekundären Darlegungslast der Behandlungsseite bei behaupteten Hygieneverstößen.  
Urteil vom 24. November 2020 - VI ZR 415/19

 

ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 
Zur teilweisen (Un-)Zulässigkeit einer Berufung. 
Beschluss vom 24. November 2020 - VI ZB 57/20 

 

BGB § 254 Abs. 2 Satz 1 (Dc)
Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den eigenen Kaskoversicherer auf Behebung des Unfallschadens in Anspruch zu nehmen, um die Zeit des Nutzungsausfalls und damit die Höhe der diesbezüglichen Ersatzverpflichtung des Schädigers und dessen Haftpflichtversicherers möglichst gering zu halten.
Urteil vom 17. November 2020 - VI ZR 569/19

 

BGB § 133 B, Fb, § 157 C, Hb
Zur Auslegung einer Verjährungsverzichtserklärung.
Urteil vom 10. November 2020 - VI ZR 285/19

 

StVG § 7 Abs. 1; VVG § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Zur Reichweite der Haftung des Halters eines abgeschleppten und in einer Lagerhalle in Brand geratenen Kraftfahrzeuges nach § 7 Abs. 1 StVG.
Urteil vom 20. Oktober 2020 - VI ZR 319/18

 

GG Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 (Ah.), § 1004 Abs. 1
Das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung der Privatsphäre gesteht jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zu, in dem er seine Individualität unter Aus-schluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört auch das Recht, für sich zu sein, sich selbst zu gehören und den Einblick durch andere auszuschließen. Der Schutz der Privatsphäre ist sowohl thematisch als auch räumlich bestimmt. Er umfasst insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsgehalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, etwa weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst. Dazu gehören grundsätzlich auch - regelmäßig in Abhängigkeit von Detailreichtum und Tiefe der Information-Vorfälle aus dem Familienbereich, die Ausgestaltung familiärer Beziehungen wie auch Situationen großer emotionaler Belastung wie bei der Trauer um einen Angehörigen oder eine nahestehende Person, da sie Gefühlsäußerungen, persönliche Regungen und Handlungen auslösen können, die erkennbar nicht für die Augen Dritter bzw. Unbeteiligter bestimmt sind.
Urteil vom 10. November 2020 - VI ZR 62/17

 

ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2
Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung (hier: Abweisung einer Klage wegen Inverkehrbringens eines Kraftfahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung).
Beschluss vom 27. Oktober 2020 - VI ZB 81/19

 

ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3
Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung (hier: Abweisung einer Klage wegen Inverkehrbringens eines Kraftfahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung).
Beschluss vom 27. Oktober 2020 - VI ZB 6/20

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9
Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (hier: zu Unrecht unterbliebene Zeugenvernehmung, weil die Zeugen den "eigentlichen Vorgang" nicht wahrgenommen hätten).
Beschluss vom 20. Oktober 2020 - VI ZR 577/19

 

StVG § 7 Abs. 1, VVG § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Zur Reichweite der Haftung des Halters eines in einer Werkstatthalle in Brand geratenen Kraftfahrzeuges nach § 7 Abs. 1 StVG.
Urteil vom 20. Oktober 2020 - VI ZR 374/19

 

StVG § 7 Abs. 1, VVG § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Zur Reichweite der Haftung des Halters eines in einer Werkstatthalle in Brand geratenen Kraftfahrzeuges nach § 7 Abs. 1 StVG.
Urteil vom 20. Oktober 2020 - VI ZR 158/19

 

ZPO § 269 Abs. 3 Satz 3, §§ 485 ff.
Im selbständigen Beweisverfahren ist für eine Kostenentscheidung entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO kein Raum.
Beschluss vom 20. Oktober 2020 - VI ZB 28/20

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9
Zum Vorliegen eines Gehörsverstoßes in einem Arzthaftungsprozess.
Beschluss vom 13. Oktober 2020 - VI ZR 348/20

 

Verordnung (EU) 1215/2012 Art. 7 Nr. 2
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 AEUV folgende Frage zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt:
Sind Art. 7 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. Nr. L 351 vom 20. Dezember 2012) dahin auszulegen, dass der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung für eine auf Schadensersatz gerichtete Klageeröffnet ist, wenn der Kläger durch arglistige Täuschung zum Abschluss eines Kaufvertrages und zur Zahlung des Kaufpreises veranlasst worden ist?
Beschluss vom 13. Oktober 2020 - VI ZR 63/19

 

ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 
Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung (hier: Abweisung einer Klage wegen Inverkehrbringens eines Kraftfahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung). 
Beschluss vom 29. September 2020 - VI ZB 92/19

 

BGB § 249 Gb; ZPO § 287 Abs. 1
Zur Abrechnung auf Neuwagenbasis bei Beschädigung eines fabrikneuen Fahrzeugs (Bestätigung Senatsurteil vom 9. Juni 2009 – VI ZR 110/08, BGHZ 181, 242).
Urteil vom 29. September 2020 - VI ZR 271/19

 

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 1004 Abs. 1 Satz 2; KUG § 22, § 23
a) Zum Begriff des Bildnisses im Sinne von § 22 Satz 1 KUG.
b) Zur Zulässigkeit einer identifizierenden Bildberichterstattung im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Ausschreitungen anlässlich des Treffens der Gruppe der zwanzig führenden Industrie- und Schwellenländer Anfang Juli 2017 in Hamburg (G20-Gipfel).
Urteil vom 29. September 2020 - VI ZR 445/19

 

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 1004 Abs. 1 Satz 2; KUG § 22, § 23
a) Zum Begriff des Bildnisses im Sinne von § 22 Satz 1 KUG.
b) Zur Zulässigkeit einer identifizierenden Bildberichterstattung im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Ausschreitungen anlässlich des Treffens der Gruppe der zwanzig führenden Industrie- und Schwellenländer Anfang Juli 2017 in Hamburg (G20-Gipfel).
Urteil vom 29. September 2020 - VI ZR 449/19

 

BGB § 823 Ah, Db, G, H; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
Zur Zulässigkeit des Vorhaltens von Altmeldungen im Online-Archiv eines Presseorgans (Fortführung von BGH, Urteil vom 18. Dezember 2018 – VI ZR 439/17).
Urteil vom 22. September 2020 - VI ZR 476/19

 

ZPO § 233 Fe
Zu den Sorgfaltsanforderungen bei Übermittlung eines fristwahrenden Schriftsatzes per Telefax.
Beschluss vom 15. September 2020 - VI ZB 60/19

 

ZPO § 42 Abs. 3, §§ 43, 44 Abs. 4
a) Das Ablehnungsrecht steht nur den Parteien selbst - und in den Grenzen des § 67 ZPO dem Streithelfer - zu. Am Rechtsstreit nicht beteiligte Dritte sind nicht ablehnungsberechtigt.
b) Bekannt ist der Partei nur derjenige Befangenheitsgrund, den sie positiv kennt; fahrlässige Unkenntnis genügt nicht. Dabei ist der Partei das Wissen ihres Prozessbevollmächtigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen. Eine Zusammenrechnung des Wissens der Partei einerseits und des Prozessbevollmächtigten andererseits findet allerdings nicht statt.
Beschluss vom 15. September 2020 - VI ZB 10/20

 

ZPO § 233 Fb, § 234 B
Wird ein Beschluss über die Gewährung von Prozesskostenhilfe dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers gemäß § 174 Abs. 1 ZPO gegen Empfangsbekenntnis zugestellt, so hat der Prozessbevollmächtigte bei Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses anhand der Handakte zu überprüfen, ob eine durch Bekanntgabe dieses Beschlusses in Lauf gesetzte Frist für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ordnungsgemäß notiert ist. Unterlässt er dies, so liegt bereits hierin ein Verschulden im Sinne des § 233 Abs. 1 ZPO; unterbleibt infolge des Versäumnisses die rechtzeitige Stellung des Wiedereinsetzungsantrags, so scheidet eine Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist aus (Fortführung Senatsbeschlüsse vom 02. Februar 2010 – VI ZB 58/09, NJW 2010, 1080 Rn. 6; vom 12. Januar 2010 – VI ZB 64/09, NJW-RR 2010, 417 Rn. 9; vom 05. November 2002 – VI ZR 399/01, NJW 2003, 435, 436, juris Rn. 9; BGH, Beschluss vom 12. September 2019 – IX ZB 13/19, MDR 2019, 1397 Rn. 13 m.w.N.).
Beschluss vom 15. September 2020 - VI ZR 544/19

 

ZPO § 233 Fb, § 234 B 
Wird ein Beschluss über die Gewährung von Prozesskostenhilfe dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers gemäß § 174 Abs. 1 ZPO gegen Empfangsbekenntnis zugestellt, so hat der Prozessbevollmächtigte bei Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses anhand der Handakte zu überprüfen, ob eine durch Bekanntgabe dieses Beschlusses in Lauf gesetzte Frist für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ordnungsgemäß notiert ist. Unterlässt er dies, so liegt bereits hierin ein Verschulden im Sinne des § 233 Abs. 1 ZPO; unterbleibt infolge des Versäumnisses die rechtzeitige Stellung des Wiedereinsetzungsantrags, so scheidet eine Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist aus (Fortführung Senatsbeschlüsse vom 2. Februar 2010 - VI ZB 58/09, NJW 2010, 1080 Rn. 6; vom 12. Januar 2010 - VI ZB 64/09, NJW-RR 2010, 417 Rn. 9; vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01, NJW 2003, 435, 436, juris, Rn. 9; BGH, Beschluss vom 12. September 2019 - IX ZB 13/19, MDR 2019, 1397 Rn. 13 mwN). 
Beschluss vom 15. September 2020 - VI ZR 544/19

 

ZPO § 42 Abs. 3, §§ 43, 44 Abs. 4 
a) Das Ablehnungsrecht steht nur den Parteien selbst – und in den Grenzen des § 67 ZPO dem Streithelfer – zu. Am Rechtsstreit nicht beteiligte Dritte sind nicht ablehnungsberechtigt. 
b) Bekannt ist der Partei nur derjenige Befangenheitsgrund, den sie positiv kennt; fahrlässige Unkenntnis genügt nicht. Dabei ist der Partei das Wissen ihres Prozessbevollmächtigten gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen. Eine Zusammenrechnung des Wissens der Partei einerseits und des Prozessbevollmächtigten andererseits findet allerdings nicht statt. 
Beschluss vom 15. September 2020 - VI ZB 10/20

 

GG Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; ZPO § 130a Abs. 5 Satz 1
a) Zur Fristwahrung durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments.
b) Zum Grundsatz der Subsidiarität im Rechtsbeschwerdeverfahren.
Beschluss vom 25. August 2020 - VI ZB 79/19

 

ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 
Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung (hier: Abweisung einer Klage wegen Inverkehrbringens eines Kraftfahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung). 
Beschluss vom 25. August 2020 - VI ZB 5/20

 

ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3
Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung (hier: Abweisung einer Klage wegen Inverkehrbringens eines Kraftfahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung).
Beschluss vom 25. August 2020 - VI ZB 67/19

 

BGB § 826 E, Ga, H
a) Zur sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Frage, wer die Entscheidung über den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei dem beklagten Fahrzeughersteller getroffen hatte und ob der Vorstand hiervon Kenntnis hatte.
b) Auf den Schutzzweck der §§ 6, 27 Abs. 1 EG-FGV und der zur vollständigen Harmonisierung der technischen Anforderungen für Fahrzeuge erlassenen Rechtsakte der Europäischen Union kommt es im Rahmen des Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB nicht an.
Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 367/19
Pressemitteilung Nr. 99/20 vom 30. Juli 2020

 

BGB § 249 (Cb), § 826 (E, Ga, H), § 849; ZPO § 256
a) Deliktszinsen nach § 849 BGB können nicht verlangt werden, wenn der Geschädigte für die Hingabe seines Geldes im Wege des Leistungsaustauschs eine in tatsächlicher Hinsicht voll nutzbare Gegenleistung erhält. In diesem Fall kompensiert die tatsächliche Nutzbarkeit der Gegenleistung die Nutzungsmöglichkeit des Geldes.
b) Zu den Voraussetzungen einer auf den Ersatz künftiger Schäden gerichteten Feststellung bei einem Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB (hier: VW-Diesel-Fälle).
Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 397/19
Pressemitteilung Nr. 100/20 vom 30. Juli 2020

 

BGB § 249 (Cb), § 849
a) Der Schadensersatzanspruch des Käufers eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasrückführung versehenen Fahrzeugs kann durch die im Wege des Vorteilsausgleichs erfolgende Anrechnung gezogener Nutzungen vollständig aufgezehrt werden (Fortführung Senatsurteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 64-77).
b) Deliktszinsen nach § 849 BGB können nicht verlangt werden, wenn der Geschädigte für die Hingabe seines Geldes im Wege des Leistungsaustauschs eine in tatsächlicher Hinsicht voll nutzbare Gegenleistung erhält. In diesem Fall kompensiert die tatsächliche Nutzbarkeit der Gegenleistung die Nutzungsmöglichkeit des Geldes.
Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 354/19
Pressemitteilung Nr. 98/20 vom 30. Juli 2020

 

BGB § 826 Ga; § 823 Be; StGB § 263
a) Zur "Stoffgleichheit" im Zusammenhang mit der Absicht, einem Dritten bei einem Gebrauchtwagenverkauf einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen (§ 263 Abs. 1 StGB).
b) Für die Bewertung eines schädigenden Verhaltens als sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ist in einer Gesamtschau dessen Gesamtcharakter zu ermitteln und das gesamte Verhalten des Schädigers bis zum Eintritt des Schadens beim konkreten Geschädigten zugrunde zu legen. Dies wird insbesondere dann bedeutsam, wenn die erste potenziell schadensursächliche Handlung und der Eintritt des Schadens zeitlich auseinanderfallen und der Schädiger sein Verhalten zwischenzeitlich nach außen erkennbar geändert hat.
Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20
Pressemitteilung Nr. 101/20 vom 30. Juli 2020
 

ZPO § 42 Abs. 2 
a) Eine Ablehnung wegen Befangenheit gemäß § 42 Abs. 2 ZPO kann begründet sein, wenn ein Richter in einem Verfahren zwar nicht selbst Partei ist, aber über den gleichen Sachverhalt zu entscheiden hat, aus dem er selbst Ansprüche gegen eine Partei geltend macht (BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2019 – II ZB 14/19, MDR 2020, 303 Rn. 10). 
b) Entsprechendes gilt, wenn der Richter Ansprüche gegen die Partei bislang nicht geltend gemacht hat, dies aber ernsthaft in Erwägung zieht. 
Beschluss vom 28. Juli 2020 - VI ZB 93/19 

 

ZPO § 138 Abs. 2, GG Art. 103 Abs. 1 
Die offenkundig unrichtige Nichtberücksichtigung eines Bestreitens wegen mangelnder Substantiierung verletzt Art. 103 Abs. 1 GG. 
Beschluss vom 28. Juli 2020 - VI ZR 300/18


ZPO § 42 Abs. 2
a) Eine Ablehnung wegen Befangenheit gemäß § 42 Abs. 2 ZPO kann begründet sein, wenn ein Richter in einem Verfahren zwar nicht selbst Partei ist, aber über den gleichen Sachverhalt zu entscheiden hat, aus dem er selbst Ansprüche gegen eine Partei geltend macht (BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2019 – II ZB 14/19, MDR 2020, 303 Rn. 10).
b) Entsprechendes gilt, wenn der Richter Ansprüche gegen die Partei bislang nicht geltend gemacht hat, dies aber ernsthaft in Erwägung zieht.
Beschluss vom 28. Juli 2020 - VI ZB 95/19



DS-GVO Art. 17
Zu den Voraussetzungen eines Auslistungsanspruchs gegen den Verantwortlichen eines Internet-Suchdienstes nach Art. 17 DS-GVO.
Urteil vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18
Pressemitteilung Nr. 95/20 vom 27. Juli 2020



EU-Grundrechtecharta Art. 7, 8, 11, 16; DS-GVO Art. 17
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Unionsrechts folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
a) Ist es mit dem Recht des Betroffenen auf Achtung seines Privatlebens (Art. 7 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, GRCh, ABl. EU C 202 vom 7. Juni 2016, S. 389) und auf Schutz der ihn betreffenden personenbezogenen Daten (Art. 8 GRCh) vereinbar, bei der im Rahmen der Prüfung seines Auslistungsbegehrens gegen den Verantwortlichen eines Internet-Suchdienstes gemäß Art. 17 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, DS-GVO, ABl. EU L 119 vom 4. Mai 2016, S. 1) vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interessen aus Art. 7, 8, 11 und 16 GRCh dann, wenn der Link, dessen Auslistung beantragt wird, zu einem Inhalt führt, der Tatsachenbehauptungen und auf Tatsachenbehauptungen beruhende Werturteile enthält, deren Wahrheit der Betroffene in Abrede stellt, und dessen Rechtmäßigkeit mit der Frage der Wahrheitsgemäßheit der in ihm enthaltenen Tatsachenbehauptungen steht und fällt, maßgeblich auch darauf abzustellen, ob der Betroffene in zumutbarer Weise – z.B. durch eine einstweilige Verfügung – Rechtsschutz gegen den Inhalteanbieter erlangen und damit die Frage der Wahrheit des vom Suchmaschinenverantwortlichen nachgewiesenen Inhalts einer zumindest vorläufigen Klärung zuführen könnte?
b) Ist im Falle eines Auslistungsbegehrens gegen den Verantwortlichen eines Internet-Suchdienstes, der bei einer Namenssuche nach Fotos von natürlichen Personen sucht, die Dritte im Zusammenhang mit dem Namen der Person ins Internet eingestellt haben, und der die von ihm aufgefundenen Fotos in seiner Ergebnisübersicht als Vorschaubilder ("thumbnails”) zeigt, im Rahmen der nach Art. 12 Buchst. b und Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Richtlinie, DS-RL, ABl. EU L 281 vom 23. November 1995, S. 31) / Art. 17 Abs. 3 Buchst. a DS-GVO vorzunehmenden Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interessen aus Art. 7, 8, 11 und 16 GRCh der Kontext der ursprünglichen Veröffentlichung des Dritten maßgeblich zu berücksichtigen, auch wenn die Webseite des Dritten bei Anzeige des Vorschaubildes durch die Suchmaschine zwar verlinkt, aber nicht konkret benannt und der sich hieraus ergebende Kontext vom Internet-Suchdienst nicht mit angezeigt wird?
Beschluss vom 27. Juli 2020 - VI ZR 476/18
Pressemitteilung Nr. 95/20 vom 27. Juli 2020

 

ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3
Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung (hier: Abweisung einer Klage wegen Inverkehrbringens eines Kraftfahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung).
Beschluss vom 21. Juli 2020 - VI ZB 59/19

 

ZPO § 233 (Fc) 
a) Wird dem Rechtsanwalt die Sache im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Verfahrenshandlung zur Bearbeitung vorgelegt, hat er die Einhaltung seiner Anweisungen zur Berechnung und Notierung laufender Rechtsmittelfristen einschließlich deren Eintragung in den Fristenkalender eigenverantwortlich zu prüfen, wobei er sich grundsätzlich auf die Prüfung der Vermerke in der Handakte beschränken darf. 
b) Ein Rechtsanwalt muss allgemeine vorausschauende Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt; er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einen solchen Fall geben. Darüber hinaus muss der Rechtsanwalt, wenn er unvorhergesehen krank wird, alles zur Fristwahrung unternehmen, was ihm in der konkreten Situation möglich und zumutbar ist. 
Beschluss vom 21. Juli 2020 - VI ZB 25/19

 

GB VII § 110 Abs. 1 Satz 1; Unfallverhütungsvorschrift (UVV) "Bauarbeiten" (BGV C22) § 12 Abs. 1 Nr. 2
a) Zum Anspruch eines Sozialversicherungsträgers auf Erstattung von Aufwendungen nach § 110 Abs. 1 Satz 1 SGB VII.
b) Die Pflicht, einen freiliegenden Treppenlauf auf einer Baustelle mit einer Absturzsicherung zu versehen, besteht nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 5 UVV "Bauarbeiten" erst bei einer an der jeweiligen Absturzkante zu messenden Absturzhöhe von mehr als einem Meter.
Urteil vom 21. Juli 2020 - VI ZR 369/19

 

ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 
Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung (hier: Abweisung einer Klage wegen Inverkehrbringens eines Kraftfahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung).  
Beschluss vom 21. Juli 2020 - VI ZB 7/20

 

ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3
Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung (hier: Abweisung einer Klage wegen Inverkehrbringens eines Kraftfahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung).
Beschluss vom 21. Juli 2020 - VI ZB 68/19

 

BGB § 823 Abs. 2 Bf; GewO § 34c a.F.
Zu den Voraussetzungen einer Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 34c GewO in der Fassung des Gesetzes vom 19. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3232).
Urteil vom 14. Juli 2020 - VI ZR 208/19

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 398, 402, 529 Abs. 1 Nr. 1
Auch wenn es grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Berufungsgerichts steht, ob und inwieweit eine im ersten Rechtszug durchgeführte Beweisaufnahme zu wiederholen ist, kann von einer erneuten mündlichen Anhörung des Sachverständigen jedenfalls dann nicht abgesehen werden, wenn das Berufungsgericht dessen Ausführungen abweichend von der Vorinstanz würdigen will (Festhalten an BGH, Urteil vom 8. Juni 1993 – VI ZR 192/92; Anschluss an BGH, Beschluss vom 6. März 2019 – IV ZR 128/18).
Beschluss vom 14. Juli 2020 - VI ZR 468/19


BGB § 249 Gb
Der Geschädigte, der im Wege der konkreten Schadensabrechnung Ersatz der Kosten für ein fabrikneues Ersatzfahrzeug begehrt, muss sich einen Nachlass für Menschen mit Behinderung anrechnen lassen, den er vom Hersteller aufgrund von diesem generell und nicht nur im Hinblick auf ein Schadensereignis gewährter Nachlässe erhält (Fortführung von Senatsurteil vom 18. Oktober 2011 – VI ZR 17/11, NJW 2012, 50 Rn. 9 f.).
Urteil vom 14. Juli 2020 - VI ZR 268/19

 

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2; KUG § 22, § 23
Zur Zulässigkeit einer Wort- und Bildberichterstattung über ein Scheidungsverfahren.
Urteil vom 7. Juli 2020 - VI ZR 246/19

 

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2; KUG § 22, § 23
Zur Zulässigkeit einer Wort- und Bildberichterstattung im Internet über ein Scheidungsverfahren.
Urteil vom 7. Juli 2020 - VI ZR 250/19

 

BGB § 823 Abs. 1 (Ac, Da)
Schaltet sich ein bei dem Versicherer des Schädigers angestellter KfZ-Sachverständiger unter Inanspruchnahme seiner Sachkunde zum Nachteil des Geschädigten in die Reparaturleistung der von diesem mit der Schadensbehebung beauftragten Werkstatt ein, kann dies seine deliktische (Mit-)Haftung für einen auf der mangelhaften Reparatur beruhenden weiteren Schaden begründen.
Urteil vom 7. Juli 2020 - VI ZR 308/19

 

ZPO § 4 Abs. 1 Halbs. 2, § 511 Abs. 2 Nr. 1
a) Der geltend gemachte Anspruch auf Befreiung von vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten erhöht als Nebenforderung den Wert des Beschwerdegegenstands nicht, soweit er neben der Hauptforderung geltend gemacht wird, für deren Verfolgung Rechtsanwaltskosten angefallen sein sollen. Soweit diese Hauptforderung jedoch nicht Prozessgegenstand ist, handelt es sich bei dem geltend gemachten Anspruch auf Befreiung von vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten nicht um eine Nebenforderung.
b) Der Wert dieses Anteils ist durch eine Differenzrechnung zu ermitteln, bei der von den gesamten nach der Klagedarstellung vorprozessual angefallenen Rechtsanwaltskosten diejenigen (fiktiven) Kosten abzuziehen sind, die entstanden wären, wenn der Rechtsanwalt auch vorprozessual den Anspruch nur in der Höhe geltend gemacht hätte, wie er Gegenstand der Klage geworden ist.
Beschluss vom 7. Juli 2020 - VI ZB 66/19

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9
Da die Handhabung der Substantiierungsanforderungen dieselben einschneidenden Folgen hat wie die Anwendung von Präklusionsvorschriften, verstößt sie gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie offenkundig unrichtig ist (hier: Überspannung der an ein beachtliches Bestreiten zu stellenden Anforderungen).
Beschluss vom 7. Juli 2020 - VI ZR 212/19

 

ZPO § 485 Abs. 2
Beweisfragen zu Inhalt und Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht kommen als Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO in Betracht (Festhaltung Senatsbeschluss vom 19. Mai 2020 – VI ZB 51/19, juris).
Beschluss vom 6. Juli 2020 - VI ZB 27/19

 

ZPO § 85 Abs. 2, § 233 (B, Fb, Fd)
Der Rechtsanwalt, der im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Verfahrenshandlung - hier der Einlegung der Berufung - mit einer Sache befasst wird, hat dies zum Anlass zu nehmen, die Fristvermerke in der Handakte zu überprüfen. Auf welche Weise (herkömmlich oder elektronisch) die Handakte geführt wird, ist hierfür ohne Belang (Anschluss BGH, Beschluss vom 9. Juli 2014 – XII ZB 709/13, NJW 2014, 3102 Rn. 12 f.).
Beschluss vom 23. Juni 2020 - VI ZB 63/19

 

BGB § 823 (B); RDG § 2 Abs. 2 Satz 1, §§ 3, 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 2; OWiG § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 11, § 14
Ein Täter, dem sämtliche tatsächlichen Umstände bekannt sind und der den Bedeutungssinn des Inkassogeschäfts als normatives Tatbestandsmerkmal zutreffend erfasst, der aber dennoch über die Registrierungspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG irrt, unterliegt in Bezug auf § 2 Abs. 2 Satz 1, §§ 3, 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 2 RDG einem Verbotsirrtum im Sinne von § 11 Abs. 2 OWiG und keinem Tatbestandsirrtum im Sinne von § 11 Abs. 1 OWiG (Festhaltung Senatsurteile vom 10. Dezember 2019 - VI ZR 71/19, juris; vom 30. Juli 2019 - VI ZR 486/18, VersR 2019, 1517 Rn. 26 ff.).
Urteil vom 16. Juni 2020 - VI ZR 253/19 

 

BGB § 199 
Die regelmäßige Verjährungsfrist nach § 195 BGB wird mangels grob fahrlässiger Unkenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB grundsätzlich nicht schon dann in Lauf gesetzt, wenn es der Geschädigte oder sein Wissensvertreter unterlässt, Krankenhausunterlagen auf ärztliche Behandlungsfehler hin zu überprüfen (Festhalten an BGH, Urteil vom 16. Mai 1989 – VI ZR 251/88, NJW 1989, 2323). 
Urteil vom 26. Mai 2020 - VI ZR 186/17

 

BGB § 249 Gb; ZPO § 287 Abs. 1
Zum Erstattungsanspruch des Geschädigten eines Verkehrsunfalls hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten für die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den eigenen Unfallversicherer (hier: Beauftragung durch den Betreuer).
Urteil vom 26. Mai 2020 - VI ZR 321/19

 

BGB § 280 Abs. 2; § 823 Abs. 1 Aa
a) Der für die Auswertung eines Befundes verantwortliche Arzt hat all die Auffälligkeiten zur Kenntnis und zum Anlass für die gebotenen Maßnahmen zu nehmen, die er aus berufsfachlicher Sicht seines Fachbereichs unter Berücksichtigung der in seinem Fachbereich vorausgesetzten Kenntnisse und Fähigkeiten sowie der Behandlungssituation feststellen muss (Senatsurteil vom 21. Dezember 2010 – VI ZR 284/09, BGHZ 188, 29 Rn. 11 f.). Diese Pflicht besteht erst recht dann, wenn, wie bei einem Mammographie-Screening, Zweck der Untersuchung die Früherkennung einer Krebserkrankung ist und es sich um eine im Rahmen der Anamnese nachgefragte und angegebene Auffälligkeit (hier: Mamillenretraktion) handelt, die auf eben eine solche Krebserkrankung hindeuten kann.
b) Zum Grundsatz der horizontalen Arbeitsteilung.
c) Zur Abgrenzung eines Befunderhebungsfehlers von einem Fehler der therapeutischen Aufklärung ist danach zu differenzieren, ob der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit ärztlichen Fehlverhaltens in der unterbliebenen Befunderhebung als solcher oder in dem Unterlassen von Warnhinweisen zum Zwecke der Sicherstellung des Behandlungserfolgs liegt. Wird etwa der Patient zutreffend über das Vorliegen
eines kontrollbedürftigen Befundes und die medizinisch gebotenen Maßnahmen einer weiteren Kontrolle informiert und unterbleibt (lediglich) der Hinweis auf die Dringlichkeit der gebotenen Maßnahmen, so liegt der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit regelmäßig in dem Unterlassen von Warnhinweisen (Senatsurteil vom 11. April 2017 – VI ZR 576/15, NJW 2018, 621 Rn. 15). Fehlt es dagegen schon an dem Hinweis, dass ein kontrollbedürftiger Befund vorliegt und dass Maßnahmen zur weiteren Abklärung medizinisch geboten sind, liegt der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit regelmäßig in der unterbliebenen Befunderhebung.
Urteil vom 26. Mai 2020 - VI ZR 213/19

 

BGB § 826 E, Ga, H 
a) Es steht wertungsmäßig einer unmittelbaren arglistigen Täuschung der Fahrzeugkäufer gleich, wenn ein Fahrzeughersteller im Rahmen einer von ihm bei der Motorenentwicklung getroffenen strategischen Entscheidung, die Typgenehmigungen der Fahrzeuge durch arglistige Täuschung des Kraftfahrt-Bundesamts zu erschleichen und die derart bemakelten Fahrzeuge alsdann in Verkehr zu bringen, die Arglosigkeit und das Vertrauen der Fahrzeugkäufer gezielt ausnutzt. 
b) Bestehen hinreichende Anhaltspunkte für die Kenntnis zumindest eines vormaligen Mitglieds des Vorstands von der getroffenen strategischen Entscheidung, trägt der beklagte Hersteller die sekundäre Darlegungslast für die Behauptung, eine solche Kenntnis habe nicht vorgelegen. Darauf, ob die vormaligen Mitglieder des Vorstands von dem Kläger als Zeugen benannt werden könnten, kommt es nicht an. 
c) Wird jemand durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages gebracht, den er sonst nicht geschlossen hätte, kann er auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung dadurch einen Vermögensschaden erleiden, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist. Die Bejahung eines Vermögensschadens unter diesem Aspekt setzt allerdings voraus, dass die durch den unerwünschten Vertrag erlangte Leistung nicht nur aus rein subjektiv willkürlicher Sicht als Schaden angesehen wird, sondern dass auch die Verkehrsanschauung bei Berücksichtigung der obwaltenden Umstände den Vertragsschluss als unvernünftig, den konkreten Vermögensinteressen nicht angemessen und damit als nachteilig ansieht. 
d) Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung gelten auch für einen Anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB. 
Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19
Pressemitteilung Nr. 63/20 vom 25. Mai 2020

 

EFZG § 6 Abs. 1
Zur Beweislast des Arbeitgebers bei einem Forderungsübergang gemäß § 6 Abs. 1 EFZG.
Urteil vom 23. Juni 2020 – VI ZR 435/19

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 521 Abs. 2, §§ 530, 296 Abs. 1
a) Im ersten Rechtszug nicht zurückgewiesenes Vorbringen wird ohne Weiteres Prozessstoff der zweiten Instanz, eines erneuten Vorbringens bedarf es insoweit grundsätzlich nicht (vgl. Senatsurteil vom 24. September 2019 – VI ZR 517/18, VersR 2020, 379).
b) Bleibt ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel einer Partei unberücksichtigt, weil der Tatrichter es in offenkundig fehlerhafter Anwendung der Präklusionsnormen zu Unrecht zurückgewiesen hat, ist zugleich das rechtliche Gehör der Partei verletzt (vgl. Senatsurteil vom 24. September 2019 – VI ZR 517/18, VersR 2020, 379).
Beschluss vom 19. Mai 2020 - VI ZR 171/19

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9 
Ist die Berufung zulässig, so wird im ersten Rechtszug nicht zurückgewiesenes Vorbringen ohne weiteres Prozessstoff der zweiten Instanz; eines erneuten Vorbringens bedarf es insoweit grundsätzlich nicht (Senatsbeschluss vom 24. September 2019 – VI ZR 517/18, VersR 2020, 379 Rn. 8 mwN). Die Zurückweisung eines in der Berufungsinstanz wiederholten Beweisangebots mit der Begründung, die Nichterhebung des Beweises sei nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist beanstandet worden, verletzt daher den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs. 
Beschluss vom 28. April 2020 - VI ZR 347/19

 

ZPO § 85 Abs. 2, § 233 (B, Fd) 
Ein Rechtsanwalt bleibt auch bei solchen Fristen, die er nicht selbst zu berechnen hat, verpflichtet, durch allgemeine Anweisungen sicherzustellen, dass sein Büropersonal nicht eigenmächtig im Fristenkalender eingetragene Fristen ändert oder löscht. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine außergewöhnliche Verfahrensgestaltung Anlass zur Prüfung gibt, ob die bereits eingetragenen Fristen maßgeblich bleiben oder nicht (Anschluss BGH, Beschluss vom 12. November 2013 – II ZB 11/12, FamRZ 2014, 295 Rn. 16). 
Beschluss vom 20. April 2020 - VI ZB 49/19

 

ZPO § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 574 Abs. 2, § 575 Abs. 3 Nr. 2 
Gemäß § 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO muss die Begründung der Rechtsbeschwerde im Fall des § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO enthalten. Auf die Darlegung eines Zulassungsgrundes kann nicht deshalb verzichtet werden, weil der gerügte Rechtsfehler des Berufungsgerichts, läge er vor, dazu geführt hätte, dass das Berufungsgericht über eine tatsächlich nicht eingelegte Berufung entschieden hat. 
Beschluss vom 14. April 2020 - VI ZB 64/19
 


ZPO § 85 Abs. 2, § 233 (B.) 
a) Die Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze muss sich entweder - für alle Fälle - aus einer allgemeinen Kanzleianweisung oder - in einem Einzelfall - aus einer konkreten Einzelanweisung ergeben. Eine konkrete Einzelanweisung des Rechtsanwalts an sein Büropersonal, einen fristwahrenden Schriftsatz per Telefax zu übersenden, macht die weitere Ausgangskontrolle, auch die zusätzliche allabendliche Kontrolle fristgebundener Sachen, nicht entbehrlich (Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 15. Juni 2011 ¬¬ – XII ZB 572/10, NJW 2011, 2367 und vom 4. November 2014 – VIII ZB 38/14, NJW 2015, 254). 
b) Für die Ausgangskontrolle des elektronischen Postfachs beA bei fristgebundenen Schriftsätzen genügt jedenfalls nicht die Feststellung, dass die Versendung irgendeines Schriftsatzes mit dem passenden Aktenzeichen an das Gericht erfolgt ist, sondern anhand des zuvor sinnvoll vergebenen Dateinamens ist auch zu prüfen, welcher Art der Schriftsatz war. 
Beschluss vom 17. März 2020 - VI ZB 99/19
 


SGB VII § 34 Abs. 1,3; GG Art. 34; BGB § 839 A.; BGB § 630a Abs. 1 
Zur Frage der Haftung eines vom Durchgangsarzt nach Anordnung der besonderen Heilbehandlung hinzugezogenen Radiologen für einen Diagnosefehler (Fortführung Senatsurteil vom 29. November 2016 – VI ZR 208/15, BGHZ 213, 120). 
Urteil vom 10. März 2020 - VI ZR 281/19 



BGB § 823 Aa, § 843 Abs. 1 Alt. 2 
Zur Verpflichtung des Schädigers, die Kosten einer verletzungsbedingt erforderlichen Begleitung des Geschädigten durch Betreuungspersonen zu ersetzen (hier: behinderungsbedingte Mehrkosten einer Reise nach Gran Canaria). 
Urteil vom 10. März 2020 - VI ZR 316/19

 

ZPO § 138; BGB § 823 Aa, I 
Im Arzthaftungsprozess wird die erweiterte - sekundäre - Darlegungslast der Behandlungsseite ausgelöst, wenn die primäre Darlegung des Konfliktstoffs durch den Patienten den insoweit geltenden maßvollen Anforderungen genügt und die Vermutung eines fehlerhaften Verhaltens der Behandlungsseite aufgrund der Folgen für ihn gestattet, während es dieser möglich und zumutbar ist, den Sachverhalt näher aufzuklären. Letzteres wird bei der Behauptung eines Hygieneverstoßes regelmäßig der Fall sein. Für das Auslösen der sekundären Darlegungslast ist nicht Voraussetzung, dass der Patient konkrete Anhaltspunkte für einen Hygieneverstoß vorträgt (Fortführung Senat, Beschluss vom 25. Juni 2019 - VI ZR 12/17, NJW-RR 2019, 1360). 
Beschluss vom 18. Februar 2020 - VI ZR 280/19

 

BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Ha.; § 254 Abs. 2 Dc 
Bei der fiktiven Schadensberechnung ist für die Bemessung des Schadensersatzanspruchs materiell-rechtlich der Zeitpunkt der vollständigen Erfüllung, verfahrensrechtlich regelmäßig der Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung maßgeblich. Vorher eintretende Preissteigerungen für die günstigere Reparaturmöglichkeit in einer freien Fachwerkstatt, auf die der Schädiger den Geschädigten gemäß § 254 Abs. 2 BGB verweisen darf, gehen daher in der Regel zu Lasten des Schädigers. 
Urteil vom 18. Februar 2020 - VI ZR 115/19

 

BGB § 307 Abs. 1 Bg 
Die in einem Vertrag über die Erstellung eines Kfz-Schadensgutachtens enthaltene formularmäßige Klausel, nach der der geschädigte Auftraggeber dem Sachverständigen in Bezug auf dessen Honoraranspruch "erfüllungshalber" seinen auf Ersatz der Sachverständigenkosten gerichteten Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger abtritt, ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam, wenn die Klausel zugleich die Regelung enthält 

"Das Sachverständigenbüro kann die Ansprüche gegen mich [geschädigter Auftraggeber] geltend machen, wenn und soweit der regulierungspflichtige Versicherer keine Zahlung oder lediglich eine Teilzahlung leistet. In diesem Fall erhalte ich die Forderung zurück, um sie selbst gegen die Anspruchsgegner durchzusetzen." 
Urteil vom 18. Februar 2020 - VI ZR 135/19

 

TPG § 8; BGB § 823 (Aa, C) 
Der Einwand, der unter Verstoß gegen § 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 TPG inhaltlich nicht ordnungsgemäß aufgeklärte Lebendorganspender wäre auch im Falle ordnungsgemäßer Aufklärung mit der Organentnahme einverstanden gewesen (Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens), ist nicht beachtlich, weil dies dem Schutzzweck der gesteigerten Aufklärungsanforderungen des § 8 TPG widerspräche (Bestätigung Senatsurteil vom 29. Januar 2019 - VI ZR 495/16, NJW 2019, 1076 Rn. 40 ff.). 
Urteil vom 11. Februar 2020 - VI ZR 415/18

 

StVG § 7 Abs. 1 
Zur Reichweite der Haftung des Halters eines Anhängers nach § 7 Abs. 1 StVG. 
Urteil vom 11. Februar 2020 - VI ZR 286/19

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9 
Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht unter anderem dazu, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden. 
Beschluss vom 11. Februar 2020 - VI ZR 265/19

 

ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 2, 3 Zu den inhaltlichen Anforderungen an die Berufungsbegründung.
Beschluss vom 11. Februar 2020 - VI ZB 54/19

 

ZPO §§ 284, 139 Abs. 2, § 520 
Wenn das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommt, dass die anwaltliche und eidesstattliche Versicherung des Prozessbevollmächtigten einer Partei keinen vollen Beweis für die fristgerechte Einreichung der Berufungsbegründung erbringt, hat es die Partei darauf hinzuweisen und ihr Gelegenheit zu geben, Zeugenbeweis anzutreten oder auf andere Beweismittel zurückzugreifen (st. Rspr., vgl. nur Senatsbeschluss vom 8. Mai 2007 – VI ZB 80/06, NJW 2007, 3069; BGH, Beschluss vom 16. Januar 2007 – VIII ZB 75/06, NJW 2007, 1457). Allein der Hinweis, dass das Berufungsgericht im Freibeweisverfahren entscheiden will, genügt dafür nicht. 
Beschluss vom 28. Januar 2020 - VI ZB 38/17

 

BGB § 630c Abs. 3 Satz 1
a) Die in § 630c Abs. 3 Satz 1 BGB kodifizierte Pflicht des Behandlers zur wirtschaftlichen Information des Patienten soll den Patienten vor finanziellen Überraschungen schützen und ihn in die Lage versetzen, die wirtschaftliche Tragweite seiner Entscheidung zu überschauen. Sie zielt allerdings nicht auf eine umfassende Aufklärung des Patienten über die wirtschaftlichen Folgen einer Behandlung. 
b) Der Arzt, der eine neue, noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode anwendet, muss die Möglichkeit in den Blick nehmen, dass der private Krankenversicherer die dafür erforderlichen Kosten nicht in vollem Umfang erstattet. 
c) Die Beweislast dafür, dass sich der Patient bei ordnungsgemäßer Information über die voraussichtlichen Behandlungskosten gegen die in Rede stehende medizinische Behandlung entschieden hätte, trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Patient. Eine Beweislastumkehr erfolgt nicht. 
Urteil vom 28. Januar 2020 - VI ZR 92/19

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 156, § 544 Abs. 9 
Zu einer Gehörsverletzung wegen unterbliebener Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung auf einen nicht nachgelassenen Schriftsatz nach erst in der mündlichen Berufungsverhandlung erteiltem Hinweis.
Beschluss vom 21. Januar 2020 - VI ZR 346/18

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9
Zu der Verletzung rechtlichen Gehörs durch eine allenfalls den äußeren Wortlaut, nicht aber den Sinn des Vortrags einer Partei erfassenden Wahrnehmung durch das Gericht.
Beschluss vom 21. Januar 2020 - VI ZR 165/19

 

GG Art. 103 Abs. 1
Zum Grundsatz der Subsidiarität im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren.
Beschluss vom 21. Januar 2020 - VI ZR 410/17

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 286 Abs. 1 (E), § 403; LuftVG § 45 Abs. 2
Beruft sich der Gegner eines Anspruchs aus § 45 Abs. 1 LuftVG auf das Eingreifen der Haftungsbeschränkung aus § 45 Abs. 2 LuftVG, kann ihm nicht verwehrt werden, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Punkte zu verlangen, über die er kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann. Der Anspruchsgegner ist deshalb grundsätzlich nicht gehindert, den von ihm nur vermuteten technischen Defekt zu behaupten und unter Sachverständigenbeweis zu stellen. Darin liegt weder eine Verletzung der prozessualen Wahrheitspflicht noch ein unzulässiger Ausforschungsbeweis.
Beschluss vom 14. Januar 2020 - VI ZR 97/19

 

Brüssel I-VO Art. 7 Nr. 2; Rom II-VO Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 lit. g; EGBGB Art. 40 Abs. 1 Satz 2; BGB § 823 Abs. 1 (Ah, Ai, D, G), § 824 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 
Zur Zulässigkeit der Bewertungsdarstellung eines Unternehmens in einem Internet-Bewertungsportal (hier: www.yelp.de). 
Urteil vom 14. Januar 2020 - VI ZR 495/18
Pressemitteilung 148/19 vom 15. November 2019


Brüssel I-VO Art. 7 Nr. 2; Rom II-VO Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 lit. g; EGBGB Art. 40 Abs. 1 Satz 2; BGB § 823 Abs. 1 (Ah, Ai, D, G),
§ 824 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 
Zur Zulässigkeit der Bewertungsdarstellung eines Unternehmens in einem Internet-Bewertungsportal (hier: www.yelp.de). 
Urteil vom 14. Januar 2020 - VI ZR 496/18
Pressemitteilung 7/2020 vom 14. Januar 2020


Brüssel I-VO Art. 7 Nr. 2; Rom II-VO Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 lit. g; EGBGB Art. 40 Abs. 1 Satz 2; BGB § 823 Abs. 1 (Ah, Ai, D, G),
§ 824 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 
Zur Zulässigkeit der Bewertungsdarstellung eines Unternehmens in einem Internet-Bewertungsportal (hier: www.yelp.de). 
Urteil vom 14. Januar 2020 - VI ZR 497/18


GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2; KUG § 22, § 23  
Zur rechtlichen Bewertung einer ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren begleitenden identifizierenden Verdachtsberichterstattung, wenn der Betroffene im Verlauf des Unterlassungsklageverfahrens wegen der Straftat rechtskräftig verurteilt wird (Fortführung Senatsurteil vom 18. Juni 2019 - VI ZR 80/18, VersR 2019, 1225). 
Urteil vom 17. Dezember 2019 - VI ZR 249/18

 

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 1004 Abs. 1 Satz 2; KUG § 22, § 23
a) Ein nicht mit Strafe bedrohtes rechtswidriges Verhalten einer der Öffentlichkeit nicht bekannten Person kann etwa wegen seiner Art, seines Umfangs und seiner Auswirkungen auf gewichtige Belange der Gesellschaft von so erheblicher Bedeutung für die Öffentlichkeit sein, dass das Recht am eigenen Bild hinter dem Öffentlichkeitsinteresse zurückzutreten hat.
b) Zur Zulässigkeit einer identifizierenden Bildberichterstattung über ein verwaltungsgerichtliches Verfahren, das die rechtswidrige Untervermietung von Wohnraum an sogenannte Medizintouristen zum Gegenstand hat.
Urteil vom 17. Dezember 2019 - VI ZR 504/18



ZPO § 233 Satz 1 B, Fe, § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1  
Eine Partei darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass im Bundesgebiet werktags - innerhalb der Briefkastenleerungszeiten - aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag ausgeliefert werden. Ohne konkrete Anhaltspunkte muss ein Rechtsmittelführer deshalb nicht mit Postlaufzeiten rechnen, die die ernsthafte Gefahr der Fristversäumung begründen (Anschluss BGH, Beschluss vom 23. Januar 2019 - VII ZB 43/18, NJW-RR 2019, 500). 
Beschluss vom 17. Dezember 2019 - VI ZB 19/19 


BGB § 249 Gb; ZPO § 287 Abs.1
Zur Schätzung des erforderlichen Herstellungsaufwands (hier: Kosten eines Kfz-Sachverständigen).
Urteil vom 17. Dezember 2019 - VI ZR 315/18

 

BGB § 823 (B); RDG § 2 Abs. 2 Satz 1, §§ 3, 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 20 Abs.1 Nr. 2; OWiG § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 11, § 14
a) Ein Täter, dem sämtliche tatsächlichen Umstände bekannt sind und der den Bedeutungssinn des Inkassogeschäfts als normatives Tatbestandsmerkmal zutreffend erfasst, der aber dennoch über die Registrierungspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG irrt, unterliegt in Bezug auf § 2 Abs. 2 Satz 1, §§ 3, 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 2 RDG einem Verbotsirrtum im Sinne von § 11 Abs. 2 OWiG und keinem Tatbestandsirrtum im Sinne von § 11 Abs.1 OWiG (Festhaltung Senatsurteil vom 30. Juli 2019 – VI ZR 486/18, VersR 2019, 1517 Rn. 26ff.).
b) Ein Anspruch aus § 2 Abs. 2 Satz 1, §§ 3, 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 2 RDG kann unter Verweis auf einen solchen Irrtum des Täters mithin nur dann verneint werden, wenn der Irrtum und seine Unvermeidbarkeit positiv festgestellt sind.
Urteil vom 10. Dezember 2019 - VI ZR 71/19

 

BGB § 823 Ah, Ai
a) Zur kurzen Wiedergabe des Inhalts eines Anwaltsschreibens ohne wörtliche Zitate in einer Presseveröffentlichung.
b) Zu dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Urteil vom 26. November 2019 - VI ZR 20/19

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 7
Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht unter anderem dazu, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden. Von einer Verletzung dieser Pflicht ist auszugehen, wenn die Begründung der Entscheidung des Gerichts nur den Schluss zulässt, dass sie auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, aber nicht den Sinn des Vortrags der Partei erfassenden Wahrnehmung beruht.
Beschluss vom 26. November 2019 - VI ZR 84/18

 

BGB § 823 Ah, Ai
a) Zu dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Bestimmungsrecht des Autors über die Veröffentlichung eines von ihm verfassten Schreibens.
b) Zu dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
c) Zu dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (hier: Veröffentlichung von Zitaten aus einem Anwaltsschreiben).
Urteil vom 26. November 2019 - VI ZR 12/19



GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 522 Abs. 2 Satz 2, § 544 Abs. 7
Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird verletzt, wenn das Gericht eine dem Beteiligten selbst gesetzte Frist zur Äußerung mit seiner Entscheidung nicht abwartet (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Mai 2018
- VI ZR 287/17, VersR 2018, 935 Rn. 8; BVerfGE 12, 110, 113).
Beschluss vom 19. November 2019 - VI ZR 215/19

 

BGB § 249 Gb; ZPO § 287 Abs. 1 
Zu der Schätzung des erforderlichen Herstellungsaufwands (hier: Kosten eines KfzSachverständigen). 
Urteil vom 29. Oktober 2019 - VI ZR 104/19


BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Ga., Gb., Hb.
a) Sind dem Geschädigten von markengebundenen Fachwerkstätten auf dem allgemeinen regionalen Markt Großkundenrabatte für Fahrzeugreparaturen eingeräumt worden, die er ohne weiteres auch für die Reparatur des Unfallfahrzeugs in Anspruch nehmen könnte, so ist dies ein Umstand, der im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung auch bei fiktiver Schadensabrechnung grundsätzlich zu berücksichtigen ist.
b) Zum Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten bei einem Verkehrsunfall.
Urteil vom 29. Oktober 2019 - VI ZR 45/19


ZPO § 85 Abs. 2, § 233 Fc
Zur Wiedereinsetzung bei mangelnder Notierung einer Vorfrist.
Beschluss vom 29. Oktober 2019 - VI ZB 31/19

 

ZPO § 130 Nr. 6, § 520 Abs. 5
Zu den Anforderungen an die formgültige Unterschrift einer Berufungsbegründung.
Beschluss vom 22. Oktober 2019 - VI ZB 51/18

 


BGB § 823 Abs. 1 (Aa., I.), § 630h Abs. 3
Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Erhebung und Sicherung medizinischer Befunde und zur ordnungsgemäßen Aufbewahrung der Befundträger lässt im Wege der Beweiserleichterung für den Patienten zwar auf ein reaktionspflichtiges positives Befundergebnis schließen. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn ein solches Ergebnis hinreichend wahrscheinlich ist. Es geht zu weit, als Folge der Unterlassung medizinisch gebotener Befunderhebung oder Befundsicherung unabhängig von der hinreichenden Wahrscheinlichkeit des Befundergebnisses eine Vermutung dahingehend anzunehmen, dass zugunsten des Patienten der von diesem vorgetragene Sachverhalt für den Befund als bestätigt gilt.
Urteil vom 22. Oktober 2019 - VI ZR 71/17


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 287 Abs. 1, § 373; StVG § 7 Abs. 1
Behauptet der Geschädigte eines Verkehrsunfalles, von einem eventuellen Vorschaden selbst keine Kenntnis und den beschädigten Pkw in unbeschädigtem Zustand erworben zu haben, kann ihm nicht verwehrt werden, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Punkte zu verlangen, über die er kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann. Der Geschädigte ist deshalb grundsätzlich nicht gehindert, die von ihm nur vermutete fachgerechte Reparatur des Vorschadens zu behaupten und unter Zeugenbeweis zu stellen. Darin liegt weder eine Verletzung der prozessualen Wahrheitspflicht noch ein unzulässiger Ausforschungsbeweis.
Beschluss vom 15. Oktober 2019 - VI ZR 377/18


BGB § 280 Abs. 1; § 823 Aa
Zur Anwendung eines nicht allgemein anerkannten, den Korridor des medizinischen Standards verlassenden Behandlungskonzepts und zum Umfang der hierfür erforderlichen Aufklärung des Patienten.
Urteil vom 15. Oktober 2019 - VI ZR 105/18


ZPO § 520 Abs 5; § 130 Nr. 6; § 236 Abs. 2 Satz 2 D
a) Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist die versäumte Prozesshandlung in der für sie vorgeschriebenen Form nachzuholen. Hat es der Rechtsmittel-führer versäumt, eine unterschriebene und damit wirksame Rechtsmittelbegründung einzureichen, hat er somit bis zum Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist einen unterschriebenen Begründungsschriftsatz nachzureichen.
b) Die Rechtsprechung zur ausnahmsweisen Wirksamkeit nicht unterzeichneter Rechtsmittelbegründungsschriften (Senatsbeschlüsse vom 15. Juni 2004 - VI ZB 9/04, VersR 2005, 136, 137, juris Rn. 4; vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 46/03, juris Rn. 4; BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086, 2088, juris Rn. 20 f.; Beschlüsse vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, juris Rn. 6, 11; vom 20. März 1986 - VII ZB 21/85, BGHZ 97, 251, 254, juris Rn. 14) ist auf die Nachholung einer Berufungsbegründung im Zusammenhang mit einem Wiedereinsetzungsantrag nach Einreichung einer mangels Unterzeichnung unwirksamen Begründung nicht übertragbar.
Beschluss vom 15. Oktober 2019 - VI ZB 22/19, VI ZB 23/19


BGB § 307 Bl; § 823 Bf; KWG § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 32 Abs. 1 Satz 1
a) Eine qualifizierte Nachrangabrede steht der Qualifikation des Rückzahlungsanspruchs als unbedingt im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG nur dann entgegen, wenn die Abrede wirksam ist.
b) Zur fehlenden Transparenz einer in einem Vermögensanlagevertrag enthaltenen Rangrücktrittsklausel.
Urteil vom 1. Oktober 2019 - VI ZR 156/18


ZPO § 286 Abs. 1 (A)
Zur tatrichterlichen Überzeugungsbildung beim Verdacht eines manipulierten Verkehrsunfalls (Festhaltung Senatsurteil vom 13. Dezember 1977 - VI ZR 206/75, BGHZ 71, 339).
Urteil vom 1. Oktober 2019 - VI ZR 164/18


Brüssel-Ia-VO Art. 1 Abs. 1; DS-GVO Art. 6 Abs. 4; TMG § 14 Abs. 3 - 5
a) Bei einem Gestattungsverfahren gemäß § 14 Abs. 3 - 5 TMG handelt es sich um eine Zivilsache im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Brüssel-Ia-VO.
b) § 14 Abs. 3 - 5 TMG ist eine Rechtsvorschrift, die in einer demokratischen Gesellschaft eine notwendige und verhältnismäßige Maßnahme zum Schutz des in Art. 23 Abs. 1 Buchst. j DS-GVO genannten Ziels darstellt, Art. 6 Abs. 4 DS-GVO.
c) Diensteanbieter im Sinne von § 14 Abs. 3 TMG sind alle Diensteanbieter im Sinne von § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG.
Beschluss vom 24. September 2019 - VI ZB 39/18


ZPO § 544 Abs. 7; GG Art. 103 Abs. 1 
Eine gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßende Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn sich eine Entscheidung ohne vorherigen richterlichen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfGE 84, 188, 190; 86, 133, 144; 98, 218, 263; BVerfG [K], Beschluss vom 13. Februar 2019 - 2 BvR 633/16, juris Rn. 24; BVerfGK 19, 377, 381; 12, 346, 352 f.; BGH, Beschlüsse vom 27. Januar 2011 - VII ZR 175/09, ZfBR 2011, 360, 361; vom 13. Januar 2011 - VII ZR 22/10, NJW-RR 2011, 487, Rn. 6; vom 10. Juli 2008 - VII ZR 210/07, NZBau 2009, 177, Rn. 8 ff.). 
Beschluss vom 24. September 2019 - VI ZR 418/18


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 139 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 2, § 530, § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
Zur Anwendung des Novenrechts im Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO.
Beschluss vom 24. September 2019 - VI ZR 517/18


BGB § 249 Gb; ZPO § 287 Abs. 1
Zum Maß notwendiger Überzeugung im Rahmen des § 287 Abs. 1 ZPO (hier: Berücksichtigung von sogenannten Beilackierungskosten im Rahmen fiktiver Schadensabrechnung).
Urteil vom 17. September 2019 - VI ZR 494/18


SGB X § 116 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
Für die Frage, auf wen ein Schadensersatzanspruch gemäß § 116 Abs. 1 SGB X übergegangen ist, kommt es darauf an, wer im Außenverhältnis zur Erbringung der jeweiligen Sozial- oder Beitragsleistung gesetzlich verpflichtet ist, nicht aber darauf, ob Ausgleichs- oder Erstattungsansprüche im Innenverhältnis bestehen (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2015 - VI ZR 54/14, BGHZ 204, 44 Rn. 14; BGH, Urteil vom 17. April 1958 - II ZR 198/56, BGHZ 27, 107, 111 ff., juris Rn. 7 ff. zu § 1542 RVO).
Urteil vom 17. September 2019 - VI ZR 437/18


BGB § 249 Gb; ZPO § 287 Abs. 1
Zum Maß notwendiger Überzeugung im Rahmen des § 287 Abs. 1 ZPO (hier: Berücksichtigung von sogenannten Beilackierungskosten im Rahmen fiktiver Schadensabrechnung).
Urteil vom 17. September 2019 - VI ZR 396/18


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 7
Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht unter anderem dazu, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden. Von einer Verletzung dieser Pflicht ist auszugehen, wenn die Begründung der Entscheidung des Gerichts nur den Schluss zulässt, dass sie auf einer allenfalls den äußeren Wortlaut, aber nicht den Sinn des Vortrags der Partei erfassenden Wahrnehmung beruht.
Beschluss vom 27. August 2019 - VI ZR 460/17


ZPO § 114 Abs. 1; BGB § 1360a Abs. 4
Stützt der Anspruchsteller seinen Schadensersatzanspruch auf angeblich strafbares Verhalten des Anspruchsgegners, so ist die Abwehr dieses Anspruchs für den Anspruchsgegner grundsätzlich auch dann eine persönliche Angelegenheit im Sinne von § 1360a Abs. 4 Satz 1 BGB, wenn der Anspruch seine Grundlage in der beruflichen Tätigkeit des Anspruchsgegners findet.
Beschluss vom 27. August 2019 - VI ZB 8/18



GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 7
Zu einer Gehörsverletzung wegen Nichterwägen von neuem Vortrag in der Berufungsinstanz.
Beschluss vom 27. August 2019 - VI ZR 114/18


ZPO §§ 114, 117 Abs. 4, § 234 B, § 517
a) In einem dem Anwaltszwang unterliegenden Verfahren wird das der Rechtsverfolgung entgegenstehende Hindernis der Mittellosigkeit erst mit der Beiordnung eines Rechtsanwalts beseitigt.
b) Zur Auslegung eines mit "Berufung" überschriebenen Schreibens der Naturalpartei als Prozesskostenhilfeantrag.
c) Zur Verpflichtung des Berufungsgerichts, die erstinstanzlich unterlegene Partei darauf hinzuweisen, dass der von ihr gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Einlegung der Berufung unvollständig ist und sie innerhalb der Berufungsfrist eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem amtlichen Vordruck einreichen müsse.
Beschluss vom 27. August 2019 - VI ZB 32/18


ZPO § 606 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2, § 610 Abs. 5, §§ 263, 264
a) Bei mehreren Feststellungszielen einer Musterfeststellungsklage ist das Erfordernis des § 606 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 2 ZPO für jedes Feststellungsziel zu erfüllen.
b) Zu den Anforderungen, die an die Glaubhaftmachung daran zu stellen sind, dass von den Feststellungszielen die Ansprüche oder Rechtsverhältnisse von mindestens zehn Verbrauchern abhängen.
c) Zu der Möglichkeit der Erweiterung einer Musterfeststellungsklage.
Beschluss vom 30. Juli 2019 - VI ZB 59/18


BGB § 823 (B); RDG § 2 Abs. 2, §§ 3, 10 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 Nr. 2; OWiG § 9 Abs. 1, § 11, § 14
a) Ein gegen den Organwalter einer juristischen Person, die unerlaubt Rechtsdienstleistungen erbringt, gerichteter Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 2 Abs. 2, §§ 3, 10 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 Nr. 2 RDG, § 9 OWiG setzt unter anderem voraus, dass der betreffende Organwalter vorsätzlich gehandelt hat (Festhaltung Senatsurteil vom 10. Juli 2018 - VI ZR 263/17, NJW-RR 2018, 1250 Rn. 48).
b) Der Vorsatz ist nach bußgeldrechtlichen Maßstäben zu beurteilen (Fortführung Senatsurteil vom 10. Juli 1984 - VI ZR 222/82, NJW 1985, 134, 135, juris Rn. 14 f.).
c) Ein Täter, dem sämtliche tatsächlichen Umstände bekannt sind und der den Bedeutungssinn des Inkassogeschäfts als normatives Tatbestandsmerkmal zutreffend erfasst, der aber dennoch über die Registrierungspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG irrt, unterliegt in Bezug auf § 2 Abs. 2, §§ 3, 10 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 Nr. 2 RDG einem Verbotsirrtum im Sinne von § 11 Abs. 2 OWiG und keinem Tatbestandsirrtum im Sinne von § 11 Abs. 1 OWiG (Fortführung Senatsurteil vom 10. Juli 2018 - VI ZR 263/17, NJW-RR 2018, 1250 Rn. 49; BGH, Urteil vom 18. Juli 2018 - 2 StR 416/16, NJW 2018, 3467 Rn. 9 ff.).
Teilversäumnis- und Schlussurteil vom 30. Juli 2019 - VI ZR 486/18
 

VVG § 115 Abs. 1; ZPO § 138 Abs. 4
Zur Zulässigkeit einer Erklärung mit Nichtwissen seitens des unmittelbar in Anspruch genommenen Kfz-Haftpflichtversicherers hinsichtlich der Darstellung des Unfallhergangs durch den Geschädigten.
Urteil vom 23. Juli 2019 - VI ZR 337/18
 

BGB § 823 Abs. 2; BRAO § 43a Abs. 5 Satz 2
§ 43a Abs. 5 Satz 2 BRAO ist kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des Rechtsschutzversicherers.
Urteil vom 23. Juli 2019 - VI ZR 307/18
 

BGB § 823 M; GG Art. 103 Abs. 1
Zum Vorliegen eines Gehörsverstoßes wegen überspannter Anforderungen an die hinreichende Substantiierung des Klägervortrags.
Beschluss vom 2. Juli 2019 - VI ZR 42/18

GG Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1; StUG § 37 Abs. 1 Nr. 5, § 32 Abs. 3
a) Zu den Voraussetzungen eines öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs gegenüber Äußerungen in einer Studie, die von dem Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik im Rahmen seines gesetzlichen Forschungs- und Unterrichtungsauftrages herausgegeben worden ist.
b) Zu den Voraussetzungen rechtmäßigen staatlichen Informationshandelns.
c) Zur "Person der Zeitgeschichte" gemäß § 32 Abs. 3 Nr. 3 StUG.
Urteil vom 2. Juli 2019 - VI ZR 494/17


BGB § 823 Abs. 1 (Aa, Dc, Ea, Eb)
Zum Umfang der Streupflicht auf dem Parkplatz eines Lebensmittelmarktes.
Urteil vom 2. Juli 2019 - VI ZR 184/18


BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 (Hd)
a) Der Geschädigte, der von der Ersetzungsbefugnis des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Gebrauch macht und den Schaden nicht im Wege der Reparatur, sondern durch Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs beheben will, leistet bei der Verwertung des beschädigten Fahrzeugs dem Wirtschaftlichkeitsgebot im Allgemeinen Genüge, wenn er die Veräußerung zu einem Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (Festhaltung Senatsurteil vom 27. September 2016 - VI ZR 673/15, NJW 2017, 953).
b) Etwas anderes gilt nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, wenn es sich beim Geschädigten um ein Unternehmen handelt, welches sich jedenfalls auch mit dem An- und Verkauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen befasst. In diesem Fall ist dem Geschädigten bei subjektbezogener Schadensbetrachtung die Inanspruchnahme des Restwertmarktes im Internet und die Berücksichtigung dort abgegebener Kaufangebote zuzumuten.
Urteil vom 25. Juni 2019 - VI ZR 358/18


GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2; KUG § 22, § 23
a) Die Wiederholungsgefahr im Sinne von § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB und damit ein Anspruch des Betroffenen auf Unterlassung einer ihn identifizierenden Wort- und Bildberichterstattung über ein Ermittlungsverfahren können entfallen, wenn der Betroffene wegen der Straftat rechtskräftig verurteilt ist, die Unschuldsvermutung also nicht mehr gilt.
b) Ist im Unterlassungsklageverfahren der Wahrheitsbeweis für eine Straftat durch rechtskräftiges Strafurteil als erbracht anzusehen (§ 190 Satz 1 StGB), gelten für die rückblickende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit einer strafverfahrensbegleitenden, identifizierenden Wortberichterstattung im Hinblick auf die Unschuldsvermutung die folgenden Voraussetzungen: Die Darstellung darf keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Zur Sicherstellung dieser Ausgewogenheit ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von einem solchen Gewicht handeln, dass ein berechtigtes Interesse der Allgemeinheit gerade auch an der Offenlegung der Identität des Betroffenen besteht.
c) Auch für die rückblickende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit einer strafverfahrensbegleitenden, identifizierenden Bildberichterstattung für die Zeit bis zur Rechtskraft des Strafurteils ist die Unschuldsvermutung in die im Rahmen des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG vorzunehmende Abwägung einzustellen.
Urteil vom 18. Juni 2019 - VI ZR 80/18


GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, G, § 1004 Abs. 1 Satz 2
Zur Entkräftung der bei einer Persönlichkeitsrechtsverletzung bestehenden Vermutung der Wiederholungsgefahr durch die gegenüber einem Dritten abgegebene strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung und weitere besondere Umstände (hier: Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Presseberichterstattung auf Grund redaktionellen Versehens; Fortführung Senat, Urteil vom 4. Dezember 2018 - VI ZR 128/18, NJW 2019, 1142).
Urteil vom 4. Juni 2019 - VI ZR 440/18
 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 7
a) Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots darauf beruht, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft überspannte Anforderungen an den Vortrag einer Partei gestellt hat.
b) Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten.
c) Von einem Kläger, der Schadensersatz wegen Verletzung seines Körpers oder seiner Gesundheit verlangt, kann keine genaue Kenntnis medizinischer Zusammenhänge erwartet und gefordert werden. Ihm fehlt insoweit das nötige Fachwissen. Er ist nicht verpflichtet, sich zur ordnungsgemäßen Prozessführung medizinisches Fachwissen anzueignen.
Beschluss vom 28. Mai 2019 - VI ZR 328/18


BGB § 280 Abs. 1, § 611, § 823 Abs. 1 (Aa)
Haben sich bei einem mangels ordnungsgemäßer Aufklärung rechtswidrigen ärztlichen Eingriff nur Risiken verwirklicht, über die nicht aufzuklären war, kommt ein Wegfall der Haftung des Arztes für Aufklärungsversäumnisse lediglich dann in Betracht, wenn der Patient wenigstens eine Grundaufklärung über die Art und den Schweregrad des Eingriffs erhalten hat; das gilt auch dann, wenn das realisierte - nicht aufklärungspflichtige - Risiko mit den nicht realisierten - aufklärungspflichtigen - Risiken nach Bedeutung und Auswirkung für den Patienten nicht vergleichbar ist (Festhaltung Senatsurteile vom 14. Februar 1989 - VI ZR 65/88, BGHZ 106, 391; vom 12. März 1991 - VI ZR 232/90, VersR 1991, 777; vom 14. November 1995 - VI ZR 359/94; vom 30. Januar 2001 - VI ZR 353/99, VersR 2001, 592).
Urteil vom 28. Mai 2019 - VI ZR 27/17


BGB § 280 Abs. 1, § 630h Abs. 2, § 630d Abs. 1 Satz 4, § 823 Aa
a) Zu den Anforderungen an die Feststellung einer hypothetischen Einwilligung (hier: zum erforderlichen Inhalt der zu unterstellenden ordnungsgemäßen Aufklärung).
b) Zur mutmaßlichen Einwilligung.
Urteil vom 21. Mai 2019 - VI ZR 119/18


ZPO § 285 Abs. 1, § 296a; ZPO § 544 Abs. 7; GG Art. 103 Abs. 1
Zur Verletzung rechtlichen Gehörs durch Übergehen von Parteivortrag in einem zum Zwecke der Beweiswürdigung nach Beweisaufnahme nachgelassenen Schriftsatz.
Beschluss vom 21. Mai 2019 - VI ZR 54/18


BGB § 823 (Aa)
Die zum "Schockschaden" entwickelten Grundsätze (vgl. nur Senatsurteile vom 10. Februar 2015 - VI ZR 8/14, NJW 2015, 2246 Rn. 9; vom 27. Januar 2015 - VI ZR 548/12, NJW 2015, 1451 Rn. 6) sind auch in dem Fall anzuwenden, in dem das haftungsbegründende Ereignis kein Unfallereignis im eigentlichen Sinne, sondern eine fehlerhafte ärztliche Behandlung ist. Eine Rechtfertigung dafür, die Ersatzfähigkeit von "Schockschäden" im Falle ärztlicher Behandlungsfehler weiter einzuschränken als im Falle von Unfallereignissen, besteht grundsätzlich nicht.
Urteil vom 21. Mai 2019 - VI ZR 299/17


ZPO § 406 Abs. 4, Abs. 5, § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
Entscheidet ein Gericht des ersten Rechtszuges über ein gegen den gerichtlichen Sachverständigen gerichtetes Ablehnungsgesuch entgegen § 406 Abs. 4 ZPO erst in den Gründen seines Endurteils und nicht vorab durch gesonderten Beschluss, so stellt dies grundsätzlich einen Berufungsgrund dar. Das Berufungsgericht ist befugt, im Rahmen des Berufungsverfahrens inzidenter auch über die Berechtigung des Ablehnungsgesuchs zu befinden. Eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Zurückverweisung an das Gericht des ersten Rechtszuges kommt nur unter den Voraussetzungen des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO in Betracht.
ZPO § 286 A
Besteht ein Widerspruch zwischen den Äußerungen verschiedener Sachverständiger, ist der Tatrichter zur Aufklärung des Widerspruchs auch dann verpflichtet, wenn es dabei um Privatgutachten geht.
BGB § 249 Ha
Zum Begriff des "Erforderlichen" in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB.
Urteil vom 14. Mai 2019 - VI ZR 393/18


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 397, 402, 544 Abs. 7
Für die Frage, ob die Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung des von ihm erstatteten Gutachtens geboten ist, kommt es nicht darauf an, ob das Gericht noch Erläuterungsbedarf sieht oder ob ein solcher von einer Partei nachvollziehbar dargetan worden ist (st. Rspr., vgl. nur Senatsbeschluss vom 10. Juli 2018 - VI ZR 580/15).
Beschluss vom 7. Mai 2019 - VI ZR 257/17


BGB § 826 (B, Gg); GmbHG § 43
a) Bei mittelbaren Schädigungen setzt ein Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB voraus, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (Fortführung Senatsurteil vom 20. Februar 1979 - VI ZR 189/78, NJW 1979, 1599, 1600, juris Rn. 16 ff.; BGH, Urteil vom 11. November 1985 - II ZR 109/84, BGHZ 96, 231, 236 f., juris Rn. 15).
b) Die Verpflichtung des Geschäftsführers einer GmbH aus § 43 Abs. 1 GmbHG, dafür zu sorgen, dass sich die Gesellschaft rechtmäßig verhält und ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommt, besteht grundsätzlich nur gegenüber der Gesellschaft, nicht hingegen im Verhältnis zu außenstehenden Dritten (Bestätigung Senatsurteil vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10, BGHZ 194, 26 Rn. 22 f.; ferner BGH, Urteil vom 18. Juni 2014 - I ZR 242/12, BGHZ 201, 344 Rn. 23 - Geschäftsführerhaftung).
c) Zur Haftung des Geschäftsführers einer GmbH gegenüber den Gesellschaftsgläubigern wegen eines zur Insolvenz der Gesellschaft führenden "Griffs in die Kasse".
Urteil vom 7. Mai 2019 - VI ZR 512/17

BGB § 823 Abs. 1; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
Zur Zulässigkeit einer Presseberichterstattung über die in erpresserischer Absicht erfolgte Veröffentlichung von intimen Aufnahmen im Internet.
Urteil vom 30. April 2019 - VI ZR 360/18


ZPO § 3, § 522 Abs. 1, § 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6
Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben sowie den Streitgegenstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen. Anderenfalls sind sie nicht mit den nach dem Gesetz erforderlichen Gründen versehen und bereits deshalb wegen eines von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangels aufzuheben.
Beschluss vom 30. April 2019 - VI ZB 48/18


ZPO § 104; VVG § 86
Zur Geltendmachung von für die Inanspruchnahme eines Privatgutachters angefallenen Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren, wenn die Kosten nicht von der Partei selbst, sondern von dem hinter dieser stehenden Haftpflichtversicherer getragen worden sind (Fortführung Senatsbeschlüsse vom 25. Oktober 2016 - VI ZB 8/16, NJW 2017, 672 und vom 13. September 2011 - VI ZB 42/10, VersR 2011, 1584 Rn. 13).
Beschluss vom 30. April 2019 - VI ZB 41/17


ZPO § 85 Abs. 2, §§ 233 (B), 236 (B)
a) Wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Behauptung begehrt, ein fristgebundener Schriftsatz sei auf dem Postweg verloren gegangen, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann zu gewähren, wenn der Antragsteller auf der Grundlage einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe bis zur rechtzeitigen Aufgabe des in Verlust geratenen Schriftsatzes zur Post darlegt und glaubhaft macht, dass der Verlust mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht im Verantwortungsbereich der Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten eingetreten ist (Festhaltung BGH, 16. August 2016 - VI ZB 40/15, NJW-RR 2016, 1402).
b) Die Partei muss im Rahmen ihres Antrages auf Wiedereinsetzung gemäß § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen vortragen und glaubhaft machen. Die Schilderung der tatsächlichen Abläufe muss eine lückenlose, nicht nur auf allgemeine Vermutungen oder Erfahrungswerte gegründete Darstellung des Weges des konkreten Schriftstücks in den dafür vorgesehenen Postausgangskorb als der letzten Station auf dem Weg zum Adressaten enthalten und den hinreichend sicheren Schluss erlauben, dass das Schriftstück nach der Unterschrift durch den Prozessbevollmächtigten nur in das Ausgangsbehältnis gelangt sein konnte und nicht unterwegs liegen geblieben, verloren gegangen oder fehlgeleitet worden war (Festhaltung BGH, Beschlüsse vom 7. Januar 2015 - IV ZB 14/14, BRAK-Mitt 2015, 74 und vom 11. Juli 2017 - VIII ZB 20/17, juris).
Beschluss vom 16. April 2019 - VI ZB 33/17


ZPO § 233 D
a) Ein Rechtsanwalt muss allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall, z.B. durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen, treffen. Durch konkrete Maßnahmen im Einzelfall muss sich der Rechtsanwalt allerdings nur dann vorbereiten, wenn er einen solchen konkreten Ausfall vorhersehen kann.
b) Ein Rechtsanwalt muss, wenn er unvorhergesehen erkrankt, nur das, aber auch alles zur Fristwahrung unternehmen, was ihm dann möglich und zumutbar ist. Die fristwahrenden Maßnahmen eines unvorhergesehen erkrankten Einzelanwalts ohne eigenes Personal können sich darin erschöpfen, die Vertretung, für die er zuvor im Rahmen der ihm obliegenden allgemeinen Vorkehrungen für Verhinderungsfälle Vorsorge zu treffen hatte, zu kontaktieren und um die Beantragung einer Fristverlängerung zu bitten.
Beschluss vom 16. April 2019 - VI ZB 44/18


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 7; BGB § 843 Abs. 1
a) Zur Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG bei Nichtberücksichtigung von Parteivortrag unter Anmaßung eigener Sachkunde.
b) Zu den vermehrten Bedürfnissen im Sinne des § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB gehören sowohl die Kosten für die Beschäftigung einer Pflegeperson als auch der Betreuungsaufwand naher Angehöriger, der über die üblicherweise im Krankheitsfall zu erwartende persönliche Zuwendung innerhalb der Familie hinausgeht. Die dem Geschädigten gegenüber unentgeltlich erbrachte Pflegetätigkeit durch nahe Angehörige ist im Rahmen des Erforderlichen gemäß § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB unabhängig davon angemessen abzugelten, ob diese einen Verdienstausfall erlitten haben. Die Höhe des zu ersetzenden Schadens richtet sich dabei grundsätzlich nach dem Nettolohn einer vergleichbaren entgeltlich eingesetzten Pflegekraft und regelmäßig nicht nach dem entgangenen Verdienst des Angehörigen (Anschluss an BGH, Urteil vom 28. August 2018 - VI ZR 518/16, NJW 2019, 362 Rn. 12).
Beschluss vom 9. April 2019 - VI ZR 377/17


GG Art. 1 Abs. 1, GG Art. 2 Abs. 1, GG Art. 5 Abs. 1, BGB § 823 Abs. 1 (Ah.), BGB § 823 Abs. 2 (Bf.; G.), BGB § 1004 Abs. 1 Satz 2, KunstUrhG § 22, KunstUrhG § 23
Die Zulässigkeit der Bildberichterstattung nach §§ 22, 23 KUG setzt nicht voraus, dass der Abgebildete einen berechtigten Anlass für die Verbreitung seines Bildnisses gegeben hat. Dieser Gesichtspunkt kann lediglich im Rahmen des abgestuften Schutzkonzepts der §§ 22, 23 KUG bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen von Bedeutung sein.
Urteil vom 9. April 2019 - VI ZR 533/16


GG Art. 1 Abs. 1, GG Art. 2 Abs. 1, GG Art. 5 Abs. 1, BGB § 823 Abs. 1 (Ah), BGB § 1004 Abs. 1 Satz 2, BGB § 249 Abs. 1 (Ba)
Zum Anspruch auf Ersatz von Rechtsverfolgungskosten, wenn der durch eine rechtswidrige Filmberichterstattung in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Verletzte sogenannte Uploader auf Unterlassung in Anspruch nimmt.
Urteil vom 9. April 2019 - VI ZR 89/18


BGB § 249 A, § 253
a) Das menschliche Leben ist ein höchstrangiges Rechtsgut und absolut erhaltungswürdig. Das Urteil über seinen Wert steht keinem Dritten zu. Deshalb verbietet es sich, das Leben - auch ein leidensbehaftetes Weiterleben - als Schaden anzusehen. Aus dem durch lebenserhaltende Maßnahmen ermöglichten Weiterleben eines Patienten lässt sich daher ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld nicht herleiten.
b) Schutzzweck etwaiger Aufklärungs- und Behandlungspflichten im Zusammenhang mit lebenserhaltenden Maßnahmen ist es nicht, wirtschaftliche Belastungen, die mit dem Weiterleben und den dem Leben anhaftenden krankheitsbedingten Leiden verbunden sind, zu verhindern. Insbesondere dienen diese Pflichten nicht dazu, den Erben das Vermögen des Patienten möglichst ungeschmälert zu erhalten.
Urteil vom 2. April 2019 - VI ZR 13/18
Pressemitteilung 21/19


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 142, 445
Zum Vorliegen eines Gehörsverstoßes wegen überspannter Anforderungen an die hinreichende Substantiierung des Klägervortrags und deshalb unterbliebener Vernehmung des Beklagten als Partei.
Beschluss vom 26. März 2019 - VI ZR 163/17


ZPO § 540
Aus einem Berufungsurteil, gegen das die Revision stattfindet, muss zu ersehen sein, von welchem Sach- und Streitstand das Gericht ausgegangen ist, welches Rechtsmittelbegehren die Parteien verfolgt haben und welche tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung zugrunde liegen. Fehlen solche Darstellungen, hat das Revisionsgericht das Urteil von Amts wegen aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dies gilt auch für ein Protokollurteil (Fortführung Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - VI ZR 22/16, NJW 2017, 3449).
Urteil vom 26. März 2019 - VI ZR 171/18


StVG § 7 Abs. 1
a) Die Realisierung des Schadens erst nach einer zeitlichen Verzögerung von eineinhalb Tagen steht der Zurechnung der Betriebsgefahr im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG nicht entgegen, wenn die beim Betrieb geschaffene Gefahrenlage solange fort- und nachwirkte.
b) Der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang wird durch einen Sorgfaltspflichtverstoß eines mit der Schadensbeseitigung beauftragten Dritten in der Regel nicht unterbrochen.
Urteil vom 26. März 2019 - VI ZR 236/18
 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 416
Das Gutachten einer medizinischen Schlichtungsstelle kann im Arzthaftungsprozess im Wege des Urkundenbeweises gewürdigt werden. Dies führt aber weder zu einer Erhöhung der Darlegungslast des Patienten noch ist das Schlichtungsgutachten auf Beweisebene geeignet, den Sachverständigenbeweis zu ersetzen.
Beschluss vom 12. März 2019 - VI ZR 278/18


ZPO § 83 Abs. 2, § 84
a) Im Parteiprozess kann eine Prozessvollmacht - auch noch im Lauf des Prozesses - beliebig beschränkt werden.
b) Zur Eindeutigkeit einer Vollmachtsbeschränkung, wenn der Rechtsanwalt, der sich ursprünglich für zwei Unfallbeteiligte und deren - zufällig - identischen Haftpflichtversicherer gemeldet hat, mitteilt, er könne wegen einer Interessenkollision nur noch einen Unfallbeteiligten vertreten.
Urteil vom 12. März 2019 - VI ZR 277/18


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 7
Zur Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs durch Nichtberücksichtigung von Kernvorbringen einer Partei.
Beschluss vom 12. März 2019 - VI ZR 435/18


BGB § 823 Abs. 1 A, Db, G, § 1004 Abs. 1
a) Das Totenfürsorgerecht umfasst unter anderem das Recht, für die Bestattung zu sorgen (Anschluss BGH, Beschluss vom 26. November 2015 - III ZB 62/14, FamRZ 2016, 301 Rn. 12; Urteil vom 26. Februar 1992 - XII ZR 58/91, NJW-RR 1992, 834 unter II 1, juris Rn. 9). Dies schließt die Bestimmung der Gestaltung und des Erscheinungsbildes einer Grabstätte ein. Das Totenfürsorgerecht beinhaltet darüber hinaus die Befugnis zu deren Pflege und zur Aufrechterhaltung deren Erscheinungsbilds.
b) Das Totenfürsorgerecht ist ein sonstiges Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB, das im Falle seiner Verletzung Ansprüche auf Schadensersatz sowie auf Beseitigung und Unterlassung von Beeinträchtigungen entsprechend § 1004 BGB begründen kann. 
Urteil vom 26. Februar 2019 - VI ZR 272/18


ZPO § 233 D; 236 B, C
a) Ein Rechtsanwalt muss allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall, z.B. durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen treffen. Durch konkrete Maßnahmen im Einzelfall muss sich der Rechtsanwalt allerdings nur dann vor-bereiten, wenn er einen solchen konkreten Ausfall vorhersehen kann.
b) Ein Rechtsanwalt muss, wenn er unvorhergesehen erkrankt, nur das, aber auch alles zur Fristwahrung unternehmen, was ihm dann möglich und zumutbar ist. Die fristwahrenden Maßnahmen eines unvorhergesehen erkrankten Einzelanwalts ohne eigenes Personal können sich darin erschöpfen, die Vertretung, für die er zuvor im Rahmen der ihm obliegenden allgemeinen Vorkehrungen für Verhinderungsfälle Vorsorge zu treffen hatte, zu kontaktieren und um die Beantragung einer Fristverlängerung zu bitten. Für die Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags ist deshalb die Darlegung und Glaubhaftmachung notwendig, dass aufgrund der Erkrankung selbst diese Maßnahme nicht möglich oder zumutbar war bzw. - bei pflichtgemäßem Treffen der allgemeinen Vorkehrungen - gewesen wäre.
Beschluss vom 19. Februar 2019 - VI ZB 43/18


ZPO § 138; BGB § 823 Aa, I
Im Arzthaftungsprozess wird die erweiterte - sekundäre - Darlegungslast der Behandlungsseite ausgelöst, wenn die primäre Darlegung des Konfliktstoffs durch den Patienten den insoweit geltenden maßvollen Anforderungen genügt und die Vermutung eines fehlerhaften Verhaltens der Behandlungsseite aufgrund der Folgen für ihn gestattet, während es dieser möglich und zumutbar ist, den Sachverhalt näher aufzuklären. Letzteres wird bei der Behauptung eines Hygieneverstoßes regelmäßig der Fall sein (Fortführung Senatsbeschluss vom 16. August 2016 VI ZR 634/15, NJW-RR 2016, 1360 Rn. 14).
Urteil vom 19. Februar 2019 - VI ZR 505/17


ZPO § 3, § 522 Abs 1, § 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6
Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen; andernfalls sind sie nicht mit den nach dem Gesetz erforderlichen Gründen versehen und bereits deshalb aufzuheben.
Beschluss vom 12. Februar 2019 - VI ZB 35/17


BGB § 249 G, § 254 Dc
Ein Unfallgeschädigter kann aufgrund der ihn gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB treffenden Schadensminderungspflicht auch dann gehalten sein, ein ihm vom Kfz-Haftpflichtversicherer vermitteltes günstigeres Mietwagenangebot in Anspruch zu nehmen, wenn dem günstigeren Angebot ein Sondertarif zugrunde liegt, der ihm ohne Mithilfe des Versicherers außerhalb eines Unfallersatzgeschäfts nicht zur Verfügung stünde (Fortführung Senatsurteil vom 26. April 2016 - VI ZR 563/15, NJW 2016, 2402 Rn. 9; Abgrenzung zu Senatsurteilen vom 28. April 2015 - VI ZR 267/14, NJW 2015, 2110 Rn. 10; vom 22. Juni 2010 - VI ZR 337/09, NJW 2010, 2725 Rn. 7 f.).
Urteil vom 12. Februar 2019 - VI ZR 141/18


ZPO § 286 G, § 287
Das erleichterte Beweismaß des § 287 ZPO findet Anwendung, soweit es um die Frage geht, ob eine haftungsbegründende Primärverletzung weitere vom Kläger geltend gemachte Gesundheitsbeeinträchtigungen zur Folge hatte (haftungsausfüllende Kausalität). Werden unabhängig davon aus der zugrundeliegenden Verletzungshandlung weitere unfallursächliche Primärverletzungen geltend gemacht, unterfallen diese dem Beweismaß des § 286 ZPO (haftungsbegründende Kausalität) (Abgrenzung zum Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 7/08, VersR 2009, 69 Rn. 7).
Urteil vom 29. Januar 2019 - VI ZR 113/17


BGB § 630e
Wahrscheinlichkeitsangaben im Rahmen der Selbstbestimmungsaufklärung vor einer ärztlichen Behandlung haben sich grundsätzlich nicht an den in Beipackzetteln für Medikamente verwendeten Häufigkeitsdefinitionen des Medical Dictionary for Regulatory Activities zu orientieren. Dies gilt auch, wenn die Wahrscheinlichkeitsangaben in einem (schriftlichen) Aufklärungsbogen enthalten sind.
Urteil vom 29. Januar 2019 - VI ZR 117/18


BGB § 823 Abs. 1 (Ae.), § 249 Abs. 2 Satz 1 (Ga.), § 903
Der Leasingnehmer, der die Pflicht zur Instandsetzung des Leasingfahrzeuges gegenüber dem Leasinggeber und Eigentümer für jeden Schadensfall übernommen und im konkreten Schadensfall nicht erfüllt hat, kann nicht ohne Zustimmung (§ 182 BGB) des Eigentümers gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB vom Schädiger statt der Herstellung die fiktiven Herstellungskosten verlangen.
Urteil vom 29. Januar 2019 - VI ZR 481/17


TPG § 8; BGB § 823 (Aa, C)
a) Bei den Vorgaben des § 8 Abs. 2 Satz 3 (Anwesenheit eines neutralen Arztes beim Aufklärungsgespräch) und Satz 4 (Erfordernis einer zu unterzeichnenden Aufklärungsniederschrift) des Transplantationsgesetzes (TPG) handelt es sich um die Aufklärungspflicht des Arztes begleitende Form- und Verfahrensvorschriften. Der Verstoß hiergegen führt nicht zur Unwirksamkeit der Einwilligung des Lebendorganspenders in die Organentnahme und zu deren Rechtswidrigkeit, sondern zu einer Beweisskepsis gegenüber der Behauptung einer ordnungsgemäßen Aufklärung.
b) Der Einwand, der unter Verstoß gegen § 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 TPG inhaltlich nicht ordnungsgemäß aufgeklärte Lebendorganspender wäre auch im Falle ordnungsgemäßer Aufklärung mit der Organentnahme einverstanden gewesen (Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens), ist nicht beachtlich, weil dies dem Schutzzweck der gesteigerten Aufklärungsanforderungen des § 8 TPG widerspräche.
Urteil vom 29. Januar 2019 - VI ZR 495/16
Pressemitteilung 142/18


RVG § 15 Abs. 2
Dem Geschädigten steht ein Erstattungsanspruch im Hinblick auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nur dann zu, wenn er im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist (st. Rspr., Senat, Urteil vom 21. Juni 2011 - VI ZR 73/10 Rn. 8 mwN).
Eine Tätigkeit in derselben Angelegenheit kann auch dann vorliegen, wenn der Rechtsanwalt einheitlich mit der Abwehr von inhaltlich übereinstimmenden Folgeberichterstattungen verschiedener Schädiger beauftragt wird.
Urteil vom 22. Januar 2019 - VI ZR 402/17


BGB § 823 Abs. 1 Ai, G, H, § 1004 Abs. 1
Die Übermittlung eines "presserechtlichen Informationsschreibens" greift in der Regel nicht rechtswidrig in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eines Presseunternehmens ein. Eine andere Beurteilung ist allerdings dann geboten, wenn das übersandte Informationsschreiben von vorneherein ungeeignet ist, präventiven Rechtsschutz zu bewirken. Hiervon ist auszugehen, wenn es keine Informationen enthält, die dem Presseunternehmen die Beurteilung erlauben, ob Persönlichkeitsrechte durch eine etwaige Berichterstattung verletzt werden.
Urteil vom 15. Januar 2019 - VI ZR 506/17

BGB § 823 Abs. 1 Ah, Db, G, H; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
a) Die Frage, ob in dem Online-Archiv einer Tageszeitung Altmeldungen zum Abruf bereitgehalten werden dürfen, in denen über die Hauptverhandlung eines Strafverfahrens berichtet und in denen der Angeklagte namentlich genannt wird, ist aufgrund einer umfassenden Abwägung des Persönlichkeitsrechts des Beschuldigten mit dem Recht der Presse auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden.
b) Dabei stellt die Frage, ob es dem Verlag möglich und zumutbar ist, die Auffindbarkeit der Altmeldung über Internet-Suchmaschinen zu unterbinden oder einzuschränken, aus Gründen der praktischen Konkordanz einen Abwägungsgesichtspunkt dar.
Urteil vom 18. Dezember 2018 - VI ZR 439/17



ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1, § 568 Satz 2
a) Bejaht der Einzelrichter im Beschwerdeverfahren mit seiner Entscheidung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, unterlässt er es aber, das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 ZPO dem Kollegium zu übertragen, und entscheidet in der Sache als Einzelrichter, so ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und verstößt gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters, was vom Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu beachten ist (st. Rspr., vgl. nur Senat, Beschluss vom 18. September 2018 - VI ZB 34/17, juris, Rn. 5).
b) Die Beschwerdeentscheidung unterfällt in einem solchen Fall der Aufhebung durch das Rechtsbeschwerdegericht, ohne dass es darauf ankommt, ob die vom Einzelrichter getroffene Entscheidung in der Sache richtig ist.
c) Zur Erstattungsfähigkeit der dem Beklagten entstandenen Rechtsanwaltskosten, wenn die anwaltliche Tätigkeit (Antrag auf Klageabweisung und seine Begründung) in Unkenntnis der zwischenzeitlichen Klagerücknahme erfolgt (Fortführung Senat, Beschluss vom 10. April 2018 - VI ZB 70/16, MDR 2018, 1407).
Beschluss vom 18. Dezember 2018 - VI ZB 2/18


GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, G, § 1004 Abs. 1 Satz 2
1. Für die Frage, ob die durch eine bereits erfolgte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründete Vermutung der Wiederholungsgefahr durch den Verweis auf eine gegenüber einem Dritten abgegebene strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung entkräftet werden kann, kommt es entscheidend darauf an, ob die Unterlassungsverpflichtung geeignet erscheint, den Verletzer wirklich und ernsthaft von Wiederholungen der Verletzung abzuhalten. Ob dies der Fall ist, ist in umfassender Würdigung aller hierfür in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalls sorgfältig und unter Anlegung der gebotenen strengen Maßstäbe zu prüfen (vgl. für das Wettbewerbsrecht: BGH, Urteile vom 13. Mai 1987 - I ZR 79/85, GRUR 1987, 640, 641; vom 2. Dezember 1982 - I ZR 121/80, GRUR 1983, 186 f.). Von dieser Einzelfallprüfung kann nicht unter Verweis auf den höchstpersönlichen Charakter des allgemeinen Persönlichkeitsrechts abgesehen werden.
2. Grundvoraussetzung für die Entkräftung der Vermutung der Wiederholungsgefahr durch eine Unterlassungsverpflichtungserklärung gegenüber einem Dritten ist, dass diese den von dem Betroffenen geltend gemachten Unterlassungsanspruch inhaltlich voll abdeckt; bleibt sie dahinter zurück, vermag sie die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht zu entkräften.
3. Bei rechtswidrigen Eingriffen in die Privatsphäre durch wahre Tatsachenbehauptungen kommt eine Anwendung der "Kerntheorie" dergestalt, dass sich ein gerichtliches Unterlassungsgebot auf Äußerungen mit anderem, geringeren Informationsgehalt und geringerer Intensität des Eingriffs erstreckte, nicht in Betracht.
Urteil vom 4. Dezember 2018 - VI ZR 128/18


ZPO § 325; BGB § 426
Werden zwei einfache Streitgenossen rechtskräftig zur Zahlung von Schadensersatz als Gesamtschuldner verurteilt, so steht ihre Haftung zwar im Verhältnis zum Gläubiger, nicht aber im Verhältnis zwischen den Streitgenossen selbst rechtskräftig fest. Jedem der rechtskräftig als Gesamtschuldner verurteilten Streitgenossen bleibt im nachfolgenden Rechtsstreit um den Innenausgleich damit die Möglichkeit, die im Vorprozess bejahte Verbindlichkeit dem Gläubiger gegenüber und damit auch das Bestehen eines Gesamtschuldverhältnisses überhaupt in Frage zu stellen (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1992, 922, 923).
Urteil vom 20. November 2018 - VI ZR 394/17


ZPO § 85 Abs. 2
Beauftragt der Prozessbevollmächtigte einer Partei einen anderen Rechtsanwalt damit, eine Berufungsschrift zu erstellen, zu unterschreiben und wegen des mit Ende des Tages eintretenden Ablaufs der Berufungsfrist an das Berufungsgericht zu faxen, unterlässt es der beauftragte Rechtsanwalt dann aber versehentlich, die von ihm erstellte und unterschriebene Berufungsschrift per Fax an das Berufungsgericht zu versenden, so ist das darin liegende Verschulden des beauftragten Rechtsanwalts der Partei gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheidet in diesem Fall aus.
Beschluss vom 20. November 2018 - VI ZB 32/17


Brüssel-I-VO Art. 6 Nr. 1 aF
Einer Entscheidung, die die internationale Zuständigkeit auf der Grundlage des Art. 6 Nr. 1 EuGVVO aF bejaht, steht nicht entgegen, dass zuvor eine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist, die die internationale Zuständigkeit gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVVO aF verneint hat. Die Rechtslage ist insoweit in einer Weise geklärt, die keinen vernünftigen Zweifel offen lässt ("acte éclairé").
Beschluss vom 13. November 2018 - VI ZR 71/18


ZPO § 139, § 233 (Fd), § 236 Abs. 2 (B)
Erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben in einem Wiedereinsetzungsantrag, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, können nach Fristablauf erläutert und vervollständigt werden (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 16. August 2016 - VI ZB 19/16, Rn. 10; vom 25. September 2013 - XII ZB 200/13, Rn. 9).
Beschluss vom 16. Oktober 2018 - VI ZB 68/16


BGB § 823 B; KWG § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 32, § 54
Eine Annahme von Geldern im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Alt. 2 KWG ist auch dann gegeben, wenn die Anleger nicht unmittelbar Bar- oder Buchgeld beim Kapitalnehmer einzahlen, sondern ihm (nur) Rechte und Ansprüche aus von ihnen gehaltenen Kapitallebensversicherungen abtreten, Zweck dieser Rechtsübertragung aber die Vereinnahmung des Rückkaufswertes durch den Kapitalnehmer ist und den Anlegern das den Rückkaufswert betreffende Auszahlungsrisiko nach den vertraglichen Vereinbarungen verbleibt (Fortführung Senatsurteil vom 10. Juli 2018 - VI ZR 263/17, ZIP 2018, 1678 Rn. 17).
Urteil vom 16. Oktober 2018 - VI ZR 459/17


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 7
a) Gerichte sind nicht verpflichtet, umfangreiche ungeordnete Anlagenkonvolute von sich aus durchzuarbeiten, um so die erhobenen Ansprüche zu konkretisieren. Nimmt der Kläger zur Substantiierung seines Anspruchs allerdings auf eine aus sich heraus verständliche (und im Streitfall nicht einmal eine Seite umfassende) Darstellung in den Anlagen konkret Bezug und verlangt die Berücksichtigung der in Bezug genommenen Anlage vom Tatrichter keine unzumutbare Sucharbeit, so liegt eine solche Fallgestaltung nicht vor (Fortführung BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - I ZR 295/00, NJW-RR 2004, 639, 640).
b) Zu einem Gehörsverstoß wegen unterbliebener Berücksichtigung einer konkret in Bezug genommenen Anlage.
Beschluss vom 2. Oktober 2018 - VI ZR 213/17


BGB § 249 Abs. 2 Satz 2 K
Wählt der Geschädigte den Weg der fiktiven Schadensabrechnung, ist die im Rahmen einer Ersatzbeschaffung angefallene Umsatzsteuer nicht ersatzfähig, auch nicht in Höhe des im Schadensgutachten zugrunde gelegten Umsatzsteueranteils. Eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung ist insoweit unzulässig (Anschluss Senat, Urteil vom 13. September 2016 - VI ZR 654/15, VersR 2017, 115).
Urteil vom 2. Oktober 2018 - VI ZR 40/18


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 7
Zum Vorliegen eine Gehörsverstoßes wegen überspannter Anforderungen an die Substantiierung des Klagevorbringens (Fortführung Senatsbeschluss vom 14. März 2017 - VI ZR 225/16, VersR 2017, 966 Rn. 7; BGH, Beschluss vom 7. Juni 2018 - III ZR 210/17, WM 2018, 1252 Rn. 4).
Beschluss vom 25. September 2018 - VI ZR 234/17


BGB § 249 Abs. 2 (Ga); BGB § 254 Abs. 2 (Dc)
a) Bei fiktiver Abrechnung der Reparaturkosten muss sich der Geschädigte, der mühelos eine ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf diese verweisen lassen.
b) Dies gilt auch dann, wenn der Reparaturkostenkalkulation des von ihm beauftragten Sachverständigen bereits mittlere ortsübliche Sätze nicht markengebundener Fachwerkstätten zugrunde liegen. Es kann keinen Unterschied machen, ob im Privatgutachten von durchschnittlichen regionalen Stundenverrechnungssätzen markengebundener oder freie Fachwerkstätten ausgegangen worden ist.
c) Die Frage der "Ersatzfähigkeit der UPE-Aufschläge" entscheidet sich nach den allgemeinen Grundsätzen zur Ersatzfähigkeit von Reparaturkosten.
Urteil vom 25. September 2018 - VI ZR 65/18


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 138 Abs. 3, § 544 Abs. 7
a) Bezieht sich der Anspruchsteller zur Begründung seiner Klage auf ein strafgerichtliches Urteil, durch das der Anspruchsgegner zu einer Strafe verurteilt worden ist, so setzt ein wirksames Bestreiten des Anspruchsgegners nicht voraus, dass er den vom Anspruchsteller in Bezug genommenen strafgerichtlichen Feststellungen einen spiegelbildlichen, in gleicher Weise geschlossenen Entwurf des Gesamtgeschehens entgegensetzt. Vielmehr kann er auch in diesem Fall einzelne, den vom Anspruchsteller geltend gemachten Anspruch tragende Behauptungen bzw. Feststellungen herausgreifen und diese bestreiten.
b) Zum Vorliegen eines Gehörsverstoßes wegen Überspannung der Anforderungen an ein wirksames Bestreiten (vgl. Senatsbeschluss vom 25. März 2014 - VI ZR 271/13, NJW-RR 2014, 830 Rn. 3, 7 f.).
c) Der Tatrichter ist nicht daran gehindert, seine Überzeugung im Sinne von § 286 ZPO auf das Verhalten und die Äußerungen einer Partei im vorangegangenen Strafverfahren und die dort getroffenen Feststellungen selbst zu stützen. Auch in diesem Falle ist er allerdings nicht berechtigt, von der Erhebung erheblicher, gegenbeweislich angebotener Beweise abzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2004 - II ZR 136/02, NJW-RR 2004, 1001, 1002).
Beschluss vom 25. September 2018 - VI ZR 443/16



GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2; ZPO § 185, § 253 Abs. 2 Nr. 1, § 568 Satz 2
a) Bejaht der Einzelrichter im Beschwerdeverfahren mit seiner Entscheidung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, unterlässt er es aber, das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 ZPO dem Kollegium zu übertragen, und entscheidet in der Sache als Einzelrichter, so ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und verstößt gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters, was vom Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu beachten ist (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 22. November 2011 - VIII ZB 81/11, NJW-RR 2012, 125 Rn. 9 mwN).
b) Die Beschwerdeentscheidung unterfällt in einem solchen Fall der Aufhebung durch das Rechtsbeschwerdegericht, ohne dass es darauf ankommt, ob die vom Einzelrichter getroffene Entscheidung in der Sache richtig wäre.
c) Zur Frage einer hinreichend bestimmten Bezeichnung des Beklagten gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO bei Verwendung eines Aliasnamens.
Beschluss vom 18. September 2018 - VI ZB 34/17


ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
Zur Ermittlung des Werts der Beschwer des Klägers im Fall einer einseitigen Teilerledigungserklärung.
Beschluss vom 18. September 2018 - VI ZB 26/17


BGB § 823 Aa, § 843 Abs. 1 Alt. 2; ZPO § 138 Abs. 1, 322 Abs. 1
a) Zu den vermehrten Bedürfnissen im Sinne des § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB gehören sowohl die Kosten für die Beschäftigung einer Pflegeperson als auch der Betreuungsaufwand naher Angehöriger, der über die üblicherweise im Krankheitsfall zu erwartende persönliche Zuwendung innerhalb der Familie hinausgeht.
b) Der ersatzfähige Aufwand zur Befriedigung vermehrter Bedürfnisse bestimmt sich nach den Dispositionen, die ein verständiger Geschädigter in seiner besonderen Lage treffen würde.
c) Kommen zum Ausgleich der Pflegebedürftigkeit verschiedene Möglichkeiten mit unterschiedlichem Kostenaufwand in Betracht, so bestimmt sich die Höhe des Anspruchs danach, welcher Bedarf in der vom Geschädigten in zumutbarer Weise gewählten Lebensgestaltung tatsächlich anfällt.
d) Die Frage, ob der Geschädigte seine Lebensgestaltung in zumutbarer Weise gewählt hat, bestimmt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Eine für sämtliche Fallgestaltungen geltende Obergrenze in dem Sinne, dass der Ersatz der für die häusliche Pflege anfallenden Kosten generell auf den doppelten Betrag (oder ein anderes Vielfaches) der jeweiligen Heimunterbringungskosten beschränkt wäre, existiert nicht.
Urteil vom 28. August 2018 - VI ZR 518/16


BGB § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1 Aa
a) Eine Haftung wegen Unterlassens der (vorgezogenen) Aufklärung über die Behandlungsalternative der Sectio kommt auch dann in Betracht, wenn die Sectio später durchgeführt wird als sie bei rechtzeitiger Aufklärung durchgeführt worden wäre und diese Verzögerung zu einem Geburtsschaden geführt hat.
b) Dafür, dass und in welchem Umfang in einer Überschreitung der empfohlenen EE-Zeit (Zeit von der Entscheidung zur Sectio bis zur Entwicklung des Kindes) ein Behandlungsfehler liegt, trägt der Geschädigte die Beweislast. Die Gefahren einer solchen Zeitüberschreitung sind für die Behandlungsseite nicht voll beherrschbar.
Urteil vom 28. August 2018 - VI ZR 509/17


ZPO §§ 115, 233 (B), 234 (B)
Einer Prozesspartei, die vor Ablauf einer Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist lediglich Prozesskostenhilfe beantragt hat, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen schuldloser Fristversäumung nur dann zu bewilligen, wenn sie vernünftigerweise nicht mit einer Verweigerung der Prozesskostenhilfe mangels Bedürftigkeit rechnen musste. Mit der Verweigerung der Prozesskostenhilfe ist bereits dann zu rechnen, wenn das Rechtsmittelgericht auf Zweifel hinsichtlich der Bedürftigkeit der Prozesspartei hingewiesen hat und diese vernünftigerweise davon ausgehen muss, dass sie die Zweifel nicht aus-räumen kann (Anschluss BGH, Beschluss vom 13. Januar 2010 - XII ZB 108/09, NJW-RR 2010, 424).
Beschluss vom 28. August 2018 - VI ZB 44/17


BGB § 823 Abs. 2 (Ah, Bf), § 1004; BDSG a.F. § 4 Abs. 1, § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2
Zur Prüfpflicht des Betreibers einer Internet-Suchmaschine bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen (hier: Prozessberichterstattung).
Urteil vom 24. Juli 2018 - VI ZR 330/17


ZPO § 314, § 559 Abs. 1; BGB § 823 Aa
a) Zur Entkräftung der Beweiskraft des Tatbestands durch das Sitzungsprotokoll.
b) Der für die Annahme eines Befunderhebungsfehlers erforderliche Pflichtwidrigkeitsvorwurf kann darin bestehen, dass die medizinisch gebotene Befundung mit einem von Beginn an nur notdürftig reparierten Gerät unternommen wird, auch wenn das Gerät zunächst noch verwertbare Aufzeichnungen liefert (hier: CTG-Kontrolle mit einem lediglich mit einem Heftpflaster geflickten CTG-Gerät).
Urteil vom 24. Juli 2018 - VI ZR 294/17


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 7
a) Im Prozessrecht findet sich keine Grundlage, Parteivortrag nur deshalb unberücksichtigt zu lassen, weil er im Widerspruch zu vorangegangenem, ausdrücklich aufgegebenem Vortrag steht. Im Gegenteil ist eine Partei nicht daran gehindert, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere zu präzisieren, zu ergänzen oder zu berichtigen; eine Vortragsänderung kann nur bei der Beweiswürdigung Bedeutung erlangen (Fortführung BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 50/14; GRUR 2016, 705 Rn. 41, mwN).
b) Zum Vorliegen eines Gehörsverstoßes wegen unterbliebener Berücksichtigung erstinstanzlich geänderten Vortrags durch das Berufungsgericht.
Beschluss vom 24. Juli 2018 - VI ZR 599/16


BGB §§ 305c, 307 (Bg)
(Parallelsache zu VI ZR 274/17)
Urteil vom 17. Juli 2018 - VI ZR 278/17


BGB §§ 305c, 307 (Bg)
(Parallelsache zu VI ZR 274/17)
Urteil vom 17. Juli 2018 - VI ZR 277/17


BGB §§ 305c, 307 (Bg)
Eine in einem Vertrag über die Erstellung eines Kfz-Schadensgutachtens enthaltene formularmäßige Klausel, nach der der geschädigte Auftraggeber dem Sachverständigen in Bezug auf dessen Honoraranspruch "zur Sicherung" und "erfüllungshalber" seinen auf Ersatz der Sachverständigenkosten gerichteten Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger abtritt, ist (jedenfalls dann) wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam, wenn die Klausel zu-gleich die Regelung vorsieht
"Durch diese Abtretung werden die Ansprüche des Sachverständigen aus diesem Vertrag gegen mich [geschädigter Auftraggeber] nicht berührt. Diese können nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung bei der gegnerischen Versicherung oder dem Schädiger zu jeder Zeit gegen mich geltend gemacht werden. Im Gegenzug verzichtet der Sachverständige dann jedoch Zug um Zug gegen Erfüllung auf die Rechte aus der Abtretung gegenüber den Anspruchsgegnern."
und auf demselben Formular eine Weiterabtretung des Schadensersatzanspruchs vom Sachverständigen an einen Dritten (hier: zu Inkassodienstleistungen berechtigte Verrechnungsstelle) vorgesehen ist.
Urteil vom 17. Juli 2018 - VI ZR 274/17


BGB §§ 305c, 307 (Bg)
(Parallelsache zu VI ZR 274/17)
Urteil vom 17. Juli 2018 - VI ZR 275/17


BGB §§ 305c, 307 (Bg)
(Parallelsache zu VI ZR 274/17)
Urteil vom 17. Juli 2018 - VI ZR 276/17


BGB § 823 Abs. 1 Aa, F, §§ 249 Ha, 253
Verlangt der Geschädigte für erlittene Körperverletzungen uneingeschränkt ein Schmerzensgeld, so werden durch den Klageantrag nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes alle diejenigen Schadensfolgen erfasst, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte (st. Rspr.: vgl. zuletzt Senatsurteil vom 20. Januar 2015 - VI ZR 27/14, VersR 2015, 772 Rn. 7 f. mwN).
Urteil vom 10. Juli 2018 - VI ZR 259/15


§§ 823 Abs. 1 Ah, G, 1004 analog; Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK
a) Die Verwendung von elektronischer Post für die Zwecke der Werbung ohne Einwilligung des Empfängers stellt grundsätzlich einen Eingriff in seine geschützte Privatsphäre und damit in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar.
b) Eine Kundenzufriedenheitsbefragung in einer E-Mail fällt auch dann unter den Begriff der (Direkt-)Werbung, wenn mit der E-Mail die Übersendung einer Rechnung für ein zuvor gekauftes Produkt erfolgt.
c) Dem Verwender einer E-Mail-Adresse zu Werbezwecken nach Abschluss einer Verkaufstransaktion ist es zumutbar, bevor er auf diese Art mit Werbung in die Privatsphäre des Empfängers eindringt, diesem - wie es die Vorschrift des § 7 Abs. 3 UWG verlangt - die Möglichkeit zu geben, der Verwendung seiner E-Mail-Adresse zum Zwecke der Werbung zu widersprechen. Ansonsten ist der Eingriff grundsätzlich rechtswidrig.
Urteil vom 10. Juli 2018 - VI ZR 225/17


BGB § 823 (B); KWG § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 32, § 54; StGB § 17; RDG § 2 Abs. 2 Satz 1, § 3, § 10 Abs. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 2
a) Eine "Annahme von Geldern" im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG liegt auch dann vor, wenn die Anleger nicht unmittelbar Bar- oder Buchgeld beim Kapitalnehmer einzahlen, sondern ihm "nur" Rechte und Ansprüche aus von ihnen gehaltenen Kapitallebensversicherungen abtreten, Zweck dieser Rechtsübertragung aber die Vereinnahmung des Rückkaufswertes durch den Kapitalnehmer zu Investitionszwecken ist und den Anlegern das den Rückkaufswert betreffende Auszahlungsrisiko nach den vertraglichen Vereinbarungen verbleibt.
b) Ein qualifizierter Rangrücktritt steht der Annahme eines für ein Einlagengeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG erforderlichen unbedingten Rückzahlungsanspruchs nur dann entgegen, wenn die entsprechende Vereinbarung - gegebenenfalls auch AGB-rechtlich - wirksam ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2018 - 4 StR 408/17, NJW 2018, 1486 Rn. 20 ff., 32).
c) Einem Verbotsirrtum unterliegt im Rahmen von § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG auch, wer die Erlaubnisbedürftigkeit seiner Geschäfte nach § 32 Abs. 1 KWG zwar nicht ausschließen kann, sie aber nicht billigend in Kauf nimmt, weil er auf die Erlaubnisfreiheit vertraut (Fortführung Senatsurteil vom 16. Mai 2017 - VI ZR 266/16, NJW 2017, 2463 Rn. 25).
d) Zur Vermeidbarkeit eines Verbotsirrtums.
e) Eine Inkassodienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG kann auch in der Kündigung einer abgetretenen Lebensversicherung und Einziehung des Rückkaufswertes liegen, wenn der Zessionar nicht das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung des Rückkaufswertes übernommen hat (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2013 - IV ZR 46/13, NJW 2014, 847 Rn. 16).
f) Zum sachlichen Schutzbereich von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, §§ 3, 2 Abs. 2 Satz 1 RDG.
Urteil vom 10. Juli 2018 - VI ZR 263/17



BGB § 823 Aa
a) Der Arzt hat sicherzustellen, dass der Patient von Arztbriefen mit bedrohlichen Befunden - und gegebenenfalls von der angeratenen Behandlung - Kenntnis erhält, auch wenn diese nach einem etwaigen Ende des Behandlungsvertrags bei ihm eingehen. Der Arzt, der als einziger eine solche Information bekommt, muss den Informationsfluss aufrechterhalten, wenn sich aus der Information selbst nicht eindeutig ergibt, dass der Patient oder der diesen weiterbehandelnde Arzt sie ebenfalls erhalten hat.
b) Zur Bewertung eines Behandlungsfehlers als grob.
Urteil vom 26. Juni 2018 - VI ZR 285/17


BGB § 823 Abs. 1 (Ah), § 1004 Abs. 1 Satz 2; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1
a) Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme kann dort entfallen oder zumindest im Rahmen der Abwägung zurücktreten, wo sich der Betroffene selbst damit einverstanden gezeigt hat, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden; die Erwartung, dass die Umwelt die Angelegenheiten oder Verhaltensweisen in einem Bereich mit Rückzugsfunktion nur begrenzt oder nicht zur Kenntnis nimmt, muss situationsübergreifend und konsistent zum Ausdruck gebracht werden (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 261/10, NJW 2012, 771, 772).
b) Die Selbstbegebung gibt nicht stets thematisch und inhaltlich die exakte Grenze vor, in deren Rahmen sich die hinzunehmende Veröffentlichung bewegen muss. Diese ist vielmehr im Rahmen einer Güterabwägung im Einzelfall zu bestimmen.
Urteil vom 12. Juni 2018 - VI ZR 284/17


BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Gb; ZPO § 287
Legt der Geschädigte oder der an seine Stelle getretene Zessionar lediglich die unbeglichene Rechnung über die Sachverständigenkosten vor, genügt ein einfaches Bestreiten der Schadenshöhe durch den beklagten Schädiger oder Haftpflichtversicherer, wenn nicht der Geschädigte oder der Zessionar andere konkrete Anhaltspunkte für den erforderlichen Herstellungsaufwand unter Berücksichtigung der speziellen Situation des Geschädigten beibringt.
Urteil vom 5. Juni 2018 - VI ZR 185/16


BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Gb; ZPO § 287
Legt der Geschädigte oder der an seine Stelle getretene Zessionar lediglich die unbeglichene Rechnung über die Sachverständigenkosten vor, genügt ein einfaches Bestreiten der Schadenshöhe durch den beklagten Schädiger oder Haftpflichtversicherer, wenn nicht der Geschädigte oder der Zessionar andere konkrete Anhaltspunkte für den erforderlichen Herstellungsaufwand unter Berücksichtigung der speziellen Situation des Geschädigten beibringt.
Urteil vom 5. Juni 2018 - VI ZR 171/16



GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Abs. 2; BGB § 823 Abs. 1, Abs. 2, § 1004 Abs. 1 Satz 2; KUG § 22, § 23
a) Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegen eine Presseberichterstattung reicht hinsichtlich der Veröffentlichung von Bildern einerseits und der Wortberichterstattung andererseits unterschiedlich weit (Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08, BGHZ 187, 200).
b) Zur Beeinträchtigung des Schutzes der spezifisch elterlichen Hinwendung zum Kind durch Bildberichterstattung einerseits und Wortberichterstattung andererseits.
Urteil vom 29. Mai 2018 - VI ZR 56/17


BGB § 280, § 823 Abs. 1; GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 531 Abs. 2
a) Eine Aufklärungspflicht des Arztes besteht nur hinsichtlich solcher Risiken, die im Zeitpunkt der Behandlung bereits bekannt sind.
b) Der in erster Instanz siegreiche Berufungsbeklagte darf darauf vertrauen, nicht nur rechtzeitig darauf hingewiesen zu werden, dass und aufgrund welcher Erwägungen das Berufungsgericht der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will, sondern dann auch Gelegenheit zu erhalten, seinen Tatsachenvortrag sachdienlich zu ergänzen oder weiteren Beweis anzutreten.
c) § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO setzt voraus, dass die Rechtsansicht des Gerichts den erstinstanzlichen Sachvortrag der Partei beeinflusst hat und daher (mit-)ursächlich dafür geworden ist, dass sich Parteivorbringen in das Berufungsverfahren verlagert hat. Hiervon ist aber bereits dann auszugehen, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs, hätte es die später vom Berufungsgericht für zutreffend erachtete Rechtsauffassung geteilt, zu einem Hinweis nach § 139 Abs. 2 ZPO verpflichtet gewesen wäre.
Beschluss vom 29. Mai 2018 - VI ZR 370/17


ZPO §§ 284, 286; BDSG §§ 6b, 28
a) Die permanente und anlasslose Aufzeichnung des Verkehrsgeschehens ist mit den datenschutzrechtlichen Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes nicht vereinbar.
b) Die Verwertung von sogenannten Dashcam-Aufzeichnungen, die ein Unfallbeteiligter vom Unfallgeschehen gefertigt hat, als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess ist dennoch zulässig.
Urteil vom 15. Mai 2018 - VI ZR 233/17
Pressemitteilung 88/18


StVG § 17; StVO § 9 Abs. 5, § 10 Satz 1
"Anderer Verkehrsteilnehmer" im Sinne der § 9 Abs. 5, § 10 Satz 1 StVO ist jede Person, die sich selbst verkehrserheblich verhält, d.h. körperlich und unmittelbar auf den Ablauf eines Verkehrsvorgangs einwirkt. Darunter fällt nicht nur der fließende Durchgangsverkehr auf der Straße, sondern jedenfalls auch derjenige, der auf der anderen Straßenseite vom Fahrbahnrand anfährt.
Urteil vom 15. Mai 2018 - VI ZR 231/17


BGB § 280, § 823 I; ZPO § 522 Abs. 2 Satz 2; GG Art. 103 Abs. 1
a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird verletzt, wenn die vor Erlass einer Entscheidung vom Gericht gesetzte Frist zur Äußerung objektiv nicht ausreicht, um innerhalb der Frist eine sachlich fundierte Äußerung zum entscheidungserheblichen Sachverhalt und zur Rechtslage zu erbringen.
b) Zur Verneinung eines Behandlungsfehlers wegen Verweigerung der medizinisch gebotenen Maßnahmen durch den Patienten.
Beschluss vom 15. Mai 2018 - VI ZR 287/17
 

BGB § 252, § 823 Abs. 1; EnWG § 21a; ARegV § 18, § 19, § 20
Ein Netzbetreiber kann Ersatz des Gewinns verlangen, der ihm entgeht, weil die Beschädigung seines Stromkabels eine Versorgungsunterbrechung verursacht, die zu einer Verschlechterung seines Qualitätselements und - in der Folge - zu einer Herabsetzung seiner von der Bundesnetzagentur festgelegten Erlösobergrenze führt ("Qualitätselement-Schaden").
Urteil vom 8. Mai 2018 - VI ZR 295/17


ZPO §§ 233, 236 Abs. 2 Satz 1, § 294 Abs. 1
a) Nach dem im Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verankerten Grundsatz, dass der Zugang zu den Gerichten und zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden darf, ist der Bürger berechtigt, die ihm vom Gesetz eingeräumten prozessualen Fristen auszuschöpfen. Dieser Grundsatz darf nicht dadurch ausgehebelt werden, dass der Rechtsuchende sich für die Ausschöpfung der Frist rechtfertigen muss, um einen Wiedereinsetzungsgrund gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist glaubhaft zu machen.
b) Eröffnet ein Gericht die Möglichkeit der Weiterleitung von Schriftstücken an das zuständige Gericht, so genügt der Anwalt seinen Sorgfaltspflichten bereits dann, wenn er einen fristgebundenen Schriftsatz so rechtzeitig abgibt, dass er einen fristgemäßen Eingang beim zuständigen Gericht mit Sicherheit erwarten darf (Anschluss an BGH, Beschluss vom 29. März 2017 - XII ZB 567/16, NJW-RR 2017, 687 Rn. 10 mwN).
Beschluss vom 8. Mai 2018 - VI ZB 5/17
 

BGB § 823 Abs. 2; StGB § 266 Abs. 1
1. Bei § 266 Abs. 1 StGB handelt es sich um ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (im Anschluss an Senat, Urteile vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10, NJW 2012, 3439 Rn. 13; vom 25. Mai 2010 - VI ZR 205/09, BGHZ 185, 378 Rn. 6).
2a. Untreue setzt sowohl in der Variante des Missbrauchs- (§ 266 Abs. 1 Alt. 1 StGB) als auch in derjenigen des Treubruchtatbestands (§ 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB) voraus, dass dem Täter eine Vermögensbetreuungspflicht obliegt und er diese verletzt. Eine solche Pflicht ist gegeben, wenn der Täter in einer Beziehung zum (potentiell) Geschädigten steht, die eine besondere, über die für jedermann geltenden Pflichten zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehende Verantwortung für dessen materielle Güter mit sich bringt (im Anschluss an BGH, Urteil vom 9. November 2016 - 5 StR 313/15, BGHSt 61, 305 Rn. 33; vgl. Senat, Urteil vom 25. Mai 2010 - VI ZR 205/09, BGHZ 185, 378 Rn. 9).
2b. Allgemeine schuldrechtliche Verpflichtungen, insbesondere aus Austauschverhältnissen, reichen nicht aus, und zwar auch dann nicht, wenn sich hieraus Rücksichtnahme- oder Sorgfaltspflichten ergeben. In der Regel wird sich eine Treuepflicht nur aus einem fremdnützig typisierten Schuldverhältnis ergeben, in welchem der Verpflichtung des Täters Geschäftsbesorgungscharakter zukommt. Bei rechtsgeschäftlicher Grundlage kommt es im Einzelfall auf die vertragliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses an (im Anschluss an Senat, Beschluss vom 1. Juni 2010 - VI ZR 346/08, NJW-RR 2010, 1683 Rn. 9; Urteil vom 25. Mai 2010 - VI ZR 205/09, BGHZ 185, 378 Rn. 9).
2c. Die Pflicht, Vermögensinteressen eines anderen wahrzunehmen, kann durch ein Rechtsgeschäft zwischen dem Verpflichteten und einem Dritten begründet werden (im Anschluss an BGH, Urteil vom 23. März 2000 - 4 StR 19/00, NStZ 2000, 375, 376).
3. Zur Vermögensbetreuungspflicht eines (IATA-)Vertriebsagenten gegenüber einer Fluggesellschaft hinsichtlich der durch den Agenten eingezogenen Entgelte für die von ihm vertriebenen Flugscheine (vgl. BGH, Urteile vom 27. Juni 2005 - II ZR 113/03, NZG 2005, 755 f.; vom 21. Dezember 1973 - IV ZR 158/72, BGHZ 62, 71, 80).
Urteil vom 24. April 2018 - VI ZR 250/17
 

ZPO § 149
§ 149 Abs. 1 ZPO ermöglicht die Aussetzung eines Zivilverfahrens auch dann, wenn bereits vor dem Zivilverfahren an anderer Stelle der Verdacht einer Straftat besteht und im Hinblick auf diesen ausgesetzt werden soll.
Beschluss vom 24. April 2018 - VI ZB 52/16


ZPO § 234 A
Eine Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist kann den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör verletzen und die Zulassung der Rechtsbeschwerde begründen.
Beschluss vom 24. April 2018 - VI ZB 48/17
 

BGB § 830, § 833
a) Der Anwendungsbereich der Vorschrift des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB ist nicht auf die Verschuldenshaftung beschränkt, sondern erfasst auch die Gefährdungshaftung, insbesondere die Tierhalterhaftung nach § 833 BGB (Fortführung Senatsurteil vom 15. Dezember 1970 - VI ZR 121/69, BGHZ 55, 96, 98 ff.).
b) "Beteiligter" im Sinne von § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB ist nur derjenige, dessen Tatbeitrag zu einer rechtswidrigen Gefährdung der Schutzsphäre des Betroffenen geführt hat und zur Herbeiführung der eingetretenen Verletzung geeignet war (Fortführung Senatsurteil vom 20. Juni 1989 - VI ZR 320/88, NJW 1989, 2943, 2944). Im Falle der Gefährdungshaftung bedarf es hierzu einer konkreten Gefährdung des Betroffenen, die geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen.
c) Im Falle der Tierhalterhaftung nach § 833 Satz 1 BGB ist für die Anwendung von § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB Voraussetzung, dass sich in dem Verhalten aller als Schadensverursacher infrage kommenden Tiere eine spezifische Tiergefahr gezeigt hat und dass diese spezifische Tiergefahr im Hinblick auf den eingetretenen Schaden kausalitätsgeeignet war.
Urteil vom 24. April 2018 - VI ZR 25/17


BGB § 280, § 823 I; GG Art. 103 Abs. 1
Zur unterlassenen Berücksichtigung von durch eine Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift belegten Parteivortrag.
Beschluss vom 17. April 2018 - VI ZR 140/17
 

ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1; RVG-VV Nr. 3201
Zur Ersatzfähigkeit der dem Berufungsbeklagten entstandenen Rechtsanwaltskosten, wenn die anwaltliche Tätigkeit (Antrag auf Zurückweisung der Berufung) in Unkenntnis der zwischenzeitlich erfolgten Berufungsrücknahme erfolgt (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 25. Februar 2016 - III ZB 66/15, BGHZ 209, 120).
Beschluss vom 10. April 2018 - VI ZB 70/16


ZPO § 233, § 234 Abs. 1, § 236 Abs. 2
Ein Rechtsanwalt muss allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall, z.B. durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen treffen (Anschluss an Senatsbeschluss vom 6. März 1990 - VI ZB 4/90, VersR 1990, 1026).
Beschluss vom 10. April 2018 - VI ZB 44/16


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 7
Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots, die im Prozess- recht keine Stütze hat, verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG (Fortführung BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2015 - VI ZR 355/14, NJW 2016, 641).
Beschluss vom 10. April 2018 - VI ZR 378/17


GG Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 12; BGB § 823 Ah, § 824; MRK Art. 8 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1
a) Maßgeblich für die Ermittlung des Informationsgehalts einer Filmberichterstattung ist der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittsrezipienten hat. Dabei ist unter Berücksichtigung der Eigengesetzlichkeiten des Übermittlungsmediums auf den Gesamtgehalt der Berichterstattung abzustellen. Das Bild darf in seiner Bedeutung für eine Erweiterung des Aussagegehalts über das gesprochene Wort hinaus nicht überinterpretiert werden. Für eine texterweiternde oder - einengende Sinngebung bedarf es einer deutlich in diese Richtung weisenden besonderen Heraushebung des Bildes als eigenständigen Informationsträgers.
b) Die Verbreitung nicht genehmigter Filmaufnahmen über Betriebsinterna, zu denen auch die Produktionsbedingungen gehören, stellt grundsätzlich einen betriebsbezogenen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbe-betrieb dar.
c) Die Veröffentlichung rechtswidrig beschaffter oder erlangter Informationen ist vom Schutz der Meinungsfreiheit umfasst.
d) Werden rechtswidrig erlangte Informationen zum Zwecke der Berichterstattung verwertet, kommt es bei der Abwägung des von der Presse verfolgten Informationsinteresses der Öffentlichkeit und ihres Rechts auf Meinungsfreiheit mit den Interessen des Betroffenen maßgeblich auf den Zweck der beanstandeten Äußerung und auf das Mittel an, mit dem der Zweck verfolgt wird.
e) Zur Abwägung in einer Fallgestaltung, in der sich der Publizierende die Informationen nicht selbst durch vorsätzlichen Rechtsbruch verschafft hat, um sie anschließend zu verwerten, sondern aus dem erkannten Rechtsbruch lediglich Nutzen gezogen hat.
Urteil vom 10. April 2018 - VI ZR 396/16
Pressemitteilung 72/18


VVG § 78 Abs. 1 und 2, § 86 Abs. 1
a) Ist das identische Interesse gegen die identische Gefahr mehrfach haftpflichtversichert, liegt ein Fall des § 78 Abs. 1 Alt. 2 VVG vor, der zu einem Innenausgleich zwischen den Haftpflichtversicherern führt. Dies gilt auch dann, wenn sich die Mehrfachversicherung nur für eine Schnittmenge bestimmter Tätigkeiten (hier: ambulante Vorbereitungsmaßnahmen eines Arztes in niedergelassener Tätigkeit für eine spätere stationäre operative Behandlung als Honorararzt) ergibt (Teilidentität von Interesse und Gefahr).
b) Der Innenausgleich zwischen den Versicherern gemäß § 78 Abs. 1 und 2 VVG hat grundsätzlich Vorrang vor einem Regress gegen den Versicherten nach § 86 Abs. 1 VVG.
Urteil vom 13. März 2018 - VI ZR 151/17


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 7
Zum Vorliegen eines Gehörsverstoßes bei fehlender inhaltlicher Auseinandersetzung mit zentralem Vortrag einer Partei trotz dessen Wiedergabe im Rahmen der tatbestandlichen Feststellungen.
Beschluss vom 13. März 2018 - VI ZR 281/16


LGG SL § 28 Satz 1; BGB § 823 Abs. 2 (Bf), § 1004; AGG § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3, § 19 Abs. 1, § 21 Abs. 1; GG Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1, Art. 3
Es besteht kein gesetzlicher Anspruch darauf, in Vordrucken und Formularen nicht mit Personenbezeichnungen erfasst zu werden, deren grammatisches Geschlecht vom eigenen natürlichen Geschlecht abweicht. Nach dem allgemein üblichen Sprachgebrauch und Sprachverständnis kann der Bedeutungsgehalt einer grammatisch männlichen Personenbezeichnung jedes natürliche Geschlecht umfassen ("generisches Maskulinum").
Urteil vom 13. März 2018 - VI ZR 143/17
Pressemitteilung 48/18


BGB §§ 1004, 823 Abs. 2 (Bf.); KUG § 22
Die Grundsätze über das fehlende Rechtsschutzbedürfnis von gesonderten Ehrenschutzklagen gegen Parteivorbringen in zivilgerichtlichen Verfahren können für Abwehransprüche gegen die Vorlage von Personen zeigenden Lichtbildern zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Ansatz entsprechend herangezogen werden. Dabei ist der besonderen Bedeutung des Rechts am eigenen Bild als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Rechnung zu tragen und für Bilder aus dem Bereich der Privatsphäre ein besonders enger sachlicher Bezug zum Ausgangsverfahren zu fordern. Über etwaige Beweisverwertungsverbote ist grundsätzlich im Ausgangsverfahren zu entscheiden (Weiterführung von Senat, Urteil vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07, NJW 2008, 996).
Urteil vom 27. Februar 2018 - VI ZR 86/16



BGB § 823 Abs. 1 (L), HGB § 353 Satz 1
Eine Geldschuld aus unerlaubter Handlung ist nicht gemäß § 353 Satz 1 HGB ab Fälligkeit zu verzinsen, auch wenn sie im Zusammenhang mit einem beiderseitigen Handelsgeschäft entstanden ist.
Urteil vom 27. Februar 2018 - VI ZR 121/17


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 840 Abs. 2 Satz 2; StGB § 288
Zur Pflicht des Gerichts, tatsächliche und rechtliche Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (hier: zum Bestehen von Vergütungsansprüchen eines "faktischen Geschäftsführers").
Beschluss vom 27. Februar 2018 - VI ZR 156/17


BGB § 242 (Cd), PflVG § 3 Nr. 1 (alt)
Wird nach einem von zwei Mittätern begangenen Fahrzeugdiebstahl (hier: Diebstahl eines Motorrollers) der eine Täter als Beifahrer des entwendeten Fahrzeugs bei einem vom anderen Täter als Fahrer verursachten Verkehrsunfall verletzt, so ist der verletzte Täter nach § 242 BGB (unzulässige Rechtsausübung) daran gehindert, den ihm gegen den fahrenden Mittäter zustehenden Schadensersatzanspruch gemäß § 3 Nr. 1 PflVG aF direkt gegenüber dem Kfz-Haftpflichtversicherer des bestohlenen Halters geltend zu machen.
Urteil vom 27. Februar 2018 - VI ZR 109/17


BGB §§ 823 Abs. 2 Ah, Bf, 1004; BDSG §§ 4 Abs. 1, 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2
Zur Prüfungspflicht des Betreibers einer Internet-Suchmaschine bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen.
Urteil vom 27. Februar 2018 - VI ZR 489/16
Pressemitteilung 39/18
 

BDSG § 4 Abs. 1, § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; BGB § 823 Abs. 2 Bf, BGB § 1004 analog; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 1; EMRK Art. 8 Abs. 1, Art. 10
Zur Zulässigkeit der Erhebung, Speicherung und Übermittlung von personenbezogenen Daten im Rahmen eines Arztsuche- und Arztbewertungsportals im Internet (www.jameda.de), wenn der Portalbetreiber seine Stellung als "neutraler" Informationsmittler verlässt.
Urteil vom 20. Februar 2018 - VI ZR 30/17
Pressemitteilung 34/18


ZPO § 85 Abs. 2, § 233 (B, Ff)
Ein Rechtsanwalt darf regelmäßig erwarten, dass einem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist entsprochen wird, wenn er einen erheblichen Grund vorträgt. Demgemäß besteht keine Verpflichtung, sich innerhalb des Laufs der Berufungsbegründungsfrist beim Gericht zu erkundigen, ob der Verlängerungsantrag rechtzeitig eingegangen ist und ob ihm stattgegeben werde (Anschluss Senatsbeschluss vom 30. Mai 2017 - VI ZB 54/16, NJW-RR 2017, 1532 Rn. 12 mwN).
Beschluss vom 20. Februar 2018 - VI ZB 47/17


KUG §§ 22, 23; BGB §§ 823 Abs. 1 Ah, 1004 Abs. 1
Zur Zulässigkeit einer ohne Einwilligung erfolgten Veröffentlichung von Fotos, die ein ehemaliges Staatsoberhaupt nach einem Großeinkauf auf dem Parkplatz eines Supermarktes zeigen.
Urteil vom 6. Februar 2018 - VI ZR 76/17
Pressemitteilung 24/18


BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Gb
a) Der vorübergehende Entzug der Gebrauchsmöglichkeit eines Motorrads, das dem Geschädigten als einziges Kraftfahrzeug zur Verfügung steht und nicht reinen Freizeitzwecken dient, stellt einen Vermögensschaden dar und kann einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung begründen.
b) Der Umstand, dass der Geschädigte das Motorrad nur bei günstigen Witterungsbedingungen nutzt, spielt erst im Rahmen der konkreten Schadensbetrachtung bei der Frage eine Rolle, ob der Geschädigte - auch im Hinblick auf die Wetterlage - zur Nutzung willens und in der Lage war.
Urteil vom 23. Januar 2018 - VI ZR 57/17


BGB § 823 Abs. 2 (Bf.); ZAG a.F. § 8 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1 Nr. 5
a) Erlaubnispflichtige Zahlungsdienste als Zahlungsinstitut erbringt nur derjenige, der "als Unternehmen" handeln will (Anschluss an BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2015 - 5 StR 189/15).
b) "Als Unternehmen" handelt nur, wer sein Unternehmen auf eigene Gefahr und Kosten selbständig leitet.
Urteil vom 16. Januar 2018 - VI ZR 474/16


BGB § 823 Ah
Zu der zutreffenden Sinndeutung einer Äußerung und zu den Voraussetzungen eines Eingriffs in das Unternehmerpersönlichkeitsrecht, wenn lediglich Teile einer komplexen Gesamtaussage angegriffen werden (hier: Meinungsäußerung im Rahmen eines Gesellschafterstreits).
Urteil vom 16. Januar 2018 - VI ZR 498/16
 

ZPO § 286 E; GG Art. 103 Abs. 1
a) Der Tatrichter darf, wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde auszuweisen vermag. Zudem muss der Tatrichter, wenn er bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen (im Anschluss an Senat, Beschlüsse vom 8. März 2016 - VI ZR 243/14, juris Rn. 12; vom 13. Januar 2015 - VI ZR 204/14, NJW 2015, 1311 Rn. 5).
b) Dies gilt auch, wenn der Tatrichter auf ein Sachverständigengutachten verzichten will, weil er es auf der Grundlage eigener Sachkunde für ungeeignet hält (im Anschluss an Senat, Urteil vom 6. November 1984 - VI ZR 26/83, VersR 1985, 86).
Beschluss vom 9. Januar 2018 - VI ZR 106/17


ZPO § 511; BGB § 249 (Hd)
a) Eine nur beschränkte Zulassung der Berufung ist unter denselben Voraussetzungen wie die beschränkte Zulassung der Revision zulässig (Anschluss BGH, Beschluss vom 2. Juli 2009 - V ZB 40/09, NJW-RR 2009, 1431 Rn. 10).
b) Der Berechnung des für die ersatzfähigen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten maßgeblichen Gegenstandswerts ist auch dann nur die letztlich objektiv berechtigte Schadensersatzforderung zugrunde zu legen, wenn der Geschädigte die Reparaturkosten fiktiv auf der Grundlage eines von ihm eingeholten Gutachtens abrechnet und ihn der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer sodann mit Erfolg auf eine ohne weiteres zugängliche, günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit verweist (Fortführung Senatsurteil vom 5. Dezember 2017 - VI ZR 24/17 Rn. 5 ff.).
c) Unerheblich ist insoweit, ob der Verweis vor oder nach der Beauftragung des Rechtsanwalts oder Geltendmachung des Anspruchs erfolgt und ob der Geschädigte im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts davon ausgegangen ist und ausgehen durfte, seine Hauptforderung sei zu einem höheren als dem später festgestellten oder unstreitig gewordenen Betrag begründet (Fortführung Senatsurteil vom 5. Dezember 2017 - VI ZR 24/17 Rn. 5 ff.).
Urteil vom 9. Januar 2018 - VI ZR 82/17


BGB § 249 Bb
Die Ersatzfähigkeit eines Rückstufungsschadens in der Kfz-Kaskoversicherung kann nicht mit der Begründung verneint werden, dass dieser nur im Hinblick auf den eigenen Haftungsanteil des Geschädigten eingetreten sei, denn der Nachteil der effektiven Prämienerhöhung tritt - unabhängig von der Regulierungshöhe - allein dadurch ein, dass Versicherungsleistungen in der Kaskoversicherung in Anspruch genommen werden.
Kommt es hierzu durch ein Ereignis, das teils vom Schädiger, teils vom Versicherungsnehmer zu vertreten ist, so ist der Schaden wie jeder andere nach den hierfür geltenden Regeln zu teilen (Bestätigung des Senatsurteils vom 18. Januar 1966 - VI ZR 147/64, BGHZ 44, 382, 387).
Urteil vom 19. Dezember 2017 - VI ZR 577/16


BGB § 254 Abs. 1 F
a) Handeln die Schädiger als Mittäter oder Gehilfen, sind im Rahmen der Prüfung eines Mitverschuldens des Geschädigten gemäß § 254 BGB ihre Verursachungs- und Schuldbeiträge in einer Gesamtschau dem Beitrag des Geschädigten gegenüberzustellen (Fortführung von Senat, Urteil vom 16. Juni 1959 - VI ZR 95/58, BGHZ 30, 203, 206; im Anschluss an BGH, Versäumnisurteil vom 10. November 2016 - III ZR 235/15, BGHZ 213, 1 Rn. 46).
b) Bei einer Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 Abs. 1 StGB und direktem Schädigungsvorsatz kommt die anspruchsmindernde Berücksichtigung eines fahrlässigen Verhaltens des Geschädigten nicht in Betracht (Fortführung von BGH, Versäumnisurteil vom 10. November 2016 - III ZR 235/15, BGHZ 213, 1 Rn. 42; Urteil vom 9. Oktober 1991 - VIII ZR 19/91, NJW 1992, 310, 311).
Urteil vom 19. Dezember 2017 - VI ZR 128/16


ZPO § 85 Abs. 2, § 233 Satz 1 B, Ff, § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3
Der Rechtsmittelführer ist nur solange als an der fristgemäßen Einreichung der Rechtsmittelbegründung gehindert anzusehen, wie ihm die Prozessakten trotz eines rechtzeitigen Akteneinsichtsgesuchs nicht oder nicht vollständig zur Verfügung stehen. Ein Antrag auf Akteneinsicht ist in diesem Zusammenhang nicht schon deshalb als rechtzeitig gestellt anzusehen, weil er (gerade) noch vor Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist bei Gericht eingegangen ist (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 17. Januar 2012 - VIII ZB 95/11, WuM 2012, 159 Rn. 7 f.; vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 10/04, NJW-RR 2005, 143, 144 unter II. A. 1).
Beschluss vom 12. Dezember 2017 - VI ZB 24/17


BGB § 249 Abs. 2 Satz 1
a) Dem Anspruch des Geschädigten auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht.
b) Verlangt der Geschädigte vom Schädiger im Rahmen seiner ihm durch § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB eingeräumten Ersetzungsbefugnis den Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) für ein beschädigtes Fahrzeug, dann richtet sich der für den Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten maßgebliche Gegenstandswert nach dem Wiederbeschaffungsaufwand und nicht nach dem ungekürzten Wiederbeschaffungswert (Bestätigung Senatsurteil vom 18. Juli 2017 - VI ZR 465/16, VersR 2017, 1282).
Urteil vom 12. Dezember 2017 - VI ZR 611/16


BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Gb
a) Dem Anspruch des Geschädigten auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (Senatsurteil vom 18. Juli 2017 - VI ZR 465/16, VersR 2017, 1282 Rn. 7). Abzustellen ist dabei auf die letztlich festgestellte oder unstreitig gewordene Schadenshöhe (Senatsurteile vom 11. Juli 2017 - VI ZR 90/17, VersR 2017, 1155 Rn. 19; vom 18. Januar 2005 - VI ZR 73/04 VersR 2005, 558, 559 f.).
b) Auf den für den Ersatzanspruch maßgeblichen Gegenstandswert hat es keinen werterhöhenden Einfluss, dass der Geschädigte im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts noch davon ausgegangen ist, seine Hauptforderung sei zu einem höheren als dem später festgestellten oder unstreitig gewordenen Betrag begründet.
Urteil vom 5. Dezember 2017 - VI ZR 24/17


BGB § 839 E; ZPO § 301 Abs. 1, § 538 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7
Wird eine Amtshaftungsklage (hier: gegen einen beamteten Oberarzt einer Universitätsklinik) wegen desselben Schadens mit der Klage gegen einen Dritten (hier: die Universitätsklinik) verbunden und ist die Frage, ob diesen eine Ersatzpflicht trifft, noch nicht entscheidungsreif, darf die Amtshaftungsklage nicht mit dem Hinweis auf die noch nicht geklärte Ersatzpflicht des (einfachen) Streitgenossen durch Teilurteil abgewiesen werden, weil die Entscheidung hierüber für den durch Teilurteil entschiedenen Amtshaftungsanspruch präjudiziell ist (Bestätigung Senatsurteil vom 17. Februar 2004 - VI ZR 39/03, VersR 2004, 785).
Urteil vom 21. November 2017 - VI ZR 436/16


Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 (= Brüssel Ia-VO) Art. 63 Abs. 1 lit. a
Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (= Brüssel I-VO) Art. 60 Abs. 1 lit. a
Der Begriff des satzungsmäßigen Sitzes i.S.d. Art. 63 Abs. 1 lit. a EuGVVO nF/Art. 60 Abs. 1 lit. a EuGVVO aF setzt keine Verwaltungs- oder Geschäftstätigkeit am Ort des Satzungssitzes voraus. Es bedarf keines über den Registertatbestand hinausgehenden realwirtschaftlichen Bezugs (Fortführung von BGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - II ZR 28/10, BGHZ 190, 242 Rn. 19 ff.).
Urteil vom 14. November 2017 - VI ZR 73/17


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 7; BGB § 249
a) Wendet sich der bei einem Unfall Verletzte einem anderen Beruf zu und beeinflusst hierdurch die Schadensentwicklung, so kann eine Ausgrenzung späterer Schadensfolgen aus dem vom Schädiger zu verantwortenden Gefahrenbereich unter der Voraussetzung in Betracht kommen, dass die Änderung des beruflichen Lebensweges von einer eigenständigen Entscheidung des Verletzten derart geprägt war, dass der Unfall für diese Entwicklung nur noch den äußeren Anlass darstellte.
b) An der geforderten klaren Zäsur durch eine eigenverantwortliche Entscheidung des Verletzten fehlt es, wenn der Verletzte eine Aufhebungsvereinbarung schließt, weil ihm die von seinem Arbeitgeber im Rahmen einer betrieblichen Umstrukturierung angebotene neue, vom bisherigen Einsatzort weit entfernte und zudem mit dem Erfordernis internationaler Dienstreisen verbundene Einsatzmöglichkeit unter Berücksichtigung aller Umstände nicht zumutbar ist, und nach dem Auffinden einer adäquaten anderen Arbeitsstelle auch im Interesse des Schädigers ein ansonsten zu befürchtender Verlust des Arbeitsplatzes durch eine im weiteren Verlauf absehbare betriebsbedingte Kündigung vermieden werden soll.
c) Nach dem Grundprinzip der Beweislastverteilung hat nicht der Geschädigte, sondern der Schädiger darzulegen und zu beweisen, dass die Voraussetzungen einer Zäsur vorliegen, die einen zunächst bestehenden Zurechnungszusammenhang für die Zukunft wieder entfallen lassen.
Beschluss vom 14. November 2017 - VI ZR 92/17


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 7
Das Gericht verletzt den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG, wenn es bei seiner Annahme, ein Behandlungsfehler sei nicht als grober Fehler anzusehen, von der Partei vorgetragene, für die Bewertung des Behandlungsgeschehens erhebliche Umstände übergeht (hier: Vortrag dahin, der Fehler beruhe auf einem Organisations- bzw. Übertragungsfehler, nicht auf einer Abwägung der Chancen und Risiken der unterbliebenen Befundung).
Beschluss vom 7. November 2017 - VI ZR 173/17


BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 (Ga); ZPO § 287
a) Für die Schätzung der für die Begutachtung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs erforderlichen Sachverständigenkosten können geeignete Listen oder Tabellen Verwendung finden. Wenn das Gericht berechtigte Zweifel an der Eignung einer Liste hat, kann sein Ermessen hinsichtlich deren Verwendung beschränkt sein und es muss gegebenenfalls die Heranziehung einer Liste ablehnen. Der Tatrichter ist gehalten, solche Listen oder Schätzgrundlagen einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen (Fortführung Senatsurteil vom 12. April 2011 - VI ZR 300/09, VersR 2011, 769 Rn. 17).
b) Das Ergebnis der BVSK-Honorarbefragung 2011 ist als Schätzgrundlage für die Ermittlung der erforderlichen Nebenkosten des Privatsachverständigen nicht geeignet, denn die Befragung ist auf der Grundlage unklarer Vorgaben zu den Nebenkosten durchgeführt worden.
Urteil vom 24. Oktober 2017 - VI ZR 61/17


BGB §§ 134, 249 (A), 305c, 307 (Bg), 398, 823 (Ac); StVG §§ 7, 18; RDG §§ 1, 2, 3, 5
(Parallelsache zu VI ZR 504/16)
Urteil vom 24. Oktober 2017 - VI ZR 514/16


BGB §§ 134, 249 (A), 305c, 307 (Bg), 398, 823 (Ac); StVG §§ 7, 18; RDG §§ 1, 2, 3, 5
(Parallelsache zu VI ZR 504/16)
Urteil vom 24. Oktober 2017 - VI ZR 515/16


BGB §§ 134, 249 (A), 305c, 307 (Bg), 398, 823 (Ac); StVG §§ 7, 18; RDG §§ 1, 2, 3, 5
a) Übernimmt ein Kfz-Sachverständiger mit der Erstellung von Schadensgutachten zugleich die Einziehung des vom jeweiligen Geschädigten an ihn abgetretenen Schadensersatzanspruchs auf Erstattung der Sachverständigenkosten, so liegt in der Einziehung dieser Schadensersatzansprüche kein eigenständiges Geschäft im Sinne von § 2 Abs. 2 RDG. Wie häufig der Sachverständige entsprechend verfährt, ist nicht erheblich.
b) Stellt die Geltendmachung der an den Sachverständigen abgetretenen Forderung auf Ersatz der Sachverständigenkosten durch den Sachverständigen eine Rechtsdienstleistung nach § 2 Abs. 1 RDG dar, so ist sie nach § 5 Abs.1 RDG grundsätzlich erlaubt, wenn allein die Höhe der Forderung im Streit steht (Fortführung Senatsurteil vom 31. Januar 2012 - VI ZR 143/11, BGHZ 192, 270 Rn. 7 ff.).
c) Ansatzpunkt für die bei einem Formularvertrag gebotene objektive, nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierenden Auslegung ist in erster Linie der Vertragswortlaut (Anschluss BGH, Urteil vom 20. Januar 2016 - VIII ZR 152/15, NJW-RR 2016, 526 Rn. 18).
d) Zu § 305c Abs. 2 BGB.
Urteil vom 24. Oktober 2017 - VI ZR 504/16


EGZPO § 26 Nr. 8
Zur Bemessung des Wertes der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer.
Beschluss vom 19. Oktober 2017 - VI ZR 19/17


BGB §§ 134, 249 (A), 305c, 307 (Bg), 398, 823 (Ac); StVG §§ 7, 18; RDG §§ 1, 2, 3, 5
a) Übernimmt ein Kfz-Sachverständiger mit der Erstellung von Schadensgutachten zugleich die Einziehung des vom jeweiligen Geschädigten an ihn abgetretenen Schadensersatzanspruchs auf Erstattung der Sachverständigenkosten, so liegt in der Einziehung dieser Schadensersatzansprüche kein eigenständiges Geschäft im Sinne von § 2 Abs. 2 RDG. Wie häufig der Sachverständige entsprechend verfährt, ist nicht erheblich.
b) Stellt die Geltendmachung der an den Sachverständigen abgetretenen Forderung auf Ersatz der Sachverständigenkosten durch den Sachverständigen eine Rechtsdienstleistung nach § 2 Abs. 1 RDG dar, so ist sie nach § 5 Abs.1 RDG grundsätzlich erlaubt, wenn allein die Höhe der Forderung im Streit steht (Fortführung Senatsurteil vom 31. Januar 2012 - VI ZR 143/11, BGHZ 192, 270 Rn. 7 ff.).
c) Ansatzpunkt für die bei einem Formularvertrag gebotene objektive, nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung ist in erster Linie der Vertragswortlaut (Anschluss BGH, Urteil vom 20. Januar 2016 - VIII ZR 152/15, NJW-RR 2016, 526 Rn. 18).
d) Zu § 305c Abs. 2 BGB.
Urteil vom 17. Oktober 2017 - VI ZR 527/16


BGB § 242 Cd, § 422 Abs. 1 Satz 1, §§ 426, 430; § 823 A; StVG § 7 Abs. 1, § 11 Satz 1; SGB X § 116 Abs. 1, Abs. 6; ZPO § 256 Abs. 1
a) Der durch einen Verkehrsunfall Geschädigte ist einem angehörigen Schädiger, mit dem er in häuslicher Gemeinschaft lebt, und dessen Haftpflichtversicherer gegenüber grundsätzlich auch insoweit aktivlegitimiert, als er Schadensersatzleistungen verlangt, die mit den ihm vom Sozialversicherungsträger zu erbringenden Sozialleistungen kongruent sind. Ein Verlust der Aktivlegitimation durch Übergang seiner diesbezüglichen Forderung auf den Sozialversicherungsträger gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist aufgrund des Familienprivilegs des § 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X ausgeschlossen (Senatsurteil vom 28. November 2000 - VI ZR 352/99, BGHZ 146, 108). Eine Übertragung des Regelungsinhalts des § 86 Abs. 3 VVG auf § 116 Abs. 6 SGB X im Wege der Auslegung oder Analogie scheidet aus.
b) Haftet aufgrund des Verkehrsunfalls neben dem angehörigen Schädiger ein Fremdschädiger für denselben kongruenten Schaden, so entstehen infolge der Regelungen des § 116 Abs. 1 und Abs. 6 SGB X verschiedene Schuldverhältnisse, auf die die Regelungen der §§ 422 Abs. 1 Satz 1, 426, 430 BGB entsprechend anwendbar sind.
c) In dieser besonderen Fallgestaltung ist der Anspruch des Geschädigten gegen den angehörigen Schädiger bzw. dessen Versicherer gemäß § 242 BGB auf das beschränkt, was er bei einem Erhalt der Leistungen von Seiten des angehörigen Schädigers analog § 430 BGB im Verhältnis zum Sozialversicherungsträger behalten dürfte.
d) Jedenfalls in Fällen, in denen die Verletzung eines durch § 823 Abs. 1 BGB oder § 7 Abs. 1 StVG geschützten Rechtsguts und darüber hinaus ein daraus resultierender Vermögensschaden bereits eingetreten sind, ist die Begründetheit einer Klage, die auf die Feststellung der Ersatzpflicht für weitere, künftige Schäden gerichtet ist, nicht von der Wahrscheinlichkeit des Eintritts dieser Schäden abhängig.
Urteil vom 17. Oktober 2017 - VI ZR 423/16


SGB VII § 110 Abs. 1
Die Bundesagentur für Arbeit als Trägerin der Arbeitslosenversicherung ist nicht Sozialversicherungsträger im Sinne von § 110 Abs. 1 Satz 1 SGB VII.
Urteil vom 17. Oktober 2017 - VI ZR 477/16


ZPO § 494a
Der Antragsteller eines selbständigen Beweisverfahrens kann die ihm hieraus entstandenen Kosten jedenfalls solange im Wege der Leistungsklage und gestützt auf seinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch geltend machen, wie ein Hauptsacheverfahren im Sinne des § 494a ZPO - und sei es auch nur in Gestalt einer Feststellungsklage - nicht geführt wurde oder geführt wird und auch ein Antrag nach § 494a Abs. 1 ZPO nicht gestellt ist.
Urteil vom 10. Oktober 2017 - VI ZR 520/16


KWG § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 und Nr. 1a
a) Eine Anlageberatung wird nicht erbracht, wenn (nur) eine Finanzportfolioverwaltung empfohlen wird, ohne dass dabei auch auf bestimmte Finanzinstrumente hingewiesen wird.
b) Eine Anlagevermittlung wird nicht erbracht, wenn sich die Vermittlung nur auf den Abschluss eines Portfolioverwaltungsvertrags bezieht. Ein solcher Vertrag ist kein Geschäft über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten im Sinne von § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG.
Urteil vom 10. Oktober 2017 - VI ZR 556/14


BGB § 280, § 823 I; GG Art. 103 Abs. 1
Zum Grundsatz der Subsidiarität im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren.
Beschluss vom 26. September 2017 - VI ZR 81/17


BGB § 280, § 823 I; GG Art. 103 Abs. 1
Zu Verbrennungen des Patienten durch atypischen Stromfluss bei der Verwendung eines Hochfrequenzgeräts.
Beschluss vom 26. September 2017 - VI ZR 529/16
 

ZPO § 233
Zu den Pflichten des unzuständigen Gerichts bei Eingang eines fristgebundenen Schriftsatzes.
Beschluss vom 19. September 2017 - VI ZB 37/16


ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2
Wenn nach den Umständen des Einzelfalls feststeht, dass für die Beauftragung eines eigenen Rechtsanwalts durch einen Streitgenossen kein sachlicher Grund besteht und sie mithin rechtsmissbräuchlich ist, sind die dadurch verursachten Kosten nicht notwendig im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO und damit nicht erstattungsfähig.
So kann es liegen, wenn ein beklagter Rechtsanwalt, der zugleich Gesellschafter und Geschäftsführer einer mitbeklagten Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist und diese vertritt, sich selbst (ausschließlich) durch eine in seiner Kanzlei tätige Rechtsanwältin vertreten lässt.
Beschluss vom 19. September 2017 - VI ZB 72/16


SGB VII § 104 Abs. 1 Satz 1, § 105 Abs. 1 Satz 1, § 110 Abs. 1 Satz 1, § 136 Abs. 3 Nr. 1 n.F.
Zur Unternehmereigenschaft eines Kommanditisten, der zugleich Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft ist.
Beschluss vom 19. September 2017 - VI ZR 497/16


ZPO § 85 Abs. 2, § 233 S. 1 (Fc), § 520 Abs. 2
Ist die Berufungsbegründungsfrist errechnet und befindet sich in den Handakten ein Vermerk über die Notierung der Frist im Fristenbuch, kann sich der Rechtsanwalt grundsätzlich auf die Prüfung des Erledigungsvermerks in der Handakte beschränken und braucht nicht noch zu überprüfen, ob das Fristende auch tatsächlich im Fristenkalender eingetragen ist, außer es drängen sich an der Richtigkeit Zweifel auf (Beibehaltung von BGH, Beschluss vom 22. Januar 2008 - VI ZB 46/07).
Beschluss vom 19. September 2017 - VI ZB 40/16


BGB § 252; ZPO § 287
Zu den im Rahmen der Bemessung des Erwerbsschadens an die Darlegung der hypothetischen Entwicklung des Geschäftsbetriebs eines Selbständigen (hier: Zahnarztpraxis) zu stellenden Anforderungen.
Urteil vom 19. September 2017 - VI ZR 530/16


ZPO § 233 Ff
a) Der Prozessbevollmächtigte ist verpflichtet, einen Fristverlängerungsantrag darauf zu überprüfen, ob er an das zuständige Gericht adressiert ist.
b) Erteilt der Rechtsanwalt eine den Inhalt der Rechtsmittelschrift oder des Antrags auf Verlängerung der Rechtsmittelfrist betreffende Weisung im Vorfeld der Erstellung des Schriftsatzes, so entbindet ihn diese Anordnung regelmäßig nicht von seiner Pflicht, das ihm in der Folge vorgelegte Arbeitsergebnis vor der Unterzeichnung sorgfältig auf die richtige und vollständige Umsetzung der anwaltlichen Vorgaben zu überprüfen.
Beschluss vom 29. August 2017 - VI ZB 49/16


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 141 Abs. 1, § 529 Abs. 1 Nr. 1
Das Berufungsgericht muss eine in erster Instanz angehörte Partei nochmals anhören, wenn es deren Aussage anders würdigen will als die Vorinstanz. Trägt das Berufungsgericht dem nicht Rechnung, liegt darin ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG (Fortführung BGH, Beschluss vom 17. September 2013 - XI ZR 394/12, NZG 2013, 1436).
Beschluss vom 25. Juli 2017 - VI ZR 103/17


SGB VII § 113; BGB § 199 Abs. 1
Nach § 113 Satz 1 SGB VII gelten für die Verjährung der Ansprüche nach §§ 110 und 111 SGB VII die §§ 195, 199 Abs. 1 und 2 und § 203 BGB entsprechend mit der Maßgabe, dass die Frist von dem Tag an gerechnet wird, an dem die Leistungspflicht für den Unfallversicherungsträger bindend festgestellt oder ein entsprechendes Urteil rechtskräftig geworden ist.
Demnach hat stets eine taggenaue Berechnung der Verjährungsfrist - unabhängig von der Kenntnis oder grobfahrlässigen Unkenntnis des Gläubigers im Sinne von § 199 Abs. 1 BGB - ab der bindenden Feststellung der Leistungspflicht zu erfolgen.
(Fortführung von BGH, Urteil vom 8. Dezember 2015 - VI ZR 37/15)
Urteil vom 25. Juli 2017 - VI ZR 433/16


BGB §§ 195, 242 Be, 372, 812; HintG NRW §§ 4, 22 Abs. 3
Der Auskunftsanspruch aus § 242 BGB kann grundsätzlich nicht vor dem Hauptanspruch, dem er dient, verjähren.
Urteil vom 25. Juli 2017 - VI ZR 222/16


ZPO § 85 Abs. 2, § 233 Satz 1 B, Fe
Ein Prozessbevollmächtigter muss seine Partei darüber unterrichten, ob, in welchem Zeitraum, in welcher Weise und bei welchem Gericht gegen eine Entscheidung Rechtsmittel eingelegt werden kann (im Anschluss an Senat, Beschluss vom 9. Mai 1989 - VI ZB 12/89, juris Rn. 5; BGH, Beschlüsse vom 9. Februar 1977 - IV ZR 170/76, NJW 1977, 1198; vom 20. Mai 1981 - IVb ZB 524/81, VersR 1981, 850; vom 30. Mai 1985 - III ZB 10/85, VersR 1985, 768). Diese Unterrichtung erfordert eine richtige Belehrung über den Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 12. März 1969 - IV ZB 1061/68, VersR 1969, 635, 636; vom 9. Februar 1977 - IV ZR 170/76, NJW 1977, 1198).
Beschluss vom 18. Juli 2017 - VI ZR 52/16


BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Gb
a) Dem Anspruch des Geschädigten auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht.
b) Verlangt der Geschädigte vom Schädiger im Rahmen seiner ihm durch § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB eingeräumten Ersetzungsbefugnis den Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) für ein beschädigtes Fahrzeug, dann richtet sich der für den Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten maßgebliche Gegenstandswert nach dem Wiederbeschaffungsaufwand und nicht nach dem ungekürzten Wiederbeschaffungswert.
Urteil vom 18. Juli 2017 - VI ZR 465/16


BGB § 249 Hd; ZPO § 287; RVG §§ 14, 15
Allein der Umstand, dass bei der späteren Regulierung durch den Kaskoversicherer auch ein Quotenvorrecht des Geschädigten zu berücksichtigen sein kann, reicht nicht aus, um aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten die Erforderlichkeit der anwaltlichen Vertretung schon bei der ersten Kontaktaufnahme mit seinem Kaskoversicherer zu begründen (Fortführung von Senat, Urteile vom 18. Januar 2005 - VI ZR 73/04; 10. Januar 2006 - VI ZR 43/05 und 8. Mai 2012 - VI ZR 196/11).
Wird in einem solchen Fall eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt im späteren Verlauf erforderlich, führt die zu frühe Einschaltung des Rechtsanwalts - für sich genommen - nicht notwendig zu einem vollständigen Ausschluss des gemäß § 287 ZPO frei zu schätzenden Schadens wegen der Rechtsverfolgungskosten.
Im Falle einer quotenmäßigen Haftung des Schädigers sind diesem Rechtsverfolgungskosten, die dadurch entstehen, dass der Geschädigte seinen Kaskoversicherer nur im Hinblick auf den ihm selbst verbleibenden Schadensteil in Anspruch nimmt, nicht zuzurechnen.
Urteil vom 11. Juli 2017 - VI ZR 90/17


ZPO § 233 Fa
a) Der Rechtsanwalt genügt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeberichts zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist.
b) Die Kontrolle des Sendeberichts darf sich grundsätzlich nicht darauf beschränken, die auf diesem ausgedruckte Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen, etwa in den Schriftsatz eingefügten Faxnummer zu vergleichen. Vielmehr muss der Abgleich anhand einer zuverlässigen Quelle vorgenommen werden, aus der die Faxnummer des Gerichts hervorgeht, für das die Sendung bestimmt ist.
c) Der Rechtsanwalt hat seine organisatorischen Anweisungen klar und unmissverständlich zu formulieren.
Beschluss vom 27. Juni 2017 - VI ZB 32/16


BGB § 823 (Bf); KWG §§ 32, 54; StGB § 17
a) Hält der Täter des § 54 KWG seine Geschäfte für rechtlich zulässig und nicht erlaubnispflichtig, so unterliegt er aus strafrechtlicher Sicht einem Verbotsirrtum im Sinne des § 17 Abs. 1 StGB. Ist dieser unvermeidbar, so scheidet eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB aus (Fortführung Senatsurteil vom 16. Mai 2017 - VI ZR 266/16, noch nicht veröffentlicht).
b) Steht fest, dass eine ausreichende Erkundigung des einem Verbotsirrtum unterliegenden Täters bei der zuständigen Aufsichtsbehörde dessen Fehlvorstellung bestätigt hätte, so scheidet seine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem betreffenden Strafgesetz infolge eines unvermeidbaren Verbotsirrtums auch dann aus, wenn der Täter eine entsprechende Erkundigung nicht eingeholt hat (vgl. BGH, Urteil vom 7. April 2016 - 5 StR 332/15, NStZ 2016, 460, 462).
Urteil vom 27. Juni 2017 - VI ZR 424/16


ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 und 3
Ein Rechtsanwalt, der sich selbst und zugleich eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung vertritt, deren Geschäftsführer er ist, kann in dem ihn betreffendenden Kostenfestsetzungsverfahren Kosten für eine Rechtsanwältin aus seiner Kanzlei, die sich zusätzlich für ihn bestellt hat, nur geltend machen, wenn die zusätzliche Vertretung notwendig war (Bestätigung Senatsbeschluss vom 20. Januar 2004 - VI ZB 76/03, Rpfleger 2004, 314).
Im Falle der Insolvenz der Gesellschaft kann er nicht verlangen, so gestellt zu werden, als schulde er sich selbst gemäß § 7 Abs. 2 RVG im Innenverhältnis entfallende Gebühren und Auslagen (Fortentwicklung BGH, Beschluss vom 30. April 2003 - VIII ZB 100/02, NJW-RR 2003, 1217).
Beschluss vom 20. Juni 2017 - VI ZB 55/16



BGB § 823 Ai
Den Prozessgegner der für eine negative Tatsache beweisbelasteten Partei trifft eine sogenannte sekundäre Darlegungslast, deren Umfang sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet (Anschluss an BGH, Urteile vom 24. März 2010 - XII ZR 175/08, BGHZ 185, 1 Rn. 20 mwN; vom 29. November 2016 - X ZR 122/14, NZBau 2017, 176 Rn. 33).
Das gilt auch im Falle einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung. Der dem Kläger obliegende Beweis der fehlenden Berechtigung kann nur geführt werden, wenn der Verwarnende die Grundlagen für die Ausschließlichkeitsrechte darlegt, auf die er sich mit seiner Verwarnung gestützt hat.
Beschluss vom 20. Juni 2017 - VI ZR 505/16


BGB § 823 Abs. 1 Dc; FStrG § 18f
a) Wird dem zunächst Verkehrssicherungspflichtigen mittels einer hoheitlichen Maßnahme (hier: vorzeitige Besitzeinweisung gemäß § 18f FStrG) die tatsächliche Verfügungsgewalt über ein Grundstück gegen oder ohne seinen Willen entzogen und verbleibt bei ihm infolge dieses Entzugs nur noch eine rein formale Rechtsposition im Sinne einer vermögensrechtlichen Zuordnung (Eigentum), so reicht dies für die Begründung einer deliktischen Haftung für die von dem Grundstück ausgehende Gefahr nicht aus.
b) Es verbleibt in solchen Fällen auch kein Raum für eine reduzierte Verkehrssicherungspflicht in Form von Überwachungspflichten.
Urteil vom 13. Juni 2017 - VI ZR 395/16


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 397, § 402
a) Für die Frage, ob die Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung des von ihm erstatteten Gutachtens geboten ist, kommt es nicht darauf an, ob das Gericht noch Erläuterungsbedarf sieht oder ob ein solcher von einer Partei nachvollziehbar dargetan worden ist. Jede Partei hat einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann (§§ 397, 402 ZPO).
b) Hat das Erstgericht einem rechtzeitig gestellten Antrag auf Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens nicht entsprochen, so muss das Berufungsgericht dem im zweiten Rechtszug wiederholten Antrag stattgeben.
Beschluss vom 30. Mai 2017 - VI ZR 439/16


BGB § 823 Abs. 1 Aa
a) Die Entscheidung des Arztes für die Wahl einer nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode (hier: ganzheitliche Zahnmedizin) setzt eine sorgfältige und gewissenhafte medizinische Abwägung von Vor- und Nachteilen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und des Wohls des konkreten Patienten voraus.
b) Bei dieser Abwägung dürfen auch die Untersuchungs- und Behandlungsmöglichkeiten der Schulmedizin nicht aus dem Blick verloren werden.
c) Je schwerer und radikaler der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Patienten ist, desto höher sind die Anforderungen an die medizinische Vertretbarkeit der gewählten Behandlungsmethode.
Urteil vom 30. Mai 2017 - VI ZR 203/16


SGB VII § 106 Abs. 3, § 108
a) § 108 SGB VII räumt den Stellen, die für die Beurteilung sozialrechtlicher Fragen originär zuständig sind, hinsichtlich der Beurteilung bestimmter unfallversicherungsrechtlicher Vorfragen den Vorrang vor den Zivilgerichten ein. Diesen Vorrang haben die Zivilgerichte von Amts wegen zu berücksichtigen; er setzt der eigenen Sachprüfung - auch des Revisionsgerichts - Grenzen.
b) Dies gilt auch dann, wenn die Voraussetzungen einer sozialversicherungsrechtlichen Haftungsprivilegierung in der Person des in Anspruch genommenen Schädigers aus der uneingeschränkten Prüfungskompetenz der Zivilgerichte unterliegenden Gründen zwar nicht erfüllt sind, sich aber die Frage stellt, ob seine Haftung in Hinblick auf die Privilegierung eines weiteren Schädigers nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses beschränkt ist.
Urteil vom 30. Mai 2017 - VI ZR 501/16


ZPO § 85 Abs. 2, § 233 (Fd), § 234 (B)
a) Ein Rechtsanwalt darf regelmäßig erwarten, dass einem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist entsprochen wird, wenn er einen erheblichen Grund vorträgt. Demgemäß besteht keine Verpflichtung, sich innerhalb des Laufs der Berufungsbegründungsfrist beim Gericht zu erkundigen, ob der Verlängerungsantrag rechtzeitig eingegangen ist und ob ihm stattgegeben werde (Anschluss Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2007 - VI ZB 65/06, VersR 2008, 234 Rn. 9 ff. mwN).
b) Zu einer wirksamen Fristenkontrolle gehört die Anordnung, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages durch eine dazu beauftragte Bürokraft anhand des Fristenkalenders nochmals selbständig überprüft wird. Dabei ist, ggf. anhand der Akten, auch zu prüfen, ob die im Fristenkalender als erledigt gekennzeichneten Schriftsätze tatsächlich abgesandt worden sind (Anschluss Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2015 - VI ZB 15/15, NJW 2016, 873 Rn. 8 mwN).
Beschluss vom 30. Mai 2017 - VI ZB 54/16


BGB § 823 Abs. 1 (Ah), GG Art. 1, 2
Der Anspruch auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung ist grundsätzlich nicht vererblich. Dies gilt auch, wenn der Anspruch noch zu Lebzeiten des Geschädigten anhängig oder rechtshängig geworden ist (Fortführung von BGH, Urteil vom 29. April 2014 - VI ZR 246/12, BGHZ 201, 45 ff.).
Urteil vom 23. Mai 2017 - VI ZR 261/16


BGB § 249 (Hb)
Wählt der Eigentümer eines durch einen Verkehrsunfalls beschädigten Taxis den Weg der fiktiven Schadensabrechnung, sind, wenn ein Markt für die Ersatzbeschaffung eines Gebrauchtwagens mit Taxiausrüstung nicht existiert, die Umrüstung eines im Übrigen gleichwertigen Gebrauchtwagens zu einem Taxi jedoch mit verhältnismäßigem Aufwand möglich ist, die (fiktiven) Umrüstungskosten als zusätzlicher Rechnungsposten in die Ermittlung des Wiederbeschaffungswerts einzustellen und damit im Rahmen des Anspruchs des Geschädigten auf Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB) ersatzfähig.
Urteil vom 23. Mai 2017 - VI ZR 9/17


BGB § 823 Abs. 2 Be, Bf; KWG § 1 Abs. 1, § 32 Abs. 1, § 54 Abs. 1; StGB § 17 Satz 1
a) Ist das Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 Satz 1 StGB eine Strafnorm, so muss der Vorsatz nach strafrechtlichen Maßstäben beurteilt werden. Dies gilt auch, falls das verletzte Schutzgesetz selbst keine Strafnorm ist, seine Missachtung aber unter Strafe gestellt wird. Führt ein unvermeidbarer Verbotsirrtum gemäß § 17 Satz 1 StGB zur Schuldlosigkeit, so schließt dies auch eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB aus (Anschluss Senat, Urteile vom 15. Mai 2012 - VI ZR 166/11, NJW 2012, 3177; vom 10. Juli 1984 - VI ZR 222/82, NJW 1985, 134).
b) Hält der Täter des § 54 KWG seine Geschäfte für rechtlich zulässig und nicht erlaubnispflichtig, so stellt dies aus strafrechtlicher Sicht einen Verbotsirrtum (§ 17 StGB) dar (Anschluss Senat, Urteil vom 15. Mai 2012 - VI ZR 166/11, NJW 2012, 3177).
c) Zur Vermeidbarkeit eines Verbotsirrtums (§ 17 Satz 1 StGB) bei anwaltlicher Beratung.
Urteil vom 16. Mai 2017 - VI ZR 266/16


TMG § 12 Abs. 1 und 2, § 15 Abs. 1; § 3 Abs. 1 BDSG; Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. Nr. L 281 S. 31) Art. 2 Buchst. a, Art. 7 Buchst. f.
a) Die dynamische IP-Adresse, die von einem Anbieter von Online-Mediendiensten beim Zugriff einer Person auf eine Internetseite, die dieser Anbieter allgemein zugänglich macht, gespeichert wird, stellt für den Anbieter ein personenbezogenes Datum im Sinne des § 12 Abs. 1 und 2 TMG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 BDSG dar (Fortführung von EuGH NJW 2016, 3579).
b) § 15 Abs. 1 TMG ist entsprechend Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46 EG dahin auszulegen, dass ein Anbieter von Online-Mediendiensten personenbezogene Daten eines Nutzers dieser Dienste ohne dessen Einwilligung auch über das Ende eines Nutzungsvorgangs hinaus dann erheben und verwenden darf, soweit ihre Erhebung und ihre Verwendung erforderlich sind, um die generelle Funktionsfähigkeit der Dienste zu gewährleisten, wobei es allerdings einer Abwägung mit dem Interesse und den Grundrechten und -freiheiten der Nutzer bedarf (Fortführung von EuGH aaO).
Urteil vom 16. Mai 2017 - VI ZR 135/13
Pressemitteilung 74/17


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 308 Abs. 1, § 313a, § 540, § 544 Abs. 7; StVG § 7 Abs. 1, § 18 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 (C)
a) Im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist die Revision nicht alleine deshalb zuzulassen, weil das Berufungsgericht unter irrtümlicher Anwendung von § 313a Abs. 1, § 540 Abs. 2 ZPO rechtsfehlerhaft davon abgesehen hat, die Rechtsschutzbegehren der Parteien im Berufungsurteil wiederzugeben. Allerdings ist die Richtigkeit des Beschwerdevortrags zu unterstellen, wenn er infolge des Fehlers anhand des Urteils nicht überprüft werden kann (Fortführung Senatsbeschluss vom 18. September 2012 VI ZR 51/12, NJW-RR 2012, 1535 Rn. 1).
b) Spricht das Berufungsgericht dem Kläger entgegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO mehr zu als von diesem beantragt, so liegt darin regelmäßig auch eine Gehörsverletzung zulasten des Beklagten.
Beschluss vom 16. Mai 2017 - VI ZR 25/16


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 296 Abs. 1, § 411 Abs. 4 Satz 2, § 531 Abs. 1, § 544 Abs. 7
a) Ein Gehörsverstoß liegt vor, wenn der Tatrichter Angriffs- oder Verteidigungsmittel einer Partei in offenkundig fehlerhafter Anwendung einer Präklusionsvorschrift zu Unrecht für ausgeschlossen erachtet (Fortführung Senatsbeschluss vom 31. Mai 2016 - VI ZR 305/15, NJW 2016, 3785 Rn. 11).
b) Hat das Gericht eine Frist zur Stellungnahme zum Gutachten gemäß § 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO gesetzt, so kann nach Fristablauf eingehender Parteivortrag, der sich nicht auf die im Gutachten behandelte Beweisfrage bezieht, nicht nach § 296 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückgewiesen werden.
Beschluss vom 16. Mai 2017 - VI ZR 89/16
Pressemitteilung 94/17


ZPO §§ 544 Abs. 7, 253 Abs. 2 Nr. 2, 522 Abs. 2, 524 Abs. 4
Konkretisiert der Berufungskläger bei einer Teilklage mit mehreren Einzelforderungen auf einen Hinweis des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO seinen ursprünglich unbestimmten Klageantrag ausreichend, verletzt es das Recht des Berufungsklägers auf rechtliches Gehör, wenn das Berufungsgericht diesen als Hilfsantrag wertet, ihn entsprechend § 524 Abs. 4 ZPO für wirkungslos erachtet und die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO wegen Unzulässigkeit der Klage mangels Bestimmtheit des ursprünglichen Antrags zurückweist (Anschluss an BGH, Beschluss vom 10. März 2016 - VII ZR 47/13, NJW 2016, 2508).
Beschluss vom 2. Mai 2017 - VI ZR 85/16


GG Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2
1. Eine Berichterstattung, in der eine bisher vor der Öffentlichkeit geheim gehaltene Liebesbeziehung preisgegeben wird, berührt die Privatsphäre. Auch wenn es sich dabei um wahre Tatsachenbehauptungen handelt, ist bei der Abwägung des Interesses des Betroffenen am Schutz seiner Persönlichkeit mit dem Recht des sich Äußernden auf Meinungsfreiheit von entscheidender Bedeutung, ob sich die Berichterstattung durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen lässt.
2. Aufwendungen für presserechtliche Informationsschreiben, mit denen einer Weiterverbreitung der unzulässigen Berichterstattung durch andere Redaktionen vorgebeugt werden soll, sind nicht ersatzfähig, wenn sie nicht der Abwendung eines bereits als gegenwärtig anzusehenden Schadens dienen, sondern dazu, die Privatsphäre des Betroffenen allgemein zu schützen. Letzteres ist dann der Fall, wenn das Schreiben aus der allgemeinen Befürchtung heraus, dass andere Redaktionen durch ähnliche Nachrichten die Privatsphäre des Betroffenen in ähnlicher Weise verletzen könnten, an einen allgemein gehaltenen Adressatenkreis potentieller künftiger Störer gerichtet ist.
Urteil vom 2. Mai 2017 - VI ZR 262/16


ZPO § 233 Gc; § 236 Abs. 2 Satz 1 B; § 139
a) Den Prozessbevollmächtigten trifft kein Verschulden an der Versäumung der Berufungsfrist, wenn er seine bisher zuverlässige Angestellte mittels einer auf dem Schriftsatz vermerkten Anweisung dazu anhält, die falsche Bezeichnung des Berufungsgerichts zu korrigieren, und er die Berufungsschrift vor der von ihm für erforderlich gehaltenen Korrektur unterzeichnet hat.
b) Zu der gemäß § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO erforderlichen Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen im Wiedereinsetzungsantrag gehört in diesen Fällen der Vortrag zur bisherigen Zuverlässigkeit der Kanzleiangestellten, der die Einzelweisung erteilt worden ist.
c) Dies muss einem Rechtsanwalt auch ohne richterlichen Hinweis geläufig sein.
Beschluss vom 25. April 2017 - VI ZB 45/16


BGB § 209
Ein Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist (§ 209 BGB), kann nur der nach Verjährungsbeginn verstrichene sein.
Urteil vom 25. April 2017 - VI ZR 386/16


SGB X § 116 Abs. 1 Satz 1; GHBG NRW § 3 Abs. 1
Wird nach einem Landes-Blindengesetz (hier: GHBG NRW § 3 Abs. 1) Blindenhilfe mit der Maßgabe gewährt, dass auf bürgerlich-rechtlichen Rechtsvorschriften beruhende Schadensersatzleistungen Dritter zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen auf das Blindengeld anzurechnen sind, kann der Sozialleistungsträger keinen Regress beim Schädiger aus übergegangenem Recht gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X nehmen.
Urteil vom 11. April 2017 - VI ZR 454/16


ZPO § 301, § 304; BGB § 823 Aa
a) Auch bei grundsätzlicher Teilbarkeit des Streitgegenstandes darf ein Teilurteil nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist (st.Rspr.). In diesem Zusammenhang liegt ein Grundurteil über den noch ausstehenden Teil nur vor, wenn die Grundentscheidung entweder in der Urteilsformel enthalten ist oder aus den Entscheidungsgründen so deutlich wird, dass eine Berichtigung der Urteilsformel erfolgen kann. Die bloße Bezeichnung als "Grund- und Teilurteil" im Rubrum genügt dagegen nicht.
b) Zur Abgrenzung zwischen einem ärztlichen Befunderhebungsfehler und einem Fehler der therapeutischen Aufklärung (Anschluss Senatsurteil vom 17. November 2015 - VI ZR 476/14, VersR 2016, 260).
Urteil vom 11. April 2017 - VI ZR 576/15


GG Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3; BGB § 823 Abs. 1 Ah., § 1004 Abs. 1 Satz 2
a) Der Betreiber eines Bewertungsportals haftet für von Dritten in das Portal eingestellte Äußerungen als unmittelbarer Störer, wenn er sich diese Äußerungen zu eigen gemacht hat. Von einem Zu-Eigen-Machen ist dabei dann auszugehen, wenn der Portalbetreiber nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen hat, was aus objektiver Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen ist. Für ein Zu-Eigen-Machen spricht es, wenn der Portalbetreiber eine inhaltlich-redaktionelle Überprüfung der auf seinem Portal eingestellten Nutzerbewertungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt (vgl. Senatsurteile vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15, BGHZ 209, 139 Rn. 18; vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, AfP 2012, 264 Rn. 11; BGH, Urteile vom 19. März 2015 - I ZR 94/13, AfP 2015, 543 Rn. 25 mwN; vom 12. November 2009 - I ZR 166/07, AfP 2010, 369 Rn. 24, 27).
b) Ein Portalbetreiber, der die in das Portal eingestellten Äußerungen eines Dritten auf die Rüge des von der Kritik Betroffenen inhaltlich überprüft und auf sie Einfluss nimmt, indem er selbständig - insbesondere ohne Rücksprache mit dem Dritten - entscheidet, welche Äußerungen er abändert oder entfernt und welche er beibehält, macht sich diese Äußerungen zu eigen. Nach außen erkennbar ist die Übernahme der inhaltlichen Verantwortung jedenfalls dann, wenn er dem von der Kritik Betroffenen seinen Umgang mit der Bewertung kundgetan hat.
Urteil vom 4. April 2017 - VI ZR 123/16


ZPO § 233 D, Hc
Ein Rechtsmittelführer, der innerhalb der Rechtsmittelfrist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt und ein wegen bestehenden Anwaltszwangs unzulässiges persönliches Rechtsmittel eingelegt hat, ist bis zur Entscheidung über seinen Antrag als unverschuldet verhindert anzusehen, das Rechtsmittel wirksam einzulegen, wenn er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste. Das Rechtsmittelgericht hat zunächst über das Prozesskostenhilfegesuch zu entscheiden, um so der Partei Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu stellen, falls sie beabsichtigt, das Rechtsmittelverfahren - im Falle der Versagung von Prozesskostenhilfe auf eigene Kosten - durchzuführen.
Beschluss vom 14. März 2017 - VI ZB 36/16


VVG § 115 Abs. 2 Satz 3
Eine positive Entscheidung des Versicherers beendet die Verjährungshemmung im Sinne des § 115 Abs. 2 Satz 3 VVG nur dann, wenn der Anspruchsteller aufgrund dieser Entscheidung sicher sein kann, dass auch künftige Forderungen aus dem Schadensfall freiwillig bezahlt werden, sofern er die entsprechenden Schadensposten der Höhe nach ausreichend belegt. Demgemäß muss die Erklärung zu den Ansprüchen erschöpfend, umfassend und endgültig sein (Bestätigung Senatsurteil vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 50/95, NJW-RR 1996, 474).
Urteil vom 14. März 2017 - VI ZR 226/16


BGB § 280, § 823 I
a) Der Schmerzensgeldanspruch, den ein Patient auf verschiedene, den Ärzten im Rahmen derselben Operation und der damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Nachbehandlung unterlaufene Behandlungsfehler stützt, begründet einen einzigen, alle Behandlungsfehler umfassenden Streitgegenstand.
b) Mehrere Behandlungsfehler, die den Ärzten im Rahmen derselben Operation unterlaufen sind, begründen einen einheitlichen Schmerzensgeldanspruch, dessen Höhe aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände zu bemessen ist. Der Schmerzensgeldanspruch kann nicht in Teilbeträge zum Ausgleich einzelner im Rahmen eines einheitlichen Behandlungsgeschehens unterlaufener Behandlungsfehler aufgespalten werden.
Urteil vom 14. März 2017 - VI ZR 605/15


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 7; BGB § 104 Nr. 2
Zur ausreichenden Substantiierung einer behaupteten Geschäftsunfähigkeit.
Beschluss vom 14. März 2017 - VI ZR 225/16


ZPO § 78 Abs. 1, § 130 Nr. 6, § 520 Abs. 5
Eine Berufung ist nicht ordnungsgemäß durch einen Anwalt begründet, wenn dieser eine von einem Dritten entworfene Berufungsbegründung unterzeichnet, dabei jedoch durch einen distanzierenden Zusatz deutlich macht, dass er nicht die volle Verantwortung für den gesamten Inhalt des Schriftsatzes übernimmt.
Beschluss vom 14. März 2017 - VI ZB 34/16


BGB § 1004, § 823 Ai; BDSG § 28
1. Die ohne wirksame Einwilligung an eine geschäftliche E-Mail-Adresse versandte Werbe-E-Mail stellt einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar (Fortführung von BGH, Urteil vom 12. September 2013 - I ZR 208/12, GRUR 2013, 1259).
2. Eine wirksame Einwilligung in den Empfang elektronischer Post zu Werbezwecken setzt u.a. voraus, dass der Adressat weiß, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt, und dass klar ist, welche Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmen sie konkret erfasst. Eine vorformulierte Einwilligungserklärung ist an den §§ 305 ff. BGB zu messen (Fortführung von BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - I ZR 169/10, GRUR 2013, 531).
3. Zur Anwendbarkeit von § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG, wenn der zur Unterlassung von Werbung mittels elektronischer Post Verpflichtete die E-Mail-Adresse des Betroffenen gegen dessen Willen nutzen möchte, um sie zu Lösch- oder Sperrzwecken an seine Werbepartner weiterzuleiten.
Urteil vom 14. März 2017 - VI ZR 721/15


StVG § 7 Abs. 1, § 9; ZPO § 51
Dem Schadensersatzanspruch des nichthaltenden Sicherungseigentümers aus § 7 Abs. 1 StVG kann die Betriebsgefahr des sicherungsübereigneten Kraftfahrzeugs nicht entgegengehalten werden, wenn ein Verschulden desjenigen, der die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, nicht feststeht. (Festhalten an den Senatsurteilen vom 30. März 1965 - VI ZR 257/63, NJW 1965, 1273 f.; vom 10. Juli 2007 - VI ZR 199/06, BGHZ 173, 182 ff.; vom 7. Dezember 2010 - VI ZR 288/09, BGHZ 187, 379 ff.).
Dies gilt auch, wenn der nichthaltende Sicherungseigentümer den Halter ermächtigt hat, diesen Anspruch im Wege gewillkürter Prozessstandschaft im eigenen Namen geltend zu machen.
Urteil vom 7. März 2017 - VI ZR 125/16


BGB § 249 Abs. 1 Ga, § 249 Abs. 2 Satz 1 Fa, §§ 398, 632 Abs. 2; ZPO § 287
1. Die Kosten für die Begutachtung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist.
2. Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Tatrichter im Rahmen der Schätzung der Höhe dieses Schadensersatzanspruchs bei subjektbezogener Schadensbetrachtung gem. § 287 ZPO bei Fehlen einer Preisvereinbarung zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen und Abtretung des Schadensersatzanspruchs an den Sachverständigen bei Erteilung des Gutachtenauftrages an die übliche Vergütung gem. § 632 Abs. 2 BGB anknüpft, denn der verständige Geschädigte wird unter diesen Umständen im Regelfall davon ausgehen, dass dem Sachverständigen die übliche Vergütung zusteht.
Urteil vom 28. Februar 2017 - VI ZR 76/16


ZPO §§ 397, 402
Jeder Prozesspartei steht gemäß §§ 397, 402 ZPO zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs das Recht zu, einen Sachverständigen zu seinem schriftlichen Gutachten mündlich zu befragen.
Beschluss vom 21. Februar 2017 - VI ZR 314/15


ZPO § 313a, § 540; BGB § 254 (Dc)
Aus einem Berufungsurteil, gegen das die Revision stattfindet, muss zu ersehen sein, von welchem Sach- und Streitstand das Gericht ausgegangen ist, welches Rechtsmittelbegehren die Parteien verfolgt haben und welche tatsächlichen Feststellungen der Entscheidung zugrunde liegen. Fehlen solche Darstellungen, hat das Revisionsgericht das Urteil von Amts wegen aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (Fortführung Senatsurteil vom 30. September 2003 - VI ZR 438/02, BGHZ 156, 216).
Urteil vom 21. Februar 2017 - VI ZR 22/16


BGB § 833 Satz 2; ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
a) § 833 Satz 2 BGB räumt dem Tierhalter die Möglichkeit, sich von der Gefährdungshaftung des § 833 Satz 1 BGB zu entlasten, nur dann ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht worden ist, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters - d.h. einem wirtschaftlichen Zweck - zu dienen bestimmt ist.
b) Unter Erwerbstätigkeit im Sinne des § 833 Satz 2 BGB ist jede Tätigkeit zu verstehen, die auf Gewinnerzielung gerichtet ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Tätigkeit objektiv darauf angelegt ist und subjektiv von der Absicht getragen wird, Gewinn zu erzielen. Die bloße Gewinnerzielungsabsicht als solche, die in den objektiven Umständen keinen Niederschlag findet, genügt dagegen nicht.
c) Einwendungen einer Partei gegen die erstinstanzliche Überzeugungsbildung können in der Berufungsinstanz nicht mit der Begründung als unbeachtlich angesehen werden, die Partei trage lediglich ihre eigenen, von den Beurteilungen des gerichtlichen Sachverständigen abweichenden Einschätzungen vor, ohne Rechtsfehler des Erstgerichts aufzuzeigen.
Urteil vom 14. Februar 2017 - VI ZR 434/15


ZPO § 98 Satz 2, § 103 Abs. 1; BGB § 779
Zur Auslegung eines Prozessvergleichs über die "Kosten des Rechtsstreits" bei bereits vorliegender rechtskräftiger Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelzüge.
Beschluss vom 14. Februar 2017 - VI ZB 24/16


BGB § 823 Abs. 1 und 2 Dc
a) Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht wegen Verstoßes gegen winterliche Räum- und Streupflichten setzt entweder das Vorliegen einer allgemeinen Glätte voraus oder das Vorliegen von erkennbaren Anhaltspunkten für eine ernsthaft drohende Gefahr aufgrund vereinzelter Glättestellen.
b) Eine Gemeindesatzung über den Straßenreinigungs- und Winterdienst muss nach dem Grundsatz gesetzeskonformer Auslegung regelmäßig so verstanden werden, dass keine Leistungspflichten begründet werden, die über die Grenze der allgemeinen Verkehrssicherungspflichten hinausgehen.
Urteil vom 14. Februar 2017 - VI ZR 254/16


RVG VV Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2
1. Für die Prüfung der Frage, ob die Kostengrundentscheidung und damit der prozessuale Kostenerstattungsanspruch die gebührenauslösende Tätigkeit des Rechtsanwalts - im Falle der Terminsgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 RVG VV die auf Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtete außergerichtliche Besprechung - erfasst, ist von Bedeutung, welche Reichweite die konkrete Kostengrundentscheidung formal hat, insbesondere, welche Verfahrensabschnitte sie einschließt. Etwaige ihr zeitlich nachfolgende Verfahrensabschnitte und die mit diesen zusammenhängende anwaltliche Tätigkeit kann eine Kostengrundentscheidung schon formal nicht erfassen.
2. Die Kostengrundentscheidung in einem Beschluss, mit welchem eine einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung erlassen wurde, erfasst das einstweilige Verfügungsverfahren lediglich bis zum Erlass dieses Beschlusses. Eine außergerichtliche Besprechung, die auf die Vermeidung eines Widerspruchs gegen die einstweilige Verfügung gerichtet ist, kann nicht der ihr vorausgegangenen Kostengrundentscheidung zugeordnet werden, mit der Folge, dass für den Fall, dass Widerspruch nicht eingelegt wird, die Terminsgebühr nicht gemäß §§ 103 f. ZPO festsetzungsfähig ist.
Beschluss vom 7. Februar 2017 - VI ZB 43/16


BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Gb, § 254 Abs. 2 Dc
a) Der Schädiger kann den Geschädigten gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien" Fachwerkstatt verweisen, wenn er darlegt und beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt entspricht und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb einer markengebundenen Werkstatt unzumutbar machen würden (Senatsurteile vom 28. April 2015 - VI ZR 267/14, VersR 2015, 861 Rn. 9 f.; vom 15. Juli 2014 - VI ZR 313/13, NJW 2014, 3236 Rn. 8; vom 3. Dezember 2013 - VI ZR 24/13, VersR 2014, 214 Rn. 9; vom 14. Mai 2013 - VI ZR 320/12, NJW 2013, 2817 Rn. 8; vom 13. Juli 2010 - VI ZR 259/09, DAR 2010, 577 Rn. 6 f.; vom 22. Juni 2010 - VI ZR 302/08, NJW 2010, 2727 Rn. 6 f.).
b) Bei Fahrzeugen, die älter sind als drei Jahre, kann der Verweis auf eine technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit in einer "freien" Fachwerkstatt insbesondere dann unzumutbar sein, wenn der Geschädigte konkret darlegt, dass er sein Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen und dies vom Schädiger nicht widerlegt wird (Senatsurteile vom 28. April 2015 - VI ZR 267/14, VersR 2015, 861 Rn. 10; vom 13. Juli 2010 - VI ZR 259/09, DAR 2010, 577 Rn. 8; vom 22. Juni 2010 - VI ZR 302/08, NJW 2010, 2727 Rn. 7 und - VI ZR 337/09, NJW 2010, 2725 Rn. 10).
c) Ist ein über neun Jahre altes und bei dem Unfall verhältnismäßig leicht beschädigtes Fahrzeug zwar stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt repariert, dort aber in den letzten Jahren vor dem Unfall nicht mehr gewartet worden, ist der Verweis auf eine "freie" Fachwerkstatt nicht unzumutbar.
Urteil vom 7. Februar 2017 - VI ZR 182/16


ZPO § 233 D
a) Die Versäumung einer Frist ist unverschuldet und einer Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn die rechtzeitige Vornahme einer fristwahrenden Handlung wegen des wirtschaftlichen Unvermögens einer Partei unterbleibt.
b) Voraussetzung hierfür ist, dass die Partei bis zum Ablauf der Frist einen den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Antrag auf Prozesskostenhilfe eingereicht und alles in ihren Kräften Stehende getan hat, damit über den Antrag ohne Verzögerung sachlich entschieden werden kann, und sie deshalb vernünftigerweise nicht mit einer Verweigerung der Prozesskostenhilfe mangels Bedürftigkeit rechnen musste.
c) Daran ändert sich nichts dadurch, dass die Partei rechtsschutzversichert ist, wenn sie ab Einreichung des Antrags auf Prozesskostenhilfe ohne vermeidbare Verzögerungen um Deckungsschutz nachsucht.
(Anschluss an BGH, Beschluss vom 4. Oktober 1990 - IV ZB 5/90; Senat, Beschluss vom 16. Dezember 2014 - VI ZA 15/14)
Beschluss vom 24. Januar 2017 - VI ZB 30/16


BGB § 249 (Hb)
Wählt der Geschädigte den Weg der fiktiven Schadensabrechnung, sind die im Rahmen einer tatsächlich erfolgten Reparatur angefallenen Kosten einer Reparaturbestätigung für sich genommen nicht ersatzfähig. Eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung ist insoweit unzulässig.
Urteil vom 24. Januar 2017 - VI ZR 146/16


RVG VV Nr. 3105
Die Gebühr nach Nr. 3105 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV RVG entsteht auch dann, wenn die Entscheidung nach § 331 Abs. 3 ZPO ohne einen entsprechenden (Prozess-) Antrag des Klägers ergeht.
Beschluss vom 24. Januar 2017 - VI ZB 21/16


BGB § 204 Abs. 1 Nr. 4; EGZPO § 15a Abs. 3 Satz 2
a) Die unwiderlegliche Vermutung des Einvernehmens nach § 15a Abs. 3 Satz 2 EGZPO (im Streitfall: in der bis zum 31. März 2016 geltenden Fassung) findet bei den von den Ärztekammern eingerichteten Schlichtungsstellen auch im Rahmen von § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB (im Streitfall: in der bis zum 25. Februar 2016 geltenden Fassung, im Folgenden: § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB aF) Anwendung.
b) Macht ein Patient gegen den ihn behandelnden Arzt Schadensersatzansprüche bei einer von den Ärztekammern eingerichteten Schlichtungsstelle geltend, so setzt der Eintritt der Verjährungshemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB aF nicht voraus, dass sich der Arzt oder der hinter diesem stehende Haftpflichtversicherer auf das Schlichtungsverfahren einlässt. Dies gilt auch dann, wenn ein Schlichtungsverfahren nach der Verfahrensordnung der jeweiligen Schlichtungsstelle nur dann durchgeführt wird, wenn Arzt und Haftpflichtversicherer der Durchführung des Verfahrens zustimmen.
Urteil vom 17. Januar 2017 - VI ZR 239/15


ZPO § 406 Abs. 1 Satz 1, § 42 Abs. 2
Ein Sachverständiger kann wegen Besorgnis der Befangenheit auch dann abgelehnt werden, wenn er für einen nicht unmittelbar oder mittelbar am Rechtsstreit beteiligten Dritten ein entgeltliches Privatgutachten zu einer gleichartigen Fragestellung in einem gleichartigen Sachverhalt erstattet hat und wenn die Interessen der jeweiligen Parteien in beiden Fällen in gleicher Weise kollidieren.
Beschluss vom 10. Januar 2017 - VI ZB 31/16


GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah., § 1004 Abs. 1 Satz 2
Zur Erfassung ihres objektiven Sinngehalts muss eine Äußerung in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Äußerungen im Rahmen eines satirischen Beitrags sind zudem zur Ermittlung ihres eigentlichen Aussagegehalts von ihrer satirischen Einkleidung, der die Verfremdung wesenseigen ist, zu entkleiden. Mehr noch als beim geschriebenen Wort ist bei dem in einem Fernsehbeitrag gesprochenen Wort angesichts der Vielzahl der auf einen Moment konzentrierten Eindrücke in den Blick zu nehmen, welche Botschaft bei dem verständigen und unvoreingenommenen Publikum ankommt.
Urteile vom 10. Januar 2017 - VI ZR 561/15 und VI ZR 562/15
Pressemitteilung 4/17


BGB § 249 Hd; SGB X §§ 116 und 119; SGB VI §§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, 187a Abs. 2 
a) Ob eine Kürzung der Altersrente wegen des Bezugs der vorgezogenen Altersrente nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a SGB VI auch dann gerechtfertigt ist, wenn in einem Haftpflichtschadensfall der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer den nach §§ 116 und 119 SGB X regressierenden Rentenversicherungsträger durch Erstattung der jeweiligen Rentenzahlungen und Zahlung der entgangenen Pflichtbeiträge wirtschaftlich so stellt, als sei der Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersrente erwerbstätig gewesen, ist eine sozialversicherungsrechtliche Vorfrage, die im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 118 SGB X im sozialgerichtlichen Verfahren zu entscheiden ist.

b) Ein nach § 249 BGB ersatzpflichtiger Rentenkürzungsschaden des Geschädigten könnte in einem solchen Fall nicht verneint werden, wenn dieser nach sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen gleichwohl eine Kürzung seiner Altersrente hinnehmen müsste.
c) Dass der Geschädigte einen entsprechenden Rentenabschlag durch Zahlung von zusätzlichen Beiträgen in Form eines Einmalbetrages im Sinne des § 187a Abs. 2 SGB VI hätte vermeiden können, begründet - mangels Vorliegens der Voraussetzungen - weder nach § 116 SGB X noch nach § 119 SGB X einen Übergang dieses (höchstpersönlichen) Gestaltungsrechts des Versicherten auf den Rentenversicherungsträger.
Urteil vom 20. Dezember 2016 - VI ZR 664/15


SGB VII § 34 Abs. 1, 3; GG Art. 34; BGB § 839 (Fc)
a) Die ärztliche Heilbehandlung ist regelmäßig nicht Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne von Art. 34 GG.
b) Die Tätigkeit eines Durchgangsarztes ist jedoch nicht ausschließlich dem Privatrecht zuzuordnen. Die vom Durchgangsarzt zu treffende Entscheidung, ob die allgemeine oder die besondere Heilbehandlung erforderlich ist, ist als hoheitlich im Sinne von Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB zu qualifizieren. Gleiches gilt für die vom Durchgangsarzt im Rahmen der Eingangsuntersuchung vorgenommenen Untersuchungen zur Diagnosestellung und die anschließende Diagnosestellung (Anschluss an BGH, Urteil vom 29. November 2016 - VI ZR 208/15, vorgesehen für BGHZ).
Urteil vom 20. Dezember 2016 - VI ZR 395/15


BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 Ga, Gb
1. Es ist im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB unbedenklich, wenn die für den Geschädigten handelnde Fachbehörde den Auftrag zur Reinigung ölverunreinigter Verkehrsflächen auf der Grundlage einer Ausschreibung erteilt. In diesem Fall ist für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Geldbetrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im konkreten Schadensfall maßgeblich, ob die Fachbehörde im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung in ihrer damaligen speziellen Situation, d.h. angesichts ihrer damaligen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie unter Berücksichtigung etwaiger gerade für sie bestehender Schwierigkeiten, die ausgeschriebenen Maßnahmen zur Schadensbehebung für wirtschaftlich und den Angebotspreis des jeweiligen Bieters für angemessen halten durfte.
2. Die Entscheidung der Fachbehörde, welche Leistungen sie im Zusammenhang mit der Beseitigung von Ölverunreinigungen auf Verkehrsflächen ausschreibt, ist angesichts ihres erheblichen Entscheidungsspielraums hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen nur beschränkt überprüfbar. Bei der Vergabe eines Auftrags auf der Grundlage einer Ausschreibung ist die Bandbreite künftiger Schadensfälle und deren zuverlässige, rasche und vollständige Beseitigung in den Blick zu nehmen.
3. Bezugspunkt für die Beurteilung der Erforderlichkeit im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung ist der jeweilige Angebotsendpreis für das Gesamtpaket der ausgeschriebenen Leistungen. Damit wird der speziellen Situation des Auftraggebers und seinen Einflussmöglichkeiten im Vergabeverfahren Rechnung getragen.
Urteil vom 20. Dezember 2016 - VI ZR 612/15


ZPO § 286 (C); StVG § 17; PflVG § 12
a) Bei Auffahrunfällen kann, auch wenn sie sich auf Autobahnen ereignen, der erste Anschein dafür sprechen, dass der Auffahrende den Unfall schuldhaft dadurch verursacht hat, dass er entweder den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten hat (§ 4 Abs. 1 StVO), unaufmerksam war (§ 1 StVO) oder mit einer den Straßen- und Sichtverhältnissen unangepassten Geschwindigkeit gefahren ist (§ 3 Abs. 1 StVO) (Fortführung Senatsurteil vom 13. Dezember 2011 - VI ZR 177/10, BGHZ 192, 84 Rn. 7).
b) Der Auffahrunfall reicht als solcher als Grundlage eines Anscheinsbeweises aber dann nicht aus, wenn weitere Umstände des Unfallereignisses bekannt sind, die - wie etwa ein vor dem Auffahren vorgenommener Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugs - als Besonderheit gegen die bei derartigen Fallgestaltungen gegebene Typizität sprechen (Fortführung Senatsurteil vom 13. Dezember 2011, aaO).
c) Bestreitet der Vorausfahrende den vom Auffahrenden behaupteten Spurwechsel und kann der Auffahrende den Spurwechsel des Vorausfahrenden nicht beweisen, so bleibt - in Abwesenheit weiterer festgestellter Umstände des Gesamtgeschehens - allein der Auffahrunfall, der typischerweise auf einem Verschulden des Auffahrenden beruht. Es ist nicht Aufgabe des sich auf den Anscheinsbeweis stützenden Vorausfahrenden zu beweisen, dass ein Spurwechsel nicht stattgefunden hat.
Urteil vom 13. Dezember 2016 - VI ZR 32/16


ZPO § 406 Abs. 1, § 41 Nr. 8
Ein Sachverständiger kann nach § 406 Abs. 1 Satz 1, § 41 Nr. 8 ZPO abgelehnt werden, wenn er in derselben Sache in einem Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung, wozu auch ein Verfahren vor der Gutachter- und Schlichtungsstelle einer Landesärztekammer zählt, als Sachverständiger mitgewirkt hat.
Beschluss vom 13. Dezember 2016 - VI ZB 1/16


GG Art. 103 Abs.1; ZPO § 256 Abs. 1, § 544 Abs. 7
Das Gericht verletzt den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG, wenn es - ohne zuvor einen Hinweis auf seine geänderte Auffassung zu geben - einen Feststellungsantrag überraschend mit der Begründung abweist, er sei unklar und könne auch nicht in ausreichend klarer Form gestellt werden. Die Partei muss Gelegenheit erhalten, ihren Klageantrag zu ändern und die Bedenken des Gerichts auszuräumen (Fortführung, Senatsbeschluss vom 6. Juli 2010 - VI ZR 177/09).
Beschluss vom 13. Dezember 2016 - VI ZR 116/16


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 B, C, 574 Abs. 2 Nr. 2
Über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand darf das Gericht nicht vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist entscheiden. Eine vorzeitige Entscheidung kann den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör verletzen und die Zulassung der Rechtsbeschwerde begründen (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 17. Februar 2011 - V ZB 310/10, NJW 2011, 1363).
Beschluss vom 29. November 2016 - VI ZB 27/15


ZPO § 85 Abs. 2, § 130 Nr. 6, § 519 Abs. 4
Zu den Anforderungen an eine Unterschrift im Sinne des § 130 Nr. 6 ZPO (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 3. März 2015 - VI ZB 71/14, VersR 2015, 1045).
Beschluss vom 29. November 2016 - VI ZB 16/16


ZPO § 142 Abs. 1, § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 492
Die Ablehnung einer im selbständigen Beweisverfahren begehrten Anordnung der Urkundenvorlegung gemäß § 142 Abs. 1 ZPO ist nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.
Beschluss vom 29. November 2016 - VI ZB 23/16


GG Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2
a) Der Schutz der Privatsphäre umfasst grundsätzlich auch Angaben über den Gesundheitszustand eines Menschen. Der Betroffene kann sich aber nicht auf ein Recht zur Privatheit hinsichtlich solcher Tatsachen berufen, die er selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat.
b) Betrifft eine Berichterstattung die Privatsphäre, so ist bei der Abwägung des Interesses des Betroffenen am Schutz seiner Persönlichkeit mit dem Recht des sich Äußernden auf Meinungsfreiheit von entscheidender Bedeutung, ob sich die Berichterstattung durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen lässt.
c) Es darf der Presse nicht generell untersagt werden, öffentliche Verlautbarungen einer in der Öffentlichkeit bekannten Person zu seinem medizinischen Zustand zum Anlass einer Darstellung über die aus medizinischer Sicht zu ergreifenden Maßnahmen und die zur Verfügung stehenden medizinischen Hilfsmittel zu machen.
Urteil vom 29. November 2016 - VI ZR 382/15


BGB § 829
1. Ein Schadensersatzanspruch aus § 829 BGB ist nicht schon dann zu gewähren, wenn die Billigkeit es erlaubt, sondern nur dann, wenn die gesamten Umstände des Falles eine Haftung des schuldlosen Schädigers aus Billigkeitsgründen geradezu erfordern.
2. Gemäß § 829 BGB sind insbesondere die Verhältnisse der Beteiligten zu berücksichtigen. Dazu bedarf es stets eines Vergleichs der Vermögenslagen der Beteiligten, wobei für einen Anspruch aus § 829 BGB ein "wirtschaftliches Gefälle" zugunsten des Schädigers vorliegen muss. Die Billigkeit erfordert es nicht, dem Bestehen einer freiwilligen Haftpflichtversicherung ungeachtet des Trennungsprinzips eine anspruchsbegründende Bedeutung zukommen zu lassen.
Urteil vom 29. November 2016 - VI ZR 606/15


BGB § 823 Abs. 1 Ah; BDSG § 7 Satz 1; Richtlinie 95/46/EG Art. 3 Abs. 1, Art. 2 Buchst. c
Die Erbin einer gesetzlich krankenversicherten Patientin kann von der Krankenkasse keine immaterielle Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Patientin durch die Verwendung eines schriftlichen, die Patientin betreffenden, unzureichend anonymisierten sozialmedizinischen Gutachtens mit personenbezogenen Daten in anderen sozialgerichtlichen Verfahren verlangen. Der Anspruch auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung ist grundsätzlich nicht vererblich (Festhaltung Senatsurteil vom 29. April 2014 - VI ZR 246/12, BGHZ 201, 45 Rn. 8 ff.).
Insbesondere kann ein Anspruch auf immaterielle Entschädigung nicht auf § 7 Satz 1 BDSG gestützt werden. Auch bei richtlinienkonformer Auslegung gewährt § 7 Satz 1 BDSG für diesen Fall nicht-automatisierter Datenverarbeitung keinen Anspruch auf immaterielle Entschädigung. Ein solches (einzelnes) Gutachten ist keine Datei im Sinne von Art. 3 Abs. 1, Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 - Datenschutzrichtlinie -, so dass der Anwendungsbereich der Richtlinie insoweit nicht eröffnet ist.
Urteil vom 29. November 2016 - VI ZR 530/15


SGB VII § 34 Abs. 1, 3; GG Art. 34; BGB § 839 (Fc)
a) Wegen des regelmäßig gegebenen inneren Zusammenhangs der Diagnosestellung und der sie vorbereitenden Maßnahmen mit der Entscheidung über die richtige Heilbehandlung sind jene Maßnahmen ebenfalls der öffentlich-rechtlichen Aufgabe des Durchgangsarztes zuzuordnen mit der Folge, dass die Unfallversicherungsträger für etwaige Fehler in diesem Bereich haften (Aufgabe der Rechtsprechung zur "doppelten Zielrichtung", vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2008 - VI ZR 277/07, BGHZ 179, 115 Rn. 23; BGH, Urteil vom 9. Dezember 1974 - III ZR 131/72, BGHZ 63, 265, 273 f.).
b) Eine Erstversorgung durch den Durchgangsarzt ist ebenfalls der Ausübung eines öffentlichen Amtes zuzurechnen mit der Folge, dass die Unfallversicherungsträger für etwaige Fehler in diesem Bereich haften (Aufgabe BGH, Urteil vom 9. Dezember 1974 - III ZR 131/72, BGHZ 63, 265).
c) Bei der Bestimmung der Passivlegitimation ist regelmäßig auf den Durchgangsarztbericht abzustellen, in dem der Durchgangsarzt selbst die "Art der Erstversorgung (durch den D-Arzt)" dokumentiert.
Urteil vom 29. November 2016 - VI ZR 208/15


ZPO §§ 544 Abs. 5 Satz 2, 719 Abs. 2
Zur einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde.
Beschluss vom 29. November 2016 - VI ZR 25/16


BGB § 249 (Ha), § 823 (Ai, F); StVG § 7, § 18; EFZG § 6
a) Wird ein Arbeitnehmer bei einem Unfall im Straßenverkehr verletzt, liegt darin kein betriebsbezogener Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Arbeitgebers (Fortführung Senatsurteil vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 36/08, VersR 2008, 1697 Rn. 5).
b) Steht dem bei einem Unfall im Straßenverkehr verletzten Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung zu zahlende Ergebnisbeteiligung trotz seiner zeitweisen Arbeitsunfähigkeit ungekürzt zu, so steht dies der Annahme eines (normativen) Verdienstausfallschadens in Höhe des rechnerisch auf die Zeit der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit entfallenden Teils der Prämie nicht entgegen. Ob sich die Ergebnisbeteiligung arbeitsrechtlich als Entgelt im engeren Sinne, als Belohnung für die in der Vergangenheit bewiesene Betriebstreue oder als Anreiz für künftige Betriebstreue darstellt oder diese Elemente miteinander verbindet, ist schadensrechtlich grundsätzlich ohne Bedeutung (Fortführung Senatsurteil vom 7. Mai 1996 - VI ZR 102/95, BGHZ 133, 1, 4 ff.).
c) Zur Aktivlegitimation des Arbeitgebers hinsichtlich des zunächst dem Arbeitnehmer zustehenden Anspruchs auf Ersatz des Verdienstausfallschadens.
d) Zur Berechnung des auf die Zeit der Arbeitsunfähigkeit entfallenden Teils der Prämie.
Urteil vom 22. November 2016 - VI ZR 40/16


StVG § 7 Abs. 1
Bei einem berührungslosen Unfall ist Voraussetzung für die Zurechnung des Betriebs eines Kraftfahrzeugs zu einem schädigenden Ereignis, dass es über seine bloße Anwesenheit an der Unfallstelle hinaus durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung zu der Entstehung des Schadens beigetragen hat (Festhaltung, Senatsurteil vom 21. September 2010 - VI ZR 263/09).
Urteil vom 22. November 2016 - VI ZR 533/15


BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2; § 203 Satz 1
a) Ansprüche aus Behandlungsfehlern können zu anderen Zeiten verjähren als solche aus Aufklärungsversäumnissen.
b) Nach § 203 Satz 1 BGB endet die Hemmung der Verjährung auch durch das Einschlafen der Verhandlungen. Das ist der Zeitpunkt, in dem spätestens eine Erklärung der jeweils anderen Seite - sei es des Gläubigers oder des Schuldners - zu erwarten gewesen wäre.
Urteil vom 8. November 2016 - VI ZR 594/15


BGB § 199 Abs. 1, § 426 Abs. 1 Satz 1
a) Der Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB entsteht bereits in dem Augenblick, in dem die mehreren Ersatzpflichtigen dem Geschädigten ersatzpflichtig werden, d.h. mit der Entstehung der Gesamtschuld im Außenverhältnis.
b) Für den Beginn der Verjährung ist es nicht erforderlich, dass der Ausgleichsanspruch beziffert werden bzw. Gegenstand einer Leistungsklage sein kann.
c) Für die Beurteilung der Frage, wann der Ausgleichsanspruch eines zum Schadensersatz verpflichteten Gesamtschuldners gegen den anderen im Sinne des § 199 Abs. 1 BGB in Hinblick auf Schäden entstanden ist, die erst nach der Verwirklichung des haftungsbegründenden Tatbestands eingetreten sind, ist der Grundsatz der Schadenseinheit heranzuziehen.
Urteil vom 8. November 2016 - VI ZR 200/15


LuftVG § 33
a) Die Luftfahrzeughalterhaftung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 LuftVG greift im All-gemeinen nur zugunsten von solchen Geschädigten, die am Betrieb des schadensstiftenden Luftfahrzeugs in keiner Weise beteiligt waren (Festhaltung Senatsurteil vom 23. Oktober 1990 - VI ZR 329/89, VersR 1991, 341).
b) Nimmt ein Flugsicherungsunternehmen auf die Landung eines Flugzeugs Einfluss und werden bei der Landung des Flugzeugs Einrichtungen zerstört, die das Flugsicherungsunternehmen zum Zwecke der Wahrnehmung seiner Flugsicherungsaufgaben hinter der Landebahn installiert hat, so steht ihm kein Anspruch aus § 33 Abs. 1 Satz 1 LuftVG gegen den Flugzeughalter zu.
Urteil vom 8. November 2016 - VI ZR 694/15


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 7
Zum Vorliegen eines Gehörsverstoßes in einem Arzthaftungsprozess.
Beschluss vom 8. November 2016 - VI ZR 512/15


GVG § 20; Europäisches Übereinkommen über Staatenimmunität vom 16. Mai 1972 Art. 27; Lugano-Übk II Art. 5
a) Die Berichterstattung einer mit einem öffentlich-rechtlichen Rundfunkauftrag ihres Staates beliehenen ausländischen Rundfunkanstalt erfolgt im Verhältnis zu dem von dieser Berichterstattung in seinem Persönlichkeitsrecht betroffenen Bürger nicht iure imperii im Sinne von Art. 27 Abs. 2 des Europäischen Übereinkommens über Staatenimmunität vom 16. Mai 1972.
b) Die deutschen Gerichte sind nach Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007 (Lugano-Übereinkommen, LugÜ II) international zuständig für eine auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkte Unterlassungsklage wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten gegen die Berichterstattung auf der Internetseite einer ausländischen Rundfunkanstalt (Anschluss Senat, Urteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08, AfP 2012, 372 Rn. 17).
Urteil vom 25. Oktober 2016 - VI ZR 678/15


ZPO § 104
Der Geltendmachung der für die Inanspruchnahme eines Privatgutachters angefallenen Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren steht nicht entgegen, dass die entsprechenden Aufwendungen nicht von der Partei selbst, sondern von einem hinter der Partei stehenden (im Streitfall: Haftpflicht-) Versicherer getragen wurden (Fortführung Senatsbeschluss vom 13. September 2011 - VI ZB 42/10, VersR 2011, 1584 Rn. 13).
Beschluss vom 25. Oktober 2016 - VI ZB 8/16


Lugano-Übk II Art. 5 Nr. 3; Brüssel-I-VO Art. 5 Nr. 3
Zu den Voraussetzungen des Gerichtsstands des Handlungsorts einer unerlaubten Handlung iSd Art. 5 Nr. 3 LugÜ II bzw. Art. 5 Nr. 3 EuGVVO.
Urteil vom 18. Oktober 2016 - VI ZR 618/15


StVG 17; StVO § 1, § 9 Abs. 5
a) Steht fest, dass sich die Kollision beim Rückwärtsfahren ereignete, der Rückwärtsfahrende zum Kollisionszeitpunkt selbst also noch nicht stand, so spricht auch bei Parkplatzunfällen ein allgemeiner Erfahrungssatz dafür, dass der Rückwärtsfahrende seiner Sorgfaltspflicht nach § 1 StVO in Verbindung mit der Wertung des § 9 Abs. 5 StVO nicht nachgekommen ist und den Unfall dadurch (mit)verursacht hat.
b) Dagegen liegt die für die Anwendung eines Anscheinsbeweises gegen einen Rückwärtsfahrenden erforderliche Typizität des Geschehensablaufs regelmäßig nicht vor, wenn beim rückwärtigen Ausparken von zwei Fahrzeugen aus Parkbuchten eines Parkplatzes zwar feststeht, dass vor der Kollision ein Fahrzeugführer rückwärts gefahren ist, aber zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass sein Fahrzeug im Kollisionszeitpunkt bereits stand, als der andere rückwärtsfahrende Unfallbeteiligte mit seinem Fahrzeug in das Fahrzeug hineingefahren ist.
c) Unabhängig vom Eingreifen eines Anscheinsbeweises können die Betriebsgefahr der Fahrzeuge und weitere sie erhöhende Umstände im Rahmen der Abwägung nach § 17 Abs. 1, 2 StVG Berücksichtigung finden.
(im Anschluss an Senatsurteile vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 6/15, VersR 2016, 410 und vom 26. Januar 2016 - VI ZR 179/15, VersR 2016, 479)
Urteil vom 11. Oktober 2016 - VI ZR 66/16


BGB § 611, § 280 Abs. 1; § 823 Abs. 1
Über das einem ärztlichen Eingriff spezifisch anhaftende Risiko der Lähmung des Beines oder Fußes, das bei seiner Verwirklichung die Lebensführung des Patienten besonders belastet, ist der Patient aufzuklären. Ohne Vorliegen besonderer Umstände gibt es grundsätzlich keinen Grund für die Annahme, der im Rahmen der Aufklärung verwendete Begriff "Lähmung" impliziere nicht die Gefahr einer dauerhaften Lähmung, sondern sei einschränkend dahin zu verstehen, dass er nur vorübergehende Lähmungszustände erfasse. Damit, dass der Patient einer solchen Fehlvorstellung unterliegt, muss - bei Fehlen entsprechender Anhaltspunkte - der aufklärende Arzt nicht rechnen.
Urteil vom 11. Oktober 2016 - VI ZR 462/15


BGB § 823 Ah; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; EMRK Art. 8 Abs. 1, Art. 10
1. Zur Abgrenzung von Verdachtsberichterstattung und Meinungsäußerung.
2. Zur zulässigen Kritik an journalistischer Arbeit.
Urteil vom 27. September 2016 - VI ZR 250/13


BGB § 249; § 254
a) Der Geschädigte, der von der Ersetzungsbefugnis des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Gebrauch macht und den Schaden wie im Streitfall nicht im Wege der Reparatur, sondern durch Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs beheben will, leistet bei der Verwertung des beschädigten Fahrzeugs dem Wirtschaftlichkeitsgebot im Allgemeinen Genüge, wenn er die Veräußerung zu einem Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (Fortführung Senatsurteil vom 1. Juni 2010 - VI ZR 316/09, VersR 2010, 963).
b) Er ist weder unter dem Gesichtspunkt des Wirtschaftlichkeitsgebots noch unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht dazu verpflichtet, über die Einholung des Sachverständigengutachtens hinaus noch eigene Marktforschung zu betreiben und dabei die Angebote auch räumlich entfernter Interessenten einzuholen oder einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet in Anspruch zu nehmen. Auch ist er nicht gehalten abzuwarten, um dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer vor der Veräußerung des beschädigten Fahrzeugs Gelegenheit zu geben, zum eingeholten Gutachten Stellung zu nehmen und gegebenenfalls bessere Restwertangebote vorzulegen.
Urteil vom 27. September 2016 - VI ZR 673/15


KUG §§ 22, 23; BGB §§ 823 Abs. 1 Ah, 1004 Abs. 1
Im Zusammenhang mit der Presseberichterstattung über ein bedeutendes politisches Ereignis (hier: Misstrauensabstimmung im Berliner Abgeordnetenhaus) kann die ohne Einwilligung erfolgende Veröffentlichung von Fotos, die den davon möglicherweise betroffenen Regierenden Bürgermeister am Vorabend in einer an sich privaten Situation zeigen (hier: "bei einem Drink" beim Abendessen in einer bekannten Berliner Bar), durch das Informationsinteresse der Allgemeinheit gerechtfertigt sein.
Urteil vom 27. September 2016 - VI ZR 310/14
Pressemitteilung 167/16


BGB § 249
a) Zur Berechnung des bei fiktiver Schadensabrechnung vom Brutto-Wiederbeschaffungswert eines unfallbeschädigten Kraftfahrzeugs in Abzug zu bringenden Umsatzsteueranteils (Anschluss Senat, Urteil vom 9. Mai 2006 - VI ZR 225/05, VersR 2006, 987).
b) Wählt der Geschädigte den Weg der fiktiven Schadensabrechnung, ist die im Rahmen einer Ersatzbeschaffung angefallene Umsatzsteuer nicht ersatzfähig. Eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung ist insoweit unzulässig (Anschluss Senat, Urteil vom 30. Mai 2006 - VI ZR 174/05, VersR 2006, 1088 Rn. 11).
Urteil vom 13. September 2016 - VI ZR 654/15


Brüssel-I-VO Art. 27, 30
a) Art. 30 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO aF) definiert einheitlich und autonom den Zeitpunkt, zu dem ein Gericht für die Zwecke der Anwendung der Art. 27 bis 29 EuG-VVO aF als angerufen gilt.
b) Art. 30 EuGVVO aF lässt für die Anrufung im Sinne des Art. 27 EuGVVO aF die Vornahme eines von zwei Verfahrensschritten - Einreichung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks bei Gericht oder Zustellung des Schriftstücks beim Beklagten - genügen, sofern der Kläger alle erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um sicherzustellen, dass auch der zweite Verfahrensschritt bewirkt und die endgültige Rechtshängigkeit herbeigeführt wird.
c) Zu den Maßnahmen, die der in Deutschland Klagende gemäß Art. 30 Nr. 1 EuGVVO aF zu treffen hat, um die Zustellung der Klage zu bewirken, gehört die Angabe einer zutreffenden und vollständigen Anschrift des Beklagten.
d) Ersucht der Kläger, der dem Gericht eine ladungsfähige Anschrift des Beklagten nicht mitgeteilt hat, das Gericht um Zustellung der Klage an den rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter des Beklagten, so erfüllt er seine prozessualen Obliegenheiten im Sinne des Art. 30 Nr. 1 EuGVVO aF nur dann, wenn er den richtigen Vertreter, d.h. eine Person mit Empfangsvollmacht, benennt oder jedenfalls ohne Nachlässigkeit darauf vertrauen darf, dass der von ihm als Vertreter Benannte tatsächlich Empfangsvollmacht hat.
Beschluss vom 13. September 2016 - VI ZB 21/15


BGB § 280, § 823 I; ZPO § 138
Zum Erfordernis der nochmaligen Aufklärung der Schwangeren über die Möglichkeit der Schnittentbindung bei nachträglicher Veränderung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses der verschiedenen Geburtswege.
Beschluss vom 13. September 2016 - VI ZR 239/16 


ZPO § 574 Abs. 2; § 522; § 3; GKG § 48 Abs. 2
1. Weist das Berufungsgericht die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurück, obwohl es die Berufung wegen Nichterreichens des Beschwerdewerts des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO für unzulässig erachtet hat, ist die Rechtsbeschwerde gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft.
2. Für die Bemessung des Beschwerdewerts eines Berufungsantrags auf Unterlassung eines Eintrags in Facebook, in dem ein minderjähriges Kind beleidigt wird, kommt es nicht nur auf die Breitenwirkung des Eintrags an, sondern auch auf die Wirkung der beleidigenden Äußerungen auf das Kind selbst. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Kind ein Recht auf ungehinderte Entfaltung seiner Persönlichkeit und ungestörte kindgemäße Entwicklung hat (vgl. Senatsurteile vom 15. September 2015 - VI ZR 175/14, BGHZ 206, 347 Rn. 18; vom 5. November 2013 - VI ZR 304/12, BGHZ 198, 346 Rn. 17, jeweils mwN).
3. Der Antrag auf Veröffentlichung von Rubrum und Unterlassungstenor auf Facebook ist auf Folgenbeseitigung gerichtet, die als selbständige Rechtsfolge neben die Verpflichtung zur Unterlassung hinzutritt. Ihm kommt daher ein eigener Wert zu, der mit dem Wert des Unterlassungsantrags gemäß § 5 ZPO zusammenzurechnen ist.
Beschluss vom 16. August 2016 - VI ZB 17/16


BGB § 280, § 823 I; ZPO § 138
Zur sekundären Darlegungslast des Krankenhausträgers bei behaupteten Hygieneverstößen.
Beschluss vom 16. August 2016 - VI ZR 634/15


ZPO § 233
Die Postausgangskiste eines Prozessbevollmächtigten gehört zu dessen organisatorischem Verantwortungsbereich und ist nicht bereits Teil des Postwegs.
Beschluss vom 16. August 2016 - VI ZB 40/15


ZPO § 139 Abs. 1, § 236
Erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben in einem Wiedereinsetzungsantrag, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, können nach Fristablauf mit der Rechtsbeschwerde ergänzt werden (Anschluss BGH, Beschluss vom 25. September 2013 - XII ZB 200/13, Rn. 9).
Beschluss vom 16. August 2016 - VI ZB 19/16


BGB § 280 Abs. 1, § 611; SeelotsG § 21 Abs. 3
a) Die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Binnenlotsen auf Schadensersatz ist in entsprechender Anwendung des § 21 Abs. 3 SeelotsG (BGH, Urteil vom 20. Februar 1989 – II ZR 26/88, BGHZ 107, 32, 37) auf grob fahrlässig und vorsätzlich herbeigeführte Schäden beschränkt.
b) Eine Ausweitung dieses "Lotsenprivilegs" durch entsprechende Anwendung der zur Arbeitnehmerhaftung entwickelten Grundsätze mit der Folge einer unter Umständen bestehenden Quotierungsmöglichkeit bei grob fahrlässiger Schadensherbeiführung ist nicht zulässig.
Urteil vom 26. Juli 2016 - VI ZR 322/15


ZPO § 85 Abs. 2, § 233
Überträgt eine Kanzleiangestellte die anzuwählende Telefaxnummer des Gerichts aus einem in der Akte befindlichen Schreiben des Gerichts in einen fristgebundenen Schriftsatz, erfordert die Ausgangskontrolle, die Richtigkeit der gewählten Nummer auch nochmals darauf zu kontrollieren, ob sie tatsächlich einem Schreiben des Empfangsgerichts entnommen wurde (Anschluss an BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2010 – IX ZB 34/10, NJW 2011, 312).
Beschluss vom 26. Juli 2016 - VI ZB 58/14


BGB § 249 Abs. 2 Satz 1 (Ga); ZPO § 287
1. Die Kosten für die Begutachtung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist.
2. Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Höhe der Sachverständigenkosten regelmäßig durch Vorlage einer von ihm beglichenen Rechnung des von ihm zur Schadensbegutachtung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Nicht die Höhe der vom Sachverständigen erstellten Rechnung als solche, sondern allein der vom Geschädigten in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden Preisvereinbarung tatsächlich erbrachte Aufwand bildet einen Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB.
Urteil vom 19. Juli 2016 - VI ZR 491/15


BGB § 823
Der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens, der darauf zielt, der Patient sei mit der Vornahme des Eingriffs durch einen anderen Operateur einverstanden gewesen, ist nicht erheblich, weil dies dem Schutzzweck des Einwilligungserfordernisses bei ärztlichen Eingriffen widerspricht (§ 823 Abs. 1 BGB).
Urteil vom 19. Juli 2016 - VI ZR 75/15

BGB § 826; § 31
1. Die Haftung einer juristischen Person aus § 826 BGB in Verbindung mit § 31 BGB setzt voraus, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht hat.
2. Das Unterlassen einer für die Anlageentscheidung erheblichen Information in einem Prospekt ist für sich genommen nicht sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB. Gegen die guten Sitten verstößt ein Prospektverantwortlicher aber beispielsweise dann, wenn er Anlageinteressenten durch eine bewusste Täuschung zur Beteiligung bewegt, etwa dadurch, dass er einen ihm bekannten Umstand bewusst verschweigt, um unter Ausnutzung der Unkenntnis der Anlageinteressenten möglichst viele Beitritte zu erreichen.
3. Fehlt es an der Feststellung, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter der für den Prospekt verantwortlichen juristischen Person von dem Prospektmangel Kenntnis gehabt hat, so lässt sich der Vorwurf der Sittenwidrigkeit nicht dadurch begründen, dass unter Anwendung der Grundsätze der Wissenszurechnung und -zusammenrechnung auf die "im Hause" der juristischen Person vorhandenen Kenntnisse abgestellt wird. Insbesondere lässt sich eine die Sittenwidrigkeit begründende bewusste Täuschung nicht dadurch konstruieren, dass bei Mitarbeitern einer juristischen Person vorhandene kognitive Elemente mosaikartig zusammengesetzt werden.
4. Das Wollenselement des Schädigungsvorsatzes gemäß § 826 BGB setzt grundsätzlich korrespondierende Kenntnisse derselben natürlichen Person voraus. Auch dies steht der Anwendung der Grundsätze der Wissenszurechnung und -zusammenrechnung im Rahmen des § 826 BGB regelmäßig entgegen.
Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15


ZPO § 304 Abs. 1
Zur Beachtung des Gesichtspunkts der Prozessökonomie bei dem Erlass eines Grundurteils.
Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 559/14


BGB § 398, § 305c Abs. 1, § 249
Eine formularmäßig in einem Vertrag über die Erstellung eines Schadensgutachtens nach einem Verkehrsunfall vereinbarte Abtretungsklausel, wonach der Geschädigte zur Sicherung des Sachverständigenhonorars von seinen Schadensersatzansprüchen aus einem Verkehrsunfall gegen den Fahrer, den Halter und den Haftpflichtversicherer die Ansprüche auf Ersatz der Positionen Sachverständigenkosten, Wertminderung, Nutzungsausfall, Nebenkosten und Reparaturkosten in dieser Reihenfolge und in Höhe des Honoraranspruchs an den Sachverständigen abtritt, wobei der Anspruch auf Ersatz einer nachfolgenden Position nur abgetreten wird, wenn der Anspruch auf Ersatz der zuvor genannten Position nicht ausreicht, um den gesamten Honoraranspruch des Sachverständigen zu decken, ist im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB überraschend.
Urteil vom 21. Juni 2016 - VI ZR 475/15


BGB § 823; BinSchG § 3
a) Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO können sich auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben, insbesondere daraus, dass das Berufungsgericht das Ergebnis einer erstinstanzlichen Beweisaufnahme anders würdigt als das Gericht der Vorinstanz. Besteht aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, ist es zu einer erneuten Tatsachenfeststellung verpflichtet.
b) Die Verletzung des Eigentums an einer Sache kann nicht nur durch eine Beeinträchtigung der Sachsubstanz, sondern auch durch eine sonstige die Eigentümerbefugnisse treffende tatsächliche Einwirkung auf die Sache selbst erfolgen, die deren Benutzung objektiv verhindert (hier: Einsperren von Schiffen im Hafen).
Urteil vom 21. Juni 2016 - VI ZR 403/14


BGB § 833 Satz 1, § 254 Abs. 1, § 823, § 840 Abs. 3
a) Kommt es zu einem Gerangel zwischen zwei Hunden, in dessen Rahmen der Halter des einen Hundes von dem anderen Hund gebissen wird, so ist die typische Tiergefahr des Hundes des Geschädigten bei der Schadensentstehung adäquat mitursächlich geworden. Dies muss sich der Geschädigte entsprechend § 254 Abs. 1, § 833 Satz 1 BGB mindernd auf seinen Anspruch aus § 833 Satz 1 BGB anrechnen lassen.
b) Eine Anspruchsminderung wegen mitwirkender Tiergefahr ist allerdings dem Sinngehalt des § 840 Abs. 3 BGB entsprechend ausgeschlossen, wenn der Halter des schädigenden Hundes dem Geschädigten auch gemäß § 823 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet ist.
Urteil vom 31. Mai 2016 - VI ZR 465/15


GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1, § 823 Abs. 2; StGB § 186
Zum Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung bei groben Beleidigungen im persönlichen Umfeld ohne Breitenwirkung in der Öffentlichkeit.
Urteil vom 24. Mai 2016 - VI ZR 496/15


Umkehr der Beweislast bei grobem Behandlungsfehler eines Tierarztes
Urteil vom 10. Mai 2016 – VI ZR 247/15
Pressemitteilung 83/16


BGB § 249 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1; ZPO § 287
a)  Die Kosten für die Begutachtung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist.
b) Dem Geschädigten obliegt im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots grundsätzlich eine gewisse Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsabschluss geforderten oder später berechneten Preise.
c) Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Tatrichter im Rahmen der Schätzung der bei der Begutachtung anfallenden und erforderlichen Nebenkosten gemäß § 287 ZPO die Bestimmungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) als Orientierungshilfe heranzieht.
Urteil vom 26. April 2016 - VI ZR 50/15


BGB § 254 Abs. 2 Satz 1
a) Die Frage, ob der vom Geschädigten gewählte Mietwagentarif erforderlich war im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, kann ausnahmsweise offen bleiben, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation "ohne weiteres" zugänglich gewesen wäre, so dass ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte (im Anschluss an Senatsurteil vom 2. Februar 2010 - VI ZR 139/08, aaO Rn. 12).
b) In diesem Zusammenhang kann auch das Angebot des Haftpflichtversicherers an den Geschädigten, ihm eine günstige Anmietmöglichkeit zu vermitteln, beachtlich sein.
Urteil vom 26. April 2016 - VI ZR 563/15


BGB § 823 Abs. 1 Ha, § 242
Zu den Anforderungen an die Annahme einer Abrede über eine Haftungsbeschränkung, wenn ein Schaden bei einem Gefälligkeitserweis unter Nachbarn entstanden ist (Bewässern des Gartens).
Urteil vom 26. April 2016 - VI ZR 467/15


ZPO § 256 Abs. 1
Der Kläger ist nicht gehalten, seine Klage in eine Leistungs- und in eine Feststellungsklage aufzuspalten, wenn bei Klageerhebung ein Teil des Schadens schon entstanden, die Entstehung weiteren Schadens aber noch zu erwarten ist. Einzelne bei Klageerhebung bereits entstandene Schadenspositionen stellen lediglich einen Schadensteil in diesem Sinne dar.
Urteil vom 19. April 2016 - VI ZR 506/14


BGB § 826, § 839; GG Art. 34
a) Zur Frage der Aktivlegitimation für deliktische Schadensersatzansprüche, die gegen einen für eine gemäß § 44b SGB II aF gegründete Arbeitsgemeinschaft tätigen Mitarbeiter gerichtet sind und aus der Veruntreuung von Leistungsgeldern der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) durch diesen Mitarbeiter hergeleitet werden.
b) Zur Passivlegitimation des Mitarbeiters in solchen Fällen, wenn er der Arbeitsgemeinschaft im Rahmen eines Dienstleistungsüberlassungsvertrags von seiner Anstellungskörperschaft überlassen wurde.
Urteil vom 12. April 2016 - VI ZR 158/14


ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
Zum Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer - teilweise abgewiesenen - Klage gerichtet auf Zahlung eines bestimmten Betrages nebst Zinsen abzüglich bereits erfolgter Zahlungen.
Beschluss vom 12. April 2016 - VI ZB 63/14


ZPO § 85 Abs. 2, § 233 B, § 520 Abs. 2
a) Für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes kommt es allein darauf an, ob die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen worden sind.
b) Der mit einem "OK"-Vermerk versehene Sendebericht begründet nicht den Beweis des ersten Anscheins für den tatsächlichen Zugang der Sendung beim Empfänger. Er belegt nur das Zustandekommen der Verbindung, nicht aber die erfolgreiche Übermittlung der Signale an das Empfangsgerät.
c) Die Versäumung einer Frist wegen Verzögerung bei der Übermittlung eines Telefax kann der Partei nicht als Verschulden zugerechnet werden, wenn sie bzw. ihr Prozessbevollmächtigter mit der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegerätes und der korrekten Eingabe der Sendenummer alles zur Fristwahrung Erforderliche getan und so rechtzeitig mit der Übermittlung begonnen hat, dass unter normalen Umständen mit deren Abschluss bis 24.00 Uhr gerechnet werden konnte.
Beschluss vom 12. April 2016 - VI ZB 7/15


ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1, § 3; BGB § 823 Abs. 1, § 1004; BDSG § 28a
Zur Beschwer des Beklagten, der zum Widerruf eines von ihm veranlassten Negativeintrags bei der Schufa, zur Mitteilung an die Schufa, dass derjenige Zustand auch im Hinblick auf die Berechnung von Scorewerten wiederhergestellt werden soll, als habe es den Negativeintrag nicht gegeben, und zur Unterlassung der Mitteilung offener Forderungen entsprechend dem streitgegenständlichen Negativeintrag verurteilt worden ist.
Beschluss vom 12. April 2016 - VI ZB 48/14 


Bundesgerichtshof zur Zulässigkeit einer Verdachtsberichterstattung über eine Organentnahme

BGB § 823
Zu der zutreffenden Sinndeutung einer Äußerung und zu den Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung (hier: Pressebericht über eine Organentnahme).
Urteil vom 12. April 2016 - VI ZR 505/14


BGB § 208, § 823 Abs. 2; StGB § 176, § 176a; InsO § 301 Abs. 1, § 302 Nr. 1
Zur Restschuldbefreiung bei Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung.
Urteil vom 5. April 2016 - VI ZR 283/15

ZPO § 524 Abs. 2 Satz 3
a) Die Anwendung von § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO setzt nicht voraus, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse, die der Anschlussberufung zugrunde liegen, seit der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz oder sogar seit Ablauf der gesetzlichen Ausschlussfrist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO geändert haben (Anschluss BGH, Urteil vom 28. Januar 2009 – XII ZR 119/07 Rn. 22 ff.).
b) Ist eine Anschlussberufung hinsichtlich der mit ihr geltend gemachten künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen gemäß § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO nicht verfristet, kann sie auch insoweit nicht wegen Verfristung als unzulässig verworfen werden, als mit ihr zusätzlich Rückstände für die Vergangenheit geltend gemacht werden.
Urteil vom 22. März 2016 - VI ZR 168/14


Klagen von Gläubigern griechischer Staatsanleihen gegen die Hellenische Republik wegen der Umschuldung im Jahr 2012 sind in Deutschland unzulässig

GG Art. 25; GVG § 20 Abs. 2
Zum Grundsatz der Staatenimmunität bei einer Umschuldung von Staatsanleihen aufgrund des Erlasses eines die Umschuldung ermöglichenden Gesetzes und der Allgemeinverbindlicherklärung einer entsprechenden Mehrheitsentscheidung der Gläubiger.
Urteil vom 8. März 2016 - VI ZR 516/14
Pressemitteilung 159/15


EGBGB Art. 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4
a) Die Frage, ob der Verletzte seinen Ersatzanspruch unmittelbar gegen einen Versicherer des Ersatzpflichtigen geltend machen kann, richtet sich gemäß Art. 40 Abs. 4 EGBGB alternativ nach dem auf die unerlaubte Handlung oder dem auf den Versicherungsvertrag anzuwendenden Recht. Die Bestimmung sieht eine echte Alternativanknüpfung vor; der Direktanspruch ist nicht nur subsidiär aus dem Versicherungsvertragsstatut herzuleiten.
b) Führen die beiden Anknüpfungsalternativen zu unterschiedlichen Rechtsordnungen, ist das für den Geschädigten im konkreten Einzelfall günstigere Recht anzuwenden. Der Verletzte muss sich nicht auf eine der in Betracht kommenden Rechtsordnungen berufen; vielmehr hat das Gericht von Amts wegen das dem Geschädigten günstigere Recht zu ermitteln.
c) Dem von Art. 40 Abs. 4 EGBGB zur Anwendung berufenen Recht unterliegt auch die Frage, ob der Direktanspruch verjährt ist.
Urteil vom 1. März 2016 - VI ZR 437/14


ZPO § 531 Abs. 2
An die Informations- und Substantiierungspflichten der Partei im Arzthaftungsprozess dürfen nur maßvolle Anforderungen gestellt werden. Der Patient und sein Prozessbevollmächtigter sind insbesondere nicht verpflichtet, sich zur ordnungsgemäßen Prozessführung medizinisches Fachwissen anzueignen.
Beschluss vom 1. März 2016 - VI ZR 49/15


Bundesgerichtshof konkretisiert Pflichten des Betreibers eines  Ärztebewertungsportals

BGB § 823; § 1004; TMG § 7; § 10; ZPO § 138
a) Ein Hostprovider ist zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern ins Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von den Rechtsverletzungen erlangt.
b) Ist der Hostprovider mit der Behauptung eines Betroffenen konfrontiert, ein von einem Nutzer eingestellter Beitrag verletze ihn in seinem Persönlichkeitsrecht, und ist die Beanstandung so konkret gefasst, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann, so ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen erforderlich.
c) Zur Bestimmung, welcher Überprüfungsaufwand vom Hostprovider im Einzelfall zu verlangen ist, bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung, bei der die betroffenen Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der angezeigten Rechtsverletzung sowie den Erkenntnismöglichkeiten des Providers zu. Zu berücksichtigen sind aber auch Funktion und Aufgabenstellung des vom Provider betriebenen Dienstes sowie die Eigenverantwortung des für die persönlichkeitsbeeinträchtigende Aussage unmittelbar verantwortlichen - ggf. zulässigerweise anonym auftretenden - Nutzers.
d) Der vom Betreiber eines Arztbewertungsportals verlangte Prüfungsaufwand darf den Betrieb des Portals weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren, hat aber zu berücksichtigen, dass eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen von betroffenen Ärzten durch den Portalbetreiber eine entscheidende Voraussetzung dafür ist, dass die Persönlichkeitsrechte der (anonym oder pseudonym) bewerteten Ärzte beim Portalbetrieb hinreichend geschützt sind.
Urteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15
Pressemitteilung 49/16


ZPO § 524
Eine unzulässige Hauptberufung ist in eine unselbständige Anschlussberufung umzudenken, wenn die Voraussetzungen für eine zulässige Anschlussberufung vorliegen und die Umdeutung von dem mutmaßlichen Parteiwillen gedeckt wird.
Beschluss vom 2. Februar 2016 - VI ZB 33/15


BGB § 823 Abs. 1 a, l
a) Dem Arzt ist kein Diagnoseirrtum, sondern ein Befunderhebungsfehler vorzuwerfen, wenn die unrichtige diagnostische Einstufung einer Erkrankung ihren Grund bereits darin hat, dass der Arzt die nach dem medizinischen Standard gebotenen Untersuchungen erst gar nicht veranlasst hat.
b) Eine Beweislastumkehr nimmt einer Partei, der sie zum Nachteil gereicht, nicht die Möglichkeit, den Beweis des Gegenteils zu führen.
Urteil vom 26. Januar 2016 - VI ZR 146/14


StVG § 17; StVO § 1, § 9 Abs. 5
a) Die Vorschrift des § 9 Abs. 5 StVO ist auf Parkplätzen ohne eindeutigen Straßencharakter nicht unmittelbar anwendbar. Mittelbare Bedeutung erlangt sie aber über § 1 StVO.
b) Entsprechend der Wertung des § 9 Abs. 5 StVO muss sich auch derjenige, der auf einem Parkplatz rückwärts fährt, so verhalten, dass er sein Fahrzeug notfalls sofort anhalten kann.
c) Kollidiert der Rückwärtsfahrende mit einem anderen Fahrzeug, so können zugunsten desjenigen, der sich auf ein unfallursächliches Verschulden des Rückwärtsfahrenden beruft, die Grundsätze des Anscheinsbeweises zur Anwendung kommen. Steht fest, dass sich die Kollision beim Rückwärtsfahren ereignete, der Rückwärtsfahrende zum Kollisionszeitpunkt selbst also noch nicht stand, so spricht auch bei Parkplatzunfällen ein allgemeiner Erfahrungssatz dafür, dass der Rückwärtsfahrende der dargestellten Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen ist und den Unfall dadurch (mit)verursacht hat.
Urteil vom 26. Januar 2016 - VI ZR 179/15


BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004; GG Art. 2 Abs. 1
Die mit der Darstellung der Haltungsbedingungen von Tieren verbundene, an eine Bank gerichtete Aufforderung auf der Internetseite eines Tierschutzvereins, das Konto eines Interessenverbandes der Tierzüchter zu kündigen, kann ein mit einer Meinungsäußerung verbundener zulässiger Boykottaufruf sein.
Urteil vom 19. Januar 2016 - VI ZR 302/15


OEG § 5; BVG §§ 30 ff.; BGB § 252; ZPO § 287
a) Die Grundrente nach § 31 BVG hat keine Lohnersatzfunktion und dient ihrer Zweckbestimmung nach anders als die Ausgleichsrente und der Berufsschadensausgleich nicht der Bestreitung des Lebensunterhalts.
b) Zu der für die Bemessung des Erwerbsschadens erforderlichen Prognose der hypothetischen Einkommensentwicklung bei einem bereits langjährig im Erwerbsleben stehenden Geschädigten.
Urteil vom 12. Januar 2016 - VI ZR 491/14


ZPO §§ 166, 189
1. Das Erfordernis der Zustellung einer beglaubigten Abschrift der Klage ist durch das Zustellungsreformgesetz nicht beseitigt worden.
2. Bei der durch die Geschäftsstelle veranlassten Zustellung einer einfachen statt einer beglaubigten Abschrift der Klageschrift handelt es sich um eine Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften, die nach § 189 ZPO geheilt werden kann.
Urteil vom 22. Dezember 2015 - VI ZR 79/15


BGB § 823 Aa; ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
a) Einwendungen einer Partei gegen die erstinstanzliche Überzeugungsbildung können in der Berufungsinstanz nicht mit der Begründung als unbeachtlich angesehen werden, die Partei setze lediglich in unzulässiger Weise ihre abweichende Bewertung an die Stelle derjenigen des gerichtlichen Sachverständigen und des Landgerichts.
b) Das Absehen von einer ärztlichen Maßnahme ist nicht erst dann behandlungsfehlerhaft, wenn die Maßnahme "zwingend" geboten war, sondern bereits dann, wenn ihr Unterbleiben dem im Zeitpunkt der Behandlung bestehenden medizinischen Standard zuwiderlief.
Beschluss vom 22. Dezember 2015 - VI ZR 67/15


ZPO § 233 fc
1. Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört dabei die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages durch eine dazu beauftragte Bürokraft anhand des Fristenkalenders nochmals selbständig überprüft wird.
2.  Die allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze mittels Abgleich mit dem Fristenkalender dient auch dazu, festzustellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht. Deshalb ist dabei, ggf. anhand der Akten, auch zu prüfen, ob die im Fristenkalender als erledigt gekennzeichneten Schriftsätze tatsächlich abgesandt worden sind.
3. Auch im Falle einer Einzelweisung des Rechtsanwalts an einen Mitarbeiter, einen Schriftsatz noch am selben Tag zu versenden, sind ausreichende Sicherheitsvorkehrungen dagegen zu treffen, dass sie nicht in Vergessenheit gerät und die zu treffende Maßnahme unterbleibt.
Beschluss vom 15. Dezember 2015 - VI ZB 15/15


ZPO § 286; StVO § 1 Abs. 2, § 9 Abs. 5
Die für die Anwendung eines Anscheinsbeweises gegen einen Rückwärtsfahrenden erforderliche Typizität des Geschehensablaufs liegt regelmäßig nicht vor, wenn beim rückwärtigen Ausparken von zwei Fahrzeugen aus Parkbuchten eines Parkplatzes zwar feststeht, dass vor der Kollision ein Fahrzeugführer rückwärts gefahren ist, aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Fahrzeug im Kollisionszeitpunkt bereits stand, als der andere – rückwärtsfahrende - Unfallbeteiligte mit seinem Fahrzeug in das Fahrzeug hineingefahren ist.
Urteil vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 6/15


GG Art. 103 Abs. 1; BGB § 823
Zur Vornahme einer Schönheitsoperation bei Verdacht auf eine psychische Störung (hier: Dysmorphophobie).
Beschluss vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 557/15


Bundesgerichtshof zur Zulässigkeit sogenannter "No-Reply" Bestätigungsmails mit Werbezusätzen

BGB § 823
a) Ein von einer natürlichen Person unterhaltenes elektronisches Postfach ist Teil der Privatsphäre.
b) Automatisch generierte Bestätigungs-E-Mails, die sowohl eine Eingangsbestätigung in Bezug auf zuvor versandte Nachrichten als auch Werbung enthalten, stellen einen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen dar, wenn dieser dem Erhalt von Werbung zuvor ausdrücklich widersprochen hat.
Urteil vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 134/15
Pressemitteilung 205/15


StVG § 7 Abs. 1; PflVG § 3 Nr. 1 a.F.; Richtlinie 72/166/EWG; Richtlinie 2005/14/EU
1. Werden beim Entladen von Heizöl aus einem Tanklastwagen wegen einer Undichtigkeit des zur Schlauchtrommel des Wagens führenden Verbindungsschlauches die Straße und das Hausgrundstück des Bestellers beschädigt, ist das dem Betrieb des Kraftfahrzeuges zuzurechnen (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 23. Mai 1978 – VI ZR 150/76, BGHZ 71, 212 ff.).
2. Das Entladen von Öl aus einem Tanklastwagen mittels einer auf ihm befindlichen Entladevorrichtung gehört zum "Gebrauch" des Kraftfahrzeuges (Anschluss an Senatsurteil vom 26. Juni 1979 – VI ZR 122/78, BGHZ 75, 45 ff.). Diese Auslegung steht mit der 1. und 5. KH - Richtlinie in Einklang.
Urteil vom 8. Dezember 2015 - VI ZR 139/15


Urteil vom 8. Dezember 2015 - VI ZR 37/15
SGB VII §§ 110, 111, 113 Satz 1
Zur Frage der Verjährung im Sinne des § 113 Satz 1 SGB VII von (Regress-) Ansprüchen der Sozialversicherungsträger nach den §§ 110 und 111 SGB VII.
Urteil vom 8. Dezember 2015 - VI ZR 37/15


ZPO § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1
Die Vorschriften der § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO können nicht dahin ausgelegt werden, dass eine schlüssige Darlegung der fehlenden oder unverschuldeten Säumnis auch dann vorliegt, wenn der in der Berufungsinstanz schuldhaft säumige Revisionskläger rügt, das erkennende Gericht sei bei Erlass des zweiten Versäumnisurteils nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, weil es seine Ablehnungsgesuche zu Unrecht als unzulässig verworfen habe (§ 547 Nr. 1, § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Revision gegen ein (zweites) Versäumnisurteil ist daher nicht statthaft, wenn sie darauf gestützt wird, dass der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 1 ZPO vorliege, weil die Ablehnungsgesuche der betroffenen Partei von dem Berufungsgericht zu Unrecht als unzulässig verworfen worden seien.
Beschluss vom 26. November 2015 - VI ZR 488/14


ZPO § 233
Es begründet keinen Hinderungsgrund im Sinne des § 233 ZPO, wenn die unterlegene Partei deshalb kein Rechtsmittel eingelegt hat, weil ihre Rechtsschutzversicherung die Erteilung einer Deckungszusage (zunächst) abgelehnt hat und die Partei das Kostenrisiko nicht tragen wollte.
Beschluss vom 24. November 2015 - VI ZR 567/15


BGB § 823 Abs. 1 Aa, ZPO § 286
Zur Abgrenzung zwischen einem ärztlichen Befunderhebungsfehler und einem Fehler der therapeutischen Aufklärung.
Urteil vom 17. November 2015 - VI ZR 476/14


RVG § 15 Abs. 2; ZPO § 287
Bei der Geltendmachung von Unterlassungs-, Gegendarstellungs- und Richtigstellungsansprüchen liegt regelmäßig nicht dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG vor.
Urteil vom 17. November 2015 - VI ZR 492/14


ZPO § 487 Nr. 2
Das geforderte minimale Maß an Substantiierung hinsichtlich der gemäß § 487 Nr. 2 ZPO zu bezeichnenden Beweistatsachen ist jedenfalls dann nicht erreicht, wenn der Antragsteller in lediglich formelhafter und pauschaler Weise Tatsachenbehauptungen aufstellt, ohne diese zu dem zugrunde liegenden Sachverhalt in Beziehung zu setzen.
Beschluss vom 10. November 2015 -  VI ZB 11/15


Zur Höhe des Schadensersatzes bei der Verletzung von Tieren

BGB § 823 Abs. 1, § 833 Satz 1, 249 Abs. 2 (GA), § 251 Abs. 2 Satz 2, § 254, § 840 Abs. 3; ZPO § 287; GG Art. 20a; § 1 TierSchG
a) Im Fall der Verletzung eines Tieres ist § 251 Abs. 2 Satz 2 BGB dahin auszulegen, dass die aus der Heilbehandlung des Tieres entstandenen Aufwendungen nicht bereits dann unverhältnismäßig sind, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.
b) Zur Ermittlung der noch verhältnismäßigen Heilbehandlungskosten bedarf es stets einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände des konkreten Einzelfalls seitens des Tatrichters. Dabei kann auch das individuelle Verhältnis zwischen dem Geschädigten und dem verletzten Tier von Bedeutung sein.
c) Im Fall der Verletzung eines Tieres kann der Schädiger den Geschädigten bei unverhältnismäßig hohen Heilbehandlungskosten nicht gemäß § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB auf Wertersatz in Geld verweisen; der Schädiger schuldet dem Geschädigten vielmehr - in Ausnahme von dieser Vorschrift - Ersatz der noch als verhältnismäßig zu erachtenden Tierbehandlungskosten.
Urteil vom 27. Oktober 2015 - VI ZR 23/15


BGB § 842; StVG § 11 Satz 1; BBesG § 58a a.F., § 56 n.F.; AuslVZV §§ 1 ff.
Bei der Berechnung des Anspruchs auf Ersatz von Verdienstausfall ist der Auslandsverwendungszuschlag grundsätzlich als Einkommen des Verletzten zu berücksichtigen.
Urteil vom 27. Oktober 2015 - VI ZR 183/15


ZPO § 520 Abs. 3 Nr. 2 und 3
Zum notwendigen Inhalt der Berufungsbegründungsschrift.
Beschluss vom 20. Oktober 2015 – VI ZB 18/15


GG Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1; BGB § 823, § 1004
Fertigt im Rahmen einer intimen Beziehung ein Partner vom anderen intime Bild- oder Filmaufnahmen, kann dem Abgebildeten gegen den anderen nach dem Ende der Beziehung ein Löschanspruch wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts zustehen, wenn er seine Einwilligung in die Anfertigung und Verwendung der Aufnahmen auf die Dauer der Beziehung - konkludent - beschränkt hat.
Urteil vom 13. Oktober 2015 - VI ZR 271/14


BGB § 823 Abs. 1
Zu den Anforderungen an die Aufklärung, wenn eine Operation (hier: Sigmaresektion) nur deshalb relativ indiziert ist, weil ihre Erforderlichkeit (subjektiv) vom Sicherheitsbedürfnis des Patienten abhängt.
Beschluss vom 15. September 2015 - VI ZR 170/14


GG Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 5 Abs. 1, 3; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2
a) Die öffentliche Bekanntgabe der von einem namentlich benannten Kind in der Grundschule gezeigten konkreten Verhaltensweisen und Fähigkeiten beeinträchtigt dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf ungestörte kindgemäße Entwicklung.
b) Die durch die Preisgabe nicht in die Öffentlichkeit gehörender Lebenssachverhalte bewirkte Persönlichkeitsrechtsverletzung entfällt nicht dadurch, dass sich der Verletzte oder sein Erziehungsberechtigter nach der Verletzung ebenfalls zu den offenbarten Umständen äußert.
c) Zur Reichweite des Schutzbereichs der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG).
Urteil vom 15. September 2015 - VI ZR 175/14


ZPO § 233
Ein Rechtsanwalt muss den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen immer dann eigenverantwortlich prüfen, wenn ihm die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt werden. Dazu muss er gegebenenfalls veranlassen, ihm die Handakten vorzulegen.
Beschluss vom 15. September 2015 - VI ZB 37/14


GG Art. 1 Abs. 1; Art. 2 Abs. 1; Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1; 1004 Abs. 1 Satz 1
a) Zur Beseitigung eines Zustands fortdauernder Rufbeeinträchtigung kann der Betroffene den Störer grundsätzlich nicht nur auf Berichtigung, sondern auch auf Löschung bzw. Hinwirken auf Löschung rechtswidriger, im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen in Anspruch nehmen.
b) Die Löschung bzw. das Hinwirken auf Löschung im Internet abrufbarer Tatsachenbehauptungen kann im Rahmen eines Beseitigungsanspruchs nur verlangt werden, wenn und soweit die beanstandeten Behauptungen nachweislich falsch sind und die begehrte Abhilfemaßnahme unter Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen, insbesondere der Schwere der Beeinträchtigung, zur Beseitigung des Störungszustands geeignet, erforderlich und dem Störer zumutbar ist.
c) Als Störer im Sinne von § 1004 BGB ist ohne Rücksicht darauf, ob ihn ein Verschulden trifft, jeder anzusehen, der die Störung herbeigeführt hat oder dessen Verhalten eine Beeinträchtigung befürchten lässt. Von der Norm erfasst wird sowohl der unmittelbare Störer, der durch sein Verhalten selbst die Beeinträchtigung adäquat verursacht hat, als auch der mittelbare Störer, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat.
Urteil vom 28. Juli 2015 - VI ZR 340/14


BGB § 826
Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer oder (faktische) Geschäftsleiter einer Gesellschaft haften nach § 826 BGB auf Schadensersatz, wenn das von ihnen ins Werk gesetzte Geschäftsmodell der Gesellschaft von vornherein auf Täuschung und Schädigung der Kunden angelegt ist, es sich mithin um ein "Schwindelunternehmen" handelt.
Urteil vom 14. Juli 2015 - VI ZR 463/14


ZPO § 278 Abs. 6 Satz 1 Fall 2
Ein Vergleich nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Fall 2 ZPO kann nur durch Annahme des schriftlichen Vergleichsvorschlags des Gerichts mit Schriftsatz der Parteien wirksam geschlossen werden.
Urteil vom 14. Juli 2015 - VI ZR 326/14


BGB § 823; KWG § 32
Die gemäß § 32 Abs. 1 KWG bestehende Erlaubnispflicht von Einlagengeschäften im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG bezweckt nicht zu verhindern, dass von dem Einlagenkonto aus durch den Bankkunden verlustbringende Anlagegeschäfte getätigt oder anderweitig geschlossene Verträge erfüllt werden, die nicht in den Verantwortungsbereich des Kreditinstituts fallen.
Urteil vom 7. Juli 2015 - VI ZR 372/14


SGB X § 116 Abs. 1, Abs. 10
Zwischen den von der Bundesagentur für Arbeit erbrachten Maßnahmekosten für die Beschäftigung eines geschädigten behinderten Menschen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen und dessen Anspruch auf Ersatz seines nach der Prognose entgehenden Verdienstes fehlt die für den Anspruchsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X erforderliche sachliche Kongruenz.
Urteil vom 30. Juni 2015 - VI ZR 379/14


SGB X § 119 Abs. 1, SGB VI § 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a
a)  Nimmt ein behinderter Mensch an Maßnahmen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen teil, wird durch die Aufnahme in die Werkstatt eine Rentenversicherungspflicht nach § 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a SGB VI begründet.
b) Wenn der Rehabilitationsträger die Voraussetzungen für Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich bejaht hat und der behinderte Mensch auf dieser Grundlage in die Werkstatt aufgenommen wurde, kann die daran anknüpfende - und für die Legalzession nach § 119 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB X maßgebliche - Rentenversicherungspflicht nicht dadurch infrage gestellt werden, dass die der Aufnahme zugrunde liegende Prognose in Zweifel gezogen wird.
Urteil vom 16. Juni 2015 - VI ZR 416/14


Richtlinie 85/374/EWG Art. 6 Abs. 1, Art. 9 Satz 1 lit. a; ProdHaftG § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1
a) Bei Herzschrittmachern können wegen ihrer Funktion, der Situation besonderer Verletzlichkeit der diese Geräte nutzenden Patienten und des außergewöhnlichen Schadenspotentials alle Produkte derselben Produktgruppe oder Produktionsserie als fehlerhaft eingestuft werden, wenn bei Geräten der Gruppe oder Serie ein nennenswert erhöhtes Ausfallrisikos festgestellt wurde, ohne dass ein Fehler bei dem im konkreten Fall implantierten Herzschrittmacher festgestellt zu werden braucht.
b) Der Hersteller haftet für den Ersatz des durch eine chirurgische Operation zum Austausch eines fehlerhaften Herzschrittmachers verursachten Schadens, wenn der Austausch erforderlich ist, um den Fehler zu beseitigen und das Sicherheitsniveau wiederherzustellen, das die Patienten zu erwarten berechtigt sind.
Urteil vom 9. Juni 2015 – VI ZR 284/12


Richtlinie 85/374/EWG Art. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 9 Satz 1 lit. a; ProdHaftG § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1
a) Bei implantierbaren Cardioverter Defibrillatoren (ICD) können wegen ihrer Funktion, der Situation besonderer Verletzlichkeit der diese Geräte nutzenden Patienten und des außergewöhnlichen Schadenspotentials alle Produkte derselben Produktgruppe oder Produktionsserie als fehlerhaft eingestuft werden, wenn bei Geräten der Gruppe oder Serie eine Fehlfunktion festgestellt wurde, ohne dass der Fehler bei dem im konkreten Fall betroffenen ICD festgestellt zu werden braucht.
b) Der Hersteller haftet für den Ersatz des durch eine chirurgische Operation zum Austausch eines fehlerhaften ICD verursachten Schadens, wenn der Austausch erforderlich ist, um den Fehler zu beseitigen und das Sicherheitsniveau wiederherzustellen, das die Patienten zu erwarten berechtigt sind.
Urteil vom 9. Juni 2015 - VI ZR 327/12



BGB § 249 Abs. 2 Satz 1
Zur Frage der Ersatzfähigkeit von Reparaturkosten, die über dem Wiederbeschaffungswert des unfallbeschädigten Kraftfahrzeugs liegen.
Urteil vom 2. Juni 2015 - VI ZR 387/14


BGB § 823; StGB § 264a; ZPO 314
a) Zum Verbreiten unrichtiger Informationen im Sinne des § 264a Abs. 1 StGB.
b) Die Beweiskraft des Tatbestands kann grundsätzlich nur durch das Protokoll über die Verhandlung entkräftet werden, auf Grund derer das Urteil ergangen ist.
Urteil vom 12. Mai 2015 - VI ZR 102/14


ZPO § 269
Im Falle der Rücknahme des Antrags auf Durchführung einer Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren hat die Kosten dieses Verfahrens entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO grundsätzlich der Antragsteller zu tragen.
Der Kostenausspruch ist in diesem Fall jedenfalls dann dem Hauptsacheverfahren vorbehalten, wenn ein solches anhängig ist und dessen Parteien und Streitgegenstand mit denjenigen des selbständigen Beweisverfahrens identisch sind.
Die sofortige Beschwerde gegen eine im selbständigen Beweisverfahren entsprechend § 269 Abs. 4 Satz 1 ZPO ergangene isolierte Kostengrundentscheidung wird entsprechend § 269 Abs. 5 Satz 2 ZPO unzulässig, wenn gegen den aufgrund dieses Beschlusses ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.
Beschluss vom 28. April 2015 - VI ZB 36/14


BGB § 249 Abs. 2 Satz 1, § 254 Abs. 2 Satz 1
Der Schädiger kann den Geschädigten gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn er darlegt und beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt entspricht und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb einer markengebundenen Werkstatt unzumutbar machen würden.
Unzumutbar ist eine Reparatur in einer "freien Fachwerkstatt" für den Geschädigten insbesondere dann, wenn sie nur deshalb kostengünstiger ist, weil ihr nicht die (markt-)üblichen Preise dieser Werkstatt, sondern auf vertraglichen Vereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers beruhende Sonderkonditionen zugrunde liegen (Bestätigung Senatsurteil vom 22. Juni 2010 – VI ZR 337/09, VersR 2010, 1097 Rn. 7).
Der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer hat darzulegen und zu beweisen, dass die von ihm benannte "freie Fachwerkstatt" für die Reparaturen am Fahrzeug des Geschädigten ihre (markt-)üblichen, das heißt allen Kunden zugänglichen Preise zugrunde legt (Bestätigung Senatsurteil vom 22. Juni 2010 aaO Rn. 9).
Allein der Umstand, dass die fragliche "freie Fachwerkstatt" mit dem Haftpflichtversicherer in Bezug auf Reparaturen von Kaskoschäden seiner Versicherungsnehmer vertraglich verbunden ist, lässt eine Verweisung auf sie nicht unzumutbar erscheinen.
Urteil vom 28. April 2015 - VI ZR 267/14


BGB § 254 Abs. 1
Eine vollständige Überbürdung des Schadens auf den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens ist nur ausnahmsweise in Betracht zu ziehen.
Nur vermutete Tatbeiträge oder die bloße Möglichkeit einer Schadensverursachung haben bei der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile außer Betracht zu bleiben.
Urteil vom 28. April 2015 - VI ZR 206/14


ZPO § 165, § 160 Abs. 3 Nr. 7, § 311 Abs. 2 Sätze 1 und 2
Zur Beweiskraft des Protokolls für die Vorlesung einer schriftlich fixierten Entscheidungsformel (Anschluss an BGH, Beschluss vom 11. März 2015 – XII ZB 571/13, Rn.14).
Beschluss vom 21. April 2015 - VI ZR 132/13


SGB VII § 110
Für die gerichtliche Geltendmachung des einem Unfallversicherungsträger gegen einen Unternehmer im Falle der Schwarzarbeit zustehenden Regressanspruchs nach § 110 Abs. 1a SGB VII ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten und nicht der Zivilrechtsweg eröffnet.
Beschluss vom 14. April 2015 - VI ZB 50/14


StVG § 7 Abs. 1
Ein Schaden ist dann gem. § 7 Abs. 1 StVG "bei dem Betrieb" eines Kraftfahrzeuges entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist. Erforderlich ist stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d.h. die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist.
Ein Schaden, der dadurch entsteht, dass ein Grashäcksler durch den Metallzinken, der von einem zuvor auf demselben Grundstück eingesetzten Kreiselschwader abgefallen war, beschädigt wird, ist nicht der Betriebsgefahr des Traktors zuzurechnen, der den Kreiselschwader gezogen und angetrieben hat.
Urteil vom 24. März 2015 - VI ZR 265/14


ZPO § 513 Abs. 2; § 545 Abs. 2; LuGÜ II Art. 5 Nr. 3; BGB § 826
§ 513 Abs. 2 ZPO und § 545 Abs. 2 ZPO finden Anwendung, wenn die Frage der örtlichen Zuständigkeit des Erstgerichts nicht von denselben Voraussetzungen abhängt, die für die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte maßgebend sind.
Zu den Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB wegen der Ausgabe völlig wertloser Aktien.
Urteil vom 17. März 2015 - VI ZR 11/14


ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3
Für die Zulässigkeit der Berufung ist es ohne Bedeutung, ob die Ausführungen des Berufungsführers in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind.
Ergibt sich die Entscheidungserheblichkeit einer gerügten Rechtsverletzung oder einer beanstandeten Tatsachenfeststellung unmittelbar aus dem angefochtenen Urteil in Verbindung mit den Ausführungen in der Berufungsbegründung, bedarf sie keiner gesonderten Darlegung in der Berufungsbegründung.
Beschluss vom 10. März 2015 - VI ZB 28/14


ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2
Wird die Klage allein aus dem Gesichtspunkt der Verjährung abgewiesen, reicht es grundsätzlich für eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung aus, dass der Kläger vorträgt, die aus einem bestimmten Unfallereignis geltend gemachten Schadensersatzansprüche seien nicht verjährt.
Urteil vom 10. März 2015 - VI ZR 215/14


GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 531
Art. 103 Abs. 1 GG ist dann verletzt, wenn der Tatrichter Angriffs- oder Verteidigungsmittel einer Partei in offenkundig fehlerhafter Anwendung einer Präklusionsvorschrift zu Unrecht für ausgeschlossen erachtet.
Die Berücksichtigungsfähigkeit neuen Vortrags in der Berufungsinstanz nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO setzt voraus, dass die nach Auffassung des Berufungsgerichts fehlerhafte Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Gerichts zumindest mitursächlich dafür geworden ist, dass sich Parteivorbringen in die Berufungsinstanz verlagert hat. Dies kommt schon dann in Betracht, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs, hätte es die später vom Berufungsgericht für zutreffend erachtete Rechtsauffassung geteilt, zu einem Hinweis nach § 139 Abs. 2 ZPO verpflichtet gewesen wäre.
Der Anwendung des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO steht nicht entgegen, dass die erstinstanzliche Geltendmachung des neuen Angriffs- oder Verteidigungsmittels auch aus Gründen unterblieben ist, die eine Nachlässigkeit der Partei im Sinne des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO tragen.
Beschluss vom 3. März 2015 - VI ZR 490/13


ZPO § 85 Abs. 2, § 130 Nr. 6, § 519 Abs. 4
Ein vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug ist als Unterschrift anzuerkennen, wenn der Schriftzug individuelle und charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschrift erkennen lässt.
Ist ein Schriftzug so oder geringfügig abweichend allgemein von den Gerichten über längere Zeit als in sehr verkürzter Weise geleistete Unterschrift unbeanstandet geblieben, darf der Rechtsanwalt darauf vertrauen, dass die Unterschrift den in der Rechtsprechung anerkannten Anforderungen entspricht.
Will das Gericht die über längere Zeit nicht beanstandete Form der Unterschrift nicht mehr hinnehmen, gebietet der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz über den Anspruch auf faire Verfahrensgestaltung hinaus gegenüber dem Rechtsanwalt eine Vorwarnung.
Beschluss vom 3. März 2015 - VI ZB 71/14


ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, Nr. 3
Die Berufungsbegründung muss eine aus sich heraus verständliche Angabe enthalten, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt.
Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung in dieser Weise jede tragende Erwägung angreifen.
Beschluss vom 3. März 2015 - VI ZB 6/14


ZPO § 301; EuGVVO Art. 6 Nr. 1
Ist eine Klage gegen mehrere einfache Streitgenossen erhoben worden und fehlt es bezüglich eines von ihnen an der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte, kann er durch Teilurteil aus dem Prozess entlassen werden.
Nach Art. 11 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im Folgenden: EuGVVO) i.V.m. Art. 9 Abs. 1 Buchst. b EuGVVO kann der Geschädigte, der seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat, vor dem Gericht seines Wohnsitzes eine Klage unmittelbar gegen den Versicherer erheben, sofern eine solche unmittelbare Klage zulässig ist und der Versicherer seinen Sitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates hat (Anschluss an BGHZ 176, 276).
Art. 6 Nr. 1 EuGVVO eröffnet trotz Konnexität mit der Klage gegen den Versicherer diesen Gerichtsstand am Wohnsitz des Klägers nicht für eine Klage gegen den Versicherten oder Versicherungsnehmer, wenn dieser gemäß Art. 2 Abs. 1 EuGVVO seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats als dem des Kläger hat. Die durch den sogenannten "Ankerbeklagten" vermittelte internationale Zuständigkeit nach Art. 6 Nr. 1 EuGVVO kann nur auf dessen Wohnsitzgerichtsstand (Art. 2 Abs. 1 EuGVVO) gestützt werden.
Urteil vom 24. Februar 2015 - VI ZR 279/14


BGB § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1
Die Frage, welche Maßnahmen der Arzt aus der berufsfachlichen Sicht seines Fachbereichs unter Berücksichtigung der in seinem Fachbereich vorausgesetzten Kenntnisse und Fähigkeiten in der jeweiligen Behandlungssituation ergreifen muss, richtet sich in erster Linie nach medizinischen Maßstäben, die der Tatrichter mit Hilfe eines Sachverständigen zu ermitteln hat. Er darf den medizinischen Standard grundsätzlich nicht ohne eine entsprechende Grundlage in einem Sachverständigengutachten oder gar entgegen den Ausführungen des Sachverständigen aus eigener Beurteilung heraus festlegen.
Bei der Einstufung eines ärztlichen Fehlverhaltens als grob handelt es sich um eine juristische Wertung, die dem Tatrichter obliegt. Diese wertende Entscheidung muss aber in vollem Umfang durch die vom ärztlichen Sachverständigen mitgeteilten Fakten getragen werden und sich auf die medizinische Bewertung des Behandlungsgeschehens durch den Sachverständigen stützen können.
Urteil vom 24. Februar 2015 – VI ZR 106/13


ZPO § 138
Den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei kann eine sekundäre Darlegungslast treffen, wenn die nähere Darlegung der primär darlegungsbelasteten Partei nicht möglich oder zumutbar ist, während der Prozessgegner alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen.
Diese Grundsätze gelten auch bei Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung eines strafrechtlichen Schutzgesetzes. Dabei spielt keine Rolle, ob ein entsprechender Auskunftsanspruch gegen den Schädiger besteht.
Urteil vom 10. Februar 2015 - VI ZR 343/13


ZPO § 520
Zum notwendigen Inhalt einer Berufungsbegründung.
Beschluss vom 10. Februar 2015 - VI ZB 26/14


BGB § 253 Abs. 2, § 254 Abs. 2 Satz 1, § 823 Abs. 1
Zur Haftung des Schädigers für psychische Beeinträchtigungen, wenn der Geschädigte es unterlässt, sich einer (weiteren) Behandlung zu unterziehen.
Urteil vom 10. Februar 2015 - VI ZR 8/14


BGB § 675, § 826; KWG §§ 1, 32
Zur Haftung eines Rechtsanwalts, der als Treuhänder aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrages Kapital in einem unzulässigen Einlagengeschäft anlegt.
Urteil vom 10. Februar 2015 - VI ZR 569/13


BGB § 208 a.F., § 212 Abs. 1 Nr. 1 n.F.
Zu den Voraussetzungen eines Anerkenntnisses im Sinne von § 208 BGB a.F. bzw. § 212 Abs. 1 Nr. 1 n.F..
Urteil vom 27. Januar 2015 - VI ZR 87/14


SGB X § 116 Abs. 1; SGB IX § 14 Abs. 1, Abs. 2
Eine mit einem Anspruchsübergang verbundene Leistungszuständigkeit kann sich auch daraus ergeben, dass ein Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX mangels Weiterleitung des Antrages gemäß § 14 Abs. 1 SGB IX im Außenverhältnis gegenüber dem betroffenen behinderten Menschen leistungszuständig geworden ist.
Der Rehabilitationsträger kann wegen der Beiträge, die er gem. § 251 Abs. 2 Satz 2 SGB V für den geschädigten behinderten Menschen dem Träger der Einrichtung zu erstatten hat, nach § 116 Abs. 1 SGB X Rückgriff bei dem zum Ersatz des Verdienstausfalls verpflichteten Schädiger nehmen, wenn der Geschädigte vor dem schädigenden Ereignis in der Krankenversicherung pflichtversichert gewesen ist oder ohne den Unfall pflichtversichert geworden wäre.
Urteil vom 27. Januar 2015 - VI ZR 54/14


ZPO § 68, § 74, BGB § 833
Die sich aus der Streitverkündung ergebende Streithilfewirkung tritt nach § 68, § 74 Abs. 3 ZPO nur gegen den Dritten ein, nicht aber auch gegen die Partei, die ihm im Vorprozess den Streit verkündet hat. Dies gilt unabhängig davon, ob die Partei, die im Vorprozess dem Dritten den Streit verkündet hat, sich im Folgeprozess auf die Bindungswirkung beruft.
Für die Haftungsbegründung des Tierhalters muss die von dem Tier ausgehende Gefahr nicht die einzige Ursache des eingetretenen Unfalls sein. Die Mitverursachung oder bloß mittelbare Verursachung ist ausreichend.
Urteil vom 27. Januar 2015 - VI ZR 467/13


ZPO § 520
Eine Berufungsbegründung bedarf einer aus sich heraus verständlichen Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Sie muss auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Hierfür reicht es nicht aus, auf Vorbringen in der Klageschrift zu verweisen und einen Gehörsverstoß wegen Verletzung der Hinweispflicht zu rügen, ohne auszuführen, was auf einen entsprechenden Hinweis vorgetragen worden wäre.
Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung in dieser Weise jede tragende Erwägung angreifen; andernfalls ist die Berufung unzulässig.
Beschluss vom 27. Januar 2015 - VI ZB 40/14


BGB § 253 Abs. 2, § 823 Abs. 1 Aa; StVG § 7 Abs. 1, § 11
Bei der Beurteilung der Frage, ob psychische Beeinträchtigungen infolge des Unfalltodes naher Angehöriger eine Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellen, kommt dem Umstand maßgebliche Bedeutung zu, ob die Beeinträchtigungen auf die direkte Beteiligung des "Schockgeschädigten" an dem Unfall oder das Miterleben des Unfalls zurückzuführen oder ob sie durch den Erhalt einer Unfallnachricht ausgelöst worden sind.
Urteil vom 27. Januar 2015 – VI ZR 548/12


ZPO § 322; StPO § 406 Abs. 3 Satz 1
Zur Rechtskraftwirkung eines im Adhäsionsverfahren ergangenen rechtskräftigen Urteils über einen unbezifferten Schmerzensgeldantrag.
Urteil vom 20. Januar 2015 - VI ZR 27/14


Bundesgerichtshof entscheidet über den Anspruch des Patienten gegen den Klinikträger auf Preisgabe der Privatanschrift eines angestellten Arztes
Urteil vom 20. Januar 2015 - VI ZR 137/14
Pressemitteilung 09/15


ZPO § 321
Hat das Erstgericht über einen vom Kläger gestellten Feststellungsantrag nicht entschieden und diesen Antrag auch nicht in den Tatbestand seines (unvollständigen) Urteils aufgenommen und hat der Kläger weder Tatbestandsberichtigung noch Urteilsergänzung beantragt, ist die Rechtshängigkeit der Klage, soweit sie Gegenstand des übergangenen Antrags gewesen ist, mit dem Ablauf der Antragsfrist des § 321 Abs. 2 ZPO entfallen. Hat der Kläger den vom Erstgericht übergangenen Feststellungsantrag in der Berufungsinstanz erneut gestellt und damit sein Feststellungsbegehren durch zulässige Klageerweiterung wieder in den Prozess eingeführt, kann über diesen Antrag in der Sache nur das Berufungsgericht selbst entscheiden.
Urteil vom 20. Januar 2015 - VI ZR 209/14


ZPO §§ 233, 236
Eine Partei, der in erster Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, darf grundsätzlich davon ausgehen, dass bei unveränderten wirtschaftlichen Verhältnissen auch in der zweiten Instanz ihre Bedürftigkeit bejaht wird. Diese Voraussetzung ist aber dann nicht gegeben, wenn die Partei oder ihr anwaltlicher Vertreter (§ 85 Abs. 2 ZPO) erkennen kann, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht gegeben sind. Das gilt insbesondere dann, wenn im Hinblick darauf, dass der Partei vom Gericht ein entsprechender Hinweis erteilt worden ist, vernünftigerweise mit einer Verweigerung der Prozesskostenhilfe mangels Bedürftigkeit zu rechnen ist.
Beschluss vom 13. Januar 2015 - VI ZB 61/14


ZPO § 286
Wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht, darf der Tatrichter auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde auszuweisen vermag. Zudem muss das Gericht, wenn es bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen.
Beschluss vom 13. Januar 2015 - VI ZR 204/14


ZPO § 233
Der Rechtsanwalt hat selbständig und eigenverantwortlich zu prüfen, ob ein Fristende richtig ermittelt und eingetragen wurde, wenn ihm die Sache im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung, insbesondere zu deren Bearbeitung, vorgelegt wird. Dies gilt auch dann, wenn ihm die Akte nach vorangegangener Fertigung eines Entwurfs der Berufungsschrift nur zum Zwecke der Unterschrift vorgelegt wird.
Beschluss vom 13. Januar 2015 - VI ZB 46/14


ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1, § 3; BGB § 823 Abs. 1 (Ah), § 1004; GG Art. 1, 2, 5
Zur Beschwer des Beklagten, der zur Löschung zweier mehr als drei Jahre alter E-Mails von seiner Internetseite verurteilt worden ist.
Beschluss vom 13. Januar 2015 - VI ZB 29/14


ZPO § 233
Die Versäumung einer Frist ist unverschuldet und einer Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn die rechtzeitige Vornahme einer fristwahrenden Handlung wegen des wirtschaftlichen Unvermögens einer Partei unterbleibt.
Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Partei bis zum Ablauf der Frist einen den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Antrag auf Prozesskostenhilfe eingereicht und alles in ihren Kräften Stehende getan hat, damit über den Antrag ohne Verzögerung sachlich entschieden werden kann, und sie deshalb vernünftigerweise nicht mit einer Verweigerung der Prozesskostenhilfe mangels Bedürftigkeit rechnen musste.
Daran fehlt es, wenn die Partei im Prozesskostenhilfeantrag - für sie selbst offensichtlich - wahrheitswidrig angegeben hat, über keine Bankkonten zu verfügen.
Beschluss vom 16. Dezember 2014 - VI ZA 15/14


BGB § 823; § 824; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 12; MRK Art. 8 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1
§ 824 Abs. 1 BGB bietet keinen Schutz vor abwertenden Meinungsäußerungen. Dies gilt auch für Äußerungen, in denen Tatsachen und Meinungen sich vermengen, sofern sie durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind.
Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb schützt auch das Interesse des Unternehmers daran, dass seine wirtschaftliche Stellung nicht durch inhaltlich unrichtige Informationen oder Wertungen, die auf sachfremden Erwägungen beruhen oder herabsetzend formuliert sind, geschwächt wird und andere Marktteilnehmer deshalb von Geschäften mit ihm abgehalten werden.
Eine wertende Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen als Schmähkritik angesehen werden.
Urteil vom 16. Dezember 2014 - VI ZR 39/14


ZPO § 287 Abs. 1; BGB § 249 Abs. 2 Satz 1, § 249 Abs. 1, § 632 Abs. 2
Zur Ermittlung der erforderlichen Kosten für die Beseitigung von Fahrbahnverschmutzungen ("Ölspur"), wenn der Geschädigte bei der Schadensbeseitigung durch eine Fachbehörde handelt.
Urteil vom 9. Dezember 2014 - VI ZR 138/14


ZPO §§ 85 Abs. 2, 233
Zur Ausgangskontrolle fristgebundener Anwaltsschriftsätze.
Beschluss vom 9. Dezember 2014 - VI ZB 42/13


BGB § 823; StVG § 7
Eine Sache ist dann "beschädigt" im Sinne des § 7 StVG, wenn entweder ihre Substanz nicht unerheblich verletzt oder wenn ihre Brauchbarkeit zu ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung nicht unerheblich beeinträchtigt worden ist, ohne dass zugleich ein Eingriff in die Sachsubstanz vorliegt. Eine Beeinträchtigung der Brauchbarkeit einer Sache zu ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung liegt nicht schon dann vor, wenn nur der tatsächliche Bedarf für die entsprechende Verwendung eingeschränkt wird.
Soweit Vorschriften der StVO nach ihrem Sinn und Zweck den Straßenverkehr selbst vor Störungen schützen wollen, dienen sie dem öffentlichen Interesse und nicht auch den Vermögensinteressen derjenigen, die von einer Verkehrsstörung und der daraus folgenden Beschränkung der Nutzbarkeit der Straße besonders betroffen sind.
Soll der berechtigte Besitz an einer Sache dazu dienen, eine bestimmte Nutzung der Sache zu ermöglichen, so stellt es eine Rechtsgutsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB dar, wenn der Besitzer an eben dieser Nutzung durch einen rechtswidrigen Eingriff in relevanter Weise gehindert wird. Voraussetzung ist freilich stets, dass die Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung der Sache ihren Grund in einer unmittelbaren Einwirkung auf die Sache selbst hat.
Urteil vom 9. Dezember 2014 - VI ZR 155/14


Nachtrag zu einer ursprünglich zulässigen Verdachtsberichterstattung nach Ausräumung des Verdachts
Urteil vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14
Pressemitteilung 168/14


BGB § 823 Abs. 1; SGB VII § 104 Abs. 1 Satz 1, § 108 Abs. 1; § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG
Besteht zwischen mehreren Schädigern ein Gesamtschuldverhältnis, können Ansprüche des Geschädigten gegen einen Gesamtschuldner (Zweitschädiger) auf den Betrag beschränkt sein, der auf diesen im Innenverhältnis zu dem anderen Gesamtschuldner (Erstschädiger) endgültig entfiele, wenn die Schadensverteilung nach § 426 BGB nicht durch eine sozialversicherungsrechtliche Haftungsprivilegierung des Erstschädigers gestört wäre.
Die unanfechtbare Entscheidung des für den Verleiher zuständigen Versicherungsträgers, in der der Unfall eines auf Grund eines wirksamen Vertrags entliehenen Arbeitnehmers im Unternehmen des Entleihers als Arbeitsunfall anerkannt wird, hindert die Zivilgerichte nicht, den Unfall haftungsrechtlich dem Unternehmen des Entleihers zuzuordnen und diesen gemäß § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII als haftungsprivilegiert anzusehen.
Die durch eine sozialversicherungsrechtliche Haftungsprivilegierung des Erstschädigers bewirkte Störung des Gesamtschuldverhältnisses wird nicht dadurch "ausgeglichen", dass dem aus übergegangenem Recht klagenden Sozialversicherungsträger ein Rückgriffsanspruch aus § 110 Abs. 1 SGB VII gegen den Erstschädiger zusteht.
Zur Verkehrssicherungspflicht des mit der örtlichen Bauüberwachung beauftragten Architekten.
Urteil vom 18. November 2014 - VI ZR 47/13


SGB VII §§ 104, 108, 110
Die unanfechtbare Entscheidung des für den Verleiher zuständigen Versicherungsträgers, in der der Unfall eines - auf Grund eines wirksamen Vertrags - entliehenen Arbeitnehmers (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG) im Unternehmen des Entleihers als Arbeitsunfall anerkannt wird, hindert die Zivilgerichte nicht, den Unfall haftungsrechtlich dem Unternehmen des Entleihers zuzuordnen und diesen als haftungsprivilegiert anzusehen.
Urteil vom 18. November 2014 - VI ZR 141/13


Nachtrag zu einer ursprünglich zulässigen Verdachtsberichterstattung nach Ausräumung des Verdachts
BGB § 1004
Hat ein Presseorgan unter Beachtung der Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung über den Verdacht einer Straftat berichtet, kann der Betroffene bei späterer Ausräumung des Verdachts und Fortwirken der Beeinträchtigung von dem Presseorgan nicht die Richtigstellung der ursprünglichen Berichterstattung, sondern nur die nachträgliche Mitteilung (Nachtrag) verlangen, dass nach Klärung des Sachverhalts der berichtete Verdacht nicht mehr aufrechterhalten werde.
Urteil vom 18. November 2014 - VI ZR 76/14
Pressemitteilung 168/14


KUG § 22 Satz 1
Zur konkludenten Einwilligung in die Veröffentlichung eines Bildnisses in einem Eventportal (hier: Foto von einer Hostess, die auf einer Prominentenparty im Auftrag einer Promotion-Agentur Aktionsware (Zigaretten) anbietet).
Urteil vom 11. November 2014 - VI ZR 9/14

 
ZPO § 286; BGB § 630h
In Arzthaftungsprozessen hat der Tatrichter die Pflicht, Widersprüchen zwischen Äußerungen mehrerer Sachverständiger von Amts wegen nachzugehen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, auch wenn es sich um Privatgutachten handelt.
Legt eine Partei ein medizinisches Gutachten vor, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht, so darf der Tatrichter den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt.
Das Fehlen der Dokumentation einer aufzeichnungspflichtigen Maßnahme begründet die Vermutung, dass die Maßnahme unterblieben ist. Diese Vermutung entfällt weder deshalb, weil in der Praxis mitunter der Pflicht zur Dokumentation nicht nachgekommen wird, noch deshalb, weil die Dokumentation insgesamt lückenhaft ist.
Urteil vom 11. November 2014 - VI ZR 76/13


BGB §§ 133, 157, KUG §§ 22, 23
Zur Reichweite eines vertraglich vereinbarten Unterlassungsgebotes – hier: Keine Verpflichtung zur Einwirkung auf RSS-Feed-Abonnenten, die das vor Abschluss des Unterlassungsvertrages bezogene Bild weiter veröffentlichen.
Urteil vom 11. November 2014 - VI ZR 18/14


BGB § 826, § 249
Werden aus öffentlichen Mitteln Wohnbauförderungsdarlehen infolge falscher Angaben einem Bauherrn gewährt, der die Voraussetzungen für die Leistung dieser Subvention (hier: nach den Bestimmungen des Wohnbauförderungsgesetzes - WoFG) nicht erfüllt, besteht der Schaden des Darlehensgebers schon in der Eingehung der Darlehensverpflichtung mit dem nicht förderungswürdigen Bauherrn (Fortführung von Senatsurteil vom 21. Dezember 2004 – VI ZR 306/03, BGHZ 161, 361).
Urteil vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 15/14


BGB § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1
Bestehen deutliche Anzeichen dafür, dass sich der Zustand der Schwangeren bzw. der Geburtsvorgang so entwickeln können, dass die Schnittentbindung zu einer echten Alternative zur vaginalen Entbindung wird, muss der Arzt die Schwangere über die unterschiedlichen Risiken und Vorteile der verschiedenen Entbindungsmethoden aufklären.
Besteht die ernsthafte Möglichkeit, dass die Schnittentbindung im weiteren Verlauf als relativ indiziert anzusehen sein wird, und klärt der Arzt die Schwangere in Hinblick darauf über die verschiedenen Entbindungsmethoden und die mit ihnen verbundenen Risiken auf, so muss er die Schwangere grundsätzlich nicht nochmals über die Möglichkeit der Schnittentbindung unterrichten, wenn die ernsthaft für möglich gehaltene Entwicklung eingetreten und die Sectio zur gleichwertigen Behandlungsalternative geworden ist.
Urteil vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 125/13


Vorlage an den EuGH in Sachen "Speicherung von dynamischen IP-Adressen"
Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Richtlinie) Art. 2 a, Art. 7 f; TMG §§ 12, 15
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt:
1. Ist Art. 2 Buchstabe a der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Abl. EG 1995, L 281/31) Datenschutz-Richtlinie - dahin auszulegen, dass eine Internetprotokoll-Adresse (IP-Adresse), die ein Diensteanbieter im Zusammenhang mit einem Zugriff auf seine Internetseite speichert, für diesen schon dann ein personenbezogenes Datum darstellt, wenn ein Dritter (hier: Zugangsanbieter) über das zur Identifizierung der betroffenen Person erforderliche Zusatzwissen verfügt?
2. Steht Art. 7 Buchstabe f der Datenschutz-Richtlinie einer Vorschrift des nationalen Rechts entgegen, wonach der Diensteanbieter personenbezogene Daten eines Nutzers ohne dessen Einwilligung nur erheben und verwenden darf, soweit dies erforderlich ist, um die konkrete Inanspruchnahme des Telemediums durch den jeweiligen Nutzer zu ermöglichen und abzurechnen, und wonach der Zweck, die generelle Funktionsfähigkeit des Telemediums zu gewährleisten, die Verwendung nicht über das Ende des jeweiligen Nutzungsvorgangs hinaus rechtfertigen kann?
Urteil vom 28. Oktober - VI ZR 135/13


BGB § 134; RDG § 2 Abs. 2 Satz 1 Fall 2, § 3, § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Die Abtretung einer Forderung (hier: des durch einen Verkehrsunfall Geschädigten auf Erstattung von Sachverständigenkosten) durch einen Sachverständigen an ein Factoring-Unternehmen, das nicht über eine Registrierung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG verfügt, ist wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 RDG in Verbindung mit § 3 RDG gemäß § 134 BGB nichtig, wenn das Factoring-Unternehmen nicht das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung übernimmt.
Urteil vom 21. Oktober 2014 - VI ZR 507/13


BGB § 823
Auch der Arzt, der einen Patienten ausschließlich über den von einem anderen Arzt angeratenen und durchzuführenden Eingriff aufklärt, kann dem Patienten im Falle einer fehlerhaften oder unzureichenden Aufklärung aus unerlaubter Handlung haften.
Zur Reichweite der Verantwortlichkeit des aufklärenden Arztes.
Urteil vom 21. Oktober 2014 - VI ZR 14/14


BGB § 823 Abs. 2 A, § 263 Abs. 1; StGB § 13
Eine Garantenstellung des Schädigers, die es rechtfertigt, das Unterlassen der Erfolgsabwendung dem Herbeiführen des Erfolgs gleichzustellen, ist nach den Umständen des konkreten Einzelfalles auf der Grundlage einer Abwägung der Interessenlage und der Bestimmung des konkreten Verantwortungsbereichs der Beteiligten zu bestimmen. Dies gilt in besonderem Maße, wenn die Garantenstellung aus einer rechtlichen Sonderbeziehung hergeleitet werden soll.
Urteil vom 14. Oktober 2014 - VI ZR 466/13


Verwertung rechtswidrig beschaffter E-Mails zum Zwecke der Presseberichterstattung
BGB § 823; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; MRK Art. 8 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht in der Ausprägung der Vertraulichkeitssphäre und des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung schützt das Interesse des Kommunikationsteilnehmers daran, dass der Inhalt privater E-Mails nicht an die Öffentlichkeit gelangt.
Die Veröffentlichung rechtswidrig beschaffter oder erlangter Informationen ist vom Schutz der Meinungsfreiheit umfasst.
Werden rechtswidrig erlangte Informationen zum Zwecke der Berichterstattung verwertet, kommt es bei der Abwägung des von der Presse verfolgten Informationsinteresses der Öffentlichkeit und ihres Rechts auf Meinungsfreiheit mit dem Interesse des Betroffenen am Schutz seiner Persönlichkeit maßgeblich auf den Zweck der beanstandeten Äußerung und auf das Mittel an, mit dem der Zweck verfolgt wird.
Urteil vom 30. September 2014 - VI ZR 490/12
Pressemitteilung 137/14


BGB 823 Abs. 1
Hat das erstinstanzliche Gericht den Patienten zur Frage des Entscheidungskonflikts persönlich angehört und will das Berufungsgericht das Ergebnis dieser Anhörung abweichend vom Erstgericht würdigen, ist es dazu grundsätzlich nicht ohne erneute persönliche Anhörung des Patienten befugt.
Urteil vom 30. September 2014 - VI ZR 443/13

ZPO § 325 Abs. 1; BGB § 407 Abs. 2, § 412; SGB VII § 106 Abs. 3 Alt. 3Eine rechtskräftige Entscheidung entfaltet Bindungswirkung regelmäßig nur gegenüber den Parteien des Vorprozesses.Für die Kenntnis von einem Forderungsübergang nach § 116 Abs. 1 SGB X reicht aus, dass der Schädiger tatsächliche Umstände kennt, von denen allgemein bekannt ist, dass sie versicherungspflichtig machen.Eine "gemeinsame" Betriebsstätte setzt eine gewisse Verbindung zwischen den Tätigkeiten als solchen in der konkreten Unfallsituation voraus. Parallele Tätigkeiten, die sich beziehungslos nebeneinander vollziehen, genügen ebenso wenig wie eine bloße Arbeitsberührung.Urteil vom 23. September 2014 - VI ZR 483/12

BDSG § 29; ZPO § 559
Zur Zulässigkeit der Erhebung, Speicherung und Übermittlung von personenbezogenen Daten im Rahmen eines Arztsuche- und Arztbewertungsportals im Internet (www.jameda.de).
Urteil vom 23. September 2014 - VI ZR 358/13
Pressemitteilung 132/14


ZPO § 318, § 321a, § 543 Abs. 1 Nr. 1
Lässt das Berufungsgericht auf eine Anhörungsrüge hin die Revision nachträglich zu, bindet die Zulassungsentscheidung das Revisionsgericht nicht, wenn bei der vorangegangenen Entscheidung, die Revision nicht zuzulassen, ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör nicht vorgelegen hat.
Urteil vom 16. September 2014 - VI ZR 55/14


BGB § 249 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1; ZPO § 287
Die Kosten für die Begutachtung des bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist.
Der Schätzung der Höhe der erforderlichen Sachverständigenkosten nach § 287 Abs. 1 ZPO müssen tragfähige Anknüpfungspunkte zugrunde liegen. Sie darf nicht völlig abstrakt erfolgen, sondern muss dem jeweiligen Einzelfall Rechnung tragen.
Die losgelöst von den Umständen des Einzelfalls erfolgte Beurteilung des Tatrichters, die von einem Sachverständigen zusätzlich zu einem Grundhonorar berechneten Nebenkosten seien in Routinefällen grundsätzlich in Höhe von 100 € erforderlich, während sie, soweit sie diesen Betrag überstiegen, erkennbar überhöht und deshalb nicht ersatzfähig seien, entbehrt
einer hinreichend tragfähigen Grundlage.
Urteil vom 22. Juli 2014 - VI ZR 357/13


ZPO § 85 Abs. 2; § 233
Da die Unterschriftenkontrolle, die der Rechtsanwalt zuverlässigen Bürokräften überlassen darf, gerade der Vermeidung eines erfahrungsgemäß nicht gänzlich ausschließbaren Anwaltsversehens bei der Unterschriftsleistung dient, kann auf ein zeitlich vor der unterbliebenen Unterschriftskontrolle liegendes Anwaltsversehen im Zusammenhang mit der Unterzeichnung der Berufungsschrift regelmäßig nicht zurückgegriffen werden.
Beschluss vom 15. Juli 2014 - VI ZB 15/14


BGB § 307; VVG § 81 Abs. 2
Ist der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines gewerblichen Kfz-Vermieters vorgesehene Haftungsvorbehalt für Fälle grober Fahrlässigkeit wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, findet die Regelung des § 81 Abs. 2 VVG entsprechende Anwendung (Bestätigung des Senatsurteils vom 11. Oktober 2011 - VI ZR 46/10, BGHZ 191, 150).
Zu den Voraussetzungen für die Annahme grober Fahrlässigkeit bei einem selbstverschuldeten Unfall mit einem angemieteten Kraftfahrzeug.
Urteil vom 15. Juli 2014 - VI ZR 452/13


BGB §§ 195, 199, 203, 214; SGB X § 116 Abs. 1 Satz 1
Bei einem Wechsel des Sozialversicherungsträgers (hier: der Krankenkasse) gehen die vom zuerst verpflichteten Sozialversicherungsträger gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X erworbenen Ersatzansprüche des Geschädigten kraft Gesetzes auf den nun zuständigen Sozialversicherungsträger über, sofern die geschuldeten Versicherungsleistungen sachlich und zeitlich kongruent sind.
Der nachfolgende Sozialversicherungsträger erwirbt die Ersatzforderung - auch was einen beim zuerst verpflichteten Sozialversicherungsträger eingetretenen Verjährungsbeginn anbelangt - so, wie sie sich bei dem Rechtsübergang befindet.
Zugunsten des Rechtsnachfolgers wirkt nur die bei seinem Rechtsvorgänger durch Verhandlungen gemäß § 203 BGB bis zum Rechtsübergang bewirkte Verjährungshemmung; ob eine Hemmung der Verjährung beim Rechtsnachfolger eintritt, hängt hingegen davon ab, ob Hemmungsgründe in seiner Person vorliegen.
Verjährungsverzichtserklärung, die der Schuldner nur im Verhältnis zum Rechtsvorgänger abgegeben hat, wirken grundsätzlich nicht zugunsten des Rechtsnachfolgers.
Urteil vom 1. Juli 2014 - VI ZR 391/13


SGB VI § 179
Ersatzansprüche gehen nach § 179 Abs. 1a Satz 1 SGB VI erst in dem Zeitpunkt über, in dem die Erstattungsleistungen nach § 179 Abs. 1 SGB VI erbracht werden.
Urteil vom 1. Juli 2014 - VI ZR 546/13


Kein Anspruch auf Auskunft über Anmeldedaten gegen den Betreiber eines Internetportals
TMG § 12 Abs. 2, § 14 Abs. 2, § 15 Abs. 5 Satz 4
Dem durch persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalte einer Internetseite (hier: zur Bewertung von Ärzten) Betroffenen kann ein Unterlassungsanspruch gegen den Diensteanbieter zustehen (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219). Darüber hinaus darf der Diensteanbieter nach § 14 Abs. 2, § 15 Abs. 5 Satz 4 Telemediengesetz (TMG) auf Anordnung der zuständigen Stellen im Einzelfall Auskunft über Bestands-, Nutzungs- und Abrechnungsdaten erteilen, soweit dies u.a. für Zwecke der Strafverfolgung erforderlich ist.
Der Betreiber eines Internetportals ist in Ermangelung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im Sinne des § 12 Abs. 2 TMG dagegen grundsätzlich nicht befugt, ohne Einwilligung des Nutzers dessen personenbezogene Daten zur Erfüllung eines Auskunftsanspruchs wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung an den Betroffenen zu übermitteln.
Urteil vom 1. Juli 2014 - VI ZR 345/13


BGB § 823 Abs. 2 Bf.; KWG § 32 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3; Lugano-Abk I Art. 5 Nr. 3, Lugano-Abk II Art. 5 Nr. 3; InsO §§ 335, 343; Schweiz:SchKG Art. 303
Werden gegen das Organ einer Gesellschaft Ansprüche aus unerlaubter Handlung geltend gemacht, so bilden den Gegenstand des Verfahrens nicht ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag im Sinne der Art. 5 Nr. 1 LugÜ I bzw. Art. 5 Nr. 1 Buchst. a LugÜ II. Eine internationale Zuständigkeit kann sich aus Art. 5 Nr. 3 LugGÜ I/II ergeben.
Beim Schweizer Nachlassverfahren handelt es sich um ein ausländisches Insolvenzverfahren im Sinne des deutschen internationalen Insolvenzrechts (Anschluss an Senatsurteil vom 20. Dezember 2011 – VI ZR 14/11, WM 2012, 852 Rn. 32 ff.).
Die gerichtliche Bestätigung eines Schweizer Nachlassvertrages wird gemäß § 343 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 InsO im Inland anerkannt.
Der Verlust der Rechte gegen Mitverpflichtete gemäß Art. 303 Abs. 2 SchKG ist eine Wirkung, die als insolvenzrechtlich zu qualifizieren und daher gemäß § 335 InsO nach Schweizer Recht zu beurteilen ist.
Urteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 315/13
BGB § 823; StGB § 264a
Der objektive Tatbestand des § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter durch Äußerungen in einem der dort genannten Werbemittel tatsachenbezogene Informationen verbreitet, die aufgrund ihres unrichtigen Inhalts geeignet sind, bei potentiellen Anlegern Fehlvorstellungen über die mit einem bestimmten Anlageobjekt verbundenen Risiken zu erzeugen. Erforderlich ist, dass die in der Bestimmung genannten Werbemittel den der Anlagegesellschaft und ihrer Vertriebsorganisation zuzurechnenden "internen" Bereich verlassen haben und einem größeren Kreis potentieller Anleger zugänglich gemacht wurden.
Unrichtige Informationen im Sinne des § 264a Abs. 1 StGB verbreitet auch derjenige, der nachträglich unrichtig gewordene Werbemittel im Sinne des § 264a Abs. 1 StGB gegenüber einem größeren Kreis anderer, bislang noch nicht angesprochener Anleger (weiter) verwendet, indem er sie nach Eintritt der Unrichtigkeit zusendet, auslegt, verteilt oder sonst zugänglich macht.
Urteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 560/13


ZPO § 78b, § 233
Eine Partei, die die Beiordnung eines Notanwalts beantragt, hat nachzuweisen, dass sie trotz zumutbarer Anstrengungen einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht gefunden hat. Hat sie zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und entsprechend mandatiert, so kommt im Falle einer späteren Mandatsniederlegung die Bestellung nur dann in Betracht, wenn sie auch darlegt, dass die Beendigung des Mandats nicht auf ihr Verschulden zurückzuführen ist.
Einer Partei, die keinen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden hat, ist nach denselben Grundsätzen Wiedereinsetzung in eine versäumte Frist zu gewähren wie einer Partei, die aus finanziellen Gründen zur Fristwahrung nicht in der Lage war und deshalb Prozesskostenhilfe beantragt hat.
Die Wiedereinsetzung setzt dabei voraus, dass die betroffene Partei die für die Bestellung eines Notanwalts nach § 78b ZPO erforderlichen Voraussetzungen innerhalb der noch laufenden Frist darlegt. Dazu gehört im Falle der vorausgegangen Mandatsniederlegung auch die Darlegung der dazu führenden, von ihr nicht zu vertretenden Umstände.
Beschluss vom 24. Juni 2014 - VI ZR 226/13

 

Kein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms
BGB § 254 Abs. 1 Da; StVG
Der Schadensersatzanspruch eines Radfahrers, der im Straßenverkehr bei einem Verkehrsunfall Kopfverletzungen erlitten hat, die durch das Tragen eines Schutzhelms zwar nicht verhindert, wohl aber hätten gemildert werden können, ist jedenfalls bei Unfallereignissen bis zum Jahr 2011 grundsätzlich nicht wegen Mitverschuldens gemäß § 9 StVG, § 254 Abs. 1 BGB gemindert.
Urteil vom 17. Juni 2014 - VI ZR 281/13
Pressemitteilung 95/14


ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
Zu den Voraussetzungen für eine Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht.
BGB § 831
Ob ein Geschäftsherrn-/Verrichtungsgehilfenverhältnis besteht, beurteilt sich nach den tatsächlichen Umständen.
Urteil vom 3. Juni 2014 - VI ZR 394/13

 

BGB § 823
Bei der Deutung des Sinnes einer in einer Presseveröffentlichung enthaltenen Äußerung ist die Äußerung stets in dem Zusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden.
Urteil vom 27. Mai 2014 - VI ZR 153/13

 

StVO § 8 Abs. 1; StVG § 17 Abs. 1
Der Benutzer einer bevorrechtigten Straße ist gegenüber Verkehrsteilnehmern, die auf einer einmündenden oder die Vorfahrtsstraße kreuzenden nicht bevorrechtigten Straße herankommen, so lange vorfahrtsberechtigt, bis er die Vorfahrtsstraße mit der ganzen Länge seines Fahrzeugs verlassen hat.
Urteil vom 27. Mai 2014 - VI ZR 279/13

 

ZPO §§ 4 Abs. 1 Halbs. 2, 511 Abs. 2 Nr. 1
Nicht zuerkannte Kosten für die Einholung einer Deckungszusage können der Beschwer nur hinzugerechnet werden, soweit die zugrunde liegende Hauptforderung nicht mehr Prozessgegenstand ist (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 8. Mai 2012 – VI ZB 1/11, VersR 2012, 1272 Rn. 7 mwN und - VI ZB 2/11, juris).
Beschluss vom 20. Mai 2014 - VI ZB 49/12

 

ZPO § 237
Zur Frage der Zuständigkeit des Berufungsgerichts zur Entscheidung über einen in der ersten Instanz gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist, über den das Eingangsgericht nicht entschieden hat.
Urteil vom 20. Mai 2014 - VI ZR 384/13

 

RVG § 15, § 22
Ein Rechtsanwalt kann die Gebühr gemäß Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses (Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz) auch dann nur einmal aus dem Gesamtgegenstandswert und nicht zweimal aus (dann niedrigeren) Teilgegenstandswerten verlangen, wenn die von ihm für seinen Mandanten geltend gemachte Forderung außergerichtlich nur teilweise erfüllt wird und ihm deshalb für den noch offenen Teil der Forderung Klageauftrag erteilt wird.
Urteil vom 20. Mai 2014 - VI ZR 396/13

 

ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1, 103; BGB § 242
Ein Kostenfestsetzungsverlangen kann als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein, wenn der Antragsteller die Festsetzung von Mehrkosten beantragt, die darauf beruhen, dass mehrere von demselben Prozessbevollmächtigten vertretene Antragsteller in engem zeitlichem Zusammenhang mit weitgehend gleichlautenden Antragsbegründungen aus einem weitgehend identischen Lebenssachverhalt ohne sachlichen Grund in getrennten Prozessen gegen denselben Antragsgegner vorgegangen sind.
Ein Kostenfestsetzungsverlangen ist nicht als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren, wenn die von demselben Prozessbevollmächtigten vertretenen Antragsteller den Antragsgegner zeitlich gestaffelt in Anspruch nehmen und ihr Vorgehen dazu bestimmt und geeignet ist, das Prozessrisiko insgesamt zu reduzieren.
Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts gelten unabhängig von den konkreten Umständen stets als zweckentsprechend verursachte Kosten (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 ZPO).
Beschluss vom 20. Mai 2014 - VI ZB 9/13
GG Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1, § 823 Abs. 2
§ 823 Abs. 1 BGB bezweckt nicht den Schutz eines sorgeberechtigen Elternteils vor den psychischen Belastungen, die damit verbunden sind, dass er von einer genetisch bedingten Erkrankung des anderen Elternteils und dem damit einhergehenden Risiko Kenntnis erlangt, dass die gemeinsamen Kinder auch Träger der Krankheit sein könnten.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst ein "Recht auf Nichtwissen der eigenen genetischen Veranlagung", das den Einzelnen davor schützt, Kenntnis über ihn betreffende genetische Informationen mit Aussagekraft für seine persönliche Zukunft zu erlangen, ohne dies zu wollen.
Urteil vom 20. Mai 2014 - VI ZR 381/13

 

Haftung bei einem teils schicksalhaft, teils behandlungsfehlerhaft verursachten Gesundheitsschaden
ZPO § 318; BGB § 823 Abs. 1
Zur Bindungswirkung eines Grund- und Teilurteils.
Zur Bejahung eines abgrenzbaren Teils des Gesundheitsschadens bei Mitverursachung der Gesundheitsverletzung.
Urteil vom 20. Mai 2014 - VI ZR 187/13
Pressemitteilung 83/14

 

BGB § 823; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; MRK Art. 8 Abs. 1, Art. 10 Abs. 1
Zur Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung eines Kindes durch Bekanntgabe des zwischen ihm und einem bekannten Fernsehmoderator bestehenden Kindschaftsverhältnisses.
Urteil vom 29. April 2014 - VI ZR 137/13

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 139 Abs. 2
Erteilt das Gericht einen rechtlichen Hinweis in einer entscheidungserheblichen Frage, so darf es diese Frage im Urteil nicht abweichend von seiner geäußerten Rechtsauffassung entscheiden, ohne die Verfahrensbeteiligten zuvor auf die Änderung der rechtlichen Beurteilung hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben.
Beschluss vom 29. April 2014 - VI ZR 530/12

 

Bundesgerichtshof entscheidet über Vererblichkeit des Anspruchs auf Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts
BGB § 823
Der Anspruch auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung
ist grundsätzlich nicht vererblich.
Urteil vom 29. April 2014 – VI ZR 246/12
Pressemitteilung 70/14
 
 
BGB §§ 611, 823 Abs. 1 
Handlungsanweisungen in Leitlinien ärztlicher Fachgremien oder Verbände dürfen nicht unbesehen mit dem medizinischen Standard gleichgesetzt werden. Dies gilt in besonderem Maße für Leitlinien, die erst nach der zu beurteilenden medizinischen Behandlung veröffentlicht worden sind. Leitlinien ersetzen kein Sachverständigengutachten. Zwar können sie im Einzelfall den medizinischen Standard für den Zeitpunkt ihres Erlasses zutreffend beschreiben; sie können aber auch Standards ärztlicher Behandlung fortentwickeln oder ihrerseits veralten.
Urteil vom 15. April 2014 - VI ZR 382/12 
 
 
ZPO § 238 Abs. 1
Ein Rechtsmittel darf nicht wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist verworfen werden, wenn über den Wiedereinsetzungsantrag bezüglich dieser Fristversäumung noch nicht entschieden ist und nicht gleichzeitig entschieden wird.
Beschluss vom 15. April 2014 - VI ZR 462/13
 

GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; MRK Art. 8, 10; KUG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2;
BGB §§ 823 Abs. 1, Abs. 2 Ah, 1004 Abs. 1 Satz 2
Zur Zulässigkeit der Bildberichterstattung über das Mieterfest einer Wohnungsbaugenossenschaft in deren an ihre Mieter gerichteten Informationsbroschüre.
Urteil vom 8. April 2014 - VI ZR 197/13


ZPO § 233
Zur Glaubhaftmachung des rechtzeitigen Beginns der Übertragung einer Rechtsmittelbegründung mittels Telefax.
Beschluss vom 8. April 2014 - VI ZB 1/13
BGB § 833
Ein Ausschluss der Tierhalterhaftung wegen Handelns auf eigene Gefahr kommt auch dann regelmäßig nicht in Betracht, wenn der Geschädigte einen Hund für mehrere Tage in seiner Hundepension aufgenommen und für diese Zeit die Beaufsichtigung des Tieres übernommen hat (Fortführung von Senatsurteil vom 17. März 2009 – VI ZR 166/08, VersR 2009, 693).
Ein für die Verletzung mitursächliches Fehlverhalten des Geschädigten ist gegebenenfalls nach § 254 BGB anspruchsmindernd zu berücksichtigen.
Urteil vom 25. März 2014 - VI ZR 372/13

 

BGB § 249; § 254; § 19 2. AVVFStr
Die in § 19 Abs. 3 Satz 2 der Zweiten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Auftragsverwaltung der Bundesfernstraßen (2. AVVFStr) vom 11. Februar 1956 (Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 38 vom 23. Februar 1956) enthaltene Anweisung, von ersatzpflichtigen Dritten keine Umsatzsteuer zu erheben, wenn Leistungen zur Beseitigung von Schäden, für die Dritte ersatzpflichtig sind, von einem Unternehmer ausgeführt werden, entfaltet nur im Rahmen der Grundsätze über die Selbstbindung der Verwaltung Außenwirkung. Fehlt es an einer entsprechenden tatsächlichen Verwaltungspraxis, kann der ersatzpflichtige Dritte aus der genannten Vorschrift keine Rechte herleiten.
Auch die Bundesrepublik Deutschland kann als Geschädigte die ihr im Rahmen der Schadensbeseitigung tatsächlich angefallene Umsatzsteuer vom Schädiger ersetzt verlangen (§ 249 Abs. 2 Satz 2 BGB). Dass ihr ein Teil des Umsatzsteueraufkommens zufließt, ändert daran nichts.
Der selbst nicht vorsteuerabzugsberechtigte Geschädigte ist unter dem Gesichtspunkt seiner Obliegenheit zur Schadensminderung (§ 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB) auch dann nicht gehalten, Aufträge zur Instandsetzung der beschädigten Sache im Namen des vorsteuerabzugsberechtigten Schädigers zu erteilen, wenn dieser ihm die Abtretung sämtlicher Gewährleistungsansprüche anbietet.
Urteil vom 18. März 2014 - VI ZR 10/13

 
ZPO § 233
Zur Überwachungspflicht des Rechtsanwalts bei einer voll ausgebildeten Rechtsanwaltsfachangestellten mit mehrjähriger Berufserfahrung, die seit nahezu sechs Monaten in der Rechtsanwaltskanzlei tätig ist.
Beschluss vom 11. März 2014 - VI ZB 45/13


ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 3
Zu den Anforderungen an den Inhalt einer Berufungsbegründung.
Beschluss vom 11. März 2014 - VI ZB 22/13

BGB § 823 Abs. 1; StVO § 45 Abs. 2, Abs. 6; Richtlinie für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen - RSA 95 Zur Frage, ob es aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht erforderlich ist, trotz eines auf der gegenüberliegenden Seite vorhandenen Gehwegs in einem Baustellenbereich zusätzlich einen Notweg für Fußgänger offen zu halten, um diesen bei winterlichen Verhältnissen an dieser Stelle ein Überqueren der Straße zu ersparen. Urteil vom 25. Februar 2014 - VI ZR 299/13


Haftung des Netzbetreibers für Überspannungsschäden
Urteil vom 25. Februar 2014 - VI ZR 144/13
Pressemitteilung 33/14

BGB §§ 328, 839; GG Art. 34
Beauftragt die Straßenverkehrsbehörde zur Vollstreckung des in einem Verkehrszeichen enthaltenen Wegfahrgebots im Wege der Ersatzvornahme einen privaten Unternehmer mit dem Abschleppen eines verbotswidrig geparkten Fahrzeugs, so wird der Unternehmer bei der Durchführung des Abschleppauftrages hoheitlich tätig.
Durch das Abschleppen eines verbotswidrig geparkten Fahrzeugs im Wege der Ersatzvornahme wird ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis begründet, auf das die §§ 276, 278, 280 ff. BGB entsprechend anzuwenden sind.
Der Eigentümer des verbotswidrig geparkten Fahrzeugs ist in einer solchen Fallkonstellation nicht in den Schutzbereich des zwischen dem Verwaltungsträger und dem privaten Unternehmer geschlossenen Vertrages über das Abschleppen seines Fahrzeugs einbezogen.
Urteil vom 18. Februar 2014 - VI ZR 383/12
SGB VII § 110 Abs. 1
Von den für die Sicherheit der Beschäftigten auf einer Arbeitsstelle Verantwortlichen ist die Kenntnis der zu beachtenden Sicherheitsbestimmungen zu fordern. Die mangelnde Kenntnis ist ein für die Beurteilung des Verschuldensgrades wesentlicher Umstand.
Urteil vom 18. Februar 2014 - VI ZR 51/13
StVO § 41 Abs. 1 Anlage 2 Zeichen 297
Bei den auf dem Falkenseer Platz in Berlin zwischen den Leitlinien befindlichen Pfeilen handelt es sich nicht um bloße Fahrempfehlungen, sondern um (verbindliche) Fahrtrichtungsgebote.
Urteil vom 11. Februar 2014 - VI ZR 161/13
BGB § 249
Zur Frage der Erforderlichkeit von Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall.
Urteil vom 11. Februar 2014 - VI ZR 225/13
BGB § 823
Das Gericht darf seine Überzeugungsbildung gemäß § 286 ZPO auf die Angaben des Arztes über eine erfolgte Risikoaufklärung stützen, wenn seine Darstellung in sich schlüssig und einiger" Beweis für ein Aufklärungsgespräch erbracht ist. Dies gilt auch dann, wenn der Arzt erklärt, ihm sei das strittige Aufklärungsgespräch nicht im Gedächtnis geblieben.
Das unterzeichnete Einwilligungsformular ist - sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht - ein Indiz für den Inhalt des Aufklärungsgesprächs.
Urteil vom 28. Januar 2014 - VI ZR 143/13
Bundesgerichtshof entscheidet über Umfang einer von der SCHUFA zu erteilenden Auskunft

BDSG § 34 Abs. 4
Ein durch eine Bonitätsauskunft der SCHUFA Betroffener hat gemäß § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BDSG einen Anspruch auf Auskunft darüber, welche personenbezogenen, insbesondere kreditrelevanten Daten dort gespeichert sind und in die den Kunden der Beklagten mit geteilten Wahrscheinlichkeitswerte (Scorewerte) einfließen.
Die sogenannte Scoreformel, also die abstrakte Methode der Scorewertberechnung, ist hingegen nicht mitzuteilen.
Zu den als Geschäftsgeheimnis geschützten Inhalten der Scoreformel zählen die im ersten Schritt in die Scoreformel eingeflossenen allgemeinen Rechengrößen, wie etwa die herangezogenen statistischen Werte, die Gewichtung einzelner Berechnungselemente bei der Ermittlung des Wahrscheinlichkeitswerts und die Bildung etwaiger Vergleichsgruppen als Grundlage der Scorekarten.
Urteil vom 28. Januar 2014 - VI ZR 156/13
Pressemitteilung 16/14

 

Zum Anspruch auf Nutzungsentschädigung bei Beschädigung eines gewerblich genutzten Kraftfahrzeuges.
Beschluss vom 21. Januar 2014 – VI ZR 366/13
(Die Revision ist nach dem Hinweisbeschluss zurückgenommen worden)
StVG § 7 Abs. 1; VVG § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht.
Steht der Brand eines geparkten Kraftfahrzeuges in einem ursächlichen Zusammenhang mit dessen Betriebseinrichtungen, ist der dadurch verursachte Schaden an Rechtsgütern Dritter im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG regelmäßig der Betriebsgefahr zuzurechnen (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 27. November 2007 – VI ZR 210/06, VersR 2008, 656).
Urteil vom 21. Januar 2014 - VI ZR 253/13
BGB § 839 Abs. 1 Satz 2 (A); BGB § 823 Abs. 1; BGB § 278
Die ärztliche Heilbehandlung erfolgt regelmäßig nicht in Ausübung eines öffentlichen Amts; eine Amtshaftung kommt in Betracht, wenn der Arzt eine dem Hoheitsträger selbst obliegende Aufgabe erledigt und ihm insoweit ein öffentliches Amt anvertraut ist. Ein Arzt übt nicht deshalb ein öffentliches Amt aus, weil sein Patient im Staatsdienst beschäftigt ist.
Erkennt ein Arzt, dass das unklare klinische Beschwerdebild des Patienten umgehend eitere diagnostische Maßnahmen (hier: Hirndiagnostik) erfordert, verschiebt er die wegen unzureichender Ausstattung der Klinik erforderliche Verlegung in ein ausreichend ausgestattetes Krankenhaus aber auf den nächsten Tag, liegt ein Befunderhebungsfehler, nicht aber ein Diagnosefehler vor.
Ein Krankenhausträger haftet einem Patienten für Arztfehler eines Konsiliararztes als seines Erfüllungsgehilfen aus Vertrag (§ 278 BGB), wenn der Konsiliararzt hinzugezogen wird, weil es dem Krankenhaus an eigenem fachkundigen ärztlichen Personal mangelt, der Krankenhausträger mit den Leistungen des Konsiliararztes seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Patienten (hier: im Rahmen einer Schlaganfalleinheit) erfüllt und die Honorierung des Konsiliararztes durch den Krankenhausträger erfolgt.
Urteil vom 21. Januar 2014 - VI ZR 78/13


GG Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1, § 823 Abs. 2; StGB § 186
Eine Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine Internetveröffentlichung ist nicht generell höher oder niedriger zu bemessen als eine Entschädigung wegen eines Artikels in den Print-Medien.
Die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann demjenigen, der persönlichkeitsrechtsverletzende eigene Inhalte im Internet zum Abruf bereit hält, auch insoweit zuzurechnen sein, als sie erst durch die Weiterverbreitung des Ursprungsbeitrags durch Dritte im Internet entstanden ist.
Urteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12


BGB § 823
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist zwar die Wahl der Behandlungsmethode primär Sache des Arztes. Die Wahrung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten erfordert aber eine Unterrichtung über eine alternative Behandlungsmöglichkeit, wenn für eine medizinisch sinnvolle und indizierte Therapie mehrere gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die zu jeweils unterschiedlichen Belastungen des Patienten führen oder unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen bieten (Urteil vom 13. Juni 2006 – VI ZR 323/04 – BGHZ 168, 103 Rn. 13 mwN und Beschluss vom 19. Juli 2011 – VI ZR 179/10 – VersR 2011, 1450 Rn. 6). Einer der dabei in Betracht kommenden Fälle ist der, dass als Alternative zu einer sofortigen Operation die Fortsetzung einer konservativen Behandlung medizinisch zur Wahl steht (Senatsurteile vom 24. November 1987 – VI ZR 65/87 – VersR 1988, 190, 191 und vom 22. Februar 2000 - VI ZR 100/99 – VersR 2000, 766, 767).
2. Nach vorangegangenem Behandlungsverlauf muss der die Behandlung des Patienten übernehmende Arzt die Therapiewahl eigenverantwortlich überprüfen (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 29. April 1997 – 9 U 266/96 – VersR 1998, 983 f.; MünchKommBGB/Wagner, 6. Aufl., § 823 Rn. 753; Steffen/Pauge, Arzthaftungsrecht, 12. Aufl., Rn. 281). Dazu muss er sich hinreichend präzise Kenntnisse über den bisherigen Behandlungsverlauf verschaffen und darf sich weder allein auf eine pauschale mündliche Äußerung des erstbehandelnden Arztes noch die laienhafte eigene Einschätzung des Patienten in Fragebögen verlassen.
Beschluss vom 17. Dezember 2013 – VI ZR 230/12
BGB § 249 Abs. 2 Satz 1
Lässt der Geschädigte einen Kraftfahrzeugsachschaden sach- und fachgerecht in dem Umfang reparieren, den der eingeschaltete Sachverständige für notwendig gehalten hat, und unterschreiten die von der beauftragten Werkstatt berechneten Reparaturkosten die von dem Sachverständigen angesetzten Kosten, so beläuft sich auch im Rahmen einer fiktiven Abrechnung der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag auf die tatsächlich angefallenen Bruttokosten. Der Geschädigte hat in diesem Fall keinen Anspruch auf Zahlung des vom Sachverständigen angesetzten Nettobetrags zuzüglich der tatsächlich gezahlten Umsatzsteuer, soweit dieser Betrag die tatsächlich gezahlten Bruttoreparaturkosten übersteigt.
Urteil vom 3. Dezember 2013 – VI ZR 24/13
BGB § 249
Wird eine im Bereich einer Autobahn befindliche Baustellenabsicherungsanlage durch ein Kraftfahrzeug beschädigt, kann dem Unternehmer, der die Anlage im Auftrag der zuständigen Behörde errichtet hat, ein Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens in Höhe des Werklohns zustehen, den ein gewerblicher Betrieb für eine Reparatur in vergleichbaren Fällen üblicherweise verlangen kann.
Beschluss vom 19. November 2013 – VI ZR 202/13


GG Art. 103 Abs. 1
Macht die Geschädigte eines Verkehrsunfalls geltend, dass trotz Vorschädigung infolge eines vorangegangenen Unfalls ihre nunmehr bestehenden Beeinträchtigungen allein durch das streitgegenständliche Unfallereignis ausgelöst worden seien und beruft sie sich dafür auf die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen und beantragt zur Ursächlichkeit des Unfalls für ihre Beschwerden die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens, so muss das Berufungsgericht diesen Beweisanträgen nachgehen, da es sich ansonsten um eine unzulässige und gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßende vorweggenommene Beweiswürdigung handelt.
Urteil vom 19. November 2013 – VI ZR 363/12
BGB §§ 826, 840 Abs. 1, § 31
Zur Frage der Haftung eines Wirtschaftsprüfers wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung von Anlegern durch irreführende Äußerungen bei Vorträgen und Veranstaltungen mit Vertriebsmitarbeitern über die Werthaltigkeit von Beteiligungen.
Urteile vom 19. November 2013 – VI ZR 13/13 VI ZR 343/12VI ZR 344/12VI ZR 410/12 und VI ZR 411/12

BGB § 823 Abs. 1, I; ZPO § 286, § 287
Zum Umfang der Haftung im Falle eines Gesundheitsschadens aufgrund eines ärztlichen Befunderhebungsfehlers.
Urteil vom 5. November 2013 - VI ZR 527/12

BGH entscheidet über die Zulässigkeit der Veröffentlichung von Vornamen und Alter des Kindes eines "prominenten" Vaters
BGB § 823 Abs. 1; GG Artt. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1; EMRK Artt. 8 Abs. 1 und 10 Abs. 1
In der Abwägung schutzwürdiger Belange der Presse an der Veröffentlichung von persönlichen Daten mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung kann das Gewicht eines Eingriffs dadurch gemindert werden, dass die persönlichen Daten aufgrund von Presseberichten in früheren Jahren einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurden und weiterhin im Internet zugänglich sind.
Eine Regelvermutung für den Vorrang des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegenüber der Pressefreiheit besteht nicht schon dann, wenn der Schutz von Kindern und Jugendlichen in Rede steht.
Urteil vom 5. November 2013 - VI ZR 304/12
Pressemitteilung 181/13
 
BGB § 826, § 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2
Ein Verhalten ist im Allgemeinen nicht bereits deshalb sittenwidrig, weil der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann.
Die bloße Mitwirkung an einer Verletzung vertraglicher Treuepflichten, von deren Existenz der Dritte - wenn auch grob fahrlässig - keine Kenntnis hat, rechtfertigt das Urteil der Sittenwidrigkeit nicht.
Die Annahme bedingten Vorsatzes setzt voraus, dass der Handelnde die relevanten Umstände jedenfalls für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat. Es genügt nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und sich dem Handelnden hätten aufdrängen müssen.
Urteil vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 124/12
BGB § 249 Abs. 2 Satz 1, BayStrWG Art. 16
Die Möglichkeit eines Kostenersatzes nach Art. 16 BayStrWG schließt zivilrechtliche Schadensersatzansprüche nach § 7 Abs. 1 StVG oder § 823 Abs. 1 BGB nicht aus.
Bei einer zu beseitigenden Verschmutzung der Fahrbahn besteht für die zuständige Straßenbehörde ein weites Entscheidungsermessen.
Hinsichtlich des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrages genügt der Geschädigte regelmäßig seiner Darlegungs- und Beweislast durch Vorlage der Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Fachunternehmens. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des Rechnungsbetrages durch den Schädiger reicht dann nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen.
Urteil vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 471/12
 
BGB § 249 Abs. 2 Satz 1; FStrG § 7 Abs. 3
Die Möglichkeit eines Kostenersatzes nach § 7 Abs. 3 FStrG schließt zivilrechtliche Schadensersatzansprüche nach § 7 Abs. 1 StVG oder § 823 Abs. 1 BGB nicht aus.
Bei einer zu beseitigenden Verschmutzung der Fahrbahn besteht für die zuständige Straßenbehörde ein weites Entscheidungsermessen.
Hinsichtlich des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrages genügt der Geschädigte regelmäßig seiner Darlegungs- und Beweislast durch Vorlage der Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Fachunternehmens. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des Rechnungsbetrages durch den Schädiger reicht dann nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen.
Urteil vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 528/12

 

BGB §§ 631, 280 Abs. 1, §§ 823 Abs. 1, 830 Abs.1, § 254 Abs. 2 Satz 1
a) Zum Anscheinsbeweis, wenn es bei Heißklebearbeiten zur Verlegung von Bitumenbahnen in feuergefährdeter Umgebung zu einem Brand kommt.
b) Zur Frage des Mitverschuldens wegen unterlassenen Hinweises des Geschädigten auf eine besondere Brandgefahr.
Urteil vom 1. Oktober 2013 - VI ZR 409/12

 

BGB § 249 Abs. 2 Satz 1; § 823 Abs. 1; StVG § 7 Abs. 1, § 11 Satz 1
Ein Unfallgeschädigter kann die durch eine ärztliche Untersuchung oder Behandlung entstandenen Kosten vom Schädiger nur ersetzt verlangen, wenn der Unfall zu einer Körperverletzung geführt hat. Die bloße Möglichkeit oder der Verdacht einer Verletzung genügt dafür nicht.
Urteil vom 17. September 2013 - VI ZR 95/13

 

ZPO § 233
Das Büropersonal ist anzuweisen, bei einem fristgebundenen Schriftsatz die in einem Sendebericht ausgewiesene Faxnummer nach Ausdruck noch einmal anhand eines aktuellen Verzeichnisses oder einer anderen geeigneten Quelle auf ihre Zuordnung zu dem vom Rechtsanwalt bezeichneten Empfangsgericht zu überprüfen.
Beschluss vom 10. September 2013 - VI ZB 61/12

 

StVG § 11 Satz 1
Verursacht der Schädiger die Arbeitsunfähigkeit des Geschädigten, so hat er nicht nur den entgangenen Verdienst aus abhängiger Arbeit, sondern grundsätzlich auch den auf den Zeitraum der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit entfallenden Anteil des Urlaubsentgelts zu ersetzen. Dieser Anspruch geht gemäß § 6 Abs. 1 EntgFG auf den Arbeitgeber über, soweit dieser dem Geschädigten für die Zeit seiner unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit bezahlten Urlaub gewährt hat.
Zur Berechnung des vom Schädiger zu ersetzenden Urlaubsentgelts.
Urteil vom 13. August 2013 - VI ZR 389/12
Richtlinie 85/374/EWG Art. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 9 Satz 1 lit. a
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt:
1. Ist Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte (Amtsblatt Nr. L 210 vom 7. August 1985, S. 29 - 33) dahin auszulegen, dass ein Produkt, wenn es sich um ein in den menschlichen Körper implantiertes Medizinprodukt (hier: implantierbarer Cardioverter Defibrillator - ICD) handelt, bereits dann fehlerhaft ist, wenn bei einer signifikanten Anzahl von Geräten derselben Serie eine Fehlfunktion aufgetreten, ein Fehler des im konkreten Fall implantierten Geräts aber nicht festgestellt ist?
2. Falls Frage 1 mit ja beantwortet wird: Handelt es sich bei den Kosten der Operation zur Explantation des Produkts und zur Implantation eines anderen ICD um einen durch Körperverletzung verursachten Schaden im Sinne der Art. 1, Art. 9 Satz 1 lit. a der Richtlinie 85/374/EWG?
Beschluss vom 30. Juli 2013 - VI ZR 327/12

 

Richtlinie 85/374/EWG Art. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 9 Satz 1 lit. a
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt:
1. Ist Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte (Amtsblatt Nr. L 210 vom 7. August 1985, S. 29 - 33) dahin auszulegen, dass ein Produkt, wenn es sich um ein in den menschlichen Körper implantiertes Medizinprodukt (hier: Herzschrittmacher) handelt, bereits dann fehlerhaft ist, wenn Geräte derselben Produktgruppe ein nennenswert erhöhtes Ausfallrisiko haben, ein Fehler des im konkreten Fall implantierten Geräts aber nicht festgestellt ist?
2. Falls Frage 1 mit ja beantwortet wird: Handelt es sich bei den Kosten der Operation zur Explantation des Produkts und zur Implantation eines anderen Herzschrittmachers um einen durch Körperverletzung verursachten Schaden im Sinne der Art. 1, Art. 9 Satz 1 lit. a der Richtlinie 85/374/EWG?
Beschluss vom 30. Juli 2013 - VI ZR 284/12 


BGB § 249, § 823 Abs. 2; StGB § 264 Abs. 1 Nr. 2
Zum Umfang der Schadensersatzpflicht bei Verwendung von Subventionen entgegen der Verwendungsbeschränkung.
StGB § 264 Abs. 1 Nr. 3
Der nach § 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB Strafbare ist nicht verpflichtet, seine nach Erhalt der Subventionen gefasste Absicht der zweckwidrigen Verwendung oder die bereits erfolgte zweckwidrige Verwendung anzuzeigen.
Urteil vom 16. Juli 2013 - VI ZR 442/12

 

BGB § 249 Abs. 2 Satz 2
Ist bei der Ersatzbeschaffung von privat keine Umsatzsteuer angefallen, steht dem Geschädigten kein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer zu.
Urteil vom 2. Juli 2013 - VI ZR 351/12

 

BGB § 823 Abs. 1
In Fällen eines Befunderhebungsfehlers sind dem Primärschaden alle allgemeinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Patienten unter Einschluss der sich daraus ergebenden Risiken, die sich aus der unterlassenen oder unzureichenden Befunderhebung ergeben können, zuzuordnen.
Urteil vom 2. Juli 2013 - VI ZR 554/12

ZPO § 233
Wenn ein Rechtsanwalt erkennt, dass er eine Frist zur Rechtsmittelbegründung nicht einhalten kann (hier: wegen Erkrankung), muss er durch einen rechtzeitig gestellten Antrag auf Fristverlängerung dafür Sorge tragen, dass ein Wiedereinsetzungsgesuch nicht notwendig wird.
Beschluss vom 1. Juli 2013 - VI ZB 18/12

BGB § 842; StVG § 11 Satz 1; SGB X § 116 Abs. 1 Satz 1
Ein Erwerbsschaden im Sinne des § 842 BGB entsteht auch demjenigen, der infolge des verletzungsbedingten Wegfalls seiner Erwerbsfähigkeit seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II aus § 19 SGB II verliert.
Urteil vom 25. Juni 2013 - VI ZR 128/12
ZPO §§ 148, 485; SVertO § 3 Abs. 1
Zur Aussetzung eines Verfahrens nach dem Gesetz über das Verfahren bei der Errichtung und Verteilung eines Fonds zur Beschränkung der Haftung in der See- und Binnenschifffahrt (SVertO) gemäß § 148 ZPO.
Beschluss vom 11. Juni 2013 - VI ZB 31/12

BGB § 826
Auf den Nachweis der konkreten Kausalität einer Kapitalmarktinformation für den Willensentschluss des jeweiligen Anlegers kann im Rahmen des Anspruchstatbestandes des § 826 BGB auch dann nicht verzichtet werden, wenn eine Kapitalmarktinformation extrem unseriös ist. Eine "generelle" - unabhängig von der Kenntnis des potentiellen Anlegers postulierte - Kausalität einer falschen Werbeaussage ist unter Schutznormaspekten unvertretbar.
Urteil vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12

 

GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; MRK Art. 8, 10; KUG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Zur Zulässigkeit der Bildberichterstattung über die Teilnahme eines 11-jährigen Kindes an einer Sportveranstaltung.
Urteil vom 28. Mai 2013 - VI ZR 125/12

ZPO § 85 Abs. 2; § 233
Bestehen nach dem Wortlaut der Verfügung, durch die die Berufungsbegründungsfrist verlängert worden ist, Unklarheiten und begründete Zweifel über den Umfang der Verlängerung, ist das Vertrauen des Mitteilungsempfängers in eine antragsgemäße Verlängerung nicht geschützt.

Bei Beantragung einer Fristverlängerung muss das hypothetische Ende der beantragten Fristverlängerung bei oder alsbald nach Einreichung des Verlängerungsantrags im Fristenkalender eingetragen, als vorläufig gekennzeichnet und rechtzeitig spätestens nach Eingang der gerichtlichen Mitteilung überprüft werden, damit das wirkliche Ende der Frist festgestellt wird.
Beschluss vom 28. Mai 2013 - VI ZB 6/13

 

ZPO § 130a
Die im EGVP - Verfahren eingesetzte qualifizierte Container - Signatur genügt den Anforderungen des § 130a ZPO.
Beschluss vom 14. Mai 2013 - VI ZB 7/13

 

BGB § 249
Im Fall einer fiktiven Schadensabrechnung des Geschädigten kann der Verweis des Schädigers auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen anderen markengebundenen oder freien Fachwerkstatt noch im Rechtsstreit erfolgen, soweit dem nicht prozessuale Gründe, wie die Verspätungsvorschriften, entgegenstehen.
Urteil vom 14. Mai 2013 - VI ZR 320/12

 

Bundesgerichtshof entscheidet über die Zulässigkeit persönlichkeitsrechtsverletzender Suchergänzungsvorschläge bei "Google"

ZPO § 32; EGBGB Art. 40 Abs. 1 Satz 2; BGB § 823 Abs. 1, § 1004
Nimmt ein Betroffener den Betreiber einer Internet-Suchmaschine mit Suchwortergänzungsfunktion auf Unterlassung der Ergänzung persönlichkeitsrechtsverletzender Begriffe bei Eingabe des Namens des Betroffenen in Anspruch, setzt die Haftung des Betreibers die Verletzung zumutbarer Prüfpflichten voraus.

Der Betreiber ist grundsätzlich erst verantwortlich, wenn er Kenntnis von der rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts erlangt.

Weist ein Betroffener den Betreiber auf eine rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hin, ist der Betreiber verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern.
Urteil vom 14. Mai 2013 – VI ZR 269/12
Pressemitteilung Nr. 87/13

 

ZPO § 141 Abs. 1, § 448, § 348 Abs. 1 Buchst. e, § 538 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1
Nr. 1, GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2
Nach § 538 Abs. 1 ZPO hat das Berufungsgericht grundsätzlich die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. Ob das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet, der nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO ausnahmsweise eine Zurückverweisung an das Gericht des ersten Rechtszugs ermöglicht, ist allein aufgrund des materiell-rechtlichen Standpunkts des Erstgerichts zu beurteilen.

Sieht der Geschäftsverteilungsplan keine Spezialzuständigkeit einer Zivilkammer nach §  348 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e ZPO vor, ist bei einer Entscheidung durch den Einzelrichter nicht schon wegen des Umstands, dass Arzthaftungssachen grundsätzlich vom voll besetzten Spruchkörper zu verhandeln sind, ein Verstoß gegen den Anspruch auf den gesetzlichen Richter gegeben.
Urteil vom 14. Mai 2013 - VI ZR 325/11

 

BGB § 823 Abs. 2; StGB § 323c
§ 323c StGB ist ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.
Urteil vom 14. Mai 2013 -VI ZR 255/11

 

SGB VII § 105 Abs. 1 Satz 1, § 106 Abs. 3 Fall 3, § 108 Abs. 2
Die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 108 Abs. 2 SGB X wegen unterlassener Beteiligung des Schädigers am Verwaltungsverfahren ist ausnahmsweise entbehrlich, wenn sie eine bloße Förmelei wäre.

Diente die Tätigkeit des Schädigers sowohl dem Interesse des Unfallbetriebs als auch dem seines eigenen bzw. seines Stammunternehmens, kann sie dem Unfallbetrieb nur dann im Sinne des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII zugeordnet werden, wenn sie der Sache nach für diesen und nicht für das eigene Unternehmen geleistet wurde.

Zum Begriff der gemeinsamen Betriebsstätte im Sinne des § 106 Abs. 3 Fall 3 SGB VII.
Urteil vom 30. April 2013 - VI ZR 155/12

 

EGZPO § 15a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3; SchlG BW § 1 Abs. 1 Satz 1
Die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Satz 1 SchlG BW kann nicht erweiternd dahingehend ausgelegt werden, dass sie generell auch die Fälle erfasst, in denen die Klage aufgrund einer unzutreffenden Ermittlung des Streitwerts zunächst vor dem Landgericht erhoben wird und dieses den Rechtsstreit wegen fehlender sachlicher Zuständigkeit gemäß § 281 Abs. 1 ZPO an das Amtsgericht verweist.
Urteil vom 30. April 2013 - VI ZR 151/12 

 

BGB § 833 Satz 1
Für die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 833 Satz 1 BGB ist es grundsätzlich unerheblich, ob derjenige, der von einem Pferd stürzt, mit oder ohne Einverständnis des Inhabers der tatsächlichen Sachherrschaft reiten wollte.

Dieser Umstand kann jedoch im Rahmen eines etwaigen - vom Schädiger zu beweisenden - Mitver-schuldens im Sinne des § 254 BGB Berücksichtigung finden.
Urteil vom 30. April 2013 - VI ZR 13/12

 

ZPO § 233
Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn das Berufungsgericht aufgrund der Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Prozesskostenhilfeantrag Prozesskostenhilfe bewilligt hat und sich dann ergibt, dass sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verändert haben.
Beschluss vom 23. April 2013 - VI ZB 30/12

 

ZPO § 520 Abs. 3
Gehört ein Telefaxgerät zu einer gemeinsamen Post- und Faxannahmestelle, die als Geschäftsstelle sämtlicher angeschlossener Gerichte und Behörden gilt, ist ein per Telefax übermittelter Schriftsatz auch dann in die Verfügungsgewalt des Gerichts gelangt, an das er adressiert war, wenn für die Übermittlung versehentlich die Faxnummer einer anderen in den Behörden- und Gerichtsverbund einbezogenen Stelle gewählt worden ist.
Beschluss vom 23. April 2013 - VI ZB 27/12

 

ZPO §§ 576, 547 Nr. 6, ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen; anderenfalls sind sie nicht mit den nach dem Gesetz erforderlichen Gründen versehen und bereits deshalb aufzuheben.

Bei der Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstandes gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht ergänzenden Vortrag der Parteien zu diesem Wert in Erwägung zu ziehen (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 26. Oktober 2010 – VI ZB 74/08, VersR 2011, 646).
Beschluss vom 16. April 2013 - VI ZB 50/12

 

ZPO § 286
Zur revisionsrechtlichen Überprüfung tatrichterlicher Beweiswürdigung.
Urteil vom 16. April 2013 - VI ZR 44/12

 

ArzneimittelG § 84; ZPO § 286
Eine die Vermutung des § 84 Abs. 2 Satz 1 ArzneimittelG ausschließende Alternativursache nach § 84 Abs. 2 Satz 3 ArzneimittelG setzt ausreichend konkrete, den Gegebenheiten des Einzelfalles entsprechende Feststellungen dahingehend voraus, dass sie geeignet ist, allein (oder im Zusammenwirken mit anderen, dem in Anspruch genommenen pharmazeutischen Unternehmer ebenfalls nicht zuzurechnenden Ursachen) den geltend gemachten Schaden herbeizuführen; es gilt insoweit ein entsprechender Prüfungsmaßstab, wie er in § 84 Abs. 2 Sätze 1 und 2 ArzneimittelG für die Feststellung der Schadenseignung aufgestellt ist.

ArzneimittelG § 84a
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Auskunftserteilung zur Feststellung, ob ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 84 ArzneimittelG besteht, nicht erforderlich ist.
Urteil vom 26. März 2013 - VI ZR 109/12

 

ZPO § 4
Die geltend gemachten vorprozessualen Anwaltskosten sind im Berufungsverfahren als Streitwert erhöhender Hauptanspruch zu berücksichtigen, soweit dem Kläger die zugrunde liegende Hauptforderung in erster Instanz aberkannt worden ist und er sein Begehren mit der Berufung insoweit nicht weiterverfolgt.
Beschluss vom 26. März 2013 - VI ZB 53/12

 

BeamtVG § 46; BBG § 76
Dem Übergang des Schadensersatzanspruchs eines geschädigten Beamten auf den Dienstherrn (§ 76 BBG) steht § 46 Abs. 2 BeamtVG auch in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung und Modernisierung des Bundesdienstrechts (Dienstrechtsneuordnungsgesetz - DNeuG) vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160) nicht entgegen.
Urteil vom 19. März 2013 - VI ZR 174/12

 

Zulässigkeit einer Berichterstattung über ein laufendes Strafverfahren

BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1, GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
Zur Zulässigkeit einer Berichterstattung während eines laufenden Strafverfahrens über Äußerungen, aus denen sich Rückschlüsse auf sexuelle Neigungen ergeben.
Urteil vom 19. März 2013 - VI ZR 93/12
Pressemitteilung Nr. 46/13

 

ZPO § 520 Abs. 2 Satz 1, § 234 Abs. 3
Will der Berufungskläger die Berufung erst nach der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch begründen, hat er durch einen rechtzeitigen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist dafür zu sorgen, dass eine Wiedereinsetzung nicht notwendig wird.

Die Jahresfrist des § 234 Abs. 3 ZPO hat als Höchstfrist für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand absoluten Charakter. Sie verfolgt den Zweck, eine unangemessene Verzögerung von Prozessen zu verhindern und den Eintritt der Rechtskraft zu gewährleisten.
Beschluss vom 19. März 2013 - VI ZB 68/12

 

Zur Anwendbarkeit des Kreditwesengesetzes auf Verbindlichkeiten aus Winzergeldern

BGB § 823 Abs. 2; KWG (1962) § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Fall 1, § 32 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1, Abs. 2
Die geschäftsmäßige Begründung von Verbindlichkeiten aus geschuldeten Winzergeldern, die über die Endabrechnung eines Jahrgangs hinaus vom Winzer bei der Winzergenossenschaft oder einem vergleichbaren Betrieb gegen Zahlung von Zinsen belassen werden, fällt als Einlagengeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Fall 1 KWG unter die Erlaubnispflicht des § 32 KWG.
Urteil vom 19. März 2013 - VI ZR 56/12
Pressemitteilung Nr. 49/13

 

BGB § 249 Abs. 2 Satz 1, § 398; RDG § 5 Abs. 1; ZPO § 287 Abs. 1
Liegen keine Umstände vor, aus denen ohne weiteres ersichtlich ist, dass es sich um einen Unfall handelt, bei dem die Einziehung einer abgetretenen Schadensersatzforderung durch ein Mietwagenunternehmen nicht erlaubt ist, ist die Abtretung nicht deshalb wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz unwirksam, weil noch nicht feststeht, wie sich der Unfallgegner bzw. dessen Haftpflichtversicherer einlässt.

Zu allgemeinen unfallspezifischen Kostenfaktoren, die den Ersatz eines höheren Mietpreises rechtfertigen können (hier: Eil- und Notsituation, Vorfinanzierung, Winterreifen), sowie zum Abzug für Eigenersparnis.
Urteil vom 5. März 2013 - VI ZR 245/11

 

ZPO § 237
Über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist hat grundsätzlich das Berufungsgericht zu entscheiden. Das gilt auch dann, wenn die Berufung schon als unbegründet zurückgewiesen und der Antrag nach Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gestellt worden ist.
Beschluss vom 26. Februar 2013 - VI ZR 374/12

 

BGB § 823 Abs. 1, Abs. 2; StVO § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 Satz 1; StVG § 7
Verlässt ein Unfallbeteiligter wegen eines Auffahrunfalls bei eisglatter Fahrbahn sein Fahrzeug, um sich über die Unfallfolgen zu informieren, eröffnet er dadurch nicht selbst einen eigenständigen Gefahrenkreis. Stürzt er infolge der Eisglätte, verwirklicht sich nicht eine aufgrund der Straßenverhältnisse gegebene allgemeine Unfallgefahr, sondern die besondere durch den Unfall entstandene Gefahrenlage.
Urteil vom 26. Februar 2013 - VI ZR 116/12

 

ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1, § 104 Abs. 2 Satz 1
Zur Erstattungsfähigkeit der Kosten eines weder im Rechtsstreit noch im Kostenfestsetzungsverfahren vorgelegten Privatgutachtens.
Beschluss vom 26. Februar 2013 - VI ZB 59/12

 

BGB § 249 Abs. 2
Bei einer (fiktiven) Schadensabrechnung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB umfassen die erforderlichen Reparaturkosten auch allgemeine Kostenfaktoren wie Sozialabgaben und Lohnnebenkosten.
Urteil vom 19. Februar 2013 - VI ZR 69/12

 

Brüssel I - VO Art. 27, 28
Die für die Aussetzung gemäß Art. 27 EuGVVO erforderliche Parteiidentität ist zu verneinen, wenn der in Deutschland ansässige Beteiligte eines Verkehrsunfalls seine unfallbedingten Schadensersatzansprüche gegen den ausländischen Haftpflichtversicherer bei seinem deutschen Wohnsitzgericht einklagt, nachdem zuvor der ausländische Unfallbeteiligte wegen seiner Ansprüche Klage gegen ihn bei den Gerichten des anderen EU - Staats erhoben hat.

Zu den Kriterien, nach denen über die Aussetzung eines Rechtsstreits gemäß Art. 28 Abs. 1 EuGVVO zu entscheiden ist.
Urteil vom 19. Februar 2013 - VI ZR 45/12

 

SGB X § 116
§ 116 Abs. 6 Satz 1 SGB X ist analog auch auf Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft anwendbar (im Anschluss an BGH, Urteil vom 22. April 2009 – IV ZR 160/07, BGHZ 180, 272; Aufgabe von BGH, Urteil vom 1. Dezember 1987 – VI ZR 50/87, BGHZ 102, 257).
Urteil vom 5. Februar 2013 - VI ZR 274/12

 

ProdHaftG § 1 Abs. 2 Nr. 5, § 3 Abs. 1
Die berechtigte Sicherheitserwartung im Sinne des § 3 Abs. 1 ProdHaftG geht grundsätzlich nur dahin, dass von einem Produkt bei vorhersehbarer üblicher Verwendung unter Beachtung der Gebrauchs- bzw. Installationsanleitung keine erheblichen Gefahren für Leib und Leben der Nutzer oder unbeteiligter Dritter ausgehen. Von dem Hersteller kann dagegen nicht verlangt werden, für sämtliche Fälle eines unsorgfältigen Umgangs mit dem Produkt, zu dem auch die fachwidrige Installation gehören kann, Vorsorge zu treffen.
Urteil vom 5. Februar 2013 - VI ZR 1/12

 

BGB § 249
Wählt der Geschädigte den Weg der Ersatzbeschaffung, obwohl nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nur ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten besteht, und rechnet er den Schaden konkret auf der Grundlage der Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs ab, steht ihm ein Anspruch auf Ersatz von Umsatzsteuer zu, wenn bei der Ersatzbeschaffung tatsächlich Umsatzsteuer angefallen ist.

Der Anspruch ist auf den Umsatzsteuerbetrag begrenzt, der bei Durchführung der notwendigen Reparatur angefallen wäre.
Urteil vom 5. Februar 2013 - VI ZR 363/11

 

BGB § 249; ZPO § 139, § 308
Zwar kann sich daraus, dass ein angemietetes Ersatzfahrzeug nur für geringe Fahrleistungen benötigt wird, die Unwirtschaftlichkeit der Anmietung ergeben. Doch kann im Einzelfall die Erforderlichkeit der Anmietung deshalb zu bejahen sein, weil der Geschädigte auf die ständige Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeugs angewiesen ist.

Ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung kann demjenigen Geschädigten zustehen, der Ersatz der Kosten für einen Mietwagen nicht beanspruchen kann. Der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung kann im Rechtsstreit (konkludent) hilfsweise geltend gemacht werden, ist aber auf Zahlung an den Geschädigten, nicht auf Freistellung von den Kosten des Vermieters gerichtet. Das Gericht hat insoweit auf eine sachdienliche Antragstellung hinzuwirken.
Urteil vom 5. Februar 2013 - VI ZR 290/11

 

SGB VII § 106 Abs. 3 Fall 3, § 108 Abs. 1
Zum Vorliegen der "Verbindung zwischen den Tätigkeiten als solchen in der konkreten Unfallsituation" als Voraussetzung einer gemeinsamen Betriebsstätte.

Eine Bindung gemäß § 108 Abs. 1 SGB VII besteht nicht hinsichtlich der Frage,
ob eine gemeinsame Betriebsstätte vorliegt.
Urteil vom 22. Januar 2013 - VI ZR 175/11

 

ZPO § 183 Abs. 2 Satz 2, § 418 Abs. 1; HaagZustÜbk Art. 6
Die Zustellung einer Klageschrift im Ausland kann nach § 183 Abs. 2 Satz 2 ZPO durch das schriftliche Zeugnis der ersuchten Behörde mit der Beweiskraft des § 418 Abs. 1 ZPO, die auch der entsprechenden Urkunde der türkischen Behörde zukommt, nachgewiesen werden.
Urteil vom 15. Januar 2013 - VI ZR 241/12

 

BGB § 823 Abs. 2; StGB § 264a Abs. 1 Nr. 1
Zu den Voraussetzungen der Haftung wegen Kapitalanlagebetrugs nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB.
Urteil vom 8. Januar 2013 - VI ZR 386/11

 

ZPO § 233
Die für die Ausgangskontrolle zuständige Kanzleikraft ist anzuweisen, Fristen im Kalender grundsätzlich erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen, nachdem sie sich anhand der Akte vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist.
Beschluss vom 8. Januar 2013 - VI ZB 78/11

 

StPO § 406
Eine im Adhäsionsverfahren auf Antrag des Verletzten (Geschädigten) gegen den Beschuldigten (Schädiger) ergehende Entscheidung entfaltet weder Rechtskraft gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Schädigers noch bindet es das in einem Folgeprozess zur Entscheidung berufene Gericht.
Urteil vom 18. Dezember 2012 - VI ZR 55/12

 

BGB § 249 Abs. 2 Satz 1, I; ZPO § 287 Abs. 1
Auch ein grundsätzlich geeigneter Mietpreisspiegel stellt nur eine Grundlage für die Schätzung gemäß § 287 Abs. 1 ZPO dar. Deshalb kann etwaigen Zweifeln daran, dass es sich bei den in einer Liste ausgewiesenen Mietpreisen um den im Einzelfall maßgeblichen Normalpreis handelt, gegebenenfalls auch durch Zu- oder Abschläge Rechnung getragen werden (Fortführung Senatsurteil vom 12. April 2011 - VI ZR 300/09, VersR 2011, 769 Rn. 18).
Urteil vom 18. Dezember 2012 - VI ZR 316/11

 

Gesteigertes Vertrauen der Presse in Verlautbarungen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR
Urteil vom 11. Dezember 2012 – VI ZR 315/10
Pressemitteilung Nr. 204/12

 

Gesteigertes Vertrauen der Presse in Verlautbarungen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2
Die Presse darf Verlautbarungen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR ein gesteigertes Vertrauen entgegenbringen.
Urteil vom 11. Dezember 2012 - VI ZR 314/10
Pressemitteilung Nr. 204/12

 

ZPO § 383 Abs. 1 Nr. 5
Hat ein Pressevertreter als Zeuge in Kenntnis seines Zeugnisverweigerungsrechts in einem Rechtsstreit in öffentlicher Sitzung umfassend zur Person eines Informanten und zu den mit diesem geführten Gesprächen ausgesagt, ohne sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO zu berufen, darf er regelmäßig in einem nachfolgenden Zivilrechtsstreit die Zeugenaussage zu den gleichen Beweisfragen nicht unter Berufung auf ein solches Zeugnisverweigerungsrecht verweigern.
Beschluss vom 4. Dezember 2012 - VI ZB 2/12

 

BGB § 826
Zur Frage der Darlegungs- und Beweislast für den Eintritt eines Schadens, wenn Anleger einen Wirtschaftsprüfer wegen eines pflichtwidrigen Bestätigungsvermerks im Sinne des § 322 HGB nach § 826 BGB auf Schadensersatz in Anspruch nehmen mit der Begründung, ohne dessen Aufnahme in Prospekte über neu ausgegebene Inhaberschuldverschreibungen hätten sie vorhandene Inhaberschuldverschreibungen nicht gegen wertlose neue eingetauscht, sondern bei Fälligkeit erfolgreich eingelöst.
Urteil vom 4. Dezember 2012 - VI ZR 378/11

 

BGB § 852 Abs. 1 BGB aF, § 199 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1
Die für den Beginn der Verjährung erforderliche Kenntnis des Geschädigten kann fehlen, wenn dieser infolge einer durch die Verletzung erlittenen retrograden Amnesie keine Erinnerung an das Geschehen hat (Anschluss Senatsurteil vom 22. Juni 1993 - VI ZR 190/92, VersR 1993, 1121).
Urteil vom 4. Dezember 2012 - VI ZR 217/11

 

ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1, § 103; BGB § 242
Zur Rechtsmissbräuchlichkeit des Kostenfestsetzungsverlangens bei Geltendmachung gleichartiger oder in innerem Zusammenhang zueinander stehender und aus einem einheitlichen Lebensvorgang erwachsener Ansprüche vor unterschiedlichen Gerichten.
Beschluss vom 20. November 2012 - VI ZB 3/12

 

BGB § 826
Zur Haftung des Geschäftsführers einer als Emissionshaus tätigen GmbH wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung von Kapitalanlegern durch Abgabe eines Garantieversprechens.
Urteil vom 20. November 2012 - VI ZR 268/11

 

ZPO § 91 Abs. 4, § 103 Abs. 1, § 126 Abs. 1
Zahlt die obsiegende Partei im Verlaufe des Rechtsstreits auf einen vom gegnerischen Rechtsanwalt gemäß § 126 Abs. 1 ZPO auf dessen eigenen Namen erwirkten Kostenfestsetzungsbeschluss und erlischt dessen Beitreibungsrecht durch die Aufhebung oder Änderung der vorläufigen Kostengrundentscheidung, so kann die obsiegende Partei die gezahlten Kosten gegen den Anwalt rückfestsetzen lassen.
Beschluss vom 20. November 2012 - VI ZB 64/11

 

GG Art. 1 Abs. 1; Art. 2 Abs. 1; Art. 5 Abs. 1; BGB §§ 823 Abs. 1; 1004 Abs. 1 Satz 2
Zur Zulässigkeit des Bereithaltens von zeitgeschichtlich bedeutsamen, den Täter namentlich nennenden Prozessberichten über ein Kapitalverbrechen in dem Online-Archiv einer Zeitschrift.
Urteil vom 13. November 2012 - VI ZR 330/11

 

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2
Meldung im "Online-Archiv" über Ermittlungsverfahren wegen falscher eidesstattlicher Versicherung gegen Gazprom-Manager zulässig

Zur Zulässigkeit des Bereithaltens eines Beitrags in dem für Altmeldungen vorgesehenen Teil eines Internetportals (Online-Archiv), in dem über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen einen - namentlich benannten - Manager eines bedeutenden Energieversorgers wegen des Verdachts der falschen eidesstattlichen Versicherung berichtet wird.
Urteil vom 30. Oktober 2012 - VI ZR 4/12
Pressemitteilung Nr. 182/12

 

LugÜ 2007 Art. 9, Art. 11
Nach den Art. 9 und 11 LugÜ 2007 kann der Geschädigte einen nach dem anwendbaren nationalen Recht bestehenden Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer mit Sitz in einem ausländischen Staat im Geltungsbereich des LugÜ 2007 beim Gericht seines Wohnsitzes geltend machen.
Urteil vom 23. Oktober 2012 - VI ZR 260/11

 

Bundesgerichtshof zur Haftung des Waldbesitzers für Verletzung eines Spaziergängers durch herabstürzenden Ast
Urteil vom 2. Oktober 2012 - VI ZR 311/11
Pressemitteilung Nr. 161/12

 

ZPO § 184 Abs. 2 Satz 4
Die Wirksamkeit des Zustellungsvermerks nach § 184 Abs. 2 Satz 4 ZPO ist nicht daran gebunden, dass derselbe Urkundsbeamte, der dem Gerichtswachtmeister das zuzustellende Schriftstück zum Zwecke der Aufgabe zur Post zugeleitet hat, auch den Vermerk beurkundet, dass das Schriftstück vom Gerichtswachtmeister zur Post aufgegeben worden ist.
Urteil vom 18. September 2012 - VI ZR 225/11

 

BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1; KUG §§ 22, 23; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
Zur Zulässigkeit einer Berichterstattung über die in der Öffentlichkeit bekannte wahre Tatsache, eine (namentlich genannte) Entertainerin sei durch Krankheit aus ihrer Karriere herausgerissen worden.
Urteil vom 18. September 2012 - VI ZR 291/10

 

RDG § 5 Abs. 1
Zur Wirksamkeit der Abtretung eines Schadensersatzanspruchs auf Erstattung der Mietwagenkosten an den Autovermieter, wenn die Abtretung vor und die Rechtsdienstleistung nach Inkrafttreten des Rechtsdienstleistungsgesetzes erfolgt.
Urteil vom 11. September 2012 - VI ZR 297/11

 

RDG § 5 Abs. 1
Ist die Haftung des Unfallverursachers bzw. seines Haftpflichtversicherers dem Grunde nach unstreitig, ist der Einzug der Forderung des Geschädigten auf Erstattung der Mietwagenkosten durch das Mietwagenunternehmen als Nebenleistung gemäß § 5 Abs. 1 RDG erlaubt (Bestätigung des Senatsurteils vom 31. Januar 2012 - VI ZR 143/11, VersR 2012, 458).
Urteil vom 11. September 2012 - VI ZR 296/11

 

BGB §§ 826, 830
Zur Haftung eines Vorstandsmitglieds, des Aufsichtsratsvorsitzenden und eines Steuerberaters mit Vollmacht zur Stimmrechtsausübung, wenn die von einer Aktiengesellschaft ausgegebenen Aktien wertlos sind.
Urteil vom 11. September 2012 - VI ZR 92/11

 

ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1, § 103; BGB § 242
Ein Kostenfestsetzungsverlangen kann als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein, wenn der Antragsteller die Festsetzung von Mehrkosten beantragt, die dadurch entstanden sind, dass er einen oder mehrere gleichartige, aus einem einheitlichen Lebensvorgang erwachsene Ansprüche gegen eine oder mehrere Personen ohne sachlichen Grund in getrennten Prozessen verfolgt hat.

Gleiches gilt für Erstattungsverlangen in Bezug auf Mehrkosten, die darauf beruhen, dass mehrere von demselben Prozessbevollmächtigten vertretene Antragsteller in engem zeitlichem Zusammenhang mit weitgehend gleichlautenden Antragsbegründungen aus einem weitgehend identischen Lebenssachverhalt ohne sachlichen Grund in getrennten Prozessen gegen den- oder dieselben Antragsgegner vorgegangen sind.

Erweist sich das Kostenfestsetzungsverlangen als rechtsmissbräuchlich, muss sich der Antragsteller kostenrechtlich so behandeln lassen, als habe er ein einziges Verfahren geführt.
Beschluss vom 11. September 2012 - VI ZB 59/11

 

ZPO § 91; RVG § 19; RVG VV Nr. 3403
Im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist die Einzeltätigkeit eines beim Bundesgerichtshof nicht zugelassenen Rechtsanwalts grundsätzlich nicht erstattungsfähig, wenn auch ein beim Bundesgerichtshof zugelassener Verfahrensbevollmächtigter bestellt wird.
Beschluss vom 10. Juli 2012 - VI ZB 7/12

 

BGB § 823
Für die Verneinung des Zurechnungszusammenhangs zwischen unfallbedingten Verletzungen und Folgeschäden wegen einer Begehrensneurose ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Beschwerden entscheidend durch eine neurotische Begehrenshaltung geprägt sind.
Urteil vom 10. Juli 2012 - VI ZR 127/11

 

BGB § 823 Abs. 2; StGB §§ 266, 27, 13; GmbHG § 43; AktG § 93
Allein aus der Stellung als Geschäftsführer einer GmbH bzw. Mitglied des Vorstands einer Aktiengesellschaft ergibt sich keine Garantenpflicht gegenüber außenstehenden Dritten, eine Schädigung ihres Vermögens zu verhindern. Die Pflichten aus der Organstellung zur ordnungsgemäßen Führung der Geschäfte der Gesellschaft aus § 43 Abs. 1 GmbHG, § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG, zu denen auch die Pflicht gehört, für die Rechtmäßigkeit des Handelns der Gesellschaft Sorge zu tragen, bestehen grundsätzlich nur dieser gegenüber und lassen bei ihrer Verletzung Schadensersatzansprüche grundsätzlich nur der Gesellschaft entstehen.
Urteil vom 10. Juli 2012 - VI ZR 341/10

 

ZPO § 296 Abs. 1, § 340 Abs. 3 Satz 3
In Arzthaftungssachen kann ein Verstoß gegen das verfassungsmäßige Verbot einer "Überbeschleunigung" insbesondere dann vorliegen, wenn das als verspätet zurückgewiesene Verteidigungsvorbringen ein - in der Regel schriftliches - Sachverständigengutachten veranlasst hätte, dieses Sachverständigengutachten aber in der Zeit zwischen dem Ende der Einspruchsbegründungsfrist und der darauf folgenden mündlichen Verhandlung ohnehin nicht hätte eingeholt werden können.

Verteidigungsmittel sind in der Regel nicht "nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist" (§ 296 Abs. 1 ZPO) vorgebracht, wenn das Gericht nach Ablauf der gemäß § 276 Abs. 1 Satz 2 ZPO gesetzten (und verlängerten) Klageerwiderungsfrist dem Beklagten ohne Fristsetzung nochmals Gelegenheit zur Klageerwiderung gibt.
Urteil vom 3. Juli 2012 - VI ZR 120/11

 

ZPO § 233
Eine konkrete Einzelanweisung vermag den Rechtsanwalt dann nicht zu entlasten, wenn sie unvollständig ist und deshalb der Fristversäumung nicht
wirksam entgegenwirken kann.
Beschluss vom 26. Juni 2012 - VI ZB 12/12

 

BGB § 823 Abs. 1 Aa
War ein grober Verstoß gegen den ärztlichen Standard grundsätzlich geeignet, mehrere Gesundheitsschäden bekannter oder (noch) unbekannter Art zu verursachen, kommt eine Ausnahme vom Grundsatz der Beweislastumkehr bei grobem Behandlungsfehler regelmäßig nicht deshalb in Betracht, weil der eingetretene Gesundheitsschaden als mögliche Folge des groben Behandlungsfehlers zum maßgebenden Zeitpunkt noch nicht bekannt war (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 16. Juni 1981 - VI ZR 38/80, VersR 1981, 954).
Urteil vom 19. Juni 2012 - VI ZR 77/11

 

ZPO § 184 Abs. 1 Satz 1
Wird eine Vorschrift über das Verfahren bei Zustellungen verletzt, ist die Zustellung nur dann unwirksam, wenn der Zweck der verletzten Verfahrensvorschrift dies erfordert.

Bei der Anordnung an die im Ausland ansässige Partei durch den Vorsitzenden des zuständigen Spruchkörpers, einen Zustellungsbevollmächtigten im Inland zu benennen, ist dies grundsätzlich nicht der Fall.
Urteil vom 26. Juni 2012 - VI ZR 241/11

 

BGB § 823 Abs. 1
Sind im Bereich eines Grundstücks nur vereinzelte Glättestellen ohne erkennbare Anhaltspunkte für eine ernsthaft drohende Gefahr vorhanden, ist nicht von einer allgemeinen Glättebildung auszugehen, die eine Streupflicht begründen könnte.
Urteil vom 12. Juni 2012 - VI ZR 138/11

 

ZPO § 233
Bei der Übermittlung fristgebundener Schriftsätze per Telefax soll die Überprüfung des Sendeberichts anhand eines aktuellen Verzeichnisses oder einer anderen geeigneten Quelle auch sicherstellen, dass der Schriftsatz tatsächlich übermittelt worden ist.
Beschluss vom 12. Juni 2012 - VI ZB 54/11

 

ZPO § 233
Ein Prozessbevollmächtigter ist grundsätzlich nicht verpflichtet, sich innerhalb des Laufs der Berufungsbegründungsfrist bei Gericht zu erkundigen, ob sein Antrag auf Verlängerung der Frist rechtzeitig eingegangen sei und ihm stattgegeben werde.
Beschluss vom 5. Juni 2012 - VI ZB 16/12

 

BGB § 844; ZPO § 287
Zur Berücksichtigung der Aufwendungen für eine Unfallversicherung und eine Lebensversicherung eines Selbständigen als "fixe Kosten" bei der Ermittlung des Barunterhaltsschadens.

Zur Berücksichtigung der Altersentwicklung von Kindern bei der Höhe des Barunterhaltsschadens eines Elternteils.
Urteil vom 5. Juni 2012 - VI ZR 122/11

 

ZPO § 85 Abs. 2, §§ 233 Fc, 234 B, 520
Der Rechtsanwalt muss sich davon überzeugen, dass ihm am Tag des notierten Fristablaufs noch Zeit für die Anfertigung der Rechtsmittelbegründung oder für einen Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist verbleibt, wenn ihm die Sache zur Vorbereitung einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt wird.

Ein stillschweigender Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann dann nicht angenommen werden, wenn die fristgebundene Prozesshandlung in der irrigen Annahme erbracht wird, die Frist sei noch nicht abgelaufen.
Beschluss vom 5. Juni 2012 - VI ZB 76/11

 

BGB § 823 Abs. 1, § 249
Zur Einstandspflicht des Arztes für die Folgen eines Zweiteingriffs durch einen nachbehandelnden Arzt, der erforderlich wird, weil dem vorbehandelnden Arzt beim Ersteingriff ein Behandlungsfehler unterlaufen ist.
Urteil vom 22. Mai 2012 - VI ZR 157/11

 

BGB § 823 Abs. 2, § 830 Abs. 2; KWG § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1, § 32 Abs. 1 Satz 1
Zu den Voraussetzungen einer Haftung als Gehilfe einer unerlaubten Anlagevermittlung.
Urteil vom 15. Mai 2012 - VI ZR 166/11

 

Bundesgerichtshof bestätigt Verurteilung der Bundesrepublik im Fall Ingo Steuer

BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1
Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist nicht auf Gewerbebetriebe im handelsrechtlichen Sinn beschränkt, sondern steht auch den Angehörigen freier Berufe zu (hier: Sporttrainer).

Eine Behinderung der Erwerbstätigkeit ist unter dem Gesichtspunkt des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt. Insoweit ist eine umfassende Interessen- und Güterabwägung erforderlich.

Zur Interessenabwägung, wenn die Bundesrepublik Deutschland (Bundeswehr) nicht duldet, dass ein freier Sporttrainer, der für das Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR tätig war, Sportsoldaten trainiert.
Urteil vom 15. Mai 2012 – VI ZR 117/11
Pressemitteilung Nr. 67/12

 

ZPO § 233; ZPO § 99 Abs. 1
Weist der Rechtsanwalt eine Kanzleikraft mündlich an, die von ihm errechnete Berufungsbegründungsfrist nebst Vorfrist zu notieren, ist durch geeignete organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass die Eintragung nicht in Vergessenheit gerät. Dazu ist konkret vorzutragen.

Ist eine Rechtsbeschwerde zur Hauptsache unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen, sind auch Angriffe gegen die Kostenentscheidung des angegriffenen Beschlusses unzulässig.
Beschluss vom 15. Mai 2012 - VI ZB 27/11

 

RVG § 14 Abs. 1 Satz 1, RVG VV Nr. 2300
Bei Rahmengebühren im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG, zu denen die Geschäftsgebühr im Sinne der Nr. 2300 VV RVG zählt, steht dem Rechtsanwalt ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 % zu (im Anschluss an BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - IX ZR 110/10, NJW 2011, 1603).
Urteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 273/11

 

BGB § 823 Abs. 1, § 249
Zur Frage, ob der durch einen Verkehrsunfall Geschädigte vom Ersatzpflichtigen die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten für die Geltendmachung der Unfallschäden gegenüber seinem Kaskoversicherer verlangen kann.
Urteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 196/11

   

BGB § 249 Abs. 2 Satz 1; ZPO § 287
Zur Schätzung einer Auslagenpauschale für Aufwendungen des Geschädigten.
Urteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 37/11

 

ZPO §§ 233, 321a, 511 Abs. 2 Nr. 1
Bestehen Zweifel, ob der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € übersteigt, hat der Rechtsanwalt den für seinen Mandanten sichersten Weg zu beschreiten, selbst wenn dies zu der Notwendigkeit führt, zwei Rechtsbehelfe (hier: Berufung und Anhörungsrüge) parallel anhängig zu machen.
Beschluss vom 8. Mai 2012 - VI ZB 1/11 und VI ZB 2/11

 

Internationale Zuständigkeit bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Internetveröffentlichungen

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, 1004 Abs. 1 Satz 2; Brüssel I-VO Art. 5 Nr. 3; e-commerce-Richtlinie Art. 3 Abs. 1 und 2; TMG § 3 Abs. 1 und 2
Die deutschen Gerichte sind zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen eines in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union niedergelassenen Anbieters jedenfalls dann international zuständig, wenn die Person, die sich in ihren Rechten verletzt fühlt, den Mittelpunkt ihrer Interessen  in Deutschland hat.

§ 3 TMG enthält keine Kollisionsnorm,  sondern ein sachrechtliches Beschränkungsverbot.

Zur Zulässigkeit des Bereithaltens nicht mehr aktueller Beiträge in dem für Altmeldungen vorgesehenen Teil eines Internetportals (Online-Archiv), in denen ein verurteilter Straftäter namentlich genannt wird.
Urteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 217/08
Pressemitteilung Nr. 59/12

 

SGB X § 116
Der in § 116 Abs. 1 SGB X normierte Anspruchsübergang findet bei Sozial-leistungen, die aufgrund eines Sozialversicherungsverhältnisses erbracht werden, in aller Regel bereits im Zeitpunkt des schadenstiftenden Ereignisses statt, sofern zu diesem Zeitpunkt ein Versicherungsverhältnis besteht.

Bei Sozialleistungen, die nicht aufgrund eines Sozialversicherungsverhältnisses erbracht werden, ist für den Zeitpunkt des Rechtsübergangs maßgebend, dass nach den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls eine Leistungspflicht ernsthaft in Betracht zu ziehen ist.

Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für Sozialleistungen, die nicht an das Bestehen eines Sozialversicherungsverhältnisses anknüpfen, sind nicht auf Sozialleistungen eines Sozialversicherungsträgers zu übertragen.
Urteil vom 24. April 2012 - VI ZR 329/10

 

ZPO § 543 Abs. 1 Nr. 1
Hat das Berufungsgericht eine im Tenor seines Urteils ohne Einschränkung ausgesprochene Zulassung der Revision in den Entscheidungsgründen mit der Rechtsgrundsätzlichkeit der Frage begründet, unter welchen Voraussetzungen die örtliche Zuständigkeit gemäß § 32 ZPO gegeben ist, so liegt darin regelmäßig eine wirksame Beschränkung der Zulassung auf die Zulässigkeit der Klage.
Beschluss vom 17. April 2012 - VI ZR 140/11

 

BGB § 199
Im Deliktsrecht ist für den Beginn der Verjährungsfrist bei den Ansprüchen der Sozialversicherungsträger auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Mitarbeiter der für den Regress zuständigen Organisationseinheit abzustellen.

Eine dem Sozialversicherungsträger zuzurechnende grob fahrlässige Unkenntnis kann vorliegen, wenn die für den Regress zuständige Organisationseinheit ohne weiteres hätte erkennen können, dass ein Regress veranlasst sein kann. Sie kommt ferner in Betracht, wenn diese Organisationseinheit nicht in geeigneter Weise behördenintern sicherstellt, dass sie frühzeitig von Umständen Kenntnis erhält, die einen Regress begründen können.

Bei der Frage, ob eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis im vorgenannten Sinn gegeben ist, sind die Grundsätze der sekundären Darlegungslast anwendbar.
Urteil vom 17. April 2012 - VI ZR 108/11

 

ZPO § 233
Zu den anwaltlichen Organisationspflichten hinsichtlich der Kontrolle von Eingaben von Fristen in einen EDV-Kalender.
Beschluss vom 17. April 2012 - VI ZB 55/11

 

BGB §§ 670, 675; ZPO § 104 Abs. 2 Satz 3; RVG VV Nr. 7008
Sind bleibende Ausgaben für vorsteuerabzugsberechtigte Prozessbevollmächtigte einer Partei in Form gezahlter Umsatzsteuer wegen der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs nicht gegeben, dürfen dem Mandanten als Auftraggeber die entsprechenden Umsatzsteuerbeträge nicht in Rechnung gestellt und können diese bei der Kostenfestsetzung nicht berücksichtigt werden.
Beschluss vom 17. April 2012 - VI ZB 46/11

 

ZPO § 233
Das Gericht darf über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist entscheiden. Durch eine vorzeitige Entscheidung ist der Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör aber nur dann verletzt, wenn die Partei, die die Frist versäumt hat, substantiiert darlegt, dass sie vor Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist noch weiter vorgetragen hätte, so dass das Gericht den ergänzenden Vortrag bei seiner Entscheidung hätte berücksichtigen können (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 17. Februar 2011 - V ZB 310/10, NJW 2011, 1363 Rn. 4).

Bei einem Wiedereinsetzungsgesuch wegen Versäumung einer Rechtsmittelbegründungsfrist reicht der allgemein gehaltene, nicht weiter substantiierte Vortrag, einer bewährten Rechtsanwaltsfachangestellten sei ein Versehen unterlaufen, zur Prüfung der Verschuldensfrage (§ 233 ZPO) und der Zurechnungsfrage (§ 85 Abs. 2 ZPO) nicht aus.
Beschluss vom 17. April 2012 - VI ZB 44/11

 

BGB §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1; KUG §§ 22, 23; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
Der Betreiber eines Informationsportals, der erkennbar fremde Nachrichten anderer Medien (hier: RSS-Feeds) ins Internet stellt, ist grundsätzlich nicht verpflichtet, die Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist erst verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt.

Weist ein Betroffener den Betreiber eines solchen Informationsportals auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Inhalt einer in das Portal eingestellten Nachricht hin, kann der Betreiber des Portals als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern.
Urteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11

 

ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
Wird mit der Berufungsbegründung ein Berufungsantrag angekündigt, mit dem die in erster Instanz abgewiesene Klage nur teilweise weiterverfolgt wird, und wird dabei die Berufungssumme unterschritten, kann der Berufungsantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht nur erweitert werden, soweit die Erweiterung von der fristgerecht eingereichten Berufungsbegründung gedeckt ist.
Beschluss vom 27. März 2012 - VI ZB 74/11

 

ZPO § 233
Bei der Übermittlung fristgebundener Schriftsätze per Telefax ist grundsätzlich durch einen Abgleich des Sendeberichts mit einem aktuellen Verzeichnis oder einer anderen geeigneten Quelle sicherzustellen, dass die angewählte Telefax-Nummer derjenigen des angeschriebenen Gerichts entspricht.
Beschluss vom 27. März 2012 - VI ZB 49/11

 

BGB § 249
Der Geschädigte kann Ersatz nur derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten zum Ausgleich des Gebrauchsentzugs seines Fahrzeugs für erforderlich halten durfte. Auszugleichen sind nur solche Vorteile, die für den Gebrauch des Fahrzeugs von wesentlicher Bedeutung sind.
Urteil vom 27. März 2012 - VI ZR 40/10

 

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1, § 812 Abs. 1, § 818 Abs. 2
Zur Frage, ob den Eltern einer bei einem Verkehrsunfall Getöteten eine Geldentschädigung zusteht, wenn die Presse über das Unfallgeschehen berichtet und dabei ein ihr von dritter Seite übergebenes neutrales Porträtfoto des Unfallopfers verbreitet hat, obwohl die Eltern die Veröffentlichung eines Bildes ihrer Tochter abgelehnt hatten.

Berichtet die Presse über einen die Öffentlichkeit interessierenden schweren Verkehrsunfall mit Todesopfer, stellt die Veröffentlichung eines kontextneutralen Porträtfotos des Unfallopfers im Rahmen der Berichterstattung in der Regel keine "kommerzielle Verwertung" im Sinne einer Ausnutzung der dem Bild zukommenden Verwertungsmöglichkeiten dar. Auf eine Lizenzgebühr gerichtete Bereicherungs- oder Schadensersatzansprüche des Abgebildeten bzw. seiner Erben bestehen in einem solchen Fall nicht.
Urteil vom 20. März 2012 - VI ZR 123/11

 

BGB §§ 253, 823 Abs. 1 Aa, F; StVG § 7 Abs. 1, § 11 Satz 2, § 18 Abs. 1
Die Rechtsprechung zu Schmerzensgeldansprüchen in Fällen psychisch vermittelter Gesundheitsbeeinträchtigungen mit Krankheitswert bei der Verletzung oder Tötung von Angehörigen oder sonst nahestehenden Personen (sog. Schockschäden) ist nicht auf Fälle psychischer Gesundheitsbeeinträchtigungen im Zusammenhang mit der Verletzung oder Tötung von Tieren zu erstrecken.
Urteil vom 20. März 2012 - VI ZR 114/11

 

BGB § 254 Abs. 1, § 832 Abs. 1 Satz 1
Bei der Prüfung eines Mitverschuldens gemäß § 254 Abs. 1 BGB darf ein Verschulden, das nur gesetzlich vermutet wird, nicht berücksichtigt werden (hier: § 832 BGB).
Urteil vom 20. März 2012 - VI ZR 3/11

 

Lugano-Übk I Art. 13; EGBGB Art. 40; KWG § 32
Zur internationalen Zuständigkeit bei der Inanspruchnahme schweizerischer Vermögensverwaltungsgesellschaften und einer schweizerischen Bank.
Urteil vom 6. März 2012 - VI ZR 70/10

 

BGB § 253; § 823
Für Klagen auf Zahlung einer Geldentschädigung, die auf ehrkränkende Äuße-rungen in einem anderen Gerichtsverfahren bzw. gegenüber den Strafverfolgungsbehörden gestützt werden, besteht in aller Regel kein Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Äußerungen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienten oder in Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte oder Pflichten gemacht wurden.
Urteil vom 28. Februar 2012 - VI ZR 79/11

 

Bundesgerichtshof zur Haftungskürzung wegen Mitverschuldens bei Nichtanlegen des Sicherheitsgurt

BGB § 254, StVO § 21a Abs. 1, § 34 Abs. 1 Nr. 2
Zur Haftungskürzung wegen Mitverschuldens bei Nichtanlegen des Sicherheitsgurts.
Urteil vom 28. Februar 2012 – VI ZR 10/11
Pressemitteilung Nr. 27/12

 

BGB § 199
Eine die Verjährungsfrist gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB in Lauf setzende grob fahrlässige Unkenntnis ist in Regressfällen nicht schon dann gegeben, wenn die Mitarbeiter der Leistungsabteilung der Versicherung des Geschädigten bei arbeitsteiliger Organisation keine Initiativen zur Aufklärung des Schadensgeschehens entfalten und deshalb der Schadensfall den Mitarbeitern der Regressabteilung nicht bekannt geworden ist.
Urteil vom 28. Februar 2012 - VI ZR 9/11

 

Schadensersatz nach Verkehrsunfall: Quotelung von Sachverständigenkosten
Urteil vom 7. Februar 2012 - VI ZR 249/11
Pressemitteilung Nr. 21/12

 

Schadensersatz nach Verkehrsunfall: Quotelung von Sachverständigenkosten

BGB § 249
Für die Folgen eines Verkehrsunfalls hat der Linksabbieger, der die ihn gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 StVO gegenüber dem Gegenverkehr treffende Wartepflicht missachtet hat, regelmäßig in vollem Umfang allein oder doch zumindest zum größten Teil zu haften.

Im Falle einer nur quotenmäßigen Haftung des Schädigers hat dieser dem Geschädigten dessen Sachverständigenkosten nur im Umfang der Haftungsquote zu erstatten.
Urteil vom 7. Februar 2012 - VI ZR 133/11
Pressemitteilung Nr. 21/12

 

BGB § 823; § 249; ZPO § 286
Besteht die Pflichtverletzung in einer Unterlassung, ist diese für den Schaden nur dann kausal, wenn pflichtgemäßes Handeln den Eintritt des Schadens verhindert hätte. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt regelmäßig der Geschädigte.

Die haftungsbegrenzende Rechtsfigur des hypothetischen Kausalverlaufs bei rechtmäßigem Alternativverhalten kommt erst dann zum Tragen, wenn die Ursächlichkeit der durchgeführten rechtswidrigen Behandlung für den behaupteten Schaden festgestellt und mithin die Haftung grundsätzlich gegeben ist.
Urteil vom 7. Februar 2012 - VI ZR 63/11

 

BGB § 823, § 1090
Wird ein Grundstück, das mit dem Recht belastet ist, dort eine unterirdische Ferngasleitung zu betreiben, mit einem Bagger überfahren, kann ein Schadenersatzanspruch wegen Verletzung eines sonstigen Rechts im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB in Betracht kommen.
Urteil vom 7. Februar 2012 - VI ZR 29/11

 

Einziehung von Schadensersatzansprüchen durch Mietwagenunternehmen

RDG § 5 Abs. 1
Die Einziehung einer an ein Mietwagenunternehmen abgetretenen Schadensersatzforderung des Geschädigten auf Erstattung von Mietwagenkosten ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG grundsätzlich erlaubt, wenn allein die Höhe der Mietwagenkosten streitig ist.

Etwas anderes gilt, wenn die Haftung dem Grunde nach oder die Haftungsquote streitig ist oder Schäden geltend gemacht werden, die in keinem Zusammenhang mit der Haupttätigkeit stehen.
Urteil vom 31. Januar 2012 - VI ZR 143/11
Pressemitteilung Nr. 16/12

 

 BGB § 823 Abs. 1; StVG § 7; VVG § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Der Halter eines Kraftfahrzeuges, der sich der polizeilichen Festnahme durch Flucht unter Verwendung seines Kraftfahrzeuges entzieht, haftet unter dem Gesichtspunkt des Herausforderns sowohl nach § 823 Abs. 1 BGB als auch nach § 7 StVG für einen bei der Verfolgung eintretenden Sachschaden an den ihn verfolgenden Polizeifahrzeugen, wenn dieser Schaden auf der gesteigerten Gefahrenlage beruht und die Risiken der Verfolgung nicht außer Verhältnis zu deren Zweck stehen.

Dies gilt auch in Fällen, in denen der Fahrer eines Polizeifahrzeuges zum Zwecke der Gefahrenabwehr vorsätzlich eine Kollision mit dem fliehenden Fahrzeug herbeiführt, um es zum Anhalten zu zwingen.

Der Anspruch auf Ersatz des dabei an den beteiligten Polizeifahrzeugen entstandenen Sachschadens kann nach § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG auch als Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer des Fluchtfahrzeuges geltend gemacht werden.
Urteil vom 31. Januar 2012 - VI ZR 43/11

 

ZPO § 233
Die Erledigung der fristgebundenen Sachen muss am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft werden.
Beschluss vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11

 

BGB § 823 Abs. 1 Aa; Transfusionsgesetz § 14, § 28 Fall 2
Nach § 28 Fall 2 TFG gelten die Bestimmungen des Transfusionsgesetzes jedenfalls nicht für Injektionen eines homöopathischen Eigenblutprodukts.
Urteil vom 17. Januar 2012 - VI ZR 336/10

 

ZPO § 114 Satz 1, § 544 Abs. 1
Das Ende einer Rechtsmittelfrist wird wegen eines allgemeinen Feiertages nur dann hinausgeschoben, wenn der betreffende Tag an dem Ort, wo das Rechtsmittel einzulegen ist, gesetzlicher Feiertag ist. Entsprechendes gilt für ein Prozesskostenhilfegesuch, das innerhalb der Frist einzulegen ist, die für das beabsichtigte Rechtsmittel vorgeschrieben ist.
Beschluss vom 10. Januar 2012 - VI ZA 27/11

 

ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
Die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Einholung eines Privatgutachtens hat sich daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte.

Die Erstattungsfähigkeit solcher Kosten setzt nicht zusätzlich voraus, dass das Privatgutachten im Rahmen einer ex-post-Betrachtung tatsächlich die Entscheidung des Gerichts beeinflusst hat.
Beschluss vom 20. Dezember 2011 - VI ZB 17/11

 

InsO § 352 Abs. 1 Satz 1; ZPO § 240
Durch die Gewährung einer Nachlassstundung nach Art. 295 Abs. 1 Satz 1 des Schweizer Bundesgesetzes über Schuldbeitreibung und Konkurs wird ein inländischer Rechtsstreit nicht unterbrochen.
Urteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 14/11

 

BGB §§ 280, 286, 249; RVG § 15
Befindet sich bei der Regulierung eines Verkehrsunfallschadens der Haftpflichtversicherer des Schädigers mit der Ersatzleistung in Verzug, sind Rechtsanwaltskosten, die der Geschädigte im Zusammenhang mit der Einholung einer Deckungszusage seines Rechtsschutzversicherers verursacht hat, nur zu erstatten, soweit sie aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren.
Urteil vom 13. Dezember 2011 - VI ZR 274/10

 

StVG § 7 Abs. 1, § 17 Abs. 1, § 18 Abs. 1, 3; ZPO § 286
Bei Auffahrunfällen auf der Autobahn ist ein Anscheinsbeweis regelmäßig nicht anwendbar, wenn zwar feststeht, dass vor dem Unfall ein Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugs stattgefunden hat, der Sachverhalt aber im Übrigen nicht aufklärbar ist.
Urteil vom 13. Dezember 2011 - VI ZR 177/10

 

ZPO §§ 61, 69; VVG § 115 Abs. 1
Beim Verdacht einer Unfallmanipulation darf der neben seinem Versicherungsnehmer verklagte Haftpflichtversicherer im Prozess sowohl als Streitgenosse als auch als Streithelfer nach §§ 61, 69 ZPO seine eigenen Interessen wahrnehmen.
Beschluss vom 29. November 2011 - VI ZR 201/10

 

ZPO § 114, § 233
Ist dem Berufungskläger, der innerhalb der Berufungsbegründungsfrist lediglich die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt, aufgrund einer bereits vorliegenden Entscheidung bekannt, dass das Berufungsgericht seine Angaben zur Bedürftigkeit für unzureichend hält, muss er, sofern er dem Mangel nicht abhilft, mit der Verweigerung der Prozesskostenhilfe ernsthaft rechnen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen schuldloser Versäumung der Berufungsbegründungsfrist kann in diesem Fall nicht bewilligt werden.
Beschluss vom 29. November 2011 - VI ZB 33/10

 

BGB § 823; KUG §§ 22, 23; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1
Zur Zulässigkeit einer identifizierenden Wort- und Bildberichterstattung über einen Politiker in einem Presseartikel betreffend dessen prominente Lebensgefährtin.
Urteil vom 22. November 2011 - VI ZR 26/11

 

BGB § 249 Abs. 2 Satz 1
Zu den Voraussetzungen für den Ersatz von Reparaturaufwand bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert.
Urteil vom 15. November 2011 - VI ZR 30/11

 

BGB § 252; § 823; ZPO § 850f Abs. 2
Hat der Käufer marktgängiger Ware über seine Zahlungswilligkeit oder -fähigkeit getäuscht, wird zu Gunsten des Verkäufers vermutet, dass der Kaufpreis ohne die Täuschung dem Verkäufer über ein Geschäft mit einem Dritten zugeflossen wäre.
Urteil vom 15. November 2011 - VI ZR 4/11

 

ZPO § 148; SGB X § 12 Abs. 2
Erwägt das Gericht die Aussetzung nach § 148 ZPO unter dem Gesichtspunkt einer fehlenden Beteiligung des Schädigers am Sozialverwaltungsverfahren, hat es grundsätzlich zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Beteiligung gemäß § 12 Abs. 2 SGB X schlüssig dargelegt sind.
Beschluss vom 8. November 2011 - VI ZB 59/10

 

BGB § 823; ZPO § 286
Ein Behandlungsfehler ist als grob zu bewerten, wenn der Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf.
Urteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 139/10

 

Verantwortlichkeit eines Hostproviders für einen das Persönlichkeitsrecht verletzenden Blog-Eintrag

ZPO § 32; EGBGB Art. 40 Abs. 1 Satz 2; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004
Nimmt ein Betroffener einen Hostprovider auf Unterlassung der Verbreitung einer in einem Blog enthaltenen Äußerung eines Dritten in Anspruch, weil diese das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletze, setzt die Störerhaftung des Hostproviders die Verletzung zumutbarer Prüfpflichten voraus.

Der Hostprovider ist erst verantwortlich, wenn er Kenntnis von der Verletzung des Persönlichkeitsrechts erlangt. Dies setzt voraus, dass die Beanstandung des Betroffenen so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer bejaht werden kann.

Eine Verpflichtung zur Löschung des beanstandeten Eintrags besteht, wenn auf der Grundlage der Stellungnahme des für den Blog Verantwortlichen und einer etwaigen Replik des Betroffenen unter Berücksichtigung etwa zu verlangender Nachweise von einer rechtswidrigen Verletzung des Persönlichkeitsrechts auszugehen ist.
Urteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 93/10
Pressemitteilung Nr. 169/11 

 

GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, 1004 Abs. 1 Satz 2
Zur Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch eine Berichterstattung über die Mitwirkung als Darsteller in kommerziell zu verwertenden Pornofilmen.
Urteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 332/09

Bundesgerichtshof zur Berücksichtigung eines Werksangehörigenrabatts bei der Schadensabrechnung nach einem Verkehrsunfall

BGB § 249
Der durch einen Verkehrsunfall Geschädigte, der seinen Fahrzeugschaden mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers zunächst (fiktiv) auf der Grundlage der vom Sachverständigen geschätzten Kosten abrechnet, ist an diese Art der Abrechnung nicht ohne weiteres gebunden, sondern kann nach erfolgter Reparatur grundsätzlich zur konkreten Schadensabrechnung übergehen und nunmehr Ersatz der tatsächlich angefallenen Kosten verlangen (Fortführung des Senatsurteils vom 17. Oktober 2006 - VI ZR 249/05, BGHZ 169, 263, 266 ff.).

Der Geschädigte, der im Wege der konkreten Schadensabrechnung Ersatz der tatsächlich angefallenen Reparaturkosten verlangt, muss sich einen Werksangehörigenrabatt anrechnen lassen, den er aufgrund einer Betriebsvereinbarung auf die Werkstattrechnung erhält.
Urteil vom 18. Oktober 2011 – VI ZR 17/11
Pressemitteilung Nr. 164/11

 

BGB § 823; KUG §§ 22, 23; GG Art. 1 Abs.1, Art. 2 Abs. 1
Zur Zulässigkeit der Veröffentlichung kontextbezogener Fotos in einem Presseartikel über Prominente beim Besuch einer Vernissage.
Urteil vom 18. Oktober 2011 - VI ZR 5/10

 

SGB VII § 106 Abs. 3 Fall 3
Zu den Voraussetzungen der gemeinsamen Betriebsstätte.
Urteil vom 11. Oktober 2011 - VI ZR 248/10

 

Bundesgerichtshof entscheidet zur Haftungsbefreiung im KFZ-Mietvertrag

BGB § 307; VVG § 81 Abs. 2
Ist in einem gewerblichen KFZ-Mietvertrag eine Haftungsbefreiung oder eine Haftungsreduzierung nach Art der Vollkaskoversicherung vereinbart, ist ein in den Allgemeinen Vermietungsbedingungen vorgesehener undifferenzierter Haftungsvorbehalt für den Fall grober Fahrlässigkeit nach § 307 BGB unwirksam.

An die Stelle der unwirksamen Klausel über den Haftungsvorbehalt tritt der Grundgedanke der gesetzlichen Regelung des § 81 Abs. 2 VVG.

Dies gilt hinsichtlich der Haftung des grob fahrlässig handelnden berechtigten Fahrers, der nicht Mieter ist, gleichermaßen jedenfalls dann, wenn dessen Haftungsfreistellung in den Allgemeinen Vermietungsbedingungen ausdrücklich vorgesehen ist.
Urteil vom 11 Oktober 2011 - VI ZR 46/10
Pressemitteilung Nr. 160/11

 

ZPO § 233
Für den Ausschluss des einer Partei zuzurechnenden Verschuldens ihres Anwalts (§ 85 Abs. 2, § 233 ZPO) an der Fristversäumung kommt es auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen bzw. Anweisungen für die Fristwahrung in einer Anwaltskanzlei dann nicht mehr an, wenn der Rechtsanwalt einer Kanzleiangestellten, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte.
Beschluss vom 20. September 2011 - VI ZB 23/11

 

ZPO §§ 156, 296a
Räumt das Gericht einer Partei ein Schriftsatzrecht zur Stellungnahme zu einem erst in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweis ein und wird in einem daraufhin eingegangenen Schriftsatz neuer entscheidungserheblicher Prozessstoff eingeführt, so muss das Gericht die mündliche Verhandlung wiedereröffnen oder in das schriftliche Verfahren übergehen, um dem Gegner rechtliches Gehör zu gewähren.
Beschluss vom 20. September 2011 - VI ZR 5/11

 

SGB X § 116
Wenn in einem zwischen einem Haftpflichtversicherer und einem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung geschlossenen Teilungsabkommen auf die "Prüfung des Rechtsübergangs" bzw. den Einwand der mangelnden Übergangsfähigkeit verzichtet wird, erstreckt sich dieser Verzicht grundsätzlich auf das Fehlen der für den Regress vorausgesetzten Kongruenz zwischen einzelnen Schadenspositionen und den Versicherungsleistungen sowie auf das Eingreifen des Familienprivilegs. Von der Prüfung des Übergangs des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs ist die Prüfung der Haftungsfrage zu trennen.
Beschluss vom 20. September 2011 - VI ZR 337/10

 

BGB § 254 Abs. 1; StVG § 7 Abs. 1, § 17 Abs. 2; StVO § 10
Das Befahren der linken Fahrbahn durch den am fließenden Verkehr teilnehmenden Fahrzeugführer beseitigt nicht die Verpflichtung des aus einem Grundstück auf die Straße Einfahrenden, dem fließenden Verkehr den Vorrang zu belassen und diesen nicht zu behindern.
Urteil vom 20. September 2011 - VI ZR 282/10

 

BGB § 823; ZPO § 286
Ein einfacher Befunderhebungsfehler kann zu einer Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalität des Behandlungsfehlers für den eingetretenen Gesundheitsschaden führen, wenn sich bei der gebotenen Abklärung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein reaktionspflichtiges positives Ergebnis gezeigt hätte und sich die Verkennung dieses Befundes als fundamental oder die Nichtreaktion hierauf als grob fehlerhaft darstellen würde.
Urteil vom 13. September 2011 - VI ZR 144/10

 

ZPO § 490 Abs. 2 Satz 2
Gibt das Beschwerdegericht dem - in erster Instanz zurückgewiesenen - Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens in einer Arzthaftungssache statt, ist eine dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde unstatthaft.
Beschluss vom 13. September 2011 - VI ZB 67/10

  

ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1 Fall 2
Die gegenüber den fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort des Versicherungsnehmers ansässigen Rechtsanwalts höheren Reisekosten des vom Haftpflichtversicherer beauftragten Hausanwalts sind nicht erstattungsfähig, wenn dieser weder am Sitz des Gerichts noch am Wohn- oder Geschäftsort des Versicherungsnehmers ansässig ist.
Beschluss vom 13. September 2011 - VI ZB 42/10

 

Behandlung eines deutschen Patienten in einemSchweizer Kantonsspital – Anwendung deutschen oder Schweizer Rechts

EGBGB Art. 4, 40 Abs. 1, 41 Abs. 2 Nr. 1
Die Haftung des Staates und des Amtsträgers für nicht-hoheitliches Handeln unterliegt - soweit es um unerlaubte Handlungen geht - dem allgemeinen Deliktsstatut.

Die Frage, ob eine Tätigkeit kollisionsrechtlich als hoheitlich oder nicht-hoheitlich zu qualifizieren ist, bestimmt sich grundsätzlich nach der Rechtsordnung, die die Kollisionsnorm aufgestellt hat, d.h. für nicht der Rom II-Verordnung unterliegende Fälle nach dem am Gerichtsort geltenden Recht.

Die Beziehungen zwischen einem deutschen Patienten und dem in einem Schweizer Spital beschäftigten und den Patienten behandelnden Arzt können auch dann, wenn zwischen ihnen kein vertragliches Rechtsverhältnis besteht, maßgeblich durch das zwischen dem Spitalträger und dem Patienten bestehende ärztliche Behandlungsverhältnis geprägt sein mit der Folge, dass gemäß Art. 41 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB Schweizer Recht zur Anwendung kommt.

Im Fall der akzessorischen Anknüpfung an eine besondere Beziehung zwischen den Beteiligten gemäß Art. 41 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB ist eine Rück- oder Weiterverweisung nach dem Sinn der Verweisung ausgeschlossen (Art. 4 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EGBGB).
Urteil vom 19. Juli 2011 - VI ZR 217/10
Pressemitteilung Nr. 131/11

 

BGB § 823 Abs. 2; StGB § 263
Stützt sich der Anspruchsteller auf eine deliktische Haftung wegen Verletzung eines Schutzgesetzes, hat er grundsätzlich alle Umstände darzulegen und zu beweisen, aus denen sich die Verwirklichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des Schutzgesetzes ergibt.

Bei einer Inanspruchnahme aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB wegen eines Eingehungsbetruges durch fehlerhafte Beratung verbleibt die Darlegungs- und Beweislast für den Fortbestand des Irrtums beim Anspruchsteller.
Urteil vom 19. Juli 2011 - VI ZR 367/09

 

BRAGO §§ 7 Abs. 2, 13 Abs. 2 Satz 1
Zur Ersatzfähigkeit von Anwaltskosten bei getrennter Abmahnung der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Wortberichterstattung einerseits und Bildberichterstattung andererseits.
Urteil vom 12. Juli 2011 - VI ZR 214/10

 

SGB X § 116 Abs. 6; OEG § 5 Abs. 1; BVG § 81a Abs. 1
Das Familienprivileg des § 116 Abs. 6 SGB X gilt auch für den Forderungsübergang gemäß § 5 Abs. 1 OEG, § 81a Abs. 1 Satz 1 BVG.
Urteil vom 28. Juni 2011 - VI ZR 194/10

  

Schadensersatzanspruch der Gemeinde aus Gefährdungshaftung für Kosten der Beseitigung von Ölspuren
Urteile vom 28. Juni 2011 - VI ZR 191/10
Pressemitteilung Nr. 113/11

 

Schadensersatzanspruch der Gemeinde aus Gefährdungshaftung für Kosten der Beseitigung von Ölspuren
StVG § 7; BGB § 249; FSHG NW § 41 Abs. 2
Die Möglichkeit des Kostenersatzes nach § 41 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 FSHG NW schließt nicht von vornherein zivilrechtliche Schadensersatzansprüche nach § 7 StVG aus.
Urteile vom 28. Juni 2011 - VI ZR 184/10
Pressemitteilung Nr. 113/11

 

RVG § 15 Abs. 2 Satz 1
Dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG kann auch vorliegen, wenn mehrere Auftraggeber einen Rechtsanwalt an unterschiedlichen Tagen beauftragen.
Urteil vom 21. Juni 2011 - VI ZR 73/10

 

Wiedergabe einer im Rahmen einer Pressekonferenz gefallenen Äußerung
Urteil vom 21. Juni 2011 - VI ZR 262/09
Pressemitteilung Nr. 107/11

 

BGB § 398
Tritt der Geschädigte nach einem Fahrzeugschaden seine Ansprüche aus dem Verkehrsunfall in Höhe der Gutachterkosten ab, ist die Abtretung mangels hinreichender Bestimmbarkeit unwirksam.
Urteil vom 7. Juni 2011 - VI ZR 260/10

 

Bildveröffentlichung und sitzungspolizeiliche Verfügung
BGB § 823; KUG §§ 22, 23; GVG § 176; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
Das Persönlichkeitsrecht ist im Rahmen einer sitzungspolizeilichen Verfügung nach § 176 GVG nicht in weiterem Umfang zu schützen, als dies nach §§ 22, 23 KUG der Fall ist.
Urteil vom 7. Juni 2011 - VI ZR 108/10
Pressemitteilung Nr. 99/11

 

BGB § 823 Abs. 1; ZPO § 286
Bei einem einfachen Befunderhebungsfehler kommt eine Beweislastumkehr für die Frage des Ursachenzusammenhangs mit dem tatsächlich eingetretenen Gesundheitsschaden auch dann in Betracht, wenn sich bei der gebotenen Abklärung der Symptome mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein so deutlicher und gravierender Befund ergeben hätte, dass sich dessen Verkennung als fundamental oder die Nichtreaktion auf ihn als grob fehlerhaft darstellen würde, und diese Fehler generell geeignet sind, den tatsächlich eingetretenen Gesundheitsschaden herbeizuführen.

Hingegen ist nicht Voraussetzung für die Beweislastumkehr zu Gunsten des Patienten, dass die Verkennung des Befundes und das Unterlassen der gebotenen Therapie völlig unverständlich sind (Senatsurteil vom 29. September 2009 - VI ZR 251/08, VersR 2010, 115 zum groben Befunderhebungsfehler).
Urteil vom 7. Juni 2011 - VI ZR 87/10

 

Lugano-Übk I Art. 13 Abs. 1 Nr. 3
Für die Begründung des Verbrauchergerichtsstands gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ I ist es nicht erforderlich, dass die Initiative zur Unterbreitung eines Angebots vom Unternehmer ausgegangen ist. Die Bestimmung lässt es genügen, dass dem Verbraucher vor dem Vertragsabschluss ein Angebot unterbreitet worden ist, ohne danach zu differenzieren, auf wessen Veranlassung dies geschehen ist.

Das auf Verschulden bei Vertragsschluss wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten gestützte Schadensersatzbegehren kann als Klage "aus" einem Vertrag im Sinne des Art. 13 Abs. 1 LugÜ I zu qualifizieren sein, sofern es zu einem Vertragsabschluss zwischen den Parteien gekommen ist.
Urteil vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10

 

Wiedergabe einer im Rahmen einer Pressekonferenz gefallenen Äußerung

GG Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1; BGB §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2
Zur Verletzung des Rechts am eigenen Wort durch Wiedergabe einer im Rahmen einer Pressekonferenz gefallenen Äußerung.
Urteil vom 21. Mai 2011 - VI ZR 262/09
Pressemitteilung Nr. 107/11

 

ZPO § 287; BGB § 249 Abs. 2 Satz 1, § 254 Abs. 2 Satz 1
Zur Schätzung von Mietwagenkosten auf der Grundlage von Listen und Tabellen, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken.
Urteil vom 17. Mai 2011 - VI ZR 142/10

 

BGB § 823 Abs. 1
Ist eine Schnittentbindung aufgrund besonderer Umstände relativ indiziert und ist sie deshalb eine echte Alternative zu einer vaginal-operativen Entbindung, besteht eine Pflicht zur Aufklärung der Mutter über die Möglichkeit der Schnittentbindung.
Urteil vom 17. Mai 2011 - VI ZR 69/10

 

VVG § 67 aF
Zur Frage der groben Fahrlässigkeit bei der Verursachung eines Brandschadens durch Erhitzung von Fett auf einem Küchenherd.
Urteil vom 10. Mai 2011 - VI ZR 196/10

 

SGB VII § 106 Abs. 3 Fall 3
Der Mitarbeiter eines Baumarkts, der gekaufte Ware mit einem Gabelstapler aus dem Lager in den Bereich der Ladezone transportiert und dort zur Verladung durch den Käufer bereit stellt, verrichtet seine Tätigkeit nicht notwendigerweise auf einer "gemeinsamen Betriebsstätte" mit dem Arbeitnehmer des Käufers, der die Ware mit einem Transportfahrzeug abholen soll.
Urteil vom 10. Mai 2011 - VI ZR 152/10

 

SGB X § 116 Abs. 1
Der Schadensersatzanspruch des Geschädigten geht gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X auch in Höhe der Aufwendungen für den Investitionszuschlag nach Art. 14 des Gesundheitsstrukturgesetzes auf die gesetzliche Krankenkasse über.
Urteil vom 3. Mai 2011 - VI ZR 61/10

 

SGB X § 116; SGB XI §§ 36 ff.; BGB § 843
Der Übergang von Schadensersatzansprüchen nach § 1542 RVO, § 116 Abs. 1 SGB X vollzieht sich grundsätzlich schon im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses, soweit der Sozialversicherungsträger dem Geschädigten möglicherweise in Zukunft Leistungen zu erbringen hat, die sachlich und zeitlich mit den Erstattungsansprüchen des Geschädigten kongruent sind.

Dieser Grundsatz erfährt eine Ausnahme in den Fällen, in denen neue Leistungsberechtigungen erst nach dem Schadensereignis aufgrund sogenannter "Systemänderungen" geschaffen werden.

Die Neuregelung des Anspruchs auf häusliche Pflegehilfe in §§ 36 ff. SGB XI bedeutet keine Systemänderung, sondern lediglich eine Modifizierung der bereits seit 1989 in §§ 53 ff. SGB V a.F. vorgesehenen Pflegeleistungen (Fortentwicklung der Senatsurteile vom 18. Februar 1997 - VI ZR 70/96, BGHZ 134, 381, 386 und vom 3. Dezember 2002 - VI ZR 142/02, VersR 2003, 267).
Urteil vom 12. April 2011 - VI ZR 158/10

 

ZPO § 511
Zur Beschwer des Berufungsklägers, wenn im Urteil über einen erstinstanzlichen Antrag nicht ausdrücklich entschieden worden ist.
Beschluss vom 12. April 2011 - VI ZB 58/10

 

ZPO § 4 Abs. 1 Halbsatz 2, § 91a Abs. 1 Satz 1, § 511 Abs. 2 Nr. 1
Wird nach übereinstimmender Teilerledigungserklärung durch Urteil zugleich in der Hauptsache und über die Kosten des erledigten Teils entschieden, so ist die Berufung nur zulässig, wenn der nicht erledigte Teil der Hauptsache die Berufungssumme erreicht.
Beschluss vom 12. April 2011 - VI ZB 44/10

 

ZPO § 233
Eine fristwahrende Maßnahme darf im Kalender als erledigt gekennzeichnet werden, wenn der fristwahrende Schriftsatz in ein Postausgangsfach des Rechtsanwalts eingelegt wird und das Postausgangsfach "letzte Station" auf dem Weg zum Adressaten ist.

Das Postausgangsfach ist nicht "letzte Station" auf dem Weg zum Adressaten, wenn eine Mitarbeiterin die in dem Postausgangsfach gesammelten Schriftsätze noch in Umschläge einsortieren muss.
Beschluss vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10

 

Mietwagenkosten: Schwacke-Liste und Fraunhofer-Mietpreisspiegel geeignete Schätzgrundlage
BGB § 249 Abs. 2 Satz 1; ZPO § 287
Sowohl die Schwacke-Liste als auch der Fraunhofer-Mietpreisspiegel sind grundsätzlich zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten geeignet.

Da die Listen nur als Grundlage für eine Schätzung dienen, kann der Tatrichter im Rahmen seines Ermessens nach § 287 ZPO von dem sich aus den Listen ergebenden Tarif - etwa durch Abschläge oder Zuschläge - abweichen.
Urteil vom 12. April 2011 – VI ZR 300/09
Pressemitteilung Nr. 59/11

 

ZPO § 4, ZPO § 511
Soweit das Erstgericht die Klage wegen eines Anspruchs auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten abgewiesen hat, bleibt der Wert dieser Forderung bei der Berechnung des für die Berufung des Beklagten maßgeblichen Beschwerdewerts (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) unberücksichtigt.
Beschluss vom 5. April 2011 - VI ZB 61/10

 

BGB § 628 Abs. 1 Satz 2 Fall 2
Bei einem (zahn-)ärztlichen Behandlungsvertrag setzt der Verlust des Vergütungsanspruchs wegen vertragswidrigen Verhaltens nach § 628 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB nicht voraus, dass das vertragswidrige Verhalten als schwerwiegend oder als wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB anzusehen ist.

Ein geringfügiges vertragswidriges Verhalten lässt die Pflicht, die bis zur Kündigung erbrachten Dienste zu vergüten, unberührt.

Ein (zahn-)ärztlicher Behandlungsfehler kann vertragswidriges Verhalten im Sinne des § 628 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB sein.
Urteil vom 29. März 2011 - VI ZR 133/10

 

ArzneimittelG § 84, § 84a, ZPO § 254, § 301, § 538
Werden ein Auskunftsanspruch gemäß § 84a AMG und ein Schadensersatzanspruch gemäß § 84 AMG im Wege der objektiven Klagehäufung geltend gemacht, darf über den Auskunftsanspruch grundsätzlich durch Teilurteil entschieden werden.
Urteil vom 29. März 2011 - VI ZR 117/10

 

Bundesgerichtshof verneint die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Klage gegen Internetveröffentlichung ohne deutlichen InlandsbezugZPO § 32
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigun gen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen wird nicht schon dadurch begründet, dass der Betroffene an seinem Wohnsitz im Inland die Äußerungen abgerufen hat und diese vereinzelt Geschäftspartnern bekannt geworden sind. Richten sich die in fremder Sprache und Schrift gehaltenen Berichte über Vorkommnisse im Ausland ganz überwiegend an Adressaten im Ausland, ist der für die internationale gerichtliche Zuständigkeit maßgebliche deutliche Inlandsbezug nicht gegeben (im Anschluss an das Senatsurteil BGHZ 184, 313 The New York Times).
Urteil vom 29. März 2011 - VI ZR 111/10
Pressemitteilung Nr. 50/11

 

ZPO § 233
Den Rechtsanwalt, dem aufgrund eines Büroversehens eine Fristsache als nicht fristgebunden vorgelegt wird, trifft ein eigenes Verschulden an der Versäumung der Rechtsmittelbegründungsfrist, wenn er sich nicht in angemessener Zeit durch einen Blick in die Akten wenigstens davon überzeugt, was zu tun ist und wie lange er sich mit der Bearbeitung Zeit lassen kann.
Beschluss vom 29. März 2011 - VI ZB 25/10

 

BGB § 24a; RVG VV Vorb. 3 Abs. 4 Satz 1
Zur Berechnung eines Schadensersatzanspruchs des Geschädigten auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren, wenn der Schädiger die in einem anschließenden, denselben Gegenstand betreffenden einstweiligen Verfügungsverfahren angefallene Verfahrensgebühr bereits ausgeglichen hat.
Urteil vom 22. März 2011 - VI ZR 63/10

 

BGB § 199
Kommt es für den Beginn der Verjährung auf die Kenntnis des zuständigen Sachbearbeiters der Pflegekasse an, ist die Kenntniserlangung durch den Beschäftigten für die Verjährung der Forderungen der Pflegekasse nur relevant, wenn und soweit der Bedienstete bei der Abwicklung des Schadensfalles für diese handelt.
Urteil vom 15. März 2011 - VI ZR 162/10

 

RVG-VV Nr. 1000
Die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs gehören nur dann zu den erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits, wenn die Parteien dies vereinbart haben.
Beschluss vom 15. März 2011 - VI ZB 45/09

 

RVG § 15 Abs. 2 Satz 1
Wird ein Rechtsanwalt beauftragt, gegen eine unrichtige Presseberichterstattung vorzugehen, so kann eine Tätigkeit in derselben Angelegenheit auch dann vorliegen, wenn sich die für den Betroffenen ausgesprochenen Abmahnungen sowohl gegen den für das Printprodukt verantwortlichen Verlag und den verantwortlichen Redakteur als auch gegen die für die Verbreitung der Berichterstattung im Internet Verantwortlichen richten.
Urteil vom 1. März 2011 - VI ZR 127/10

 

BGB §§ 824, 823
Bonitätsbeurteilungen begründen, soweit es sich um Meinungsäußerungen handelt, in der Regel keine Ansprüche aus § 824 BGB.

Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb scheiden grundsätzlich aus, wenn die als Meinungsäußerung zu qualifizierende Bonitätsbeurteilung auf einer zutreffenden Tatsachengrundlage beruht.
Urteil vom 22. Februar 2011 - VI ZR 120/10

 

BGB § 249 Abs. 2 Satz 1; § 254; ZPO § 287
Zur Schätzung von Mietwagenkosten auf der Grundlage von Listen und Tabellen, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken.
Urteil vom 22. Februar 2011 - VI ZR 353/09

 

GG Art. 1 Abs. 1; Art. 2 Abs. 1; Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1; § 1004 Abs. 1 Satz 2
Zur Zulässigkeit des Bereithaltens nicht mehr aktueller Beiträge in dem für Altmeldungen vorgesehenen Teil eines Internetportals ("Online-Archiv"), in denen ein verurteilter Straftäter namentlich genannt wird.
Urteil vom 22. Februar 2011 - VI ZR 346/09

 

GG Art. 1 Abs. 1; Art. 2 Abs. 1; Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1; § 1004 Abs. 1 Satz 2
Zur Zulässigkeit des Bereithaltens von Kurzmeldungen zum Abruf im Internet, in denen ein verurteilter Straftäter namentlich genannt wird und durch die auf im "Archiv" enthaltene und nur Nutzern mit besonderer Zugangsberechtigung zugängliche Beiträge aufmerksam gemacht wird.
Urteil vom 22. Februar 2011 - VI ZR 114/09

 

BGB § 823 Abs. 1; UVV Jagd
Im Allgemeinen begründen Schussgeräusche einer Jagd für sich noch keine potentielle Gefahr für Rechtsgüter Dritter.
Urteil vom 15. Februar 2011 - VI ZR 176/10

 

BGB § 249
Zum Anspruch des Geschädigten auf Ersatz tatsächlich angefallener Reparaturkosten, deren Höhe der Sachverständige auf mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert geschätzt hat.
Urteil vom 8. Februar 2011 - VI ZR 79/10

 

BGB § 823
Zum Anspruch auf Unterlassung der Zusendung von Mahnschreiben an eine Partei persönlich, für die sich ein Rechtsanwalt bestellt hat.
Urteil vom 8. Februar 2011 - VI ZR 311/09

 

ZPO § 72
Die Zulässigkeit der Streitverkündung ist grundsätzlich nicht im Erstprozess, in dem der Streit verkündet wird, sondern erst im Folgeverfahren zwischen dem Streitverkünder und dem Streitverkündungsempfänger zu prüfen (st. Rspr., vgl. BGHZ 100, 257, 259; 160, 259, 263).

Dies gilt auch dann, wenn die Streitverkündung gegenüber dem bereits bestellten oder erwarteten Prozessbevollmächtigten des Gegners erfolgt. § 72 Abs. 2 Satz 2 ZPO findet auf eine solche Fallgestaltung keine Anwendung.

Der gegnerische Prozessbevollmächtigte kann "Dritter" im Sinne des § 72 Abs. 1 ZPO sein.
Beschluss vom 8. Februar 2011 - VI ZB 31/09

 

GG Art. 1 Abs. 1; Art. 2 Abs. 1; Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah; § 1004 Abs. 1 Satz 2
Zur Zulässigkeit des Bereithaltens von Kurzmeldungen zum Abruf im Internet, in denen ein verurteilter Straftäter namentlich genannt wird und durch die auf im "Archiv" enthaltene und nur Nutzern mit besonderer Zugangsberechtigung zugängliche Beiträge aufmerksam gemacht wird.
Urteil vom 1. Februar 2011 - VI ZR 345/09

 

SGB VII § 106 Abs. 3, 3. Alt.
Zum Begriff der gemeinsamen Betriebsstätte im Sinne des § 106 Abs. 3, 3. Alt. SGB VII.
Urteil vom 1. Februar 2011 - VI ZR 227/09

 

BGB § 249, § 823
Der gegen einen Dritten gerichtete Schadensersatzanspruch des arglistig getäuschten Käufers gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB ist darauf gerichtet, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn die Täuschung nicht erfolgt wäre (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 25. November 1997 - VI ZR 402/96).
Urteil vom 18. Januar 2011 - VI ZR 325/09

 

RVG § 15 Abs. 2 Satz 1
Eine Tätigkeit in derselben Angelegenheit kann auch dann vorliegen, wenn der Rechtsanwalt von mehreren Personen beauftragt wird, gegen eine unzulässige Presseberichterstattung vorzugehen, die sämtliche Auftraggeber in gleicher Weise betrifft (hier: Berichterstattung über ein Strafverfahren wegen Subventionsbetrugs gegen drei Angeklagte).
Urteil vom 11. Januar 2011 - VI ZR 64/10

 

ZPO § 130a
Bei einer elektronisch übermittelten Berufungsbegründung muss die qualifizierte elektronische Signatur grundsätzlich durch einen zur Vertretung bei dem Berufungsgericht berechtigten Rechtsanwalt erfolgen. Dieses Formerfordernis ist jedenfalls dann nicht gewahrt, wenn die Signatur von einem Dritten unter Verwendung der Signaturkarte des Rechtsanwalts vorgenommen wird, ohne dass dieser den Inhalt des betreffenden Schriftsatzes geprüft und sich zu eigen gemacht hat.
Beschluss vom 21. Dezember 2010 - VI ZB 28/10

 

Bundesgerichtshof entscheidet zur Haftung eines Vereins für Reittherapie von Behinderten für einen Unfall bei der Reitausbildung
BGB § 833 Satz 2
Einem Idealverein, der sich im Rahmen seiner satzungsmäßigen Aufgaben der Reittherapie von Behinderten widmet, steht grundsätzlich die Entlastungsmöglichkeit nach § 833 Satz 2 BGB nicht zu.
Urteil vom 21. Dezember 2010 - VI ZR 312/09
Pressemitteilung Nr. 244/10

 

BGB § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1, ZPO § 286
Den Arzt verpflichten auch die Ergebnisse solcher Untersuchungen zur Einhaltung der berufsspezifischen Sorgfalt, die medizinisch nicht geboten waren, aber trotzdem - beispielsweise aus besonderer Vorsicht - veranlasst wurden.

Der für die Auswertung eines Befundes im konkreten Fall medizinisch verantwortliche Arzt hat all die Auffälligkeiten zur Kenntnis und zum Anlass für die gebotenen Maßnahmen zu nehmen, die er aus berufsfachlicher Sicht seines Fachbereichs unter Berücksichtigung der in seinem Fachbereich vorausgesetzten Kenntnisse und Fähigkeiten sowie der Behandlungssituation feststellen muss. Vor in diesem Sinne für ihn erkennbaren "Zufallsbefunden" darf er nicht die Augen verschließen.

Zur Abgrenzung des Befunderhebungsfehlers vom Diagnoseirrtum.
Urteil vom 21. Dezember 2010 - VI ZR 284/09

 

BGB § 249
Der Geschädigte kann Ersatz der angefallenen Reparaturkosten verlangen, wenn es ihm entgegen der Einschätzung des vorgerichtlichen Sachverständigen gelungen ist, eine fachgerechte und den Vorgaben des Sachverständigen entsprechende Reparatur durchzuführen, deren Kosten den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigt.
Urteil vom 14. Dezember 2010 - VI ZR 231/09

 

ZPO § 172 Abs. 1; § 189; § 271
Zweifel an der Wirksamkeit der Klagezustellung rechtfertigen nicht die Abweisung der Klage wegen fehlender Rechtshängigkeit, sofern die Heilung des etwaigen Zustellungsmangels noch möglich ist.
Urteil vom 7. Dezember 2010 - VI ZR 48/10

 

RVG § 15a Abs. 2
Zu den Voraussetzungen der Gebührenanrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren nach einem Prozessvergleich.
Beschluss vom 7. Dezember 2010 - VI ZB 45/10

 

StVG § 7 Abs. 1
Der Leasinggeber und Eigentümer des Kraftfahrzeugs hat gegen den Leasingnehmer und Halter des Kraftfahrzeugs bei einer Beschädigung dieses Fahrzeugs keinen Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG.
Urteil vom 7. Dezember 2010 - VI ZR 288/09

 

ZPO § 511
Ist eine Partei zusammen mit einer anderen Partei als Gesamtschuldner verurteilt worden, entfällt ihre Beschwer nicht schon dadurch, dass die andere Partei den Urteilsbetrag zahlt.
Beschluss vom 7. Dezember 2010 - VI ZB 87/09

 

Bildagenturen mussten vor Weitergabe archivierter Fotos an die Presse nicht die Zulässigkeit der beabsichtigten Presseberichterstattung prüfen
KunstUrhG §§ 22, 23; GG Art. 5 Abs. 1 Satz 2
Der Betreiber eines Bildarchivs zur kommerziellen Nutzung durch Presseunternehmen muss vor der Weitergabe archivierter Fotos an die Presse grundsätzlich nicht die Zulässigkeit der beabsichtigten Presseberichterstattung nach Maßgabe der §§ 22, 23 KunstUrhG prüfen.
Urteile vom 7. Dezember 2010 - VI ZR 30/09 und VI ZR 34/09
Pressemitteilung Nr. 235/10 

 

StVG § 7 Abs. 1, § 17 Abs. 1, § 18 Abs. 1, 3; ZPO § 286
Zum Anscheinsbeweis bei einem Auffahrunfall beim Verlassen der Autobahn.
Urteil vom 30. November 2010 - VI ZR 15/10

 

ZPO §§ 156, 286
Gibt der medizinische Sachverständige in seinen mündlichen Ausführungen neue und ausführlichere Beurteilungen gegenüber dem bisherigen Gutachten ab, so ist den Parteien unter dem Blickpunkt des rechtlichen Gehörs Gelegenheit zu geben, hierzu Stellung zu nehmen. Dabei sind auch Ausführungen in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz zur Kenntnis zu nehmen und die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, sofern die Ausführungen Anlass zu weiterer tatsächlicher Aufklärung geben.
Beschluss vom 30. November 2010 - VI ZR 25/09

 

BGB § 242; ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
Zur Frage der Verwirkung des Beschwerderechts gegen die Zurückweisung des Antrags auf Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung.
Beschluss vom 30. November 2010 - VI ZB 30/10

 

BGB § 249 Abs. 2 Satz 1
Ein Unfallgeschädigter kann (fiktiv) die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts in der Regel nur abrechnen, wenn er das Fahrzeug mindestens sechs Monate weiternutzt und es zu diesem Zweck - falls erforderlich - verkehrssicher (teil-)reparieren lässt.

Vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist kann der Geschädigte, der sein Fahrzeug tatsächlich repariert oder reparieren lässt, Reparaturkosten, die den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen, regelmäßig nur ersetzt verlangen, wenn er den konkret angefallenen Reparaturaufwand geltend macht.
Urteil vom 23. November 2010 - VI ZR 35/10

 

AusllnvestmG § 1 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 2
Zur Anwendbarkeit des Auslandinvestmentgesetzes auf den Erwerb von Aktien einer nicht börsennotierten Gesellschaft türkischen Rechts.
Urteil vom 23. November 2010 - VI ZR 334/09

 

BGB § 823 Abs. 2; KWG § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Abs. 1a Satz 2 Nr. 5, § 32 Abs. 1 Satz 1
Zur Haftung wegen unerlaubter Drittstaateneinlagenvermittlung.
Urteil vom 23. November 2010 - VI ZR 244/09

 

ZPO §§ 103 Abs. 2 Satz 1, 567
Nicht Gegenstand eines Kostenfestsetzungsantrags bildende Kosten können mit der sofortigen Beschwerde nur dann geltend gemacht werden, wenn das Rechtsmittel unabhängig von der Anspruchserweiterung zulässig ist. Andernfalls sind sie zur nachträglichen Festsetzung anzumelden.
Beschluss vom 16. November 2010 - VI ZB 79/09

 

InsO § 302
Die dem Schuldner in einem Strafverfahren auferlegten Gerichtskosten sind keine Verbindlichkeiten aus unerlaubter Handlung im Sinne von § 302 Nr. 1 InsO.
Urteil vom 16. November 2010 - VI ZR 17/10

 

BGB § 252; ZPO § 287
Zu der für die Bemessung des Erwerbsschadens erforderlichen Prognose der hypothetischen Einkommensentwicklung, wenn der Geschädigte behauptet, er hätte ohne den Schadensfall in fortgeschrittenem Alter eine gut bezahlte Festanstellung erhalten, der Schädiger dies aber unter Hinweis auf die Lage am Arbeitsmarkt bestreitet.
Urteil vom 9. November 2010 - VI ZR 300/08

 

BGB § 823 Abs. 2; KWG (1998) § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3, § 32
Zu den Voraussetzungen einer erlaubnispflichtigen gewerbsmäßigen Finanzportfolioverwaltung im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 3 KWG.
Urteil vom 9. November 2010 - VI ZR 303/09

 

GG Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 52, 139; BGB §§ 104, 1896
Die mögliche mangelnde Prozessfähigkeit des Klägers führt nicht zur Unzulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde. Für den Streit über die Prozessfähigkeit ist die davon betroffene Partei als prozessfähig anzusehen.

Das Gericht muss dafür Sorge tragen, dass einem prozessunfähigen Kläger ermöglicht wird, für eine ordnungsgemäße Vertretung zu sorgen (im Anschluss an BAG, Beschluss vom 28. Mai 2009 - 6 AZN 17/09, NJW 2009, 3051).
Beschluss vom 9. November 2010 - VI ZR 249/09

 

ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
Bei der Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstandes gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht ergänzenden Vortrag der Parteien zu diesem Wert in Erwägung zu ziehen. Hat das Erstgericht die auf Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall gerichtete Klage hinsichtlich eines Feststellungsantrags abgewiesen, kann der Wert des Beschwerdegegenstandes auch durch ausreichend konkret dargelegte Schadenspositionen bestimmt sein, die erstinstanzlich nicht in Ansatz gebracht wurden oder im Raum standen, sofern im Fall einer Verurteilung die Haftung der Beklagten auch für diese Positionen festgestellt würde.

Hat das erstinstanzliche Gericht keine Veranlassung gesehen, die Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 ZPO zuzulassen, weil es den Streitwert auf über 600 € festgesetzt hat, und hält das Berufungsgericht diesen Wert für nicht erreicht, muss es die Entscheidung darüber nachholen, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO erfüllt sind.
Beschluss vom 26. Oktober 2010 - VI ZB 74/08

 

GG Art. 34 Satz 1; BGB § 839 A; ZDG § 35 Abs. 1
Die ärztliche Behandlung von Zivildienstleistenden durch Vertragsärzte und Krankenhäuser mit Kassenzulassung im Rahmen der gesetzlichen Heilfürsorge erfolgt nicht in Ausübung eines öffentlichen Amtes.
Urteil vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 307/09

 

Bundesgerichthof hebt Verbot einer Wort- und Bildberichterstattung über den Rosenball in Monaco, die Charlotte Casiraghi in den Mittelpunkt stellt, auf BGB §§ 823, 1004; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1
Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegen eine Presseberichterstattung reicht hinsichtlich der Veröffentlichung von Bildern einerseits und der Wortberichterstattung andererseits unterschiedlich weit
Urteile vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 230/08
Pressemitteilung Nr. 220/10

 

KunstUrhG §§ 22, 23; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1
Zur Zulässigkeit der Veröffentlichung kontextbezogener Fotos in einem Presseartikel über ein zeitgeschichtliches Ereignis (Rosenball in Monaco).
Urteil vom 26. Oktober 2010 - VI ZR 190/08

 

BGB § 826
Der Geschäftsführer einer Treuhandkommanditistin haftet dem Treugeber nicht ohne weiteres wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, wenn er ihn nicht über ein aufsichtsrechtliches Vorgehen der Bundesanstalt für Finanzleistungen (BaFin) informiert (Bestätigung von OLG Köln, Urteil vom 26. März 2009 - I-7 U 188/08, GWR 2009, 350; gegen OLG München, Urteile vom 16. September 2008 - 5 U 2503/08, EWiR 2008, 747; vom 18. November 2008 - 5 U 2856/08, WM 2009, 651; vom 4. Dezember 2008 - 17 U 2763/08, juris).

Die Qualifizierung eines Verhaltens als sittenwidrig ist eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegt (Senatsurteile vom 25. März 2003 - VI ZR 175/02, BGHZ 154, 269, 274 f. m.w.N.; vom 13. Juli 2003 - VI ZR 136/03, NJW 2004, 3423, 3425). Ein Verhalten ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (st. Rspr. seit RGZ 48, 114, 124). In diese rechtliche Beurteilung ist einzubeziehen, ob es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (BGH, Urteile vom 6. Mai 1999 - VII ZR 132/97, BGHZ 141, 357, 361 m.w.N.; vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, 160, 149, 157; vom 14. Mai 1992 - II ZR 299/90, WM 1992, 1184, 1186 m.w.N. und vom 19. Juli 2004 - II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2670). Ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur dann, wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht. Hierfür reicht die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht, aber auch einer vertraglichen Pflicht nicht aus. Es müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten wegen seines Zwecks oder wegen des angewandten Mittels oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als "anständig" Geltenden verwerflich machen (Senat, Urteil vom 10. Juli 2001 - VI ZR 160/00, VersR 2001, 1431, 1432 m.w.N.).

Das Unterlassen der Aufklärung über wesentliche regelwidrige Auffälligkeiten einer Kapitalanlage stellt nicht schon dann einen Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 826 BGB dar, wenn eine vertragliche Pflicht zur Aufklärung besteht. Der schwerwiegende Vorwurf der Sittenwidrigkeit ist erst dann zu erheben, wenn das Schweigen des Aufklärungspflichtigen zugleich gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Allein die Kenntnis von der noch entfernt liegenden Möglichkeit, dass die Geschäftstätigkeit gemäß § 37 KWG untersagt werden könnte und die Anleger hierdurch Schäden erleiden würden, genügt dafür entgegen der Auffassung der Revision nicht. Sittenwidriges Verhalten wäre dem Beklagten erst dann vorzuwerfen, wenn er trotz positiver Kenntnis von der Chancenlosigkeit der Anlage geschwiegen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, VersR 2003, 511), also in Kenntnis des Umstands, dass eine Untersagung der Geschäftstätigkeit unmittelbar bevorstand (vgl. BGH, Urteile vom 9. Juli 1953 - IV ZR 242/52, BGHZ 10, 228, 234; vom 9. Juli 1979 - II ZR 118/77, BGHZ 75, 96, 114; vom 26. März 1984 - II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 399; vom 11. November 1985 - II ZR 109/84, BGHZ 96, 231, 235 f.; vom 26. Juni 1989 - II ZR 289/88, BGHZ 108, 134, 144; vom 22. Juni 1992 - II ZR 178/90, WM 1992, 1812, 1823).
Urteile vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 248/08, VI ZR 304/08 und VI ZR 4/09

 

KWKG § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4
Wird ein vor dem 1. Januar 2000 abgeschlossener Vertrag über die Einspeisung von KWK-Strom beendet und von den Vertragsparteien später erneuert, handelt es sich, selbst wenn sie dabei eine Rückwirkung der Folgeregelung vereinbaren, um die Einspeisung und Vergütung des Stroms auch nach Vertragsende auf vertraglicher Grundlage fortzusetzen, nicht mehr um den ursprünglichen, in seinem förderfähigen Bestand geschützten Vertrag im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG, sondern um einen erst nach dem Stichtag neu entstandenen Vertrag (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 6. Juli 2005 - VIII ZR 152/04, WM 2005, 1916).
Urteil vom 6. Oktober 2010 - VIII ZR 15/10

 

ZPO § 340 Abs. 1
Allein die Verwendung der "Ich-Form" in einem Einspruchsschriftsatz eines Rechtsanwalts lässt grundsätzlich keine Zweifel daran aufkommen, dass der Rechtsanwalt in seiner Eigenschaft als Prozessbevollmächtigter seiner Partei für diese den Einspruch einlegen will.
Urteil vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 257/08

 

RVG § 15 Abs. 2 Satz 1, ZPO § 287
Zur Frage, ob die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen gegen den Autor einerseits und den Verlag andererseits dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG betrifft.
Urteil vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 152/09

 

BGB § 823, LugÜ Art. 13 Abs. 1 Nr. 3
Im Sinne von Art. 13 Abs. 1 LugÜ kann auch ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 32 Abs. 1 KWG ein Anspruch "aus einem Vertrag" sein und damit der Zuständigkeit für Verbrauchersachen unterliegen.

Für die Anknüpfung an einen Vertrag und die Begründung der Zuständigkeit für Verbrauchersachen nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 LugÜ genügt, dass sich die Schadenshaftung allgemein auf einen Vertrag bezieht und eine Klage, die auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, eine so enge Verbindung zu dem Vertrag aufweist, dass sie von ihm nicht getrennt werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - Rs. C-96/00 - Slg. 2002 S. I-6367, Gabriel).
Urteil vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09

 

BGB §§ 823 Abs. 1; 254 Abs. 1; § 426 Abs. 1 StVG §§ 7 ff.; 8 Nr. 2
Bei mehreren nebeneinander verantwortlichen Schädigern besteht zum Geschädigten grundsätzlich die volle Haftung, ohne dass einer der Schädiger auf den Tatbeitrag des anderen verweisen könnte. Die Last des Schadens ist lediglich im Innenverhältnis nach § 426 Abs. 1 BGB nach den Anteilen an dessen Herbeiführung aufzuteilen.
Ergreift ein Unfallhelfer nach einem Unfall, bei dem das Ausmaß der Gefährdung und der Hilfebedürftigkeit der beteiligten Verkehrsteilnehmer nicht sogleich zutreffend erkannt werden kann, nicht die aus nachträglicher Sicht vernünftigste Maßnahme, folgt hieraus noch nicht ein Mitverschuldensvorwurf.
Bei gelegentlichen Hilfeleistungen von sonst an dem Betriebe des Kfz unbeteiligten Personen scheidet ein Haftungsausschluss nach § 8 Nr. 2 StVG regelmäßig aus.
Urteil vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 286/09

 

Trifft ein Schadensereignis ein jüngeres Kind, über dessen berufliche Zukunft aufgrund des eigenen Entwicklungsstands zum Schadenszeitpunkt noch keine zuverlässige Aussage möglich ist, so kann es geboten sein, dass der Tatrichter bei der für die Ermittlung des Erwerbsschadens erforderlichen Prognose auch den Beruf sowie die Vor- und Weiterbildung der Eltern, ihre Qualifikation in der Berufstätigkeit, die beruflichen Pläne für das Kind sowie schulische und berufliche Entwicklungen von Geschwistern berücksichtigt.
Ergeben sich aufgrund der tatsächlichen Entwicklung des Kindes zwischen dem Zeitpunkt der Schädigung und dem Zeitpunkt der Schadensermittlung (weitere) Anhaltspunkte für seine Begabungen und Fähigkeiten und die Art der möglichen Erwerbstätigkeit ohne den Schadensfall, ist auch dies bei der Prognose zu berücksichtigen und von einem dem entsprechenden normalen beruflichen Werdegang auszugehen.
Urteil vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 186/08

 

StVG § 7 Abs. 1
Ein Unfall kann auch dann dem Betrieb eines anderen Kraftfahrzeugs zugerechnet werden, wenn er durch eine - objektiv nicht erforderliche - Ausweichreaktion im Zusammenhang mit einem Überholvorgang des anderen Fahrzeugs ausgelöst worden ist. Nicht erforderlich ist, dass die von dem Geschädigten vorgenommene Ausweichreaktion aus seiner Sicht, also subjektiv erforderlich war oder sich gar für ihn als die einzige Möglichkeit darstellte, um eine Kollision zu vermeiden (im Anschluss an Senatsurteil vom 26. April 2005 - VI ZR 168/04).
Urteil vom 21. September 2010 - VI ZR 263/09

 

RVG § 15 Abs. 2 Satz 1, ZPO § 287
Zur Frage, ob die außergerichtliche Geltendmachung von Unterlassungs-, Gegendarstellungs- und Richtigstellungsansprüchen dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG betrifft.
Urteil vom 3. August 2010 - VI ZR 113/09

 

PflVG § 3 Nr. 1 a.F.
Eine Direkthaftung nach § 3 Nr. 1 PflVG a.F. ist für Regressansprüche selbst haftpflichtiger Schädiger gegen ihnen zum Ausgleich verpflichtete Mitschädiger nicht gegeben.

Wird ein Schädiger über seine interne Haftungsquote hinaus von Geschädigten in Anspruch genommen, so stellt dies keinen Schaden dar, der den Schutz des Pflichtversicherungsgesetzes genießt. Er ist vielmehr auf einen Regress nach allgemeinen Regeln gegen den oder die Mitschädiger beschränkt (im Anschluss an Senatsurteil BGHZ 177, 141, 144 f.).
Beschluss vom 27. Juli 2010 - VI ZB 49/08

 

RVG § 15 Abs. 2 Satz 1
Wird ein Rechtsanwalt beauftragt, gegen eine unrichtige Presseberichterstattung vorzugehen, so kann eine Tätigkeit in derselben Angelegenheit auch dann vorliegen, wenn durch die unrichtigen Äußerungen sowohl eine GmbH als auch deren Geschäftsführer betroffen sind und sich die für die Betroffenen ausgesprochenen Abmahnungen sowohl gegen den für das Printprodukt verantwortlichen Verlag als auch gegen die für die Verbreitung der Berichterstattung im Internet Verantwortlichen richten.

Sind durch eine falsche Berichterstattung eine GmbH und ihre Geschäftsführer in gleicher Weise betroffen und sollen sich die Abmahnungen wegen der wortgleichen Berichterstattung an den Verlag der Printausgabe, an die Domaininhaberin sowie an die Betreiberin des Online-Angebots richten, wird die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit einer getrennten Beauftragung derselben Anwaltssozietät und einer getrennten anwaltlichen Bearbeitung in der Regel jedenfalls dann zu verneinen sein, wenn die Abmahnungen ohne weiteren Aufwand zu Unterlassungserklärungen der für die Berichterstattung Verantwortlichen führen und die Sache bis dahin ohne weiteres als eine Angelegenheit bearbeitet werden kann.
Urteil vom 27. Juli 2010 - VI ZR 261/09

 

BGB §§ 249, 254 Abs. 2
Der Schädiger kann den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn er darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen würden (vgl. Senatsurteile vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09 - VersR 2010, 225, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; vom 23. Februar 2010 - VI ZR 91/09 - VersR 2010, 923; vom 22. Juni 2010 - VI ZR 337/09 - und - VI ZR 302/08 - jeweils z.V.b.).

Für die tatrichterliche Beurteilung der Gleichwertigkeit der Reparaturmöglichkeit gilt auch im Rahmen des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB das erleichterte Beweismaß des § 287 ZPO.
Urteil vom 13. Juli 2010 - VI ZR 259/09

 

ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1; RVG VV Nrn. 3200, 3201 Nr. 1
Hat der Rechtsmittelgegner bereits vor Zustellung der Rechtsmittelbegründung die Zurückweisung des Rechtsmittels beantragt, gehört die 1,6-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV-RVG regelmäßig zu den zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 ZPO, wenn nach dem verfrühten Zurückweisungsantrag das Rechts-mittel noch begründet wird und das Rechtsmittelgericht in der Sache entscheidet (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 1. April 2009 - XII ZB 12/07 - NJW 2009, 2220 f.).
Beschluss vom 13. Juli 2010 - VI ZB 61/09

 

ZPO §§ 85 Abs. 2, 233
Bei der Organisation des Fristenwesens in seiner Kanzlei hat der Anwalt durch geeignete Anweisungen sicherzustellen, dass die zur wirksamen Fristenkontrolle erforderlichen Handlungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt und im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem den Fristenlauf auslösenden Ereignis vorgenommen werden.

Beantragt der Anwalt eine Fristverlängerung, so muss das hypothetische Ende der beantragten Fristverlängerung bei oder alsbald nach Einreichung des Verlängerungsantrags im Fristenkalender eingetragen, als vorläufig gekennzeichnet und rechtzeitig, spätestens nach Eingang der gerichtlichen Mitteilung überprüft werden, damit das wirkliche Ende der Frist festgestellt wird.
Beschluss vom 13. Juli 2010 - VI ZB 1/10

 

EGZPO § 15a; BadWürttSchlG § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Wird der im Mahnverfahren nur gegen den KFZ-Haftpflichtversicherer geltend gemachte Anspruch mit der Anspruchsbegründung im Klageverfahren auf den Versicherungsnehmer erweitert, ist die gegen diesen erhobene Klage als unzulässig abzuweisen, wenn vor der Parteierweiterung das grundsätzlich erforderliche Schlichtungsverfahren nicht durchgeführt worden ist.
Urteil vom 13. Juli 2010 - VI ZR 111/09

 

ZPO § 538 Abs. 2
Zu den Voraussetzungen für eine Zurückverweisung der Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels.
Urteil vom 13. Juli 2010 - VI ZR 254/09

 

ZPO § 144 Satz 1
Ein Versicherungsnehmer, der sich im Verkehrsunfallprozess gegen den von seinem mitverklagten Haftpflichtversicherer gegen ihn erhobenen Vorwurf eines versuchten Versicherungsbetrugs verteidigen will, handelt nicht mutwillig im Sinne von § 144 Satz 1 ZPO, wenn er Prozesskostenhilfe für die Vertretung durch einen eigenen Anwalt begehrt, obwohl ihm der Haftpflichtversicherer als Streithelfer beigetreten ist und dessen Prozessbevollmächtigter auf diesem Wege auch für ihn Klageabweisung beantragt hat.
Beschluss vom 6. Juli 2010 - VI ZB 31/08
Beschluss vom 6. Juli 2010 - VI ZB 30/08

 

GG Art. 103 Abs. 1, ZPO § 544 Abs. 7
Das Berufungsgericht verletzt den Anspruch der Partei auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise, wenn es - ohne zuvor einen Hinweis nach § 139 ZPO auf die beabsichtigte Auslegung ihres Feststellungsantrags zu geben - diesen überraschend mit der Begründung abweist, er beziehe sich entsprechend seinem Wortlaut nur auf - nicht vorliegende - Behandlungsfehler im engeren Sinne, nicht jedoch auch auf - vorliegende - Aufklärungsfehler.
Beschluss vom 6. Juli 2010 - VI ZR 177/09

 

BGB § 823
Der Umstand, dass bei der konkreten Behandlung (hier: PRT) über eine Querschnittlähmung noch nicht berichtet worden ist, reicht nicht aus, dieses Risiko als lediglich theoretisches Risiko einzustufen und eine Aufklärungspflicht zu verneinen.

Liegen der Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen medizinische Fragen zugrunde, muss der Richter mangels eigener Fachkenntnisse Unklarheiten und Zweifel bei den Bekundungen des Sachverständigen durch eine gezielte Befragung klären.
Urteil vom 6. Juli 2010 - VI ZR 198/09

 

ZPO § 233
Bei Übermittlung eines Prozesskostenhilfeantrags durch Telefax muss ein Sendeprotokoll ausgedruckt und anhand dessen überprüft werden, ob alle Seiten des Originalschriftsatzes neben den erforderlichen Anlagen übermittelt wurden.
Beschluss vom 29. Juni 2010 - VI ZA 3/09

 

ZPO § 32; BGB § 823 Abs. 2; AuslInvestmG §§ 2, 8
Im Rahmen der Prüfung der internationalen Zuständigkeit entsprechend § 32 ZPO genügt es, dass der Kläger die nach dem insoweit maßgeblichen deutschen Recht deliktischen Ansprüche schlüssig behauptet. Ihr tatsächliches Vorliegen wird erst im Zusammenhang mit der Begründetheit der klägerischen Ansprüche geprüft.

Zur Anwendbarkeit des Auslandinvestmentgesetzes auf den Erwerb von Aktien einer nicht börsennotierten Gesellschaft türkischen Rechts.
Urteil vom 29. Juni 2010 - VI ZR 122/09

 

BGB § 823 Abs. 2, WpHG § 34a Abs. 1 Satz 1 (in der Fassung vom 1. Juli 2002)
§ 34a Abs. 1 Satz 1 WpHG ist kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB.
Urteil vom 22. Juni 2010 - VI ZR 212/09

 

BGB §§ 249 Abs. 2 Satz 1, 254 Abs. 2 Satz 1
Der Geschädigte leistet dem Gebot der Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.

Der Schädiger kann den Geschädigten aber unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn er darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen würden.
Urteil vom 22. Juni 2010 - VI ZR 302/08

 

BGB §§ 249 Abs. 2 Satz 1, 254 Abs. 2 Satz 1
Der Geschädigte leistet dem Gebot der Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.

Der Schädiger kann den Geschädigten aber unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn er darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, und wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen würden.

Unzumutbar ist eine Reparatur in einer "freien Fachwerkstatt" für den Geschädigten insbesondere dann, wenn sie nur deshalb kostengünstiger ist, weil ihr nicht die marktüblichen Preise dieser Werkstatt, sondern auf vertraglichen Vereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers beruhende Sonderkonditionen zugrunde liegen.
Urteil vom 22. Juni 2010 - VI ZR 337/09

 

HPflG § 2
Ein Stromversorgungsunternehmen hat gegen einen Kunden keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 2 Abs. 1 HPflG, wenn aufgrund einer Fehlbedienung im Bereich der Schaltanlage des Kunden eine extrem hohe Strommenge aus dem Netz des Versorgers angefordert und deswegen eine in dessen Netz vorhandene Sicherungseinrichtung ausgelöst wird und wieder instand gesetzt werden muss.
Urteil vom 22. Juni 2010 - VI ZR 226/09

 

BGB §§ 249 Abs. 2 Satz 1
Der Geschädigte, der sein beschädigtes Fahrzeug nicht reparieren lassen, sondern es veräußern und ein Ersatzfahrzeug anschaffen will, darf seiner Schadensabrechnung im Allgemeinen denjenigen Restwert zugrunde legen, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.

Anderes gilt aber dann, wenn der Geschädigte für das Unfallfahrzeug ohne besondere Anstrengungen einen Erlös erzielt hat, der den vom Sachverständigen geschätzten Betrag übersteigt.
Urteil vom 15. Juni 2010 - VI ZR 232/09

 

BGB § 823
In einfach gelagerten Fällen kann der Arzt den Patienten grundsätzlich auch in einem telefonischen Gespräch über die Risiken eines bevorstehenden Eingriffs aufklären, wenn der Patient damit einverstanden ist.
Urteil vom 15. Juni 2010 - VI ZR 204/09

 

SGB VII § 106 Abs. 3 Alt. 3
Erleidet ein bei einem Drittunternehmen angestellter Testfahrer vor Beginn seiner Tätigkeit auf dem Versuchsgelände eines Automobilherstellers einen Glatteisunfall, ist eine Haftung nicht wegen des Vorliegens einer gemeinsamen Betriebsstätte zwischen dem Geschädigten und Mitarbeitern des Automobilherstellers oder des von ihm beauftragten Winterdienstes ausgeschlossen.
Urteil vom 8. Juni 2010 - VI ZR 147/09

 

BGB §§ 249 Abs. 2 Satz 1, 254 Abs. 2 Satz 1
Der Geschädigte leistet dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung durch § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er die Veräußerung seines beschädigten Kraftfahrzeuges zu demjenigen Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.

Um seiner sich aus § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB ergebenden Verpflichtung zur Geringhaltung des Schadens zu genügen, kann der Geschädigte im Einzelfall jedoch gehalten sein, von einer danach grundsätzlich zulässigen Verwertung des Unfallfahrzeugs Abstand zu nehmen und im Rahmen des Zumutbaren andere sich ihm darbietende Verwertungsmöglichkeiten zu ergreifen.
Urteil vom 1. Juni 2010 - VI ZR 316/09

 

StGB § 266, VOB/B § 17
Bei der Verpflichtung des Auftraggebers, die von ihm gemäß § 17 Nr. 6 Abs. 1 Satz 1 VOB/B einbehaltene Sicherheit auf ein Sperrkonto einzuzahlen (§ 17 Nr. 6 Abs. 1 Satz 3 VOB/B), handelt es nicht um eine qualifizierte Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB.
Urteil vom 25. Mai 2010 - VI ZR 205/09

 

BGB § 249 Abs. 2 Satz 1, § 254; ZPO § 287
Der Tatrichter darf bei der Beurteilung der Erforderlichkeit von Mietwagenkosten in Ausübung des Ermessens nach § 287 ZPO den "Normaltarif" grundsätzlich auf der Grundlage von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, ermitteln.

Die Eignung solcher Listen oder Tabellen zur Schadensschätzung bedarf nur der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall in erheblichem Umfang auswirken.
Urteil vom 18. Mai 2010 - VI ZR 293/08

 

BGB § 823
Will ein Patient abweichend von den Grundsätzen des totalen Krankenhausaufnahmevertrags seine Einwilligung in einen ärztlichen Eingriff auf einen bestimmten Arzt beschränken, muss er seinen entsprechenden Willen eindeutig zum Ausdruck bringen.
Urteil vom 11. Mai 2010 - VI ZR 252/08

 

NdsGGebBefrG § 1 Abs. 1 Nr. 2
Eine GmbH, die ein Krankenhaus betreibt, ist auch dann nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Nds. GGebBefrG von der Zahlung der Gerichtsgebühren befreit, wenn ihre Alleingesellschafterin eine kommunale Gebietskörperschaft ist.
Beschluss vom 20. April 2010 - VI ZB 65/09

 

ZPO § 233
Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, die konkrete Einzelanweisung befolgt, die von ihm unterzeichnete Berufungsschrift dahin zu berichtigen, dass auf der durchgestrichenen ersten Seite die Adresse des Landgerichts durch die Adresse des Oberlandesgerichts ersetzt und die Berufungsschrift anschließend per Fax an dieses Gericht übermittelt wird.
Beschluss vom 14. April 2010 - VI ZB 65/08

 

GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; MRK Art. 8, 10; KUG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Die Bildberichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis kann auch zulässig sein, wenn einzelne Aussagen der Wortberichterstattung für unzulässig erklärt worden sind.
Urteil vom 13. April 2010 - VI ZR 125/08

 

§ 294a SGB V ist nicht entsprechend auf die Einsicht in Pflegedokumentationen anwendbar.
Urteil vom 23. März 2010 - VI ZR 327/08

 

BGB §§ 31, 831, 823 Abs. 1 und 2; KWG (1998) §§ 1 Abs. 1 und Abs. 1a, 32; AusllnvestmG § 1 Abs. 1
Zur Anwendbarkeit des Kreditwesengesetzes und des Auslandinvestmentgesetzes auf den Erwerb von Aktien einer nicht börsennotierten Gesellschaft türkischen Rechts.
Urteil vom 23. März 2010 - VI ZR 57/09
Pressemitteilung Nr. 60/10

 

BGB § 634 Nr. 4; BGB § 823 Abs. 1, § 1004
Bei der Installation von Überwachungskameras auf einem privaten Grundstück kann das Persönlichkeitsrecht eines vermeintlich überwachten Nachbarn schon aufgrund einer Verdachtssituation beeinträchtigt sein. Allein die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung reicht dazu aber nicht aus.
Urteil vom 16. März 2010 - VI ZR 176/09

 

ZPO § 233, § 520 Abs. 2 Satz 3
Ein Prozessbevollmächtigter darf mit der Bewilligung einer erstmals beantragten Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist rechnen, wenn er zur Begründung des Verlängerungsantrags darauf verweist, eine ausreichende Rücksprache mit dem Mandanten und die notwendige Beschaffung von Unterlagen hätten innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nicht erfolgen können. In der Regel reicht die pauschale Berufung auf einen dieser Gründe in der Antragsschrift aus; eine weitere Substantiierung oder Glaubhaftmachung ist nicht erforderlich.
Beschluss vom 16. März 2010 - VI ZB 46/09

 

ArzneimittelG § 84 a.F., ZPO § 286
Zum Beweis des Ursachenzusammenhangs zwischen der Einnahme eines Arzneimittels und dem Gesundheitsschaden des Patienten.
Urteil vom 16. März 2010 - VI ZR 64/09

 

SGB VII § 34 Abs. 2; GG Art. 34; BGB § 839
Beschränkt sich der Durchgangsarzt im Rahmen der Nachschau auf die Prüfung der Frage, ob die bei der Erstversorgung des Verletzten getroffene Entscheidung zugunsten einer allgemeinen Heilbehandlung aufrechtzuerhalten ist, wird er in Ausübung eines öffentlichen Amtes tätig.
Urteil vom 9. März 2010 - VI ZR 131/09

 

ZPO § 127 Abs. 4
Im Prozesskostenhilfeverfahren werden die außergerichtlichen Kosten eines Rechtsbeschwerdeverfahrens nicht erstattet.
Beschluss vom 9. März 2010 - VI ZB 56/07

 

BGB § 249
Zur Frage, wann eine Eil- oder Notsituation ausnahmsweise eine hinreichende Erkundigung nach günstigeren Mietwagenpreisen entbehrlich machen kann.
Urteil vom 9. März 2010 - VI ZR 6/09

 

BGB §§ 314, 313 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2
Eine im Risikobereich des Unterlassungsschuldners liegende Änderung der Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse durch ein Instanzgericht in einem Parallelverfahren berechtigt grundsätzlich nicht zur Kündigung eines presserechtlichen Unterlassungsvertrages.
Urteil vom 9. März - IV ZR 52/09
Pressemitteilung Nr. 52/10

 

ZPO § 32; BGB §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2
Die deutschen Gerichte sind zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen international zuständig, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse des Beklagten an der Gestaltung seines Internetauftritts und an einer Berichterstattung andererseits - nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann.

Dies ist dann anzunehmen, wenn eine Kenntnisnahme von der beanstandeten Meldung nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liegt als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebots der Fall wäre und die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme von der Meldung (auch) im Inland eintreten würde.
Urteil vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09
Pressemitteilung Nr. 48/10

 

BGB §§ 249; 251
Zur Frage, ob bei der fiktiven Schadensabrechnung eines als "Unikat" anzusehenden Kraftfahrzeugs ein über den Wiederbeschaffungswert hinaus gehender Schadensbetrag abgerechnet werden kann.
Urteil vom 2. März 2010 - VI ZR 144/09

 

BGB § 823 Abs. 1
Zur Frage einer Nachrüstungspflicht des Verkehrssicherungspflichtigen für bestehende technische Anlagen (hier: halbautomatische Glastüre als Zugang zu einem Geldautomaten einer Bank) im Falle einer Verschärfung von DIN-Normen.
Urteil vom 2. März 2010 - VI ZR 223/09

 

BGB §§ 249, 254 Abs. 2
Der Schädiger darf den Geschädigten im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne
des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere und vom Qualitätsstandard gleichwertige Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen
"freien Fachwerkstatt" verweisen, wenn der Geschädigte keine Umstände aufzeigt, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt
unzumutbar machen (Bestätigung des Senatsurteils vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
Urteil vom 23. Februar 2010 - VI ZR 91/09

 

BGB § 249, § 252 Satz 2
Macht ein Unfallversicherungsträger wegen der Zahlung eines Verletztengeldes einen nach § 116 Abs. 1 SGB X übergegangenen Schadensersatzanspruch geltend, ist der kongruente Erwerbsschaden eines selbständigen Unternehmers nach den Grundsätzen für die Ermittlung des entgangenen Gewinns zu schätzen.
Urteil vom 23. Februar 2010 - VI ZR 331/08

 

ZPO §§ 412, 485, 492 Abs. 1, 567 Abs. 1
Gegen die Ablehnung der Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 ZPO ist auch im selbständigen Beweisverfahren kein Rechtsmittel gegeben.
Beschluss vom 9. Februar 2010 - VI ZB 59/09

 

GG Artt. 1 Abs. 1; 2 Abs. 1; 5 Abs. 1; BGB §§ 823 Abs. 1; 1004 Abs. 1 Satz 2; KUG §§ 22, 23
Zur Zulässigkeit des Bereithaltens von sogenannten Dossiers zum Abruf im Internet, in denen den Täter identifizierende alte Wort- und Bildberichterstattungen über eine schwere Straftat zusammengefasst sind.
Urteil vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08

 

BGB § 249 Abs. 2 Satz 1; 254; ZPO § 287
Zur Schätzung von Mietwagenkosten.
Urteil vom 2. Februar 2010 - VI ZR 7/09

 

BGB § 249; 254; ZPO § 287
Für die Frage, ob ein günstigerer Tarif als der sogenannte Unfallersatztarif "ohne weiteres" zugänglich war, kommt es darauf an, ob dem Geschädigten in seiner konkreten Situation "ohne weiteres" ein günstigeres Angebot eines bestimmten Autovermieters zur Verfügung stand.

Es obliegt dem Schädiger, der einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) geltend macht, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif nach den konkreten Umstanden "ohne weiteres" zugänglich gewesen ist.
Urteil vom 2. Februar 2010 - VI ZR 139/08

 

ZPO §§ 531, 780 Abs. 1
Zur Aufnahme des erstmals im Berufungsrechtszug erhobenen Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung.
Urteil vom 2. Februar 2010 - VI ZR 82/09

 

ZPO §§ 85 Abs. 2, 233
Der Rechtsanwalt darf das Empfangsbekenntnis nur unterzeichnen und zurückgeben, wenn sichergestellt ist, dass in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert worden ist.
Beschluss vom 2. Februar 2010 - VI ZB 58/09

 

BGB § 823 Abs. 1; ZPO § 286 Abs. 1 Satz 1
Zu den Voraussetzungen eines Anscheinsbeweises bei der Feststellung von Brand-ursachen (hier: Brand einer Scheune nach dem Hantieren mit einem Feuerzeug).
Urteil vom 19. Januar 2010 - VI ZR 33/09

 

BGB § 249 Abs. 2 Satz 1; BGB § 254; ZPO § 287
Zur Schätzung eines Aufschlags zum Normaltarif bei einem sogenannten Unfallersatztarif.
Urteil vom 19. Januar 2010 - VI ZR 112/09

 

RVG-VV Nr. 1008
Wird ein Rechtsanwalt für eine im Wege des Direktanspruchs mitverklagte Partei und zugleich für diese als Streithelferin einer anderen Partei tätig, steht ihm keine erhöhte Gebühr nach Nr. 1008 RVG-VV zu.
Beschluss vom 19. Januar 2010 - VI ZB 36/08

 

ZPO §§ 85 Abs. 2, 233
Der Rechtsanwalt darf das Empfangsbekenntnis nur unterzeichnen und zurückgeben, wenn sichergestellt ist, dass in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert worden ist.
Beschluss vom 12. Januar 2010 - VI ZB 64/09

 

GG Artt. 1 Abs. 1; 2 Abs. 1; 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1; 1004 Abs. 1 Satz 2
Die Frage, ob eine Rundfunkanstalt nicht mehr aktuelle Rundfunkbeiträge, in denen ein verurteilter Straftäter namentlich genannt wird, in dem für Altmeldungen vorgesehenen Teil ihres Internetportals ("Online-Archiv") weiterhin zum Abruf bereit halten darf, ist aufgrund einer umfassenden Abwägung des Persönlichkeitsrechts des Straftäters mit dem Recht der Rundfunkanstalt auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden.

Dabei fließt zugunsten der Rundfunkanstalt mit erheblichem Gewicht in die Abwägung ein, dass die Veröffentlichung der Meldung ursprünglich zulässig war, die Meldung nur durch gezielte Suche auffindbar ist und erkennen lässt, dass es sich um eine frühere Berichterstattung handelt.
Urteil vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08

 

Deutschlandradio darf Mitschriften nicht mehr aktueller Rundfunkbeiträge, in denen im Zusammenhang mit dem Mord an Walter Sedlmayr der Name der Verurteilten genannt wird, in ihrem "Online-Archiv" weiterhin zum Abruf bereithalten
Urteile vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 228/08

 

StVG § 17 Abs. 1 a.F.; SGB X § 116
Zur Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verantwortungsbeiträge nach § 17 Abs. 1 StVG (a.F.) bei einem (tödlichen) Zusammenstoß eines Motorradfahrers mit einem auf dem linken von drei Fahrstreifen einer Autobahn liegen gebliebenen Kraftfahrzeug.
Zur Berechtigung von Hinterbliebenen, Schadensersatzansprüche wegen entgangenen Unterhalts geltend zu machen, wenn sie sowohl eine gesetzliche Hinterbliebenenrente als auch eine betriebliche Zusatzversorgung erhalten.
Urteil vom 1. Dezember 2009 - VI ZR 221/08

 

ZPO § 233
Zur Überwachung des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist, wenn ein Verlängerungsantrag gestellt wird.
Beschluss vom 24. November 2009 - VI ZB 69/08

 

BGB § 823; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 3
Verletzt ein Roman schwerwiegend das Persönlichkeitsrecht und ist deshalb ein gerichtliches Verbreitungsverbot ergangen, kann der Verletzte nur ausnahmsweise zusätzlich eine Geldentschädigung beanspruchen.
Urteil vom 24. November 2009 – VI ZR 219/08
Pressemitteilung Nr. 240/09

 

ZPO § 149
Setzt das Gericht die Verhandlung eines Zivilrechtsstreits gemäß § 149 Abs. 1 ZPO bis zur Erledigung eines Strafverfahrens aus, so muss für das (Rechts-) Beschwerdegericht aufgrund der Begründung des Aussetzungsbeschlusses nachprüfbar sein, dass das Gericht den Vorteil einer gründlicheren Klärung im Strafprozess aufgrund der konkreten Umstände des Falls gegen den Nachteil der Verzögerung einer Entscheidung im Zivilprozess abgewogen hat.
Beschluss vom 17. November 2009 - VI ZB 58/08

 

BGB § 823; GG Art. 5 Abs. 1, 2
Zum Schutz der Meinungsfreiheit bei Verbreitung fremder Äußerungen in einem Interview.
Urteil vom 17. November 2009 – VI ZR 226/08
Pressemitteilung Nr. 235/09

 

BGB § 254; StVG § 7
Der Fahrer eines Kraftfahrzeugs, der nicht zugleich Halter desselben ist, muss sich die einfache Betriebsgefahr des Fahrzeugs nur dann zurechnen lassen, wenn er seinerseits für Verschulden gemäß § 823 BGB oder für vermutetes Verschulden gemäß § 18 StVG haftet.
Urteil vom 17. November 2009 - VI ZR 64/08

 

BGB § 254; StVG § 7; BeamtVG § 35; RhPfLBG § 98
Der Fahrer eines Kraftfahrzeugs, der nicht zugleich Halter desselben ist, muss sich die einfache Betriebsgefahr des Fahrzeugs nur dann zurechnen lassen, wenn er seinerseits für Verschulden gemäß § 823 BGB oder für vermutetes Verschulden gemäß § 18 StVG haftet.
Im Fall des gesetzlichen Forderungsübergangs kann die Obliegenheit zur Schadensminderung in entsprechender Anwendung des § 254 Abs. 2 BGB ausnahmsweise den Zessionar treffen, wenn er den rechtlichen und tatsächlichen Einfluss auf die Schadensentwicklung in der Weise erlangt hat, dass die Zuständigkeit für die Schadensminderung weitgehend auf ihn verlagert ist und die Eigenverantwortung des Geschädigten entsprechend gemindert erscheint.
Der Unfallausgleich nach § 35 BeamtVG bezweckt nicht den Ausgleich möglicher Erwerbsschäden, sondern dient der Deckung vermehrter Bedürfnisse.
Urteil vom 17. November 2009 - VI ZR 58/08

 

ZPO § 321 a
Die Gerichte sind nach Art. 103 Abs. 1 GG nur verpflichtet, das Vorbrin-gen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Parteivortrags ausdrücklich zu bescheiden (BVerfGE 96, 295, 216 f.; BGH, Beschluss vom 24. Februar 2005 - III ZR 263/04 - NJW 2005, 1432).
Beschluss vom 11. November 2009 - VI ZR 239/08

 

EG Art. 234; Brüssel I-VO Art. 5 Nr. 3; e-commerce-Richtlinie Art. 3 Abs. 1 und 2, TMG § 3 Abs. 1 und 2
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden folgende Fragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gemäß Art. 234 EGV zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist die Wendung "Ort, an dem das schädigende Ereignis einzutreten droht" in Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (nachfolgend: EuGVVO) bei (drohenden) Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Inhalte auf einer Internet-Website dahingehend auszulegen, dass der Betroffene eine Unterlassungsklage gegen den Betreiber der Website unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat der Betreiber niedergelassen ist, auch bei den Gerichten jedes Mitgliedstaats erheben kann, in dem die Website abgerufen werden kann,

oder

setzt die Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaats, in dem der Betreiber der Website nicht niedergelassen ist, voraus, dass ein über die technisch mögliche Abrufbarkeit hinausgehender besonderer Bezug der angegriffenen Inhalte oder der Website zum Gerichtsstaat (Inlandsbezug) besteht?
2. Wenn ein solcher besonderer Inlandsbezug erforderlich ist:

Nach welchen Kriterien bestimmt sich dieser Bezug?

Kommt es darauf an, ob sich die angegriffene Website gemäß der Bestimmung des Betreibers zielgerichtet (auch) an die Internetnutzer im Gerichtsstaat richtet oder genügt es, dass die auf der Website abrufbaren Informationen objektiv einen Bezug zum Gerichtsstaat in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts und Interesse des Betreibers an der Gestaltung seiner Website und an der Berichterstattung - nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Website, im Gerichtsstaat tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann?

Kommt es für die Feststellung des besonderen Inlandsbezugs maßgeblich auf die Anzahl der Abrufe der beanstandeten Website vom Gerichtsstaat aus an?

3. Wenn es für die Bejahung der Zuständigkeit keines besonderen Inlandsbezugs bedarf oder wenn es für die Annahme eines solchen genügt, dass die beanstandeten Informationen objektiv einen Bezug zum Gerichtsstaat in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen im Gerichtsstaat nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Website, tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann, und die Annahme eines besonderen Inlandsbezugs nicht die Feststellung einer Mindestanzahl von Abrufen der beanstandeten Website vom Gerichtsstaat aus voraussetzt:

Ist Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (nachfolgend: e-commerce-Richtlinie) dahingehend auszulegen, dass diesen Bestimmungen ein kollisionsrechtlicher Charakter in dem Sinne beizumessen ist, dass sie auch für den Bereich des Zivilrechts unter Verdrängung der nationalen Kollisionsnormen die alleinige Anwendung des im Herkunftsland geltenden Rechts anordnen,
oder

handelt es sich bei diesen Vorschriften um ein Korrektiv auf materiell-rechtlicher Ebene, durch das das sachlich-rechtliche Ergebnis des nach den nationalen Kollisionsnormen für anwendbar erklärten Rechts inhaltlich modifiziert und auf die Anforderungen des Herkunftslandes reduziert wird?

Für den Fall, dass Art. 3 Abs. 1 und 2 e-commerce-Richtlinie kollisionsrechtlichen Charakter hat:

Ordnen die genannten Bestimmungen lediglich die alleinige Anwendung des im Herkunftsland geltenden Sachrechts oder auch die Anwendung der dort geltenden Kollisionsnormen an mit der Folge, dass ein renvoi des Rechts des Herkunftslands auf das Recht des Bestimmungslands möglich bleibt?
Beschluss vom 10. November 2009 - VI ZR 217/08
Pressemitteilung Nr. 227/09

 

GG Art. 103 Abs. 1, ZPO § 286
Nach allgemeinem Grundsatz macht sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden ihr günstigen Umstände regelmäßig zumindest hilfsweise zu Eigen.

In der Nichtberücksichtigung eines Beweisergebnisses, das sich eine Partei als für sie günstig zu Eigen gemacht, kann eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegen.
Beschluss vom 10. November 2009 - VI ZR 325/08

 

BGB § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b GVG (a.F.)
Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b GVG a.F. ist nicht gegeben, wenn eine Partei neben einem allgemeinen Gerichtsstand im Ausland auch einen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat.
Beschluss vom 10. November 2009 - VI ZB 25/09

 

BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2
Zu den Voraussetzungen der grob fahrlässigen Unkenntnis eines Patienten von den einen Schadensersatzanspruch wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers begründenden Umständen.
Urteil vom 10. November 2009 - VI ZR 247/08

 

BGB § 823
Dass bei einem Wettkampf - hier: Fußballspiel - ein Spieler einen anderen verletzt, begründet für sich genommen noch keinen Sorgfaltspflichtverstoß.

Das Bestehen von Haftpflichtversicherungsschutz wirkt grundsätzlich nicht anspruchsbegründend.
Urteil vom 27. Oktober 2009 - VI ZR 296/08

 

BGB §§ 249, 254 Abs. 2
Der Geschädigte darf seiner (fiktiven) Schadensberechnung grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (Bestätigung des Senats-urteils BGHZ 155, 1 ff.).
Will der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, muss der Schädiger darlegen und ggf. beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht.
Zur Frage, unter welchen Umständen es dem Geschädigten gleichwohl unzumutbar sein kann, sich auf eine technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen.
Urteil vom 20. Oktober 2009 – VI ZR 53/09
Pressemitteilung Nr. 216/09

 

NBrandSchG § 26 Abs. 1 Satz 2
§ 26 Abs. 1 Satz 2 NBrandSchG lässt Ansprüche gegen den Verursacher in Fällen der Gefährdungshaftung unberührt.
Beschluss vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 239/08

 

BGB § 826
Nimmt die Bundesagentur für Arbeit den Geschäftsführer einer in Insolvenz geratenen GmbH wegen verspäteter Insolvenzantragstellung auf Ersatz von ihr geleisteten Insolvenzgeldes aus § 826 BGB in Anspruch, so stellt sich der Einwand des Beklagten, Insolvenzgeld hätte auch bei rechtzeitiger Antragstellung gezahlt werden müssen, als qualifiziertes Bestreiten der Schadensentstehung dar, für die die Bundesagentur darlegungs- und beweispflichtig ist (Bestätigung des Senatsurteils BGHZ 175, 58).
Dies gilt auch für den Fall, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist.
Urteil vom 13. Oktober 2009 - VI ZR 288/08

 

BGB § 249 Abs. 2 Satz 1; ZPO § 287
Im Falle eines wirtschaftlichen Totalschadens kann der Geschädigte, der ein Sachverständigengutachten einholt, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, und im Vertrauen auf den darin genannten Restwert und die sich daraus ergebende Schadensersatzleistung des Unfallgegners sein Fahrzeug reparieren lässt und weiternutzt, seiner Schadensabrechnung grundsätzlich diesen Restwertbetrag zugrunde legen.

Der vom Geschädigten mit der Schadensschätzung zum Zwecke der Schadensregulierung beauftragte Sachverständige hat als geeignete Schätzgrundlage für den Restwert im Regelfall drei Angebote auf dem maßgeblichen regionalen Markt zu ermitteln und diese in seinem Gutachten konkret zu benennen.
Urteil vom 13. Oktober 2009 - VI ZR 318/08

 

BGB § 426 Abs. 1
Zur Frage der Beweislastumkehr aufgrund eines groben ärztlichen Behandlungsfehlers für den selbständigen Ausgleichsanspruch eines Gesamtschuldners nach § 426 Abs. 1 BGB.
Urteil vom 6. Oktober 2009 - VI ZR 24/09

 

StVO § 14 Abs. 1; StVG § 17
Die Sorgfaltsanforderung des § 14 Abs. 1 StVO erfasst auch Situationen, in denen der Insasse eines Kraftfahrzeugs sich im unmittelbaren Zusammenhang mit einem Ein- oder Aussteigevorgang bei geöffneter Tür in das Kraftfahrzeug beugt, um etwa Gegenstände ein- oder auszuladen oder einem Kind beim Ein- oder Aussteigen zu helfen.
Kommt es dabei zur Berührung der geöffneten Fahrzeugtür mit einem in zu geringem Abstand vorbeifahrenden LKW, kann eine hälftige Schadensteilung gerechtfertigt sein.
Urteil vom 6. Oktober 2009 - VI ZR 316/08

 

BGB § 823 Abs. 1; § 1004 Abs. 1 Satz 2; KunstUrhG §§ 22, 23
Im Bereich der Bildberichterstattung kann nicht generell beansprucht werden, die Veröffentlichung jeglicher Fotos, die einen bestimmten Minderjährigen zeigen, bis zu dessen Volljährigkeit zu unterlassen.
Urteil vom 6. Oktober 2009 - VI ZR 314/08
Urteil vom 6. Oktober 2009 - VI ZR 315/08
Pressemitteilung Nr. 206/09

 

BGB § 249
Wählt der Geschädigte den Weg der Ersatzbeschaffung, obwohl nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot nur ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten besteht, steht ihm jedenfalls dann kein Anspruch auf Ersatz von Umsatzsteuer zu, wenn bei der Ersatzbeschaffung keine Umsatzsteuer angefallen ist.
Urteil vom 22. September 2009 - VI ZR 312/08

 

BGB § 823; GG Art. 5 Abs. 1, 2
Zum Schutz der Meinungsfreiheit bei kritischen Äußerungen über ein Unternehmen und dessen Vorstandsvorsitzenden.
Urteil vom 22. September 2009 – VI ZR 19/08
Pressemitteilung Nr. 191/09

 

BGB § 393
Das Verbot der Aufrechnung gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung gilt auch dann, wenn sich zwei Forderungen aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung gegenüber stehen, die aus einem einheitlichen Lebensverhältnis resultieren.
Beschluss vom 15. September 2009 - VI ZA 13/09

 

EGZPO § 15a; BaySchlG Art. 1 Nr. 3
In den Fällen des § 15a Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 EGZPO entfällt ein nach dem Landesgesetz bestehendes Schlichtungserfordernis nicht deshalb, weil der schlichtungsbedürftige Antrag im Rechtsstreit mit einem nicht schlichtungsbedürftigen Klageantrag verbunden wird. Hinsichtlich des schlichtungsbedürftigen Antrags ist die Klage als unzulässig abzuweisen, wenn kein Schlichtungsverfahren durchgeführt wurde.
Urteil vom 7. Juli 2009 - VI ZR 278/08

 

BGB § 823
Zur Haftung des Verpächters einer Domain für Äußerungen auf der von seinem Pächter betriebenen Website.
Urteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08

 

BGB § 833
Die Haftungsprivilegierung des Nutztierhalters verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Zu den Anforderungen an den dem Tierhalter obliegenden Entlastungsbeweis gemäß § 833 Satz 2 BGB.
Urteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 266/08

 

BGB § 823, 828 Abs. 2
Der Geschädigte, der sich darauf beruft, hat darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass sich nach den Umständen des Falles die typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs bei einem Unfall nicht realisiert hat.
Urteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 310/08

 

BGB § 823 Abs. 1; KUG §§ 22, 23
Zur Reichweite einer Unterlassungsverpflichtungserklärung, die ein Presseorgan im Hinblick auf die rechtswidrige Verbreitung eines Prominentenfotos bei der Berichterstattung gegenüber dem Betroffenen abgegeben hat.
Urteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 232/08

 

BDSG § 29; § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1; § 41 Abs. 1; GG Art. 1, 2, 5
Zur Zulässigkeit der Erhebung, Speicherung und Übermittlung von personengebundenen Daten im Rahmen eines Bewertungsforums im Internet (www.spickmich.de).
Urteil vom 23. Juni 2009 - VI ZR 196/08
Pressemitteilung Nr. 137/09 

 

ProdHaftG §§ 1 Abs. 2 Nr. 5, 3 Abs. 1, BGB § 823  
Zur Haftung eines Fahrzeugherstellers für die Fehlauslösung von Airbags.
Urteil vom 16. Juni 2009 - VI ZR 107/08

 

BGB § 249
Der Geschädigte, dessen neuer PKW erheblich beschädigt worden ist, kann den ihm entstandenen Schaden nur dann auf Neuwagenbasis abrechnen, wenn er ein fabrikneues Ersatzfahrzeug gekauft hat.
Urteil vom 9. Juni 2009 - VI ZR 110/08

 

BGB §§ 823, 1004; GG Art. 5 Abs. 1, Abs. 3, Art. 2 Abs. 1
Zur Zulässigkeit der Darstellung einer spektakulären Straftat ("Kannibale von Rotenburg") in einem Spielfilm.
Urteil vom 26. Mai 2009 - VI ZR 191/08
Pressemitteilung Nr. 113/09

 

BRAGO §§ 7 Abs. 2, 13 Abs. 2 Satz 1
Zur Frage, wann getrennt erfolgte Abmahnungen wegen der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Wort- und Bildberichterstattung gebührenrechtlich dieselbe Angelegenheit betreffen (Rückläufer zum Senatsurteil vom 4. Dezember 2007 - VI ZR 277/06).
Urteil vom 26. Mai 2009 - VI ZR 174/08

 

Berichterstattung über Hauskauf Joschka Fischers war zulässig
BGB § 823; GG Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 5 Abs. 1
Zur Zulässigkeit der Presseberichterstattung über den Hauskauf eines bekannten Politikers aus aktuellem Anlass.
Urteil vom 19. Mai 2009 - VI ZR 160/08
Pressemitteilung Nr. 110/09

 

SGB VII §§ 108, 135, 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Hat der Unfallversicherungsträger die Versicherung des Unfalls nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII angenommen und ist die Entscheidung gegenüber den Beteiligten unanfechtbar geworden, ist der Zivilrichter nach § 108 SGB VII daran gebunden. Der Haftungsfall darf keinem weiteren Unternehmer nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII zugeordnet werden.
Urteil vom 19. Mai 2009 - VI ZR 56/08

 

GG Art. 103 Abs. 1, ZPO § 544 Abs. 7
Wird ein Sachverständiger, ohne dass er vorher ein den Parteien zur kritischen Würdigung zugängliches schriftliches Gutachten erstattet hat, in der mündlichen Verhandlung zu schwierigen Sachfragen ausführlich gehört, muss jeder Partei Gelegenheit gegeben werden, nach Vorliegen des Protokolls über die Beweisaufnahme zum Beweisergebnis Stellung zu nehmen. Gibt die Stellungnahme Anlass zur weiteren tatsächlichen Aufklärung, ist die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.
Beschluss vom 12. Mai 2009 - VI ZR 275/08 

 

BGB § 199 Abs. 1; SGB IV § 28p
Bei Behörden und öffentlichen Körperschaften beginnt die Verjährungsfrist für zivilrechtliche Schadensersatzansprüche nach § 199 Abs. 1 BGB zu laufen, wenn der zuständige Bedienstete der verfügungsberechtigten Behörde Kenntnis von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen erlangt; verfügungsberechtigt in diesem Sinne sind dabei solche Behörden, denen die Entscheidungskompetenz für die zivilrechtliche Verfolgung von Schadensersatzansprüchen zukommt, wobei die behördliche Zuständigkeitsverteilung zu respektieren ist.

Im Zusammenhang mit einer Prüfung im Sinne von § 28p SGB IV ist der zu-ständige Rentenversicherungsträger auch verfügungsberechtigt für die Geltendmachung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche gegen den Geschäftsführer einer GmbH wegen der Vorenthaltung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen.
Urteil vom 12. Mai 2009 - VI ZR 294/08

 

SGB X §§ 116, 118
Zum Anspruchsübergang gemäß § 116 SGB X bei konkurrierender Zuständigkeit mehrerer Leistungsträger.
Zum Umfang der Bindungswirkung gemäß § 118 SGB X.
Urteil vom 5. Mai 2009 - VI ZR 208/08

 

BGB § 826
Zur Annahme einer sittenwidrigen Schädigung i.S.d. § 826 BGB bei Missbrauch des Lastschriftverfahrens zur risikolosen Kreditgewährung an den Lastschriftgläubiger unter Abwälzung des Kreditrisikos auf die Gläubigerbank.
Urteil vom 21. April 2009 - VI ZR 304/07

 

ZPO § 519 Abs. 2
Zur Auslegung eines mit "Berufung und Prozesskostenhilfeantrag" überschriebenen Schriftsatzes.
Beschluss vom 24. März 2009 - VI ZB 89/08

 

BGB § 823, § 1359
Zur Anwendbarkeit des § 1359 BGB auf einen Unfall beim Wasserski.
Urteil vom 24. März 2009 - VI ZR 79/08

 

BGB § 832 Abs. 1
Ein Aufsichtspflichtiger muss dafür sorgen, dass ein Kind im Alter von 5 ½ Jahren auf einem Spielplatz in regelmäßigen Abständen von höchstens 30 Minuten kontrolliert wird.
Urteil vom 24. März 2009 - VI ZR 51/08

 

BGB § 832 Abs. 1
Normal entwickelten Kindern im Alter von 7 ½ Jahren ist im Allgemeinen das Spielen im Freien auch ohne Aufsicht gestattet, wenn die Eltern sich über das Tun und Treiben in großen Zügen einen Überblick verschaffen.
Urteil vom 24. März 2009 - VI ZR 199/08

 

BGB § 833
Ein Ausschluss der Tierhalterhaftung wegen Handelns auf eigene Gefahr kommt regelmäßig nicht in Betracht, wenn sich der Geschädigte der Tiergefahr ausgesetzt hat, um aufgrund vertraglicher Absprache mit dem Tierhalter Verrichtungen an dem Tier vorzunehmen.
Deshalb haftet der Tierhalter, soweit die tatbestandlichen Haftungsvoraussetzungen des § 833 Satz 1 BGB vorliegen, einem Tierarzt, der bei der Behandlung eines Tieres durch dessen Verhalten verletzt wird (hier: Pferdetritt beim rektalen Fiebermessen).
Ein für die Verletzung mitursächliches Fehlverhalten des Tierarztes kann anspruchsmindernd nach § 254 BGB berücksichtigt werden.
Urteil vom 17. März 2009 - VI ZR 166/08

 

ProdHaftG § 3
Zur Produktsicherheit eines Gebäckstücks mit einer Kirschfüllung ("Kirschtaler").
Urteil vom 17. März 2009 - VI ZR 176/08

 

BGB § 249
Steht dem Geschädigten nach einem Unfall über den vom Sachverständigen veranschlagten Zeitraum für die Ersatzbeschaffung eines Fahrzeugs hinaus bis zur Lieferung des bereits vor dem Unfall bestellten Fahrzeugs bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise keine weitere Nutzungsausfallentschädigung zu, kommt auch ein auf die fiktiven Kosten für die Anschaffung eines Interimsfahrzeugs begrenzter Anspruch auf Nutzungsersatz nicht in Betracht.
Urteil vom 10. März 2009 - VI ZR 211/08

 

BGB § 831
Zur Frage der Haftung des zum Notfalldienst verpflichteten niedergelassenen Arztes, an dessen Stelle ein anderer Arzt tätig wird.
Urteil vom 10. März 2009 – VI ZR 39/08
Pressemitteilung Nr. 54/09

 

GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1, 1 Abs. 1; EMRK Art. 8, 10; KunstUrhG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Zur Frage der Zulässigkeit der Wort- und Bildberichterstattung im Rahmen eines Fernsehbeitrags, in welchem zwei Tage nach der Beisetzung des verstorbenen Fürsten von Monaco über einen seiner Enkel berichtet wird.
Urteil vom 10. März 2009 – VI ZR 261/07
Pressemitteilung Nr. 53/09

 

BGB § 249 (Gb)
Kommt es beim Kraftfahrzeughaftpflichtschaden für den Umfang des Schadensersatzes darauf an, ob die vom Sachverständigen kalkulierten Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen, ist in der Regel auf die Bruttoreparaturkosten abzustellen.
Urteil vom 3. März 2009 - VI ZR 100/08

 

BGB § 823 Abs. 1
Zur Haftung bei einem Unfall während eines Motocross-Trainings.
Urteil vom 17. Februar 2009 - VI ZR 86/08

 

Bundesgerichtshof bestätigt Verbot von Pressefotos, die Sabine Christiansen mit Norbert Medus zeigen
BGB § 823 Abs. 1; KUG §§ 22, 23
Private Lebensvorgänge sind auch dann Teil der nach den §§ 22, 23 KUG geschützten Privatsphäre, wenn sie im öffentlichen Raum stattfinden und wenn die Abgebildeten einer breiteren Öffentlichkeit bekannt sind. Die Presse darf deshalb über die neue Liebesbeziehung einer prominenten Person in der Regel nicht ohne deren Einwilligung durch die Beifügung von Fotos berichten, die die Partner zwar in der Öffentlichkeit, aber in erkennbar privaten Situationen zeigen.
Die Selbstdarstellung privater Umstände durch Prominente gibt der Presse in der Regel kein Recht, ohne die erforderliche Einwilligung Bilder aus deren privatem Lebenskreis zu veröffentlichen, wenn der Veröffentlichung kein im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigendes ausreichendes Informationsinteresse zukommt.
Urteil vom 17. Februar 2009 - VI ZR 75/08
Pressemitteilung Nr. 34/09

 

BGB §§ 157, 276
Zur Annahme einer wechselseitigen Haftungsbeschränkung im Wege ergänzender Vertragsauslegung einer Absprache über das Anmieten und Führen eines Mietwagens im Ausland.
Urteil vom 10. Februar 2009 - VI ZR 28/08

 

BGB § 823 Ah; GG Art. 5 Abs. 1, 2
Zum Schutz der Meinungsfreiheit bei kritischen Äußerungen über ein Unternehmen.
Urteil vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07

 

BGB § 843 Abs. 1, 2. Alt.; ZPO § 287
Bei der Schätzung des Haushaltsführungsschadens nach § 287 ZPO darf sich der Tatrichter in Ermangelung abweichender konkreter Gesichtspunkte grundsätzlich an dem Tabellenwerk von Schulz-Borck/Hofmann (Schadensersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt) orientieren.
Urteil vom 3. Februar 2009 - VI ZR 183/08

 

VerbrKrG § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1b, § 6 Abs. 2 Satz 4 (jeweils in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung) 
Die im Darlehensvertrag entgegen § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1b VerbrKrG fehlende Gesamtbetragsangabe hat bei vereinbarungsgemäßer Auszahlung der Darlehensvaluta zur Folge, dass der Darlehensnehmer die Neuberechnung der monatlichen Leistungsraten unter Berücksichtigung der auf den gesetzlichen Zinssatz verminderten Zinsen und gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB die Rückzahlung überzahlter Zinsen verlangen kann. 
Ein Wahlrecht des Verbrauchers, statt dessen die den gesetzlichen Zinssatz übersteigenden, in den vereinbarten Ratenzahlungen enthaltenen Zinsen zur Tilgung des Darlehensrückzahlungsanspruchs zu verrechnen, besteht nicht (Abgrenzung zu BGHZ 112, 352).
Urteil vom 20. Januar 2009 - XI ZR 504/07

 

BGB § 249, § 254  
Der vom Geschädigten mit der Schadensschätzung beauftragte Sachverständige hat bei der Ermittlung des Fahrzeugrestwerts grundsätzlich nur solche Angebote einzubeziehen, die auch sein Auftraggeber berücksichtigen müsste.
Urteil vom 13. Januar 2009 - VI ZR 205/08

 

BGB § 252; ZPO § 287; BinSchLV § 4; BinSchG 1994 § 32
Der Anspruch des bei einer Havarie geschädigten Schiffseigners auf Ersatz des durch die erzwungene Stilllegung seines Schiffes verursachten Nutzungsausfallschadens muss nicht zwingend anhand der Liegegeldsätze des § 4 BinSchLV berechnet werden. Es ist nicht rechtsfehlerhaft, wenn der Tatrichter auf die Liegegeldsätze nach § 32 BinSchG 1994 zurückgreift und diese entsprechend der Preisentwicklung indexiert.
Urteil vom 16. Dezember 2008 - VI ZR 48/08

 

Grenzen außervertraglicher Herstellerpflichten bei Produkten mit Sicherheitsmängeln
BGB § 823 Abs. 1 M; ProdHG § 1
Zur Gefahrabwendungspflicht des Herstellers von Produkten mit Sicherheitsmängeln.
Urteil vom 16. Dezember 2008 - VI ZR 170/07
Pressemitteilung Nr. 233/08

 

BGB §§ 249 Satz 2 a. F., 251 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1
Zur Bemessung des Schadens bei der Vernichtung eines Datenbestandes auf der Festplatte eines betrieblich genutzten Computers.
Urteil vom 9. Dezember 2008 - VI ZR 173/07

 

SGB VII § 34 Abs. 3
GG Art. 34; BGB § 839
Ein zum Heilbehandlungsarzt der Berufsgenossenschaften bestellter Arzt darf nur bei den in § 35 des Vertrags Ärzte/Unfallversicherungsträger 2001 im Einzelnen aufgeführten Verletzungen über die Einleitung der besonderen berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung entscheiden.
Urteil vom 9. Dezember 2008 - VI ZR 277/07

 

RVO 1542; ZPO §§ 322, 325; BGB § 823 Abs. 1 (F); EFZG § 6
Die Verletztenrente aus der Unfallversicherung vermindert infolge der Kongruenz mit dem Erwerbsschaden des Verletzten den Anspruch des Arbeitgebers auf Ersatz wegen unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit geleisteter Lohnfortzahlungen.  

Die Rechtskraft eines Feststellungsurteils, in dem die Schadensersatzpflicht des in Anspruch genommenen Schädigers dem Grunde nach festgestellt worden ist, umfasst nicht die Frage, ob und in welcher Höhe für einen bestimmten Zeitraum ein Verdienstausfallschaden eingetreten ist.  

BGB § 823
Aus einer komplexen Äußerung dürfen nicht einzelne Sätze mit tatsächlichem Gehalt abgetrennt und als üble Nachrede verboten werden, obwohl diesen Sätzen an sich ein solcher Inhalt nicht beigelegt werden kann und die Meldung des Presseorgans im Übrigen nicht angegriffen ist.
Urteil vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 219/06

 

Erfüllt der Schädiger Einzelansprüche des Geschädigten, so liegt darin eine Leistung auf den Gesamtanspruch, durch die auch dessen Verjährung unterbrochen (§ 208 BGB a.F.) bzw. neu begonnen wird (§ 212 BGB n.F.).
Urteil vom 2. Dezember 2008 - VI ZR 312/07

 

ZPO § 91 Abs. 1 Satz 2
Einer juristischen Person kann wegen der Teilnahme ihres Geschäftsführers an einem Gerichtstermin ein Anspruch auf Verdienstausfall zustehen.
Beschluss vom 2. Dezember 2008 - VI ZB 63/07

 

ZPO § 345, § 514 Abs. 2, § 565
Ein Prozessbevollmächtigter, der infolge Erkrankung an der Wahrnehmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung gehindert ist, hat alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um das Gericht rechtzeitig von seiner Verhinderung zu unterrichten.
Urteil vom 25. November 2008 - VI ZR 317/07

 

BGB § 249, § 254
Zur Frage, ob ein vorsteuerabzugsberechtigter Geschädigter bei Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs verpflichtet ist, ein regelbesteuertes Fahrzeug zu erwerben.
Beschluss vom 25. November 2008 - VI ZR 245/07

 

BGB § 823; ZPO § 531 Abs. 2
Wird der Einwand der hypothetischen Einwilligung erst im zweiten Rechtszug erhoben, handelt es sich grundsätzlich um ein neues Verteidigungsmittel im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO.
Urteil vom 18. November 2008 - VI ZR 198/07

 

EGBGB Art. 231 § 6; DDR:ZGB §§ 474 Abs. 1 Nr. 4, 476 Abs. 1 Nr. 1
Zur verjährungsrechtlichen Bedeutung eines Anerkenntnisses von Schadensersatzansprüchen nach dem Zivilgesetzbuch der ehemaligen DDR gegen die Deutsche Reichsbahn aus Unfällen vor Inkrafttreten des Einigungsvertrages.
Urteil vom 18. November 2008 - VI ZR 183/07

 

BGB § 249
Lässt der Geschädigte den Fahrzeugschaden, der über dem Wiederbeschaffungswert, aber innerhalb der 130 %-Grenze liegt, vollständig und fachgerecht reparieren, so wird der Anspruch auf Ersatz der den Wiederbeschaffungsaufwand übersteigenden Reparaturkosten im Regelfall nicht erst sechs Monate nach dem Unfall fällig.
Beschluss vom 18. November 2008 - VI ZB 22/08

 

ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
Ein Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privat-sachverständigen kann auch dann bestehen, wenn bei Erteilung des Gutachtensauftrags ausreichende Anhaltspunkte für einen versuchten Versicherungsbetrug gegeben waren und das im Einzelnen nicht angegriffene Gutachten aufzeigt, dass Ersatz von Schäden begehrt wurde, die durch den Unfall nicht entstanden sein können (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 14. Oktober 2008 - VI ZB 16/08).
Beschluss vom 18. November 2008 - VI ZB 24/08

 

BGB § 254 Abs. 1; StVO §§ 1 Abs. 2, 3 Abs. 1, 41 Abs. 2 Nr. 5
Zur Rücksichtnahme von Radfahrern gegenüber Fußgängern auf - lediglich farblich getrennten - Rad- und Fußwegen im Sinne des Zeichens 241 zu § 41 Abs. 2 Nr. 5 StVO.
Urteil vom 6. November 2008 - VI ZR 171/07 

 

Bilder vom Haftausgang von Karsten Speck durften veröffentlicht werden
GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1, EMRK Art. 8, 10, §§ 22, 23 KUG
Eine Bildberichterstattung über den Strafvollzug bei einem bekannten Filmschauspieler kann auch ohne dessen Einwilligung durch ein Bedürfnis nach demokratischer Kontrolle der Strafvollstreckungsbehörden gestattet sein.
Urteil vom 28. Oktober 2008 – VI ZR 307/07
Pressemitteilung Nr. 198/08

 

ZPO § 233
Dem Berufungskläger ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn die von seinem Prozessbevollmächtigten nicht unterzeichnete Berufungsschrift zehn Tage vor Ablauf der Berufungsfrist beim Rechtsmittelgericht eingegangen ist und das Gericht den Prozessbevollmächtigten nicht rechtzeitig auf das Fehlen der Unterschrift hingewiesen hat.
Beschluss vom 14. Oktober 2008 - VI ZB 37/08

 

ZPO § 236
Unterstellt das Berufungsgericht den Vortrag des Berufungsführers zur Eintragung der Berufungs- und der Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender als wahr, darf es nicht zugleich diesen Vortrag als unsubstantiiert beanstanden.
Beschluss vom 14. Oktober 2008 - VI ZB 23/08

 

ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
Ein Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverständigen kann auch dann bestehen, wenn bei Erteilung des Gutachtensauftrags ausreichende Anhaltspunkte für einen versuchten Versicherungsbetrug gegeben waren und das im Einzelnen nicht angegriffene Gutachten aufzeigt, dass Ersatz von Schäden begehrt wurde, die durch den Unfall nicht entstanden sein können.
Beschluss vom 14. Oktober 2008 - VI ZB 16/08

 

ZPO §§ 402, 397
Das Gericht muss auf Antrag der Partei einen radiologischen Sachverständigen anhören, wenn das Gutachten des vom Gericht beauftragten orthopädischen Sachverständigen auf einer lediglich telefonischen Erläuterung des radiologischen Gutachtens beruhen kann.  

ZPO § 411 Abs. 4 Satz 2
Der Antrag einer Partei auf Anhörung eines (hier: radiologischen) Sachverständigen, der erst nach Ablauf einer Frist zur Stellungnahme zu dessen Gutachten gestellt wird, ist nicht verspätet, wenn die Partei erstmals in der mündlichen Verhandlung nach Fristablauf davon Kenntnis erhält, dass der (weitere) gerichtliche Sachverständige (hier: Orthopäde) sein Gutachten auf eine telefonische Erörterung mit dem erstgenannten Sachverständigen stützt.

ZPO § 287
Die Anwendung des § 287 Abs. 1 ZPO ist nicht auf Folgeschäden einer Verletzung beschränkt, sondern umfasst neben einer festgestellten oder unstreitigen Verletzung des Körpers im Sinn des § 823 Abs. 1 BGB entstehende weiteren Körperschäden aus derselben Schädigungsursache.
Beschluss vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 7/08

 

GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; EMRK Art. 8, 10; KUG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Interviews einer Person des öffentlichen Interesses können ohne ihre Einwilligung nur ausnahmsweise die Veröffentlichung eines Fotos zur Bebilderung eines Presseartikels über ihre Erkrankung rechtfertigen.
Urteil vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 256/06
Pressemitteilung Nr. 191/08

 

GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; EMRK Art. 8, 10; KUG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Interviews einer Person des öffentlichen Interesses über ihre Erkrankung können regelmäßig eine Abbildung ihres Ehegatten zur Bebilderung eines Presseartikels über die Erkrankung nicht rechtfertigen.
Urteil vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 260/06
Pressemitteilung Nr. 191/08

 

GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; EMRK Art. 8, 10; KUG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Die Veröffentlichung des Bildes einer Person des öffentlichen Interesses ist regelmäßig nicht erlaubt, wenn die Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person und der Presse- und Informationsfreiheit zu einem Überwiegen des Interesses am Schutz privater Vorgänge (hier: Gesundheitszustand des Ehemannes) führt.
Urteil vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 271/06
Pressemitteilung Nr. 191/08

 

GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; EMRK Art. 8, 10; KUG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Zur Privatsphäre auch einer Person des öffentlichen Interesses gehört grundsätzlich die eigene Erkrankung; Ausnahmen können bei einem besonderen Personenkreis wie beispielsweise wichtigen Politikern, Wirtschaftsführern oder Staatsoberhäuptern bestehen.
Urteil vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 272/06
Pressemitteilung Nr. 191/08

 

BGB § 249 Abs. 2 Satz 1
Zur Verpflichtung zur Einholung von Vergleichsangeboten bei Konkurrenzunternehmen, obwohl dem Verkehrsunfallgeschädigten bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges vom Autovermieter Einblick in Preislisten anderer Anbieter gewährt wird.
Urteil vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 210/07

 

BGB § 249; BGB § 254; ZPO § 287
Mietet ein Verkehrsunfallgeschädigter bei einem Autovermieter ein Ersatzfahrzeug zu einem überhöhten Preis an, ohne sich nach der Höhe der Mietwagenkosten anderweit erkundigt zu haben, so trägt er die Darlegungs- und Beweislast für seine Behauptung, ein günstigerer Tarif sei ihm nicht zugänglich gewesen. 
Dem Tatrichter steht es im Rahmen des durch § 287 ZPO eingeräumten Schätzungsermessens frei, ob er zur Bestimmung der Höhe erforderlicher Mietwagenkosten auf den Schwacke-Mietpreisspiegel aus dem Jahr 2003 oder aus dem Jahr 2006 zurückgreift. Bedenken gegen eine Schätzgrundlage muss nicht durch Beweiserhebung nachgegangen werden, wenn eine andere geeignete Schätzgrundlage zur Verfügung steht.
Urteil vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 308/07

 

BGB § 823 Abs. 1; ZPO § 139
Macht ein Unternehmen nach einem Verkehrsunfall keinen nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz übergegangenen Anspruch seines verletzten Fahrers auf Ersatz von dessen Verdienstausfallschaden geltend, sondern einen eigenen Schadensersatzanspruch wegen der ihm für den Einsatz eines Ersatzfahrers entstandenen Kosten, scheidet eine eigene Rechtsgutverletzung, die Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs im Sinne des § 823 BGB sein könnte, grundsätzlich aus. Ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb kommt wegen Fehlens eines betriebsbezogenen Eingriffs insoweit regelmäßig nicht in Betracht (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Dezember 2002 - VI ZR 171/02 - VersR 2003, 466). 
Eine unrichtige Rechtsansicht des Erstrichters (hier: über die Schlüssigkeit der Klage) lässt sich nicht auf dem Umweg über eine angebliche Hinweispflicht gegenüber den Parteien im Sinne des § 139 ZPO in einen Verfahrensmangel umdeuten (im Anschluss an BGH, Urteil vom 30. Oktober 1990 - XI ZR 173/89 - NJW 1991, 704).
Urteil vom 14. Oktober 2008 - VI ZR 36/08

 

ZPO § 256, BGB § 823 Abs. 1 Ah, BGB § 1004; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 12
Bundesgerichtshof entscheidet im Fall des Theaterstücks "Ehrensache"
Zur Zulässigkeit der Klage eines Theaterverlags auf Feststellung, dass der Inszenierung, Aufführung und Veröffentlichung eines Theaterstücks Persönlichkeits-rechte nicht entgegenstehen. 
Zur Frage der Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts bei kunstspezifischer Betrachtung eines Theaterstücks mit Wirklichkeitsbezug unter Vermengung tatsächlicher und fiktiver Schilderungen ("Ehrensache").
Versäumnisurteil vom 16. September 2008 - VI ZR 244/07
Pressemitteilung Nr. 174/08

 

Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kommt es im Verhältnis zwischen Geschädigtem und Schädiger nicht darauf an, ob dem Geschädigten gegenüber dem Vermieter des Ersatzfahrzeugs Ansprüche im Zusammenhang mit der Tarifgestaltung zustehen. Im Allgemeinen ist es deshalb unerheblich, ob der Mietpreis für das Ersatzfahrzeug zwischen Mieter und Vermieter wirksam vereinbart worden ist. Der Schädiger und sein Haftpflichtversicherer können sich nicht im Hinblick auf möglicherweise bestehende vertragliche Ansprüche des Geschädigten gegen den Vermieter von der Schadensersatzverpflichtung befreien und auch nicht die Abtretung eventueller vertraglicher Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter verlangen und die Leistung bis zur Abtretung oder bis zur Erfüllung des aus einem Abtretungsanspruch abgeleiteten Auskunftsverlangens zurückhalten. In ihrem Verhältnis zum Geschädigten spielen solche Ansprüche angesichts der Regelung des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB keine Rolle (Senatsurteile vom 15. Februar 2005 - VI ZR 160/04 - VersR 2005, 569, 570; vom 9. Oktober 2007 - VI ZR 27/07 - VersR 2007, 1577).
Urteil vom 16. September 2008 – VI ZR 226/07

 

BGB § 242; BGB § 779; BGB § 313 n.F.
Zur möglichen Auslegung und Anpassung einer umfassenden Abfindungsvereinbarung, wenn sich der Geschädigte und der Haftpflichtversicherer des Schädigers gemeinsam über die Höhe eines Rechnungspostens (hier: von der Berufsgenossenschaft zu zahlende Verletztenrente) geirrt haben, es sich um einen Irrtum von erheblicher wirtschaftlicher Tragweite handelt und der Rechnungsposten den Inhalt der Abfindungsvereinbarung maßgeblich beeinflusst hat.
Urteil vom 16. September 2008 - VI ZR 296/07

 

ZPO § 233
Befindet sich in den Handakten des Rechtsanwalts ein Schreiben des erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten mit einer unzutreffenden Angabe des Ablaufs der Berufungsfrist, darf der zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte die Berechnung der Berufungsfrist seinem Büropersonal nicht ohne einen deutlichen Hinweis auf die falsche Fristberechnung zur selbständigen Erledigung überlassen.
Beschluss vom 9. September 2008 - VI ZB 8/08

 

SGB X § 116 Abs. 1 
Bewerfen sich Schüler an einer ca. 100 m von der Schule entfernten Bushaltestelle mit Schneebällen, so kann dieses Verhalten schulbezogen sein, so dass ein Übergang von Forderungen des Geschädigten auf den Unfallversicherungs-träger ausscheidet. SGB VII § 110 § 110 Abs. 1 Satz 3 SGB VII ordnet an, dass sich das Verschulden lediglich auf den die Haftung begründenden Tatbestand, nicht aber auf die konkreten Schadensfolgen beziehen muss. Vorsätzliches Handeln im Sinne des § 110 Abs. 1 SGB VII setzt Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolges voraus.
Urteil vom 15. Juli 2008 - VI ZR 212/07 

 

EWG-VO 1408/71 Art. 93; SGB VII § 105; 
ZPO § 293 
Die Regelungen des internationalen Privatrechts, wozu auch die einschlägigen Normen des europäischen Gemeinschaftsrechts sowie die von Deutschland ratifizierten kollisionsrechtlichen Staatsverträge gehören, beanspruchen allgemeine Verbindlichkeit, ohne dass es darauf ankäme, ob sich eine der Parteien auf die Anwendung ausländischen Rechts beruft. Für die Frage der Haftungsbefreiung bei Arbeitsunfällen gelten nach Art. 93 Abs. 2 EWG-VO 1408/71 die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates, dessen Sozialversicherungsträger die Unfallfürsorge zu gewähren haben. Die Vorschriften der EWG-VO 1408/71 lassen grundsätzlich sozialversicherungsrechtliche Leistungsansprüche unberührt, die nach dem nationalen Recht eines anderen Mitgliedstaats als demjenigen des Beschäftigungsstaates bereits begründet sind, dessen Rechtsvorschriften der Versicherte nach Art. 13 ff. der Verordnung unterliegt.
Urteil vom 15. Juli 2008 - VI ZR 105/07 

 

EGZPO § 15 a; NRWGüSchlG § 10 
Das Gütestellen- und Schlichtungsgesetz NRW beschränkt die örtliche Zuständigkeit der anerkannten "weiteren Gütestellen" nicht auf den Landgerichtsbezirk, in dem die Parteien 
wohnen.
Urteil vom 8. Juli 2008 - VI ZR 221/07

 

Zur Haftung des Gynäkologen für den nach einer erfolglosen Tubensterilisation mittels Tubenligatur und streitiger Elektroagulation entstehenden Schaden.
Urteil vom 8. Juli 2008 - VI ZR 259/06

 

Zur "Harmlosigkeitsgrenze" bei einer Frontalkollision (Fortführung des Senatsurteils vom 28. Januar 2003 - VI ZR 139/02 - VersR 2003, 474 ff.).
Urteil vom 8. Juli 2008 - VI ZR 274/07

 

Kommt es in Deutschland zu einem Unfall, der darauf beruht, dass sich von einem Auflieger mit dänischem Kennzeichen ein Teil löst, und hat der belgische Haftpflichtversicherer der den Auflieger ziehenden Sattelzugmaschine mit luxemburgischen Kennzeichen die im System der Grünen Karte regulierten Ansprüche der bei dem Unfall Geschädigten ausgeglichen, so besteht kein Ausgleichsanspruch des belgischen Versicherers gegen das Deutsche Büro Grüne Karte.
Urteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 188/07

 

Zur Darlegungslast des Patienten, der einen pharmazeutischen Unternehmer gemäß § 84 AMG unter dem Gesichtspunkt der Arzneimittelhaftung auf Schadensersatz in Anspruch nimmt.
Beschluss vom 1. Juli 2008 - VI ZR 287/07

 

Bundesgerichtshof entscheidet erneut über die Veröffentlichung eines Bildes von Caroline Prinzessin von Hannover GG Art. 5 Abs. 1, 2 Abs. 1; EMRK Art. 8, 10; KunstUrhG §§ 22, 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Kann ein Bericht über die Vermietung der Ferienvilla einer Person des öffentlichen Interesses Anlass für sozialkritische Überlegungen der Leser geben, kann die Bebilderung dieses Berichts mit einem Foto des Eigentümers und seiner Ehefrau auch ohne deren Einwilligung zulässig sein.
Urteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08
Pressemitteilung Nr. 126/08 vom 1.7.2008

 

Bundesgerichtshof entscheidet über die Veröffentlichung eines Fotos von Sabine Christiansen beim Einkaufen mit ihrer Putzfrau KunstUrhG §§ 22, 23 Zur Frage der Zulässigkeit einer Bildberichterstattung ohne Einwilligung der abgebildeten Prominenten in einer Situation aus ihrem privaten Alltag (hier: "Shopping mit Putzfrau auf Mallorca").
Urteil vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06
Pressemitteilung Nr. 127/08 vom 1.7.2008

 

BGB § 249; ZPO § 287 
Zur Schätzung eines Aufschlags zum Normaltarif bei einem so genannten Unfallersatztarif (hier: Aufschlag von 15 %). Der Schädiger muss darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif nach den konkreten Umständen "ohne weiteres" zugänglich gewesen ist.
Urteil vom 24. Juni 2008 - VI ZR 234/07

 

Zahlungen eines Schädigers und seines Haftpflichtversicherers an den Geschädigten können auch dann eine Anerkennung der Schuld beinhalten, wenn sie nach Übergang des Schadensersatzanspruchs auf einen Träger der Pflegeversicherung erfolgen. BGB § 242 Einem Haftpflichtversicherer, der durch Zahlung eines Pflegegeldbetrages an den Geschädigten bewirkt, dass der Geschädigte keine Leistung aus der Pflegeversicherung beantragt und der damit die Kenntnis des Sozialversicherungsträgers von dem Ersatzanspruch gegen den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer verhindert, kann die Berufung auf die Einrede der Verjährung nach Treu und Glauben verwehrt sein.
Urteil vom 17. Juni 2008 - VI ZR 197/07 

 

Die Haftungsprivilegierung im Sinne des § 106 Abs. 3, 3. Alternative SGB VII gilt auch gegenüber dem geschädigten versicherten Unternehmer, der freiwillig oder kraft Satzung versichert ist.
Urteil vom 17. Juni 2008 - VI ZR 257/06 

 

Dem Rechtsanwalt obliegt eine Pflicht zur eigenverantwortlichen Prüfung, ob das Fristende von seiner Fachangestellten richtig ermittelt worden ist, wenn ihm die Akten - etwa auf Vorfrist - zur Bearbeitung vorgelegt werden (Anschluss an Senat, Beschlüsse vom 28. September 1998 - VI ZB 16/98 - BRAK-Mitt. 1998, 269 und vom 9. März 1999 - VI ZB 3/99 - VersR 1999, 866; BGH, Beschlüsse vom 6. Juli 1994 - VIII ZB 12/94 - NJW 1994, 2831 und vom 24. Oktober 2001 - VIII ZB 19/01 - VersR 2002, 1391 f., jeweils m.w.N.).
Beschluss vom 10. Juni 2008 - VI ZB 2/08

 

Der zeitweilige Verlust der Gebrauchsmöglichkeit eines reinen Freizeitzwecken dienenden Wohnmobils begründet keinen Anspruch auf abstrakte Nutzungsentschädigung.
Urteil vom 10. Juni 2008 - VI ZR 248/07 

 

Die in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bestehenden Unterschiede hinsichtlich der Lebenshaltungskosten rechtfertigen es grundsätzlich nicht, die nach § 115 Abs. 3 ZPO maßgebenden Vermögensfreibeträge herabzusetzen, wenn eine in Deutschland klagende Partei ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in einem Mitgliedstaat mit niedrigeren Lebenshaltungskosten hat.
Beschluss vom 10. Juni 2008 - VI ZB 56/07 

 

Bundesgerichtshof entscheidet erneut zum Fall "Esra" Zur Abwägung zwischen Kunstfreiheit und allgemeinem Persönlichkeitsrecht bei einem Roman, bei dem es sich um realistische Literatur handelt (im Anschluss an Senatsurteil vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04 - und BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2007 - 1 BvR 1783/05).
Urteil vom 10. Juni 2008 - VI ZR 252/07
Pressemitteilung Nr. 110/08 vom 10.6.2008

 

Zu den Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht bei einer Trampolinanlage.
Urteil vom 3. Juni 2008 - VI ZR 223/07 

 

Die beantragte Einholung eines fachmedizinischen Gutachtens zum Beweis des Ursachenzusammenhangs zwischen einem Unfall und vorhandenen Beschwerden ist nur dann nicht erforderlich, wenn auszuschließen ist, dass die Partei damit den Beweis der Unfallursächlichkeit führen kann.
Urteil vom 3. Juni 2008 - VI ZR 235/07 

 

Verschreibt ein Arzt in der Schweiz einem in Deutschland wohnhaften Patienten Medikamente, die am Wohnort des Patienten zu schweren Nebenwirkungen führen, über die der Arzt den Patienten nicht aufgeklärt hat, so ergibt sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für eine auf deliktische Ansprüche gestützte Klage aus Art. 5 Nr. 3 LugÜ, weil der Erfolgsort in Deutschland liegt. Denn eine ärztliche Heilbehandlung, die - mangels ausreichender Aufklärung - ohne wirksame Einwilligung des Patienten erfolgt, führt nur dann zur Haftung des Arztes, wenn sie einen Gesundheitsschaden des Patienten zur Folge hat.
Urteil vom 27. Mai 2008 - VI ZR 69/07 

 

Versäumt eine mittellose Partei die Frist zur Begründung der Berufung, so kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe nur in Betracht, wenn die Mittellosigkeit für die Fristversäumung kausal geworden ist. Dies ist nicht der Fall, wenn der beim Berufungsgericht zugelassene Rechtsanwalt bereit war, die Berufung auch ohne die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu begründen, was der Tatsache entnommen werden kann, dass vor Ablauf der Frist eine vollständige, allerdings als "Entwurf" bezeichnete Berufungsbegründungsschrift eingereicht wurde.
Beschluss vom 6. Mai 2008 - VI ZB 16/07

 

Nach Art. 11 Abs. 2 Verordnung (EG) 
Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im Folgenden: EuGVVO) i.V.m. Art. 9 Abs. 1 Buchst. b EuGVVO kann der Geschädigte, der seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat, vor dem Gericht seines Wohnsitzes eine Klage unmittelbar gegen den Versicherer erheben, sofern eine solche unmittelbare Klage zulässig ist und der Versicherer seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates hat.
Urteil vom 6. Mai 2008 - VI ZR 200/05

 

Im Arzthaftungsprozess hat das Gericht zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts in der Regel einen Sachverständigen einzuschalten. Ein gerichtliches Sachverständigengutachten muss der Tatrichter jedenfalls dann einholen, wenn ein im Wege des Urkundsbeweises verwertetes Gutachten (hier: aus einem vorangegangenen Verfahren einer ärztlichen Schlichtungsstelle) nicht alle Fragen beantwortet. 
Beschluss vom 6. Mai 2008 - VI ZR 250/07 

 

Ein Unfallgeschädigter kann (fiktiv) die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts in der Regel nur abrechnen, wenn er das Fahrzeug mindestens sechs Monate weiternutzt und zu diesem Zweck - falls erforderlich - verkehrssicher (teil-) reparieren lässt
(im Anschluss an Senat, BGHZ 154, 395 ff.; 168, 43 ff.).
Urteil vom 29. April 2008 - VI ZR 220/07

 

Richtigstellungsanspruch des BKA gegen FOCUS Einer Behörde kann ein Anspruch auf Richtigstellung zustehen, wenn die konkrete Äußerung geeignet ist, die Behörde schwerwiegend in ihrer Funktion zu beeinträchtigen.
Urteil vom 22. April 2008 - VI ZR 83/07
Pressemitteilung Nr. 81/08 vom 22.4.2008

 

Der Geschädigte kann auch nach einer vollständigen und fachgerechten Reparatur zum Ausgleich eines Fahrzeugschadens, der den Wiederbeschaffungswert um nicht mehr als 30 % übersteigt, Reparaturkosten im Regelfall nur verlangen, wenn er das Fahrzeug nach dem Unfall sechs Monate weiter nutzt.
Urteil vom 22. April 2008 - VI ZR 237/07 

 

Steht ein Arbeitslosengeldempfänger infolge einer Körperverletzung dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung, und bezieht er statt des Arbeitslosengeldes im Sinne der §§ 117 ff. SGB III a.F. "Leistungsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit" im Sinne des § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB III, so entsteht ihm wegen des Wegfalls seines bisherigen Anspruchs bei normativer Betrachtungsweise ein Erwerbsschaden. In entsprechendem Umfang geht sein Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1, Abs. 10 SGB X auf die Bundesagentur für Arbeit über (Fortführung des Senatsurteils BGHZ 90, 334).
Urteil vom 8. April 2008 - VI ZR 49/07

 

Zur Frage der Zulässigkeit der Bezeichnung eines Gutachters als "namenlos" in einem Presseartikel, der sich mit einer als zweifelhaft erachteten Bewertung einer in eine Aktiengesellschaft eingebrachten Fotosammlung befasst.
Urteil vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06 

 

Fährt ein Kind mit einem Fahrrad gegen ein mit geöffneten hinteren Türen am Fahrbahnrand stehendes Fahrzeug, entfällt seine Haftung nach § 828 Abs. 2 BGB.
Beschluss vom 11. März 2008 - VI ZR 75/07

 

Bundesgerichtshof erlaubt Greenpeace, Milchprodukte als "Gen-Milch" zu bezeichnen
Urteil vom 11. März 2008 - VI ZR 7/07
Pressemitteilung Nr. 50/08 vom 11.3.2008

 

Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, bedarf nur der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken. Bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit von Mietwagenkosten ist grundsätzlich das Preisniveau an dem Ort maßgebend, an dem das Fahrzeug angemietet und übernommen wird.
Urteil vom 11. März 2008 - VI ZR 164/07

 

Ist ein Rechtsanwalt mit der Verteidigung gegen eine gegen die einzelnen Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft als Gesamtschuldner gerichteten Klage beauftragt worden und hat das Amtsgericht diese Klage rechtskräftig auf Kosten des Klägers abgewiesen, kann die hierdurch ausgelöste Mehrvertretungsgebühr nicht mehr durch die spätere Anerkennung einer Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft in Wegfall geraten (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 15. März 2007 - V ZB 77/06 - WuM 2007, 403).Beschluss vom 4. März 2008 - VI ZB 15/06

Wenn ein Rechtsanwalt seine Bürokraft nur mündlich anweist, eine Rechtsmittelfrist einzutragen, genügt er seiner Sorgfaltspflicht nur dann, wenn in seiner Kanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dafür getroffen sind, dass eine korrekte Fristeintragung erfolgt.
Beschluss vom 4. März 2008 - VI ZB 69/05

 

Das Abschlussschreiben eines Rechtsanwalts, mit dem nach Erwirkung einer auf Unterlassung einer Äußerung gerichteten einstweiligen Verfügung der Antragsgegner dazu aufgefordert wird, den Verfügungsanspruch anzuerkennen und auf Widerspruch sowie die Stellung eines Antrags nach § 926 ZPO zu verzichten, gehört hinsichtlich der Anwaltsgebühren zur angedrohten Hauptsacheklage und nicht mehr zum Eilverfahren. Kommt es nicht zum Hauptsacheprozess, weil der Antragsgegner die geforderten Erklärungen abgibt, steht dem Antragsteller grundsätzlich ein materiell-rechtlicher 
Kostenerstattungsanspruch zu.
Urteil vom 4. März 2008 - VI ZR 176/07

 

Beabsichtigt eine in zweiter Instanz unterlegene Partei, dem Revisionsanwalt selbst einen Rechtsmittelauftrag zu erteilen, muss sie sich vergewissern, dass ein lediglich per Fax abgesandtes Auftragsschreiben, auf welches keine Reaktion erfolgt, den Revisionsanwalt auch tatsächlich erreicht hat und er zur Durchführung des Auftrags bereit ist.
Beschluss vom 4. März 2008 - VI ZR 66/07

 

Zum Anspruch auf Erstattung von Kosten eines vorprozessual beauftragten Privatsachverständigen (Abgrenzung zu den Senatsbeschlüssen BGHZ 153, 235 und vom 23. Mai 2006 - VI ZB 7/05 - VersR 2006, 1236).
Beschluss vom 4. März 2008 - VI ZB 72/06

 

BGB § 249; BGB § 254
Ist unstreitig, dass ein Verkehrsunfallgeschädigter nach dem Unfall auf die sofortige Weiterfahrt mit einem Mietfahrzeug angewiesen war, darf der Tatrichter die auf Ersatz der Mietwagenkosten nach einem Unfallersatztarif gerichtete Klage nicht mit der Begründung abweisen, dieser Vortrag sei schon im Hinblick auf die Notwendigkeit der Inanspruchnahme eines Mietwagens unsubstantiiert, weil auch die vorübergehende Inanspruchnahme eines Taxis sowie eine Rücksprache mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers in Betracht gekommen seien.
Urteil vom 19. Februar 2008 - VI ZR 32/07 

 

Wenn ein Morbus Sudeck nach dem Klagevortrag infolge einer ärztlichen Fehlbehandlung und der damit hervorgerufenen Gesundheitsbeeinträchtigung eingetreten ist, behauptet der Kläger insoweit einen Sekundärschaden. Für den Nachweis des Ursachenzusammenhangs zwischen der Fehlbehandlung und dem Morbus Sudeck gilt in diesem Fall der Maßstab des § 287 ZPO (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 4. November 2003 - VI ZR 28/03 - VersR 2004, 118).
Urteil vom 12. Februar 2008 - VI ZR 221/06

 

Der Grundsatz, dass bei sportlichen Wettbewerben mit nicht unerheblichem Gefahrenpotential die Inanspruchnahme des schädigenden Wettbewerbers für ohne gewichtige Regelverletzung verursachte Schäden eines Mitbewerbers ausgeschlossen ist, gilt nicht, soweit Versicherungsschutz besteht (Fortführung von BGHZ 154, 316 ff.). 
Urteil vom 29. Januar 2008 - VI ZR 98/07

 

SGB VII § 110
Bei einem Rückgriff gemäß § 110 SGB VII trägt der Sozialversicherungsträger die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Höhe des fiktiven zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs des Geschädigten gegen den nach §§ 104 ff. SGB VII haftungsprivilegierten Schädiger.
Urteil vom 29. Januar 2008 - VI ZR 70/07 

 

BGB §§ 823, 1004
Die Klage eines nicht prozessbeteiligten Dritten auf Unterlassung schriftsätzlicher Äußerungen, die in Bezug auf ihn vorgetragen werden, ist in der Regel unzulässig, wenn das Verhalten des Dritten aus der Sicht der vortragenden Partei für die Darstellung und Bewertung des Streitstoffes von Bedeutung sein kann. Eine solche Klage kann ausnahmsweise als zulässig anzusehen sein insbesondere dann, wenn ein Bezug der den Dritten betreffenden Äußerungen zum Ausgangsrechtsstreit nicht erkennbar ist, diese auf der Hand liegend falsch sind oder sie sich als eine unzulässige Schmähung darstellen.
Urteil vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07

 

Allein durch das vorsätzliche Inbrandsetzen eines ordnungsgemäß auf einem Parkplatz abgestellten Kraftfahrzeuges verwirklicht sich nicht dessen Betriebsgefahr im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG bei einem Übergreifen des Brandes auf ein anderes Kraftfahrzeug. Hinzukommen muss vielmehr, dass der Brand oder dessen Übergreifen in einem ursächlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht.
Urteil vom 27. November 2007 - VI ZR 210/06

 

StVO § 42 Abs. 4a (Zeichen 325/326), § 8 Satz 1, § 10
Die besonderen Pflichten des § 10 Satz 1 StVO gelten für den Fahrer, der einen verkehrs-beruhigten Bereich verlässt, auch dann, wenn das Zeichen 326 (Ende) nicht unmittelbar im Bereich der Einmündung oder Kreuzung, sondern einige Meter davor aufgestellt ist. Entscheidend ist, ob das Einfahren in eine andere Straße bei objektiver Betrachtung noch als Verlassen des verkehrsberuhigten Bereichs im Sinne des § 10 StVO erscheint. Dies ist in der Regel zu bejahen, wenn das Zeichen 326 nicht mehr als 30 m vor der Einmündung oder Kreuzung aufgestellt ist und keine konkreten Anhaltspunkte eine abweichende Beurteilung rechtfertigen.
Urteil vom 20. November 2007 - VI ZR 8/07 

 

Die Wiedergabe des Zitats eines Dritten im Rahmen einer komplexen Äußerung kann in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fallen, wenn es mit der eigenen Auffassung des Äußernden verknüpft ist und sich die Aussage in ihrer Gesamtheit betrachtet als Meinungsäußerung darstellt.
Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03  

Hiergegen erfolgreiche Verfassungsbeschwerde
Beschluss vom 8. Mai 2007 - 1 BvR 193/05
alsdann Abänderung: 
Urteil vom 20. November 2007 – VI ZR 144/07

 

BGB § 249
Der Geschädigte, der Ersatz des Reparatur-aufwands über dem Wiederbeschaffungswert verlangt, bringt sein für den Zuschlag von bis zu 30% ausschlaggebendes Integritätsinteresse regelmäßig dadurch hinreichend zum Ausdruck, dass er das Fahrzeug nach der Reparatur für einen längeren Zeitraum nutzt. Im Regelfall wird hierfür ein Zeitraum von sechs Monaten anzunehmen sein, wenn nicht besondere Umstände eine andere Beurteilung rechtfertigen.
Urteil vom 13. November 2007 - VI ZR 89/07 

 

Keine "vorbeugende" Unterlassungsklage gegen künftige Bildveröffentlichungen
Urteil vom 13. November 2007 - VI ZR 265/06 
Urteil vom 13. November 2007 - VI ZR 269/06
Pressemitteilung Nr. 170/07

 

Im Verhältnis der Eisenbahnbetriebsunternehmer zueinander ist die Versperrung des Fahrwegs allein dem Risikobereich des Eisenbahninfrastrukturunternehmens zuzurechnen.
Urteil vom 16. Oktober 2007 - VI ZR 173/06

 

Erstattet der Bund dem Träger einer Werkstatt für behinderte Menschen gemäß § 179 Abs. 1 SGB VI die Rentenversicherungsbeiträge für ein Verkehrsunfallopfer, welches infolge seiner unfallbedingten Verletzungen in der Werkstatt beschäftigt wird, so besteht ein Ersatzanspruch des Bundes gegen den Schädiger bzw. seinen Haftpflichtversicherer gemäß § 179 Abs. 1 a SGB VI nur dann, wenn der Geschädigte hinsichtlich seiner rentenversicherungs-rechtlichen Stellung einen konkreten Schaden erlitten hat; dies ist der Fall, wenn die vom Bund erstatteten Rentenversicherungsbeiträge nötig waren, um dem Geschädigten die Stellung in der Rentenversicherung zu erhalten, die er im Zeitpunkt des Unfalls inne hatte, oder wenn der Geschädigte während des in Frage stehenden Zeitraums ohne den Unfall aus sonstigen Gründen rentenversicherungspflichtig geworden wäre und deshalb Beiträge hätte abführen müssen.
Urteil vom 10. Juli 2007 - VI ZR 192/06

 

Zur Erforderlichkeit eines Unfallersatztarifs.
Urteil vom 12. Juni 2007 - VI ZR 161/06

 

Der Arzt hat den Patienten vor dem ersten Einsatz eines Medikaments, dessen Wirksamkeit in der konkreten Behandlungssituation zunächst erprobt werden soll, über dessen Risiken vollständig aufzuklären, damit der Patient entscheiden kann, ob er in die Erprobung überhaupt einwilligen oder ob er wegen der möglichen Nebenwirkungen darauf verzichten will. Kann ein Patient zu der Frage, ob er bei zutreffender ärztlicher Aufklärung in einen Entscheidungskonflikt geraten wäre, nicht persönlich angehört werden (hier: wegen schwerer Hirnschäden), so hat das Gericht aufgrund einer umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen, ob der Patient aus nachvollziehbaren Gründen in einen ernsthaften Entscheidungskonflikt geraten sein könnte.
Urteil vom 17. April 2007 - VI ZR 108/06 

 

Die Schilderung, die ein Zeuge über den Hergang eines Verkehrsunfalls gegenüber dem Haftpflichtversicherer eines der Unfallbeteiligten abgegeben hat, kann im Haftpflichtprozess nicht im Wege des Zeugenbeweises, wohl aber im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden. Beim Zusammenstoß zwischen einem nach links abbiegenden und einem in Gegenrichtung geradeaus fahrenden Kraftfahrzeug kann für das Verschulden des Abbiegenden der Anscheinsbeweis sprechen.
Urteil vom 13. Februar 2007 - VI ZR 58/06

 

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Erstattung von Anwaltskosten für ein Abschlussschreiben außerhalb des Wettbewerbsrechts (hier: unerbetene E-Mail-Werbung) verlangt werden kann.
Urteil vom 12. Dezember 2006 - VI ZR 188/05 

 

Zu den Voraussetzungen für die Entstehung einer Einigungsgebühr.
Urteil vom 10. Oktober 2006 - VI ZR 280/05 

 

Zur Büroorganisation der Ausgangskontrolle für fristgebundene Schriftsätze.
Beschluss vom 23. Mai 2006 - VI ZB 77/05

 

Ein gesetzlich geschuldeter Unterhalt im Sinne des § 844 Abs. 2 BGB kann auch bei Gewährung des Unterhalts als Naturalunterhalt nach § 1612 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB vorliegen.
Urteil vom 25. April 2006 - VI ZR 114/05 

 

Zur Ausgangskontrolle bei Übersendung einer Rechtsmittelbegründungsschrift mittels Telekopie (Telefax) nach der Weisung, das ordnungsgemäß unterzeichnete Handaktenexemplar vollständig zu übermitteln, wenn das Original der Rechtsmittelbegründungsschrift am letzten Tag der Frist laut telefonischer Auskunft nicht beim Rechtsmittelgericht eingegangen ist.
Beschluss vom 14. Februar 2006 - VI ZB 44/05 

 

Zur Haftung bei der Beteiligung an einem gemeinsamen gefährlichen Tun ("Rempeltanz").
Urteil vom 7. Februar 2006 - VI ZR 20/05 

 

Ein Schaden ist "bei dem Betrieb" eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich von einem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahren ausgewirkt haben. Demgemäß kann selbst ein Unfall infolge einer voreiligen - also objektiv nicht erforderlichen – Abwehr oder Ausweichreaktion dem Betrieb des Kraftfahrzeugs zugerechnet werden, das diese Reaktion ausgelöst hat.
Urteil vom 26. April 2005 - VI ZR 168/04 

 

Ohne Reparatur nur Ersatz des Wiederbeschaffungsaufwands bei Schäden an Kraftfahrzeugen, die den Wiederbeschaffungswert übersteigen
Urteil vom 15. Februar 2005 – VI ZR 70/04 
Pressemitteilung Nr. 26/05

 

Zum Schutzgesetzcharakter und zum Schutzbereich des § 64 EBO.
Urteil vom 11. Januar 2005 - VI ZR 34/04