Zuständigkeit des X. Zivilsenats

Wenn Sie sich einen Überblick über diejenigen Entscheidungen des X. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs verschaffen wollen, an denen die Sozietät beteiligt war, finden Sie eine entsprechende Auswahl unter „Schwerpunkte“. 

Dem X. Zivilsenat sind zugewiesen die Rechtsstreitigkeiten über Patent- und Gebrauchsmusterrecht, einschließlich Ansprüchen von und gegen Patentanwälten. Er ist auch für Rechtsstreitigkeiten aus dem Gebiet der Arbeitnehmererfindungen, aus dem Sortenschutzgesetz, soweit nicht die Zuständigkeit des I. Zivilsenats begründet ist, und bestimmte Rechtsstreitigkeiten über Werkverträge zuständig. Daneben sind dem X. Zivilsenat bestimmte Rechtsstreitigkeiten über Reise- und Personenbeförderungsverträge. Weitere Spezialzuweisungen ergeben sich aus dem Geschäftsverteilungsplan

Rechtsstreitigkeiten über Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber einschließlich der Entscheidungen im Vorlegungsverfahren gemäß § 124 Abs. 2 GWB sind ab 01. September 2019 dem XIII. Zivilsenat zugewiesen.

 

 

 

Automatisierte Wärmebehandlung

IntPatÜbkG Art. II § 5 Abs. 1; BGB § 195, § 197 Abs. 1 Nr. 2, § 199
a) Ein Anspruch auf Abtretung des Rechts auf Erteilung oder auf Übertragung des erteilten Patents aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG unterliegt nicht der dreißigjährigen Verjährung gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB, sondern der regelmäßigen Verjährung nach § 195 BGB.
b) Die Verjährung eines solchen Anspruchs beginnt frühestens mit Schluss des Jahres zu laufen, in dem das Patent erteilt worden ist.
c) Die Verjährung von Ansprüchen in Bezug auf Teilanmeldungen und darauf erteilte Patente ist gesondert zu beurteilen.
d) Die Verjährung eines Anspruchs aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜbkG steht der Geltendmachung von Ansprüchen auf Ersatz von Schäden und Herausgabe von Vorteilen aufgrund der Nutzung der zu Unrecht zum Patent angemeldeten Erfindung nicht entgegen (Ergänzung zu Urteil vom 18. Mai 2010 - X ZR 79/07, BGHZ 185, 341 = GRUR 2010, 817 Rn. 31 - Steuervorrichtung).
Urteil vom 19. März 2024 - X ZR 9/23

 

 

 

Aufbaupfosten

EPÜ Art. 54 Abs. 2; PatG § 3 Abs. 1
Anders als für die Frage, ob der Gegenstand eines Patents über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinausgeht, ist für die Beurteilung der Neuheitsfrage nicht erheblich, ob ein bestimmter Gegenstand als zur Erfindung gehörend offenbart ist. Ausreichend ist vielmehr, dass der Gegenstand in der Entgegenhaltung unmittelbar und eindeutig offenbart ist.
Urteil vom 6. Februar 2024 - X ZR 8/22

 

 

Organogelmaterial

EPÜ Art. 54 Abs. 2
a) Die Ausrichtung auf ein bisher nicht bekanntes Ergebnis führt nicht zu einem neuen Verfahren, wenn sich das erstrebte Ergebnis bei der unveränderten Ausführung eines vorbeschriebenen Verfahrens von selbst einstellt (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 17. Januar 1980 - X ZB 4/79, BGHZ 76, 97 = GRUR 1980, 283, 285 - Terephthalsäure).
b) Die zuletzt genannte Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn sich das angestrebte Ergebnis bei der Nacharbeitung des bekannten Verfahrens nur zufällig einstellt (Bestätigung von BGH, Urteil vom 14. März 1989, X ZR 30/87).
c) Zufällig in diesem Sinne ist ein Ergebnis auch dann, wenn es sich nur unter bestimmten Rahmenbedingungen einstellt und deren Verwirklichung durch den Stand der Technik weder offenbart noch nahegelegt war.
Urteil vom 30. Januar 2024 - X ZR 15/22

 

 

Authentifizierte Abstandsmessung
EPÜ Art. 56; PatG § 4 Eine erfinderische Tätigkeit kann nicht auf ein Merkmal gestützt werden, das eine beliebige, von einem bestimmten technischen Zweck losgelöste Auswahl aus mehreren Möglichkeiten darstellt (Bestätigung von BGH, Urteil vom 13. Juni 2023 - X ZR 51/21, GRUR 2023, 1259 Rn. 72 - Schlossgehäuse).
Urteil vom 23. Januar 2024 - X ZR 6/22

 

 

BGB § 651h Abs. 3; Richtlinie (EU) 2015/2302 Art. 3 Nr. 12, Art. 12 Abs. 2 
a) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne von § 651h Abs. 3 Satz 1 BGB vorliegt, sind individuelle Verhältnisse oder Eigenschaften des Reisenden zu berücksichtigen, wenn sie für die Durchführbarkeit der Reise erst aufgrund der außergewöhnlichen Umstände im Sinne der genannten Vorschrift Bedeutung gewinnen und die daraus resultierenden Gefahren für den Reisenden dem gewöhnlichen Reisebetrieb im Buchungszeitpunkt noch nicht innegewohnt haben (Bestätigung von BGH, Urteil vom 30. August 2022 - X ZR 66/21, NJW 2022, 3707 = RRa 2022, 283 Rn. 63). 
b) Dies gilt nicht nur für einfach festzustellende Umstände wie zum Beispiel das Alter des Reisenden, sondern grundsätzlich für jeden Umstand, der zu einer Beeinträchtigung im genannten Sinne führen kann. 
Urteil vom 23. Januar 2024 - X ZR 4/23

 

 

Nichtigkeitsstreitwert V 

GKG § 51 Abs. 1 
a) Die während der möglichen Restlaufzeit eines Formulierungspatents zu erwartenden Umsätze der Patentinhaberin mit einem bestimmten Arzneimittel bilden keine geeignete Grundlage für die Festsetzung des Streitwerts eines Patentnichtigkeitsverfahrens, wenn dieses Arzneimittel von der Lehre des Streitpatents keinen Gebrauch macht. 
b) Der Streitwert eines Verletzungsrechtsstreits bildet grundsätzlich auch dann einen maßgeblichen Anhaltspunkt für den Wert des mit einer Nichtigkeitsklage angegriffenen Patents, wenn die Anträge im Verletzungsverfahren zurückgenommen worden sind. 
Beschluss vom 23. Januar 2024 - X ZR 161/23

 

 

Happy Bit 

EPÜ Art. 69 Abs. 1; PatG § 14 
Wenn ein Verfahrensanspruch keine Festlegungen bezüglich der Reihenfolge bestimmter Verfahrensschritte enthält, ergibt sich für einen Patentanspruch betreffend ein Computerprogramm, das ein durch dieselben Merkmale beschriebenes Verfahren durchführt, keine abweichende Auslegung. 

IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 4; PatG § 22 Abs. 1 
Ein Patentanspruch darf im Nichtigkeitsverfahren nicht so geändert werden, dass er einen von der erteilten Fassung nicht umfassten Gegenstand einbezieht (Bestätigung von BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - X ZR 56/17, GRUR 2019, 389 Rn. 33 - Schaltungsanordnung III; Urteil vom 14. September 2004 - X ZR 149/01, GRUR 2005, 145, 146 - Elektronisches Modul). 

EPÜ Art. 87 
Für die Berechtigung zur Inanspruchnahme eines Prioritätsrechts bei der Anmeldung eines europäischen Patents spricht eine widerlegbare Vermutung (Bestätigung von BGH, Urteil vom 28. November 2023 - X ZR 83/21 Rn. 110 ff. - Sorafenib-Tosylat). 
Urteil vom 9. Januar 2024 - X ZR 74/21

 

 

Trägerelement

EPÜ Art. 69 Abs. 1; PatG § 14
Funktions- und Zweckangaben definieren den durch das Patent geschützten Gegenstand regelmäßig lediglich dahin, dass er geeignet sein muss, für die im Patentanspruch genannte Funktion und den dort genannten Zweck verwendet zu werden (Bestätigung von BGH, Urteil vom 6. Dezember 2022 - X ZR 120/20, GRUR 2023, 246 Rn. 29 - Verbindungsleitung).

EPÜ Art. 54 Abs. 2; PatG § 3
Eine Entgegenhaltung, die für einen bestimmten Parameter einen Mindestwert von 1,0 µm benennt und Ausführungsbeispiele im Bereich bis zu 4,4 µm schildert, offenbart nicht ohne weiteres die Lehre, den Mindestwert auf 10 µm festzulegen.
Urteil vom 12. Dezember 2023 - X ZR 127/21

 

 

Erntegut 

ZPO § 138 Abs. 4; GemSortV Art. 94 
Im Rechtsstreit um eine Sortenschutzverletzung kann von der in Anspruch genommenen Partei - ebenso wie in einem Rechtsstreit um eine Patentverletzung (dazu BGH, Urteil vom 24. Januar 2023 - X ZR 123/20, GRUR 2023, 474 - CQI-Bericht II) - grundsätzlich verlangt werden, dass sie im Rahmen des Zumutbaren auf Vortrag des Gegners zur Erzeugung der Sortenbestandteile oder des Ernteguts konkret erwidert. 

GemSortV Art. 13 Abs. 3; UPOV-Übereinkommen Art. 14 Abs. 2 
a) Rechte in Bezug auf Erntegut sind nach Art. 13 Abs. 3 GemSortV nicht schon dann ausgeschlossen, wenn der Berechtigte die rechtliche Möglichkeit hatte, sein Recht im Zusammenhang mit den Sortenschutzbestandteilen geltend zu machen. Vielmehr ist erforderlich, dass der Berechtigte auch tatsächlich über hinreichende Möglichkeiten verfügt hat, sein Recht in Bezug auf die zur Gewinnung des Ernteguts eingesetzten Sortenbestandteile geltend zu machen. 
b) Eine hinreichende Gelegenheit, das Recht im Zusammenhang mit den zur Erzeugung von Erntegut eingesetzten Sortenbestandteilen geltend zu machen, setzt voraus, dass der Berechtigte schon im Vorfeld sicherstellen kann, dass Benutzungshandlungen in Bezug auf diese Sortenbestandteile nur mit seiner Zustimmung erfolgen. 
Urteil vom 28. November 2023 - X ZR 70/22

 

 

BGB § 852 Satz 2 
Die zehnjährige Verjährungsfrist des § 852 Satz 2 BGB beginnt mit der Entstehung des ursprünglichen Schadensersatzanspruchs, nicht erst mit dessen Verjährung. 
Urteil vom 28. November 2023 - X ZR 83/20

 

 

Polsterumarbeitungsmaschine PatG §§ 9, 10, 139 Abs. 2, § 141 Satz 2; BGB §§ 242 Cb, 259, 852 Satz 1 
a) Für die Berechnung des dem Rechtsinhaber durch die Verletzung eines Patents entstandenen Schadens auf der Grundlage des vom Verletzer erzielten Gewinns sind grundsätzlich alle Gewinne zu berücksichtigen, die mit der Verletzung des Patents in ursächlichem Zusammenhang stehen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 29. Mai 1962 - I ZR 132/60, GRUR 1962, 509 – Dia-Rähmchen II). 
b) Hierzu gehören Gewinne aus Zusatzgeschäften, die zwar keine Benutzungshandlung im Sinne von § 9 oder § 10 PatG darstellen, deren Abschluss aber in ursächlichem Zusammenhang mit patentverletzenden Handlungen steht und einen hinreichenden Bezug zu dem verletzenden Gegenstand aufweist. 
c) Bei der Berechnung des Schadens, der durch Benutzungshandlungen während der Laufzeit des Patents entstanden ist, sind auch Vorgänge zu berücksichtigen, die erst nach dem Erlöschen des Patents zu einem (zusätzlichen) Schaden geführt haben. 
d) Ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung ist in Bezug auf Zusatzgeschäfte schon dann gegeben, wenn die Möglichkeit besteht, dass die damit erzielten Umsätze und Gewinne für die Höhe des Schadensersatzanspruchs von Bedeutung sind. 
e) Diese Grundsätze gelten auch für Schadensersatzansprüche des Rechtsinhabers, die wegen Verjährung nur noch in dem in § 141 Satz 2 PatG und § 852 Satz 1 BGB normierten Umfang geltend gemacht werden können. 
Urteil vom 14. November 2023 - X ZR 30/21

 

 

Kunststoffsack 

ZPO § 543 Abs. 2 
Eine beschränkte Zulassung der Revision setzt voraus, dass der betroffene Teil des Streitstoffs in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt werden und auch im Falle einer Zurückverweisung kein Widerspruch zu der Entscheidung über die übrigen Teile des Streitstoffs auftreten kann (Bestätigung von BGH, Urteil vom 16. März 2017 - I ZR 39/15, GRUR 2017, 702 Rn. 17 - PC mit Festplatte; Beschluss vom 16. Dezember 2021 - I ZR 186/20, Rn. 16 [insoweit nicht in MMR 2022, 773]). IntPatÜbkG Art. II § 5 Abs. 1; EPÜ Art. 60 Abs. 1 Satz 2; EGBGB Art. 30 a.F. Die Frage, ob ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber aufgrund einer Diensterfindung die Übertragung der Rechte aus einer Patentanmeldung oder aus einem erteilten Patent verlangen kann, ist für alle Teile eines europäischen Patents einheitlich nach dem Recht des Staates zu beurteilen, das für den Arbeitsvertrag maßgeblich ist. 

BGB § 823 Abs. 2 Ag, § 249 Abs. 1 Hd 
Die Pflicht zum Schadensersatz wegen unberechtigter Anmeldung eines Patents umfasst die Herausgabe des durch die unberechtigte Nutzung der Erfindung erzielten Gewinns für den Zeitraum ab der Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Patents. 

BGB § 242 Be; PatG § 140b 
Die § 140b PatG zu Grunde liegende Wertung ist auf einen Anspruch auf Rechnungslegung über die Nutzung einer zu Unrecht zum Patent angemeldeten Erfindung nicht übertragbar. 
Urteil vom 14. November 2023 - X ZR 75/21

 

 

Doppelvertretung im Patentnichtigkeitsverfahren II 

PatG § 84 Abs. 2 Satz 2; ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1 
a) Die Ankündigung einer gerichtlichen Inanspruchnahme aus dem mit einer Nichtigkeitsklage angegriffenen Patent lässt bei typisierender Betrachtung noch nicht die Schlussfolgerung zu, dass eine Doppelvertretung durch einen Patentanwalt und einen Rechtsanwalt zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Nichtigkeitsverfahren notwendig ist. 
b) Nichts anderes gilt für die Hinterlegung einer Schutzschrift durch den Nichtigkeitskläger und eine gegen Mitarbeiter des Nichtigkeitsklägers gestellte Strafanzeige wegen Patentverletzung (Ergänzung zu BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2012 - X ZB 11/12, BGHZ 196, 52 = GRUR 2013, 427 - Doppelvertretung im Nichtigkeitsverfahren I). 
Beschluss vom 7. November 2023 - X ZB 7/21

 

 

FluggastrechteVO Art. 5 Abs. 3 
Als zumutbare Maßnahmen im Sinne von Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO kommen nicht nur Ersatzbeförderungen in Betracht, mit denen die Verspätung am Endziel auf weniger als drei Stunden begrenzt werden kann. 
Urteil vom 10. Oktober 2023 - X ZR 123/22

 

 

Farb- und Helligkeitseinstellung 

IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3; PatG § 21 Abs. 1 Nr. 4 
Eine Verallgemeinerung ist unzulässig, wenn den ursprünglich eingereichten Unterlagen zu entnehmen ist, dass einzelne Merkmale in untrennbarem Zusammenhang miteinander stehen, der Patentanspruch diese Merkmale aber nicht in ihrer Gesamtheit vorsieht (Bestätigung von BGH, Urteil vom 21. Juni 2016 - X ZR 41/14, GRUR 2016, 1038 Rn. 48 - Fahrzeugscheibe II; Urteil vom 17. Februar 2015 - X ZR 161/12, BGHZ 204, 199 Rn. 31 - Wundbehandlungsvorrichtung; Beschluss vom 11. September 2001 - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49, 51 - Drehmomentübertragungseinrichtung). 
Urteil vom 26. September 2023 - X ZR 76/21

 

BGB § 651h Abs. 3; Richtlinie (EU) 2015/2302 Art. 3 Nr. 12, Art. 12 Abs. 2 
a) Die Qualifikation eines Umstands als außergewöhnlich im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB ist grundsätzlich auch dann möglich, wenn dieser Umstand bereits im Zeitpunkt der Buchung vorlag oder absehbar war. 
b) Bei der Beurteilung, ob unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände dazu führen, dass die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigt ist, kann von Bedeutung sein, ob die mit der Durchführung verbundenen Risiken bei Buchung der Reise bereits bestanden oder zumindest absehbar waren. 
c) Einem Reisenden, der eine Reise bucht, obwohl Umstände vorliegen oder absehbar sind, die der Durchführung der Reise zwar nicht zwingend entgegenstehen, aber doch so gravierend sind, dass nicht jeder Reisende die damit verbundenen Risiken auf sich nehmen möchte, ist es in der Regel zumutbar, die Reise anzutreten, wenn die im Zeitpunkt der Buchung bestehenden oder absehbaren Risiken zum Zeitpunkt des Reisebeginns fortbestehen. 
Urteil vom 19. September 2023 - X ZR 103/22

 

 

Tischgrill 

GebrMG § 15 
a) Auch im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren ist die beschränkte Verteidigung eines mit einem Teil-Löschungsantrag angegriffenen Anspruchs durch Kombination mit einem insoweit nicht angegriffenen Unteranspruch oder mit einer von mehreren Varianten eines insoweit nicht angegriffenen Unteranspruchs unzulässig (Ergänzung zu BGH, Urteil vom 1. März 2017 - X ZR 10/15, GRUR 2017, 604 Rn. 33 - Ankopplungssystem; Urteil vom 13. Juni 2023 - X ZR 47/21, GRUR 2023, 1274 Rn. 150 - Anschlussklemme). 
b) Ein Rechtsschutzinteresse besteht hingegen, wenn der angegriffene Anspruch lediglich um einen Teil der Merkmale eines nicht angegriffenen Unteranspruchs ergänzt wird (Bestätigung von BGH, Urteil vom 13. Juni 2023 - X ZR 47/21, GRUR 2023, 1274 Rn. 151 - Anschlussklemme). 

GebrMG § 17 Abs. 4 Satz 1; PatG § 84 Abs. 2 Satz 2; ZPO § 93 
a) In der Regel fehlt es an einem Anlass zur Stellung eines Löschungsantrags, wenn der Gebrauchsmusterinhaber schon vor Einleitung des Verfahrens geänderte Anträge eingereicht und erklärt hat, dass sich das Schutzbegehren auf die neuen Ansprüche beschränkt (Ergänzung zu BGH, Urteil vom 27. Juni 2023 - X ZR 59/21, Rn. 149 - Anzeigemonitor). 
b) Begehrt der Antragsteller nach Abgabe einer solchen Erklärung eine Löschung des Gebrauchsmusters in weitergehendem Umfang und hat dieses Begehren Erfolg, so kommt eine Anwendung von § 93 ZPO zugunsten des Antragsgegners in der Regel dennoch nicht in Betracht. 
Beschluss vom 12. September 2023 - X ZB 12/20

 

 

Ästhetische Behandlung

ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 2; PatG § 140c Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Satz 2; GebrMG § 24c Abs. 1 Satz 3,
Abs. 3 Satz 2

a) Gegen eine Entscheidung über die Herausgabe eines Gutachtens, das in einem selbständigen Beweisverfahren aufgrund einer nach § 140c Abs. 3 PatG oder § 24c Abs. 3 GebrMG angeordneten Besichtigung erstellt worden ist, an den Antragsteller des Beweisverfahrens ist gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO die sofortige Beschwerde statthaft. Dies gilt nicht nur dann, wenn der Antrag auf Herausgabe abgelehnt wird, sondern auch dann, wenn das erstinstanzliche Gericht die Herausgabe anordnet, obwohl der Antragsgegner dem unter Geltendmachung von Geheimhaltungsinteressen entgegengetreten ist.
b) Für die Entscheidung über die Herausgabe des Gutachtens ist die Frage, wie wahrscheinlich das Bestehen von Ansprüchen wegen Verletzung des Schutzrechts ist, nur dann erheblich, wenn der Antragsgegner berechtigte Geheimhaltungsinteressen dargelegt hat (Ergänzung zu BGH, Beschluss vom 16. November 2009 - X ZB 37/08, BGHZ 183, 153 = GRUR 2010, 318 - Lichtbogenschnürung).
Beschluss vom 1. August 2023 - X ZB 9/21

 

 

BGB § 648 Satz 2; Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 Art. 22 Abs. 1, Art. 23 Abs. 1

a) Erspart im Sinne von § 648 Satz 2 BGB sind diejenigen Aufwendungen, die der Unternehmer ohne die Kündigung gehabt hätte und die er infolge der Kündigung nicht mehr tätigen muss (Bestätigung von BGH, Urteil vom 24. März 2016 - VII ZR 201/15, BGHZ 209, 278 = NJW 2016, 2944 Rn. 26).
b) Dies gilt unabhängig davon, ob der Unternehmer die in Rede stehenden Aufwendungen in seine Preiskalkulation einbezogen und ob er die Kalkulation gegenüber dem Besteller offengelegt hat.
c) Aus den unionsrechtlichen Regeln über die Festlegung und Angaben von Flugpreisen für innergemeinschaftliche Flugdienste ergibt sich keine abweichende Beurteilung.
Urteil vom 1. August 2023 - X ZR 118/22

 

 

EGVP-Störung 

PatG § 125a Abs. 2 Satz 2; ZPO § 130d Satz 2 und 3 
a) Die nach § 130d Satz 3 ZPO erforderliche Darlegung und Glaubhaftmachung ist rechtzeitig, wenn sie am gleichen Tag wie die Ersatzeinreichung bei Gericht eingeht (Ergänzung zu BGH, Beschluss vom 17. November 2022 - IX ZB 17/22, NJW 2023, 456 Rn. 11; Beschluss vom 26. Januar 2023 - V ZB 11/22, WRP 2023, 833 Rn. 11). 
b) Eine vorübergehende Unmöglichkeit im Sinne von § 130d Satz 2 ZPO liegt jedenfalls dann vor, wenn eine elektronische Übersendung über einen längeren Zeitraum hinweg nicht möglich und nicht abzusehen ist, wann die Störung behoben sein wird. 
Zwischenurteil vom 25. Juli 2023 - X ZR 51/23

 

 

Anzeigemonitor 

PatG § 81, § 121 Abs. 2; ZPO § 93
a) Ein Patentinhaber gibt Anlass zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage, wenn er dem potenziellen Nichtigkeitskläger trotz Aufforderung nicht schon vor Klageerhebung eine Rechtsstellung verschafft, die mit derjenigen nach der Nichtigerklärung des Patents vergleichbar ist (Bestätigung von BGH, Urteil vom 13. August 2013 - X ZR 73/12, GRUR 2013, 1282 Rn. 50 - Druckdatenübertragungsverfahren). 
b) Eine vorherige Aufforderung seitens des Nichtigkeitsklägers ist nicht schon deshalb entbehrlich, weil der Patentinhaber im Rahmen von Lizenzverhandlungen hat erkennen lassen, dass er einem Rechtsstreit nicht aus dem Weg gehen wird. 
Urteil vom 27. Juni 2023 - X ZR 59/21

 

 

FluggastrechteVO Art. 8 Abs. 1 Buchst. c, Art. 5 Abs. 1 Buchst. a 

Das Recht auf eine anderweitige Beförderung zu einem späteren Zeitpunkt nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. c FluggastrechteVO setzt nicht voraus, dass die gewünschte Ersatzbeförderung in zeitlichem Zusammenhang mit dem ursprünglich vorgesehenen Flug steht. 
Urteil vom 27. Juni 2023 - X ZR 50/22

 

 

FluggastrechteVO Art. 7 Abs. 1, Art. 11 Abs. 1 
Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist für eine große Ankunftsverspätung verantwortlich, wenn es einem Fluggast unter Verstoß gegen Art. 11 Abs. 1 FluggastrechteVO die Möglichkeit genommen hat, einen direkten Anschlussflug rechtzeitig zu erreichen. 
Urteil vom 20. Juni 2023 - X ZR 84/22

 

 

Faserstoffbahn 

GebrMG § 13 Abs. 3; PatG § 12 
a) Die Modifikation eines vorbenutzten Gegenstandes, der alle Merkmale eines unabhängigen Schutzanspruchs des Klagegebrauchsmusters verwirklicht, kann auch dann von einem Vorbenutzungsrecht gedeckt sein, wenn der vorbenutzte Gegenstand weitere Merkmale, die nach dem Klageantrag zwingend vorgesehen sind, nicht aufgewiesen hat. 
b) Dies gilt unabhängig davon, ob lediglich die Verletzungsklage auf eine in der genannten Weise beschränkte Fassung eines unabhängigen Schutzanspruchs gestützt wird oder ob das Gebrauchsmuster in einem Löschungsverfahren entsprechend beschränkt worden ist. 
Urteil vom 20. Juni 2023 - X ZR 61/21

 

 

Leistungsüberwachungsgerät 

PatG § 81 Abs. 1 
Nach dem Erlöschen des Streitpatents ist eine Nichtigkeitsklage nur noch zulässig, wenn der Kläger ein eigenes, in seiner Person begründetes Interesse an der Nichtigerklärung des Patents hat. Ein allein in der Person Dritter begründetes Interesse vermag eine Nichtigkeitsklage ebenso wenig zu rechtfertigen wie ein Interesse der Allgemeinheit. 
Urteil vom 20. Juni 2023 - X ZR 31/21

 

 

Schlossgehäuse EPÜ 

Art. 56; PatG § 4
a) Eine erfinderische Tätigkeit kann nicht auf ein Merkmal gestützt werden, das eine beliebige, von einem bestimmten technischen Zweck losgelöste Auswahl aus mehreren Möglichkeiten darstellt (Bestätigung von BGH, Urteil vom 22. Mai 2007 - X ZR 56/03, GRUR 2008, 56 Rn. 25 - Injizierbarer Mikroschaum; Urteil vom 27. November 2018 - X ZR 41/17, Rn. 46). 
b) Mit einem Merkmal verbundene besondere Vorteile können nur dann zur Begründung einer erfinderischen Tätigkeit herangezogen werden, wenn sie in der Patentschrift offenbart oder für den Fachmann erkennbar sind (Bestätigung von BGH, Urteil vom 27. November 2018 - X ZR 41/17, Rn. 46). 
Urteil vom 13. Juni 2023 - X ZR 51/21

 

 

Anschlussklemme PatG § 82 
a) Die beschränkte Verteidigung eines mit einer Teilnichtigkeitsklage angegriffenen Patentanspruchs durch Kombination mit den Merkmalen eines nicht angegriffenen Unteranspruchs ist mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig (Bestätigung von BGH, Urteil vom 1. März 2017 - X ZR 10/15, GRUR 2017, 604 Rn. 27 ff. - Ankopplungssystem). Dies gilt auch dann, wenn die Merkmale des nicht angegriffenen Unteranspruchs in der verteidigten Fassung zwar nicht wörtlich enthalten sind, wohl aber der Sache nach. 
b) Ein Rechtsschutzinteresse besteht hingegen, wenn der angegriffene Anspruch lediglich um einen Teil der Merkmale eines nicht angegriffenen Unteranspruchs ergänzt wird. 
Urteil vom 13. Juni 2023 - X ZR 47/21 

 

 

Dentalkamera 

EPÜ Art. 56; PatG § 4 
a) Neuere technische Entwicklungen können Anlass geben, eine neu in den Blickpunkt getretene Komponente als Alternative für eine im Wesentlichen funktionsgleiche Komponente einer im Stand der Technik bekannten Vorrichtung in Betracht zu ziehen (Ergänzung zu BGH, Urteil vom 24. Januar 2012 - X ZR 88/09, GRUR 2012, 475 Rn. 45 - Elektronenstrahltherapiesystem). 
b) Eine als neuartig vorgestellte Komponente ist jedenfalls dann grundsätzlich als Alternative nahegelegt, wenn sie erkennbar alle wesentlichen Funktionen erfüllt, die einer vergleichbaren Komponente in einer bereits bekannten Vorrichtung zukommen, und keine grundlegenden Schwierigkeiten oder Wechselwirkungen erkennbar sind, die einem entsprechenden Austausch entgegenstehen. 
Urteil vom 16. Mai 2023 - X ZR 49/21

 

 

FluggastrechteVO Art. 2 Buchst. f und h, Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7

Der Begriff "direkte Anschlussflüge" im Sinne von Art. 2 Buchst. h FluggastrechteVO kann auch einen Beförderungsvorgang erfassen, der aus mehreren Flügen besteht, die von unterschiedlichen, nicht durch eine besondere rechtliche Beziehung miteinander verbundenen Luftfahrtunternehmen ausgeführt werden. Ausreichend dafür ist, dass die Flüge von einem Reiseunternehmen akzeptiert
und registriert wurden, das einen einheitlichen Flugschein im Sinne von Art. 2 Buchst. f FluggastrechteVO ausgegeben hat (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 6. Oktober 2022 - C-436/21, NJW 2022, 3343 Rn. 25-31).
Urteil vom 9. Mai 2023 - X ZR 15/20

 

 

FluggastrechteVO Art. 4 Abs. 3, Art. 2 Buchst. j 
Der Tatbestand des Art. 4 Abs. 3 FluggastrechteVO ist nicht erfüllt, wenn der Fluggast auf dem vorgesehenen Flug befördert worden ist. 
Urteil vom 25. April 2023 - X ZR 25/22

 

FluggastrechteVO Art. 5 Abs. 1 Buchst. a, Art. 8 Abs. 1 Buchst. a 
Der aufgrund einer Annullierung bestehende Anspruch auf Erstattung der Flugscheinkosten nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und Art. 8 Abs. 1 Buchst. a FluggastrechteVO umfasst sowohl die Kosten des Hinflugs als auch die Kosten des Rückflugs, wenn Hin- und Rückflug Gegenstand einer einheitlichen Buchung sind, über die ein einziger Flugschein ausgestellt worden ist. Dies gilt unabhängig davon, von welchem Ort aus der Rückflug vorgesehen war. 
Urteil vom 18. April 2023 - X ZR 91/22

 

 

ZPO § 519 Abs. 2 Nr. 1 
Wenn in einer Berufungsschrift, der das angefochtene Urteil nicht beigefügt ist, das Aktenzeichen und das Verkündungsdatum nicht oder nicht zutreffend angegeben sind, steht dies der Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht entgegen, sofern das Berufungsgericht und die gegnerische Partei anhand der innerhalb der Berufungsfrist eingereichten Unterlagen das angefochtene Urteil dennoch zweifelsfrei bestimmen können (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 25. Februar 1993 - VII ZB 22/92, NJW 1993, 1719). 
Beschluss vom 14. März 2023 - X ZB 4/22

 

 

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 1; ZPO § 269 
a) Eine Gerichtsstandbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO kommt nicht mehr in Betracht, wenn die Klage vollständig zurückgenommen wurde. Dies gilt auch dann, wenn noch eine Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 ZPO zu treffen ist. 
b) Eine Klagerücknahme ist gegenüber dem Gericht zu erklären, bei dem die Sache anhängig ist. 
Beschluss vom 14. März 2023 - X ARZ 586/22

 

 

BGB § 651h Abs. 3 
Die Frage, ob die Beförderung an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigt ist, darf nicht allein danach beurteilt werden, ob der Reisende diesen Ort ohne Beeinträchtigungen erreichen kann. Vielmehr kann auch von Bedeutung sein, ob der Reisende davon ausgehen kann, dass die Rückreise nach Ende des Reisezeitraums ebenfalls ohne wesentliche Beeinträchtigungen möglich sein wird. 
Urteil vom 28. Februar 2023 - X ZR 23/22

 

 

 

BGB § 243, § 315 
a) Reiseleistungen können nur dann Gegenstand einer Gattungsschuld sein, wenn die als gattungsgemäß in Frage kommenden Leistungen durch gemeinsame Merkmale gekennzeichnet sind und sich dadurch von Gegenständen anderer Art abheben. Hieran fehlt es, wenn die geschuldeten Reiseleistungen lediglich als "Fahrt ins Blaue" bezeichnet sind. 
b) Hat sich der Reiseveranstalter die Bestimmung der zu erbringenden Reiseleistungen vorbehalten, liegt in der Aushändigung eines Reiseprogramms bei Antritt der Reise in der Regel die Ausübung des Bestimmungsrechts im Sinne von § 315 Abs. 2 BGB. 
Urteil vom 14. Februar 2023 - X ZR 18/22

 

 

Staubsauger

EPÜ Art. 56 
Ausgehend von einer Entgegenhaltung, bei der mehrere funktionell zusammenwirkende Elemente einer Vorrichtung so ausgestaltet sind, dass sie allenfalls mit hohem Aufwand einstückig ausgeführt werden können, liegt eine einstückige Ausgestaltung nicht schon deshalb nahe, weil es dem Fachmann möglich ist, Form und Ausrichtung dieser Elemente so zu ändern, dass sie problemlos als in einem Zug spritzgegossenes Bauteil hergestellt werden können. 
Urteil vom 31. Januar 2023 - X ZR 19/21

 

 

CQI-Bericht II ZPO § 138 Abs. 4 Im Rechtsstreit über eine Patentverletzung kann von der in Anspruch genommenen Partei grundsätzlich verlangt werden, dass sie auf Vortrag des Gegners zu den technischen Eigenschaften der angegriffenen Ausführungsform konkret erwidert. PatG § 14 
a) Die Frage, ob und inwieweit Rechte aus einem Patent durch das Inverkehrbringen von Erzeugnissen erschöpft sind, ist nach dem Recht des Schutzlands zu beurteilen (Ergänzung zu BGH, Urteil vom 22. Februar 2022 - X ZR 103/19, GRUR 2022, 1209 Rn. 42 - Bakterienkultivierung). 
b) Ein covenant not to sue führt in der Regel zur Erschöpfung der Rechte im Hinblick auf Erzeugnisse, die auf dieser Grundlage in Verkehr gebracht werden. 
c) Für die Frage, ob ein covenant to be sued last zur Erschöpfung führt, ist insbesondere von Bedeutung, ob der Vertragspartner bei dem üblicherweise zu erwartenden Verlauf befürchten muss, von der Patentinhaberin wegen Verletzung des Patents in Anspruch genommen zu werden. 
d) Die Zustimmung zum Inverkehrbringen eines Erzeugnisses kann als Zustimmung zum Inverkehrbringen einer damit ausgestatteten größeren Vorrichtung zu werten sein, wenn dies die wirtschaftlich allein sinnvolle Verwendung darstellt. 
e) Die Zustimmung zum Inverkehrbringen eines Erzeugnisses kann zur Erschöpfung der Rechte bezüglich einer damit ausgestatteten größeren Vorrichtung führen, wenn alle im Patent definierten Eigenschaften und Funktionen durch das von der Zustimmung gedeckte Erzeugnis verwirklicht werden und den übrigen Bestandteilen der größeren Vorrichtung insoweit keine Bedeutung zukommt. 
Urteil vom 24. Januar 2023 - X ZR 123/20

 

 

FluggastrechteVO Art. 3 Abs. 2, Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7 Abs. 1 
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 AEUV folgende Frage zur Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. EU L 46 S. 1 ff.) vorgelegt: 
1. Ist ein Ausgleichsanspruch wegen Verspätung des Fluges von mindestens drei Stunden nach Art. 5, 6 und 7 der Verordnung generell ausgeschlossen, wenn der Fluggast bei drohender großer Verspätung einen von ihm selbst gebuchten Ersatzflug nutzt und dadurch das Endziel mit einer Verspätung von weniger als drei Stunden erreicht, oder kommt ein Ausgleichsanspruch in dieser Konstellation jedenfalls dann in Betracht, wenn schon vor dem Zeitpunkt, in dem sich der Fluggast spätestens zur Abfertigung einfinden muss, hinreichend gesicherte Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es am Endziel zu einer Verspätung von mindestens drei Stunden kommen wird? 
2. Für den Fall, dass Frage 1 im zuletzt genannten Sinne zu beantworten ist: Setzt der Ausgleichsanspruch wegen Verspätung des Fluges von mindestens drei Stunden nach Art. 5, 6 und 7 der Verordnung in der genannten Konstellation voraus, dass sich der Fluggast nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung rechtzeitig zur Abfertigung einfindet? 
Beschluss vom 10. Januar 2023 - X ZR 106/21

 

 

Aminopyridin 
PatG § 81 Abs. 2 Satz 1 
a) Für die Beurteilung, ob das Klagehindernis nach § 81 Abs. 2 Satz 1 PatG vorliegt, ist nicht auf den Zeitpunkt der Klageerhebung abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt der Entscheidung über die Klage. Hierbei sind auch Änderungen zu berücksichtigen, die erst im Laufe des Berufungsverfahrens eingetreten sind (Bestätigung von BGH, Urteil vom 19. April 2011 - X ZR 124/10, GRUR 2011, 848 Rn. 17 - Mautberechnung). 
b) Das Klagehindernis fällt weg, wenn das Europäische Patentamt entschieden hat, dass das Patent mit einer geänderten Fassung seiner Ansprüche aufrechterhalten wird, und diese Entscheidung nicht mehr angefochten werden kann. 
c) In dieser Konstellation ist eine Nichtigkeitsklage nur noch insoweit zulässig, als sie darauf gerichtet ist, den Rechtsbestand des Patents in weitergehendem Umfang zu beseitigen, als dies nach der bindenden Entscheidung des Europäischen Patentamts zu erwarten ist. 
Urteil vom 6. Dezember 2022 - X ZR 47/22

 

 

Scheibenbremse II 

PatG § 10 Abs. 1, § 9 Satz 2 Nr. 1 
a) Damit sich die technischen Wirkungen einer Erfindung in bestimmten Teilen widerspiegeln und deren Einbau zu einer die Erschöpfungswirkung verdrängenden Neuherstellung führt, müssen diese in besonderer, auf die Erfindung abgestimmter Weise ausgestaltet sein, um die ihnen zukommende Funktion erfüllen zu können, etwa durch eine besondere Formgebung (BGH, Urteil vom 4. Mai 2004 - X ZR 48/03, BGHZ 159, 76, 92 f. - Flügelradzähler; Urteil vom 3. Mai 2006 - X ZR 45/05, GRUR 2006, 837 Rn. 22 - Laufkranz). 
b) Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn die maßgebliche Wirkung der zu beurteilenden Teile allein darin besteht, dass sie verschleißen. 
Urteil vom 8. November 2022 - X ZR 10/20

 

 

Gesperre 

PatG § 4, § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 32 Abs. 5, § 40 Abs. 6
a) Unterlagen eines Patentanmeldungsverfahrens, die einem allgemeinen Recht auf Akteneinsicht unterliegen, sind grundsätzlich der Öffentlichkeit zugänglich (Bestätigung von BGH, Urteil vom 29. Februar 2000 - X ZR 166/97, juris Rn. 33). 
b) Dies gilt auch für eine frühere Patentanmeldung, deren Priorität die dem Akteneinsichtsrecht unterliegende Anmeldung in Anspruch nimmt. 
Urteil vom 18. Oktober 2022 - X ZR 36/21

 

 

BGB § 531 Abs. 1, § 532 
Die Erklärung des Widerrufs einer Schenkung wegen groben Undanks bedarf keiner Begründung. 
Urteil vom 11. Oktober 2022 - X ZR 42/20

 

 

FluggastrechteVO Art. 5 Abs. 1 Buchst. a, Art. 8 Abs. 1 Buchst. a

Der für den Fall der Annullierung eines Fluges in Art. 5 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Art. 8 Abs. 1 Buchst. a FluggastrechteVO wahlweise vorgesehene Anspruch auf Erstattung der Flugscheinkosten steht dem jeweiligen Fluggast auch dann zu, wenn er nicht Vertragspartner des Luftbeförderungsvertrags ist.
Urteil vom 27. September 2022 - X ZR 35/22

 

 

Akteneinsicht XXVI 

PatG § 99 Abs. 3 
Nach § 99 Abs. 3 PatG ist der Antrag auf Akteneinsicht durch andere als die Parteien des Nichtigkeitsverfahrens nur dann von der zusätzlichen Darlegung eines berechtigten Interesses abhängig, wenn eine Partei des Nichtigkeitsverfahrens ein entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse darlegt. Sofern ein solches Interesse einer Partei nur hinsichtlich einzelner Unterlagen besteht, sind diese näher zu bezeichnen (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 22. März 2016 - X ZR 96/14, Rn. 3). 
Beschluss vom 27. September 2022 - X ZR 103/21

 

 

BGB § 651h Abs. 3, Richtlinie (EU) 2015/2302 Art. 12 Abs. 2 
a) Die Bewertung der von der Covid-19-Pandemie ausgehenden Gefahr als unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB, der grundsätzlich geeignet ist, die Durchführung einer Pauschalreise erheblich zu beeinträchtigen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn sich die Gefahr einer Erkrankung an Covid-19 im vorgesehenen Reisezeitraum (hier: Juni 2020) als ein nicht beherrschbares erhebliches Risiko für die menschliche Gesundheit darstellte und aufgrund der pandemischen Lage die Gefahr einer Infektion bei Durchführung der Reise bestand, die dem gewöhnlichen Reisebetrieb im Buchungszeitpunkt noch nicht innewohnte. 
b) § 651h Abs. 3 BGB setzt nicht voraus, dass die unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände sich nur am Bestimmungsort der Reise oder in dessen unmittelbarer Nähe und nicht auch am Wohnort des Reisenden auswirken. 
c) Der Tatbestand des § 651h Abs. 3 BGB ist erfüllt, wenn schon vor Beginn der Reise unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür begründen, dass die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung zum Bestimmungsort erheblich beeinträchtigt ist. 
d) Die Beurteilung der Frage, ob die Durchführung der Reise aufgrund von außergewöhnlichen Umständen mit erheblichen und nicht zumutbaren Risiken verbunden ist, bedarf einer Würdigung aller für den Einzelfall relevanten Umstände und ist aus Sicht eines verständigen Durchschnittsreisenden im Rücktrittszeitpunkt vorzunehmen. 
e) Individuelle Verhältnisse oder Eigenschaften des Reisenden wie das Alter sind jedenfalls dann in die Abwägung einzubeziehen, wenn sie für die Durchführbarkeit der Reise erst aufgrund der außergewöhnlichen Umstände im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB Bedeutung gewonnen haben und die daraus resultierenden Gefahren für den Reisenden (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer besonders betroffenen Risikogruppe) dem gewöhnlichen Reisebetrieb im Buchungszeitpunkt noch nicht innegewohnt haben. 
Urteil vom 30. August 2022 - X ZR 66/21
Pressemitteilung Nr. 128/2022 vom 30. August 2022
 

 

BGB § 651h Abs. 3; Richtlinie (EU) 2015/3202 Art. 12 Abs. 2 
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 AEUV folgende Frage zur Auslegung der Richtlinie (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG des Rates (ABl. EU L 326 S. 1 ff.) vorgelegt: 

Ist Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 
1. dahingehend auszulegen, dass für die Beurteilung der Berechtigung des Rücktritts nur jene unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände maßgeblich sind, die im Zeitpunkt des Rücktritts bereits aufgetreten sind,
2. oder dahingehend, dass auch unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände zu berücksichtigen sind, die nach dem Rücktritt, aber noch vor dem geplanten Beginn der Reise tatsächlich auftreten? 
Beschluss vom 2. August 2022 - X ZR 53/21
Pressemitteilung Nr. 118/2022 vom 02. August 2022

 

 

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6; § 281 Abs. 2 Satz 4; GVG § 119a Abs. 1 Nr. 1
a) Bei einem negativen Kompetenzkonflikt zwischen Spruchkörpern desselben Gerichts ist der zuständige Spruchkörper in analoger Anwendung von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu bestimmen, wenn die Zuständigkeit zumindest eines an einem Kompetenzkonflikt beteiligten Spruchkörpers auf einer gesetzlichen Zuständigkeitsregelung (hier: § 119a Abs. 1 GVG) beruht und die Entscheidung des Konflikts von deren Reichweite und nicht von der Auslegung des Geschäftsverteilungsplans abhängt. 
b) Hat ein Spruchkörper in einer solchen Konstellation seine Zuständigkeit durch einen den Parteien bekanntgegebenen Beschluss verneint und die Sache dem nach seiner Auffassung zuständigen Spruchkörper zur Übernahme vorgelegt, ist diese Entscheidung entsprechend § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO für den anderen Spruchkörper bindend. 
Beschluss vom 26. Juli 2022 - X ARZ 3/22

 

 

Brustimplantat
PatG § 8

Ob ein Berechtigter nach § 8 Satz 1 und 2 PatG die Übertragung eines Patents oder die Einräumung einer Mitberechtigung daran verlangen kann, erfordert einen prüfenden Vergleich der zum Patent angemeldeten Lehre mit derjenigen, deren widerrechtliche Entnahme geltend gemacht wird. Dafür ist in erster Linie zu untersuchen, inwieweit beide Lehren übereinstimmen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 20. Oktober 2015 - X ZR 149/12, GRUR 2016, 265 Rn. 22 - Kfz-Stahlbauteil; Urteil vom 4. August 2020 - X ZR 38/19, GRUR 2020, 1186 Rn. 41 - Mitralklappenprothese).
Urteil vom 26. Juli 2022 - X ZR 1/21

 

 

Leuchtdiode 

EPÜ Art. 56 
a) Das Beschreiten eines bestimmten Lösungswegs lag für den Fachmann nahe, wenn er eine Entgegenhaltung zur Lösung eines technischen Problems (Aufwachsen von GaN-Schichten auf einem Saphirsubstrat zur Herstellung einer Leuchtdiode) herangezogen und diese ihm eine Möglichkeit aufgezeigt hätte, wie das Problem mit angemessener Erfolgserwartung gelöst werden kann (Aufwachsen in [0001]-Richtung mittels metallorganisch chemischer Dampfabscheidung [MOCDV]), insbesondere wenn es sich bei dieser Lösung allgemein um die vorherrschende Praxis (bei GaN-Halbleitern) handelte und alternative Ansätze keine signifikant höheren Erfolgsaussichten begründeten. 
b) Der Umstand, dass die Kenntnis eines technischen Sachverhalts zum allgemeinen Fachwissen gehört, belegt noch nicht, dass es für den Fachmann nahelag, sich bei der Lösung eines bestimmten Problems dieser Kenntnis zu bedienen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 27. März 2018 - X ZR 59/16, GRUR 2018, 716 Rn. 28 - Kinderbett; Urteil vom 30. April 2009 - Xa ZR 56/05, GRUR 2009, 743 Rn. 37 - Airbag-Auslösesteuerung). 
Urteil vom 21. Juli 2022 - X ZR 82/20

 

 

Stammzellengewinnung 

PatG § 81 
Das Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung eines zu Unrecht erteilten Patents rechtfertigt die Nichtigkeitsklage nur solange, als das Recht noch wirksam und in Kraft ist. Ab dem Zeitpunkt, in dem das Recht entfallen ist, ist die Nichtigkeitsklage nur zulässig, wenn dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht. Das allgemeine Interesse an der Sicherung einer gesetzeskonformen Erteilungspraxis des Patentamts - hier hinsichtlich § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG - ist nicht geeignet, ein Rechtsschutzbedürfnis zu begründen (Fortführung von BGH, Beschluss vom 17. April 1997 - X ZB 10/96, GRUR 1997, 615 - Vornapf). 
Urteil vom 21. Juli 2022 - X ZR 110/21
Pressemitteilung Nr. 115/2022 vom 21. Juli 2022

 

Verkehrsraumüberwachung 

PatG § 113 Satz 1; EuPAG § 13 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1 
Im Patentnichtigkeitsverfahren vor dem Bundesgerichtshof ist eine Prozessvertretung als eines dienstleistenden europäischen Patentanwalts im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 EuPAG nicht zulässig, wenn die Patentanwaltskammer die vor Beginn der Tätigkeit gemäß § 15 Abs. 1 EuPAG zu erstattende Meldung als nicht vollständig beurteilt und deshalb eine Eintragung in das Meldeverzeichnis gemäß § 15 Abs. 4 EuPAG bestandskräftig versagt hat. 
Urteil vom 5. Juli 2022 - X ZR 58/20

 

 

Übertragungsparameter 

EPÜ Art. 138 Abs. 1 Buchst. c; IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 
Durch eine Patentanmeldung, die sich mit der nahtlosen Änderung der Datenübertragungsrate in einem ADSL-System befasst und hierzu vorschlägt, ausschließlich die Zuweisung von Bits zu Subkanälen zu ändern und eine bestimmte Signalisierungsart einzusetzen, ist nicht unmittelbar und eindeutig offenbart, dass diese Signalisierungsart auch zur bloßen Änderung der Bitzuweisung bei gleich bleibender Datenrate oder zur Änderung anderer Übertragungsparameter eingesetzt werden kann. 
Urteil vom 28. Juni 2022 - X ZR 67/20

 

 

Datensendeleistung 

EPÜ Art. 54 Abs. 2 
a) Eine Vorrichtung, die bestimmte Funktionen aufweist, ist durch eine Entgegenhaltung nur dann offenbart, wenn darin ein ausführbarer Weg aufgezeigt wird, sie herzustellen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 6. April 2021 - X ZR 54/19, GRUR 2021, 1043 Rn. 40 - Cerdioxid). 
b) Ausführbar ist eine technische Lehre grundsätzlich bereits dann, wenn der Fachmann mit Hilfe seines Fachwissens in der Lage ist, den in den Erzeugnisansprüchen beschriebenen Gegenstand herzustellen und diejenigen Verfahrensschritte auszuführen, die in den Verfahrensansprüchen bezeichnet sind (Bestätigung von BGH, Urteil vom 3. Februar 2015 - X ZR 76/13, GRUR 2015, 472 Rn. 36 - Stabilisierung der Wasserqualität; BGH, Urteil vom 29. März 2022 - X ZR 16/20, GRUR 2022, 813 Rn. 69 - Übertragungsleistungssteuerungsverfahren). Hierzu ist nicht zwingend erforderlich, dass alle in der Beschreibung geschilderten Vorteile verwirklicht werden. 
c) Wenn eine Entgegenhaltung für bestimmte Betriebssituationen eine Verringerung der Sendeleistung auf mehreren Kanälen und die Umsetzung dieses Befehls innerhalb einer bestimmten Zeitspanne vorsieht, kann aus der ergänzenden Vorgabe, auf einem bestimmten Kanal mit der vorgegebenen Leistung zu senden, nicht ohne weiteres die Schlussfolgerung gezogen werden, dass diese Anweisung innerhalb einer kürzeren Zeitspanne umzusetzen ist. 
Urteil vom 21. Juni 2022 - X ZR 53/20

 

 

Brüssel-Ia-VO Art. 7 Nr. 1 Buchst. b

Bei einem Luftbeförderungsvertrag über einen Flug, der in zwei Teilflüge unterteilt ist, begründet die Pflicht, den zweiten Teilflug vertragsgemäß durchzuführen und den Fluggast darauf zu befördern, keinen für die Begründung des Gerichtsstands des Erfüllungsorts (Art. 7 Nr. 1 Buchst. b Brüssel-Ia-VO) ausreichenden Bezug zu dem Ort, an dem der Umsteigevorgang stattfindet.
Urteil vom 21. Juni 2022 - X ZR 22/21

 

 

Container-Signatur im Patentnichtigkeitsverfahren 

PatG § 125a Abs. 2 und 3; BGH/BPatGERVV § 2 Abs. 2a; ZPO § 130a; ERVV § 4 Abs. 2 
a) Eine qualifizierte Signatur, die sich auf den gesamten Inhalt einer über das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach eingereichten Nachricht einschließlich der darin enthaltenen Dateien bezieht, genügt den Anforderungen des § 2 Abs. 2a Nr. 1 BGH/BPatGERVV. 
b) § 4 Abs. 2 ERVV ist im Anwendungsbereich der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) nicht anwendbar. 
Zwischenurteil vom 24. Mai 2022 - X ZR 82/21

 

 

Initialisierungsverfahren 

EPÜ Art. 54 Abs. 2 
Dokumente, die für die Teilnehmer eines Treffens einer Studiengruppe der Standardisierungsorganisation der International Telecommunication Union (ITU-T) auf einem ftp-Server vorgehalten werden, sind grundsätzlich der Öffentlichkeit zugänglich, wenn sie über ein Verzeichnis aufgerufen werden können, das den Mitgliedern der Studiengruppe als Speicherort für fachbezogene Veröffentlichungen bekannt ist und als Informationsquelle zur Verfügung steht (Fortführung von BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 - X ZR 81/19, GRUR 2022, 59 - Diskontinuierliche Funkverbindung, und vom 18. Januar 2022 - X ZR 14/20, GRUR 2022, 546 - CQI-Bericht). 
Urteil vom 3. Mai 2022 - X ZR 32/20

 

 

BGB §§ 104, 105 
Zur substantiierten Darlegung von Geschäftsunfähigkeit nach § 104 Nr. 2, § 105 Abs. 2 BGB genügt der Vortrag konkreter Anhaltspunkte, aufgrund derer die Möglichkeit der Geschäftsunfähigkeit nicht von der Hand zu weisen ist. 

BGB § 138 Bc 
Die Sittenwidrigkeit eines unentgeltlichen Geschäfts gemäß § 138 Abs. 1 BGB kann sich nicht nur aus Motiven des Zuwendenden ergeben, sondern auch und sogar in erster Linie aus den Motiven des Zuwendungsempfängers. 
Urteil vom 26. April 2022 - X ZR 3/20

 

 

Verbundelement 

PatG § 14 
Der Umstand, dass sich ein Patent durch ein bestimmtes Merkmal des Patentanspruchs von einer in der Beschreibung angeführten Entgegenhaltung abgrenzt, vermag nur dann zu einer einschränkenden Auslegung zu führen, wenn erkennbar ist, auf welche konkrete Ausgestaltung sich die Abgrenzung bezieht (Ergänzung zu BGH, Urteil vom 2. März 2021 - X ZR 17/19, GRUR 2021, 945 - Schnellwechseldorn; Urteil vom 27. November 2018 - X ZR 16/17, GRUR 2019, 491 - Scheinwerferbelüftungssystem). 
Urteil vom 26. April 2022 - X ZR 44/20

 

 

FluggastrechteVO Art. 2 Buchst. b, g, h; Art. 3 Abs. 1 
a) Bei einem auf einer einheitlichen Buchung beruhenden Flug, der aus zwei Teilflügen besteht, ist ein Unternehmen, das die Buchung erteilt und die Durchführung des zweiten Teilflugs übernommen hat, als ausführendes Unternehmen bezüglich des gesamten Flugs anzusehen. Dies gilt auch dann, wenn die Fluggäste den zweiten Teilflug wegen Verspätung des ersten Teilflugs nicht erreicht haben (Anschluss an EuGH, Beschluss vom 12. November 2020 - C-367/20, RRa 2021, 125 Rn. 22 f. - KLM). 
b) In diesem Zusammenhang ist unerheblich, ob die einzelnen Teilflüge für sich gesehen in den Anwendungsbereich der Fluggastrechteverordnung fallen (Anschluss an EuGH, Urteil vom 24. Februar 2022 - C-451/20, Rn. 22 ff. - Austrian Airlines). 
Urteil vom 12. April 2022 - X ZR 101/20

 

Oberflächenbeschichtung 

PatG § 3 Abs. 1 Satz 2; GeschGehG § 2 Nr. 1 
a) Bei gewerblicher Entwicklungs- oder Erprobungstätigkeit, bei der ein betriebliches Interesse daran besteht, die dabei entstehenden Kenntnisse nicht nach außen dringen zu lassen, ist im Regelfall und ohne Hinzutreten besonderer Umstände die öffentliche Zugänglichkeit der gewonnenen Kenntnisse zu verneinen. Dies gilt jedenfalls so lange, wie die Kenntnisse nur solchen Personen zugänglich sind, die an dieser Entwicklungs- und Erprobungstätigkeit beteiligt sind, aber auch dann, wenn die Herstellung oder einzelne Herstellungsschritte auf Dritte übertragen werden (Bestätigung von BGH, Urteil vom 14. Mai 2019 - X ZR 93/17, Rn. 34; Urteil vom 10. November 1998 - X ZR 137/94, Mitt. 1999, 362, juris Rn. 35 - Herzklappenprothese).
b) Informationen, die nicht unter den Begriff des Geschäftsgeheimnisses im Sinne von § 2 Nr. 1 GeschGehG fallen, sind nicht ohne weiteres als der Öffentlichkeit zugänglich im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 2 PatG anzusehen. 
Urteil vom 12. April 2022 - X ZR 73/20

 

 

Übertragungsleistungssteuerungsverfahren 

ZPO § 66 Abs. 1, § 265 Abs. 2; PatG § 30 Abs. 3 Satz 2 
Ein rechtliches Interesse an der Verteidigung eines mit der Nichtigkeitsklage angegriffenen Patents ergibt sich schon aus der während des Rechtsstreits erfolgten Eintragung als neuer Inhaber des Streitpatents im Patentregister. 

EPÜ Art. 83; IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2; PatG § 21 Abs. 1 Nr. 2 
Damit ein Fachmann die Erfindung ausführen kann, muss die Patentschrift zumindest ansatzweise erkennen lassen, durch welche Mittel und auf welche Weise die beanspruchte technische Lehre verwirklicht werden kann. Diesem Erfordernis ist nicht genügt, wenn die Patentschrift lediglich stichwortartig ein abstraktes Ziel vorgibt, ohne auch nur andeutungsweise darüber Aufschluss zu geben, wie dieses Ziel erreicht werden kann. 
Urteil vom 29. März 2022 - X ZR 16/20

 

Druckmaterialbehälter 
RVG § 23 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 
Für die Festsetzung des Gegenstandswerts in einem den Rechtsbestand eines Patents betreffenden Rechtsbeschwerdeverfahren kann nicht ohne weiteres der Streitwert eines Verletzungsrechtsstreits herangezogen werden, der auf ein Patent gestützt war, das die Priorität derselben Anmeldung in Anspruch nimmt wie das Streitpatent. 
Beschluss vom 22. März 2022 - X ZB 15/19

 

Fahrerlose Transporteinrichtung

PatG § 83 Abs. 1, § 116 Abs. 2, § 117; ZPO § 296 Abs. 1, § 529, § 530

a) Die Beklagte eines Patentnichtigkeitsverfahrens hat in der Regel keinen Anlass zur Stellung von Hilfsanträgen zur Abgrenzung vom Stand der Technik, wenn das Patentgericht in dem nach § 83 Abs. 1 PatG
erteilten Hinweis die vorläufige Auffassung äußert, der Gegenstand des Streitpatents sei patentfähig.
b) Legt die Klägerin nach einem solchen Hinweis eine Vielzahl neuer Entgegenhaltungen vor, muss die Beklagte überprüfen, ob das ergänzende Vorbringen zu einer anderen Beurteilung führen könnte, und
gegebenenfalls auch geeignete Hilfsanträge stellen. Wenn sich hierbei eine Vielzahl von technischen Gesichtspunkten als potentiell relevant erweist, kann es aber nicht ohne weiteres als nachlässig ange-
sehen werden, wenn die Beklagte einem einzelnen Gesichtspunkt durch ihre erstinstanzlichen Hilfsanträge nicht Rechnung getragen hat.
c) Hilfsanträge, die einer aus dem erstinstanzlichen Urteil ersichtlichen Auslegung des Streitpatents Rechnung tragen sollen, sind grundsätzlich innerhalb der Frist für die Berufungsbegründung zu stellen. Später
gestellte Anträge sind zu berücksichtigen, wenn ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert.
Urteil vom 15. März 2022 - X ZR 18/20

 

 

ZPO § 516 Abs. 3 
Wenn der Beschwerdeführer eine beim Berufungsgericht eingelegte, nach § 544 Abs. 2 ZPO nicht statthafte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision vor Abgabe der Sache an den Bundesgerichtshof zurückgenommen hat, ist für die entsprechend § 516 Abs. 3 ZPO zu treffende Kostenentscheidung das Berufungsgericht zuständig (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 18. Juni 1953 - IV ZB 51/53). 
Beschluss vom 15. März 2022 - X ZR 16/22

 

 

Aminosäureproduktion 

PatG § 15; BGB § 133 A, B, § 157 A, C
a) Die Frage, ob ein Patentlizenzvertrag dem Begünstigten die Stellung eines ausschließlichen Lizenznehmers einräumt, ist nach dem Recht des Staates zu beurteilen, für den der Patentschutz geltend gemacht wird. 
b) Die rückwirkende Vereinbarung einer ausschließlichen Patentlizenz mit Wirkung gegenüber Dritten ist außerhalb von gesetzlich vorgesehenen Rückwirkungstatbeständen grundsätzlich ausgeschlossen. 
c) Eine wegen fehlender Vertretungsmacht unwirksame Vereinbarung über die Einräumung einer ausschließlichen Patentlizenz kann gemäß § 177 Abs. 1 und § 184 Abs. 1 BGB mit rückwirkender Kraft genehmigt werden. 
d) Wird dem Lizenznehmer in einem Patentlizenzvertrag das Recht eingeräumt, Rechte aus einer Verletzung des Schutzrechts in eigener Verantwortung zu verfolgen und übt der Lizenznehmer im Anschluss an den Vertragsschluss die mit einer ausschließlichen Lizenz verbundenen Rechte aus, ist die Vereinbarung regelmäßig als Einräumung einer ausschließlichen Lizenz auszulegen. 
Urteil vom 22. Februar 2022 - X ZR 102/19

 

 


BGB a.F. §§ 651d Abs. 1, 638 Abs. 3; ZPO § 138 Abs. 1 und 2
Beruft sich der Reisende zur Begründung eines Reisemangels darauf, dass während seines Aufenthalts nachts teils mehrmals pro Stunde Flugzeuge in niedrigem Abstand über das von ihm gebuchte Hotel geflogen seien, wodurch seine Nachtruhe erheblich beeinträchtigt worden sei, ist sein Vorbringen zwar noch hinreichend vollständig im Sinne von § 138 Abs. 1 ZPO. Unter diesen Umständen genügt aber auch ein einfaches Bestreiten des Reiseveranstalters den Anforderungen des § 138 Abs. 2 ZPO.
Urteil vom 8. Februar 2022 - X ZR 97/20

 

 

BGB aF § 651i Abs. 2 und 3; ZPO § 286 G; BGB § 242 Be 
a) Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Umstände, die für die Angemessenheit einer auf der Grundlage von § 651i Abs. 2 und 3 BGB aF geforderten Entschädigung maßgeblich sind, obliegt dem Reiseveranstalter (Bestätigung von BGH, Urteil vom 3. November 2015 - X ZR 122/13, NJW 2016, 1508 Rn. 13; Urteil vom 9. Dezember 2014 - X ZR 13/14, RRa 2015, 144 Rn. 31). 
b) Einem Reisenden, der vor Reisebeginn vom Vertrag zurückgetreten ist und die Erstattung des bereits gezahlten Reisepreises begehrt, steht gegen den Reiseveranstalter kein Anspruch auf Auskunft über die genannten Umstände zu. 
Urteil vom 18. Januar 2022 - X ZR 88/20

 

 

BGB aF § 651i Abs. 2 und 3; ZPO § 286 G 
Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Umstände, die für die Angemessenheit einer auf der Grundlage von § 651i Abs. 2 und 3 BGB aF geforderten Entschädigung maßgeblich sind, obliegt dem Reiseveranstalter (Bestätigung von BGH, Urteil vom 3. November 2015 - X ZR 122/13, NJW 2016, 1508 Rn. 13; Urteil vom 9. Dezember 2014 - X ZR 13/14, RRa 2015, 144 Rn. 31). 
Urteil vom 18. Januar 2022 - X ZR 125/20

 

 

BGB § 651h Abs. 1 und 2; ZPO § 286 G; BGB § 242 Be 
a) Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Umstände, die für die Angemessenheit einer auf der Grundlage von § 651h Abs. 1 Satz 3 BGB geforderten Entschädigung maßgeblich sind, obliegt dem Reiseveranstalter (Bestätigung von BGH, Urteil vom 3. November 2015 - X ZR 122/13, NJW 2016, 1508 Rn. 13; Urteil vom 9. Dezember 2014 - X ZR 13/14, RRa 2015, 144 Rn. 31). 
b) Einem Reisenden, der vor Reisebeginn vom Vertrag zurückgetreten ist und die Erstattung des bereits gezahlten Reisepreises begehrt, steht gegen den Reiseveranstalter auch aus § 651h Abs. 2 Satz 3 BGB kein einklagbarer Anspruch auf Auskunft über die genannten Umstände zu. 
Urteil vom 18. Januar 2022 - X ZR 109/20

 

 

CQI-Bericht

EPÜ Art. 54 Abs. 2 
Dokumente und Informationen, die den Teilnehmern eines Treffens einer Arbeitsgruppe des European Telecommunication Standards Institute (ETSI) in einer förmlichen Sitzung präsentiert werden, sind in der Regel der Öffentlichkeit zugänglich. Äußert sich dagegen ein Teilnehmer eines solchen Treffens außerhalb einer Sitzung im Gespräch mit anderen Teilnehmern zu technischen Sachverhalten, muss er regelmäßig nicht damit rechnen, dass diese Informationen einem nicht begrenzten Kreis von Personen zugänglich werden. 
Urteil vom 18. Januar 2022 - X ZR 14/20

 

 

Procalcitonin-Schwellenwert EPÜ Art. 138 Abs. 1 Buchst. c; PatG § 21 Abs. 1 Nr. 4 
Eine Patentanmeldung, die Schutz für ein Verfahren zur Diagnose einer bestimmten Erkrankung mit Hilfe eines bestimmten Stoffs als Marker beansprucht und als bevorzugte Ausführungsform die Heranziehung von Schwellenwerten aus einem bestimmten Bereich benennt, bildet keine ausreichende Offenbarungsgrundlage für ein Patent, das einen deutlich weiteren Bereich beansprucht, wenn die Anmeldung keine Hinweise darauf enthält, welche Wertebereiche neben dem als bevorzugt angeführten ebenfalls als vorteilhaft in Betracht kommen. 
Urteil vom 14. Dezember 2021 - X ZR 109/19

 

 

EPÜ Art. 52 Abs. 2 Buchst. a, Art. 54 Abs. 1
Der Einsatz eines Wirkstoffs zur Prävention einer Krankheit, die sich noch nicht manifestiert hat, ist nicht neu, wenn die Kriterien, an deren Vorliegen das Patent die erfindungsgemäße Präventionswirkung knüpft, bereits im Stand der Technik als Kriterien für die Verabreichung des Wirkstoffs herangezogen worden sind, und weder eine neue Art und Weise der Wirkstoffgabe gelehrt noch eine Patientengruppe als erfolgreich behandelbar aufgezeigt wird, die mit dem Wirkstoff bislang nicht behandelt worden ist (Fortführung von BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - X ZR 68/08, GRUR 2011, 999 – Memantin).
Urteil vom 14. Dezember 2021 - X ZR 107/19

 

Verzichtsurteil
ZPO § 78 Abs. 1 Satz 3, § 128, § 306, § 544, § 555 Abs. 3
a) § 306 ZPO findet im Verfahren über eine Nichtzulassungsbeschwerde entsprechende Anwendung. Eine Zulassung der Revision und eine mündliche
Verhandlung sind nicht erforderlich (Aufgabe von BGH, Beschluss vom 28. September 2010 - X ZR 112/07, Rn. 3; Urteil vom 16. Juni 1987 - X ZR 102/85, NJW 1988, 210).
b) Abweichend von § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO kann der Klageverzicht in dieser Verfahrenslage auch vom zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers wirksam erklärt werden.
Urteil vom 14. Dezember 2021 - X ZR 147/17

 

 

Nichtigkeitsstreitwert IV 

GKG § 51 Abs. 1, § 40 
a) Für die Festsetzung des Streitwerts im Patentnichtigkeitsverfahren sind Wertänderungen, die nach Erhebung der Klage bzw. Einlegung des Rechtsmittels eingetreten sind, grundsätzlich unerheblich. Zu berücksichtigen sind jedoch Erkenntnisquellen, die zwar erst nach dem maßgeblichen Stichtag zutage getreten sind, aber ein neues Licht auf die Wertverhältnisse an diesem Tag werfen. 
b) Wenn in der Berufungsinstanz des Nichtigkeitsverfahrens nicht mehr über den gesamten erstinstanzlichen Streitgegenstand zu entscheiden ist, kann es angezeigt sein, für die zweite Instanz einen niedrigeren Streitwert festzusetzen. Eine solche Reduzierung ist jedoch in der Regel nicht angemessen, wenn die Unterschiede im Streitgegenstand weder für ein anhängiges oder bereits abgeschlossenes Verletzungsverfahren noch für den sonstigen Wert des Streitpatents von erkennbarer Bedeutung sind. 
Beschluss vom 14. Dezember 2021 - X ZR 26/20

 

 

MÜ Art. 33 Abs. 1 
a) Bei einem als einheitliche Leistung vereinbarten Hin- und Rückflug ist der für den Gerichtsstand maßgebende Bestimmungsort im Sinne von Art. 33 Abs. 1 MÜ der Abgangsort (Fortführung von BGH, Urteil vom 23. März 1976 - VI ZR 92/75, NJW 1976, 1586). 
b) Von der Vereinbarung einer einheitlichen Leistung ist regelmäßig auszugehen, wenn Hin- und Rückflug gleichzeitig gebucht werden, ein Gesamtpreis in Rechnung gestellt wird und eine einheitliche Buchungsbestätigung ergeht. 
Urteil vom 23. November 2021 - X ZR 85/20

 

 

Akteneinsicht XXV 
ZPO §§ 91a, 299, 567 Abs. 1 Nr. 2 
Ein Beschluss, mit dem das Gericht einem am Rechtsstreit Beteiligten auf der Grundlage von § 299 Abs. 1 ZPO Akteneinsicht gestattet, wird gegenstandslos, wenn sich der Rechtsstreit vor Rechtskraft dieses Beschlusses und vor Gewährung der Einsicht in der Hauptsache erledigt. 
Beschluss vom 7. Oktober 2021 - X ZB 14/20

 

ZPO § 307, § 555 Abs. 3
a) Ein vor dem Ende der mündlichen Verhandlung über die Revision gestellter Antrag des Klägers auf Erlass eines Anerkenntnisurteils ist nicht deshalb unwirksam, weil der Kläger auf das vor Eingang seiner Revisionsbegründung abgegebene Anerkenntnis hin zunächst erklärt hat, ein Antrag nach § 555 Abs. 3 ZPO solle nicht gestellt werden, und zu Beginn der mündlichen Verhandlung ein streitiges Urteil beantragt hat.
b) Ein diesbezügliches Verhalten des Klägers begründet auch kein Recht zum Widerruf eines wirksam abgegebenen Anerkenntnisses.
Urteil vom 21. September 2021 - X ZR 33/20

 

 

FluggastrechteVO Art. 3 Abs. 3
Ein vergünstigter Tarif, den ein Luftfahrtunternehmen für Geschäftsreisen von Mitarbeitern eines Unternehmens gewährt, das eine entsprechende Rahmenvereinbarung geschlossen hat, ist im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 FluggastrechteVO für die Öffentlichkeit verfügbar.
Urteil vom 21. September 2021 - X ZR 79/20

 

 

 

FluggastrechteVO Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7, Art. 14 Abs. 2 Satz 2; Verordnung (EWG) Nr. 3922/91 OPS 1.1055, OPS 1.1060, OPS 1.1095
a) Die Beweislast für das Vorliegen einer großen Ankunftsverspätung trifft den Fluggast.
b) Ist unsicher, ob die Ankunftsverspätung mindestens drei Stunden betragen hat, ist das Luftfahrtunternehmen gehalten, die ihm zur Verfügung stehenden Informationen mitzuteilen, die Rückschlüsse auf den maßgeblichen Zeitpunkt ermöglichen.
c) Das Luftfahrtunternehmen ist nicht gehalten, im Bordbuch oder an anderer Stelle den Zeitpunkt zu dokumentieren, zu dem die erste Tür geöffnet und den Fluggästen der Ausstieg ermöglicht worden ist.
Urteil vom 9. September 2021 - X ZR 94/20

 

 

FluggastrechteVO Art. 7 Abs. 1, Art. 14 Abs. 2, Art. 12 Abs. 1; BGB § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1 Cb 
Eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 Abs. 1 FluggastrechteVO ist auf einen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten, die für die Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs angefallen sind, nicht anzurechnen. 
Urteil vom 31. August 2021 - X ZR 25/20

 

 

Oszillationsantrieb 
ZPO § 62 Abs. 1, § 240 
Über eine auf Nichtigerklärung eines Patents gerichtete Klage mehrerer Kläger kann, wenn das Verfahren gegen einen der Kläger gemäß § 240 ZPO unterbrochen ist, gegenüber den anderen Klägern durch Teilurteil entschieden werden (Bestätigung von BGH, Urteil vom 2. Februar 2016 - X ZR 146/13 Rn. 6 f.). 
Teilurteil vom 24. August 2021 - X ZR 59/19

 

 

BGB § 312a Abs. 4 Nr. 1
a) Ein Unternehmer, der Flugbuchungen im Internet anbietet, verlangt ein zusätzliches Entgelt für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittels, wenn bei den von ihm vorgegebenen Einstellungen zunächst ein Preis angezeigt wird, der nur für den Fall der Zahlung mit einer bestimmten, von ihm in Zusammenarbeit mit einem Kreditinstitut herausgegebenen Kreditkarte erhältlich ist, und bei Auswahl eines anderen Zahlungsmittels eine zusätzliche "Servicegebühr" anfällt.
b) Dies gilt auch dann, wenn die "Servicegebühr" als Kalkulationsposten des zuerst angezeigten Preises ausgewiesen ist, dort aber durch einen "Rabatt" in gleicher Höhe kompensiert wird.
Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 Art. 23 Abs. 1 Satz 4
Bei der Buchung eines Fluges ist ein zusätzliches Entgelt für die Beförderung von Gepäck gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 4 LuftverkehrsdiensteVO auch dann anzugeben, wenn diese Zusatzleistung nur in einem nachgelagerten separaten Buchungsvorgang ausgewählt oder am Flughafen in Anspruch genommen werden kann.
Urteil vom 24. August 2021 - X ZR 23/20

 

 

Zündlanze 
ArbNErfG § 16 
Ein Arbeitgeber ist nach einer Mitteilung im Sinne von § 16 Abs. 1 ArbNErfG nur dann zur Übertragung des Rechts an den Arbeitnehmer verpflichtet, wenn dieser ein entsprechendes Verlangen innerhalb der in § 16 Abs. 2 ArbNErfG normierten Frist äußert. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber an seiner Absicht, die Schutzrechtsanmeldung bzw. das Schutzrecht aufzugeben, nicht mehr festhält. 
Urteil vom 27. Juli 2021 - X ZR 61/20

 

 

Diskontinuierliche Funkverbindung
ZPO §§ 69, 511, 520
Bei einer streitgenössischen Nebenintervention im Sinne von § 69 ZPO ist die Zulässigkeit der von einer Partei und ihrem Streithelfer eingelegten Rechtsmittel grundsätzlich gesondert zu beurteilen (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 4. Oktober 1993 - II ZB 9/93, DtZ 1994, 29; Urteil vom 30. April 2001 - II ZR 328/00, NJW 2001, 2638).
EPÜ Art. 54 Abs. 2; PatG § 3 Abs. 1 Ein elektronisches Dokument, das im Internet auf einem ftp-Server vorgehalten wird, ist jedenfalls dann der Öffentlichkeit zugänglich, wenn es über ein Verzeichnis aufgerufen werden kann, das der Öffentlichkeit als Speicherort für fachbezogene Veröffentlichungen bekannt ist und als Informationsquelle zur Verfügung steht.
Urteil vom 13. Juli 2021 - X ZR 81/19

 

BGB a.F. § 651a 
Ist im Reiseprospekt bei der Beschreibung einer Flugpauschalreise der Bahntransfer zum Flughafen ohne Hinweis auf ein zusätzliches Entgelt als "Vorteil" aufgeführt, ist dies aus Kundensicht in der Regel dahin zu verstehen, dass es sich um eine vom Reiseunternehmen angebotene Leistung handelt, die vom genannten Pauschalpreis umfasst ist (Fortführung von BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - Xa ZR 46/10, RRa 2011, 20). 
Urteil vom 29. Juni 2021 - X ZR 29/20

 

 

FluggastrechteVO Art. 2, Art. 3, Art. 5, Art. 7; LuftVerkAbk EU/Schweiz vom 26.11.2010 Art. 2
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. EU L 46 S. 1 ff.) und des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Luftverkehr vom 21. Juni 1999 (ABl. EU 2002 L 114 S. 73) vorgelegt:
1. Liegen direkte Anschlussflüge im Sinne von Art. 2 Buchst. h der Verordnung schon dann vor, wenn ein Reisebüro Teilflüge von unterschiedlichen Luftfahrtunternehmen zu einem
Beförderungsvorgang zusammenfasst, dem Fluggast hierfür einen Gesamtpreis in Rechnung stellt und ein einheitliches elektronisches Ticket ausgibt, oder bedarf es darüber hinaus einer besonderen rechtlichen Beziehung zwischen den ausführenden Luftfahrtunternehmen?
2. Für den Fall, dass es einer besonderen rechtlichen Beziehung zwischen den ausführenden Luftfahrtunternehmen bedarf: Reicht es aus, wenn in einer Buchung der in Frage 1 beschriebenen Art zwei aufeinanderfolgende Teilflüge zusammengefasst sind, die von demselben Luftfahrtunternehmen auszuführen sind?
3. Für den Fall, dass Frage 2 bejaht wird: Sind Art. 2 des Abkommens und die mit Beschluss Nr. 1/2006 des Luftverkehrsausschusses Gemeinschaft/Schweiz vom 26. November 2010 (ABl. EU 2006 L 298 S. 23) in dessen Anhang eingefügte Bezugnahme auf die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 dahin auszulegen, dass die Verordnung auch für Fluggäste gilt, die auf Flughäfen im Gebiet der Schweiz einen Flug in ein Drittland antreten?
Beschluss vom 22. Juni 2021 - X ZR 15/20

 

FluggastrechteVO Art. 2, Art. 3, Art. 5, Art. 7
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 AEUV folgende Frage zur Auslegung der Fluggastrechteverordnung vorgelegt: Liegen direkte Anschlussflüge im Sinne von Art. 2 Buchst. h der Verordnung schon dann vor, wenn ein Reisevermittler Teilflüge von unterschiedlichen Luftfahrtunternehmen zu einem Beförderungsvorgang zusammenfasst, dem Fluggast hierfür einen Gesamtpreis in Rechnung stellt und ein einheitliches elektronisches Ticket ausgibt, oder bedarf es darüber hinaus einer besonderen rechtlichen Beziehung zwischen den ausführenden Luftfahrtunternehmen?
Beschluss vom 22. Juni 2021 - X ZR 2/20

 

 

Laufradschnellspanner
EPÜ Art. 56; PatG § 4
Wenn ein Funktionsprinzip für sich gesehen seit vielen Jahrzehnten bekannt ist, bedarf es in der Regel einer zusätzlichen Anregung, um dieses Prinzip erstmals bei Vorrichtungen einzusetzen, deren Einsatzzweck, Aufbau und Funktionsweise ebenfalls seit vielen Jahrzehnten bekannt sind.
Urteil vom 15. Juni 2021 - X ZR 61/19

 

 

Führungsschienenanordnung
PatG § 4
Wenn ein bestimmtes Mittel als generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel seiner Art nach zum allgemeinen Fachwissen gehört und sich auch in dem konkret zu beurteilenden Zusammenhang als objektiv zweckmäßig darstellt, ist eine Anwendung aus fachlicher Sicht nicht allein deshalb untunlich, weil dieses Mittel generell bestimmte Nachteile aufweist oder weil
im konkreten Zusammenhang auch andere Ausführungsformen in Betracht kommen (Ergänzung zu BGH, Urteil vom 11. März 2014 - X ZR 139/10, GRUR 2014, 647 Rn. 26 - Farbversorgungssystem; Urteil vom 27. März 2018 - X ZR 59/16, GRUR 2018, 716 Rn. 29 - Kinderbett; Beschluss vom 13. Juli 2020 - X ZR 90/18, GRUR 2020, 1074 Rn. 49 - Signalübertragungssystem).
Urteil vom 15. Juni 2021 - X ZR 58/19

 

 

Ultraschallwandler 

PatG § 139 Abs. 2, § 140a Abs. 3 Satz 1 
a) Hat ein im Ausland ansässiger Hersteller einen ebenfalls im Ausland ansässigen Abnehmer mit Erzeugnissen beliefert, obwohl konkrete Anhaltspunkte es als naheliegend erscheinen ließen, dass der Abnehmer die gelieferte Ware trotz dort bestehenden Patentschutzes im Inland anbieten oder in Verkehr bringen wird, bestehen Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz in Bezug auf andere Abnehmer nur insoweit, als in Bezug auf diese dieselben charakteristischen Umstände vorliegen, die die Rechtswidrigkeit der Lieferung an den einen Abnehmer begründen. 
b) Diese Umstände sind im Klageantrag oder in der Klagebegründung sowie in einem der Klage stattgebenden Urteil oder dessen Gründen konkret zu umschreiben (Fortführung von BGH, Urteil vom 16. Mai 2017 - X ZR 120/15, BGHZ 215, 89 Rn. 62 ff. - Abdichtsystem). 
Urteil vom 8. Juni 2021 - X ZR 47/19

 

 

FluggastrechteVO Art. 7 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1; Richtlinie (EU) 2015/2302 Art. 14 Abs. 5, Erwägungsgründe 34 und 36; BGB § 651f Abs. 2 aF, § 249 Abs. 1 Cb
Eine Entschädigungsleistung, die ein Fluggast nach Stornierung eines zu einer Pauschalreise gehörenden Flugs vom Reiseveranstalter für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit erhalten hat, stellt eine Schadensersatzleistung dar, die gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 FluggastrechteVO auf Ansprüche auf Ausgleichszahlungen nach Art. 7 Abs. 1 FluggastrechteVO nach Maßgabe der Grundsätze über die Vorteilsausgleichung anrechenbar ist.
Urteil vom 1. Juni 2021 - X ZR 8/20

 

 

EPÜ Art. 87 Abs. 1
Die Inanspruchnahme eines Prioritätsrechts ist nicht wirksam, wenn der Gegenstand der späteren Anmeldung aus dem Inhalt der früheren Anmeldung nur aufgrund eigenständiger Überlegungen des Fachmanns hergeleitet werden kann. Hierbei ist unerheblich, ob es naheliegend war, solche Überlegungen anzustellen.
Urteil vom 20. Mai 2021 - X ZR 62/19

 

 

PatG § 110; ZPO § 62, § 516
a) Im Patentnichtigkeitsverfahren kann der Beklagte ein zu seinen Ungunsten ergangenes Urteil mit der Berufung nur einheitlich gegen alle Kläger angreifen; eine nur gegenüber einzelnen Klägern erklärte Berufung ist unzulässig (Bestätigung von BGH, Urteil vom 9. Januar 1957 – IV ZR259/56, BGHZ 23, 73 = NJW 1957, 537, juris Rn.17; BGH, Urteil vom 11. November 2011 – V ZR45/11, NJW 2012, 1224 Rn. 9).
b) Die Erklärung, eine gegenüber mehreren notwendigen Streitgenossen wirksam eingelegte Berufung werde gegenüber einzelnen dieser Streitgenossen zurückgenommen und im Hinblick auf die übrigen fortgeführt, ist im Zweifel dahin auszulegen, dass die Berufung gegen alle Streitgenossen fortgeführt werden soll.
Urteil vom 18. Mai 2021 - X ZR 23/19

 

 

Nichtigkeitsstreitwert III 

GKG § 51 Abs. 1 
Der Umstand, dass das Streitpatent als standardessentiell angesehen wird, vermag es für sich gesehen nicht zu rechtfertigen, den Streitwert des Patentnichtigkeitsverfahrens auf einen Betrag festzusetzen, der den Streitwert der auf dieses Patent gestützten Verletzungsprozesse um mehr als ein Viertel übersteigt (Ergänzung zu BGH, Beschluss vom 12. April 2011 - X ZR 28/09, GRUR 2011, 757 - Nichtigkeitsstreitwert I). 
Beschluss vom 11. Mai 2021 - X ZR 23/21

 

Zahnimplantat

EPÜ Art. 54 Abs. 2, Art. 56 
Im Einzelfall kann Anlass bestehen, bildliche Darstellungen eines eingetragenen Designs als Ausgangspunkt für technische Überlegungen heranzuziehen. 
Urteil vom 20. April 2021 - X ZR 40/19

 

Cerdioxid 

EPÜ Art. 54; PatG § 3 
a) Eine die Neuheit ausschließende Offenbarung ist nicht bereits dann gegeben, wenn eine Entgegenhaltung Patentschutz für ein Erzeugnis mit bestimmten Eigenschaften beansprucht. Erforderlich ist vielmehr, dass sich der Entgegenhaltung unmittelbar und eindeutig eine konkrete technische Lehre entnehmen lässt, mit der sich die beanspruchten Eigenschaften erreichen lassen. 
b) Eine unmittelbare und eindeutige Offenbarung in diesem Sinn ist nicht gegeben, wenn die Entgegenhaltung lediglich einen Weg für die Verwirklichung einer Ausführungsform mit anderen Eigenschaften aufzeigt. Der Grundsatz, wonach es für die ausführbare Offenbarung einer technischen Lehre nicht erforderlich ist, für jede denkbare Ausführungsform einen gangbaren Weg zu deren Verwirklichung aufzuzeigen, ist in diesem Zusammenhang nicht anwendbar. 
Urteil vom 6. April 2021 - X ZR 54/19

 

 

FluggastrechteVO Art. 5 Abs. 3 
a) Ein ausführendes Luftverkehrsunternehmen kann sich zur Befreiung von seiner Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen an die Fluggäste bei Annullierung oder großer Verspätung eines Fluges auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen, der vorangegangene Flüge betroffen hat, die es selbst mit demselben Flugzeug durchgeführt hat, sofern ein unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Auftreten dieses Umstands und der Verspätung oder Annullierung des späteren Fluges besteht (Anschluss an EuGH, Urteil vom 11. Juni 2020 - C-74/19, NJW-RR 2020, 871 = RRa 2020, 185 Rn. 55 - LE/TAP; Bestätigung von BGH, Urteil vom 12. Juni 2014 - X ZR 121/13, NJW 2014, 3303 = RRa 2014, 293 Rn. 15 f.). 
b) Für einen unmittelbaren ursächlichen Zusammenhang in diesem Sinn ist nicht zwingend erforderlich, dass der außergewöhnliche Umstand an demselben Kalendertag aufgetreten ist, an dem der verspätete oder annullierte Flug durchgeführt werden sollte (Weiterführung von BGH, Urteil vom 12. Juni 2014 - X ZR 121/13, NJW 2014, 3303 = RRa 2014, 293 Rn. 15 f.). 
Urteil vom 6. April 2021 - X ZR 11/20
 

 

Brüssel-Ia-VO Art. 7 Nr. 5 
Die Angabe einer vom Hauptsitz abweichenden Betriebsstätte im Impressum einer Website darf ein Kunde, der über diese Website ein Vertragsangebot abgibt, in der Regel dahin verstehen, dass die angegebene Stelle im Namen des Stammhauses die Leistungen anbietet, Vertragsangebote entgegennimmt und gegebenenfalls deren Annahme erklärt. 
Urteil vom 16. März 2021 - X ZR 9/20

 

Schnellwechseldorn 

EPÜ Art. 69; PatG § 14 
Wird in der Beschreibung eines Patents ein bekannter Stand der Technik als nachteilhaft bezeichnet und ein im Patentanspruch vorgesehenes Merkmal als Mittel hervorgehoben, um diesen Nachteil zu überwinden, ist diesem Merkmal im Zweifel kein Verständnis beizumessen, demzufolge es sich in demjenigen Stand der Technik wiederfindet, von dem es sich gerade unterscheiden soll (Ergänzung zu BGH, Urteil vom 27. November 2018 - X ZR 16/17, GRUR 2019, 491 Rn. 19 - Scheinwerferbelüftungssystem). 
Urteil vom 02. März 2021 - X ZR 17/19

 

Gruppierungssystem 

PatG § 61 Abs. 1 Satz 2, § 73, § 100
a) Der in § 61 Abs. 1 Satz 2 PatG normierte Grundsatz, dass das Einspruchsverfahren nach Rücknahme des Einspruchs von Amts wegen fortzusetzen ist, beansprucht auch für ein nachfolgendes, vom Patentinhaber eingeleitetes Beschwerde- oder Rechtsbeschwerdeverfahren Geltung. 
b) Hat das Patentgericht ein Patent auf Beschwerde des Einsprechenden widerrufen, kann der Einsprechende dem Verfahren über eine dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde auch nicht dadurch die Grundlage entziehen, dass er die Beschwerde zurücknimmt (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 10. Dezember 1987 - X ZB 28/86, GRUR 1988, 364, juris Rn. 13 - Epoxidations-Verfahren; Beschluss vom 28. November 1978 - X ZB 12/77, GRUR 1979, 313, juris Rn. 19 - Reduzier-Schrägwalzwerk; Beschluss vom 29. April 1969 - X ZB 14/67, GRUR 1969, 562, 563 - Appreturmittel). 
Beschluss vom 23. Februar 2021 - X ZB 1/18

 

 

Anhängerkupplung II 

EPÜ § 69 Abs. 1 
Bei der Auslegung eines Merkmals, das im Patent eigenständig definiert wird, ist nicht allein auf generelle Zielsetzungen in der Beschreibung abzustellen. Vielmehr sind auch die konkreten Funktionen zu berücksichtigen, die diesem Merkmal bei den Ausführungsbeispielen zukommen.
Urteil vom 2. Februar 2021 - X ZR 170/18

 

 

Phytase 
PatG § 81 
Eine Nichtigkeitsklage bleibt trotz Erlöschens des Streitpatents zulässig, wenn der Patentinhaber nach einem erfolglos gebliebenen gerichtlichen Antrag auf Durchführung eines Besichtigungsverfahrens auf Anfrage des Nichtigkeitsklägers hin erklärt, er sei nach wie vor gewillt, alle IP-Rechte bezüglich der betroffenen Produkte zu verteidigen. 
Urteil vom 26. Januar 2021 – X ZR 24/19

 

Scheibenbremse 
PatG § 117 Satz 1; ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 
Eine Entgegenhaltung, auf die der Nichtigkeitskläger erst in zweiter Instanz aufmerksam geworden ist, darf gemäß § 117 Satz 1 PatG und § 531 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ZPO nur dann berücksichtigt werden, wenn der Kläger darlegt und erforderlichenfalls glaubhaft macht, warum eine Recherche, die das Dokument zutage gefördert hätte, in erster Instanz (noch) nicht veranlasst war. Hierzu muss der Kläger konkret dartun, wie er das Suchprofil seiner erstinstanzlichen Recherche angelegt und warum er ein solches Profil gewählt hat und nicht dasjenige, das zur Ermittlung der neuen Entgegenhaltung geführt hat (Bestätigung von BGH, Urteil vom 27. August 2013 – X ZR 19/12, BGHZ 198, 187 Rn. 30 f. – Tretkurbeleinheit). 
Urteil vom 15. Dezember 2020 – X ZR 180/18

 

Nachrichtenübermittlungsdienst 
IntPatÜbkG Art. 2 § 6 Abs. 1 Nr. 4 
Der Schutzbereich eines Patents, dessen erteilte Fassung ein auf einem Mobilfunkgerät im Zusammenwirken mit einem Server ausgeführtes Verfahren schützt, ist nicht zwingend schon deshalb erweitert, weil der Patentanspruch im Nichtigkeitsverfahren um einen Verfahrensschritt ergänzt wird, der auf dem Server ausgeführt wird (Ergänzung zu BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - X ZR 56/17, GRUR 2019, 389 - Schaltungsanordnung III). 
Urteil vom 15. Dezember 2020 - X ZR 120/18



Kranarm
PatG § 14; EPÜ Art. 69 Abs. 1; Protokoll über die Auslegung des Artikels 69 EPÜ Art. 2 
Eine Ausführungsform, die anstelle eines im Patentanspruch vorgesehenen Merkmals eine abweichende Gestaltung aufweist, kann nicht ohne weiteres deshalb als gleichwirkend angesehen werden, weil der vom Patent angestrebte Schutz einer Schlauchleitung zwar nicht in dem im Patentanspruch vorgesehenen Abschnitt der Leitung erzielt wird, wohl aber in einem anderen Abschnitt. 
Urteil vom 17. November 2020 - X ZR 132/18

 

 

UKlaG-Streitwert
UKlaG § 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 4a; ZPO § 3
Bei einer auf § 1 oder § 4a UKlaG gestützten Klage sind Gebührenstreitwert und Beschwer grundsätzlich auch dann allein nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der angegriffenen Klauseln zu bemessen, wenn der Kläger ein Wirtschaftsverband im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UKlaG ist.
Beschluss vom 17. November 2020 - X ZR 3/19
 


Fensterflügel
EPÜ Art. 69 Abs. 1; PatG §§ 14, 145
a) § 145 ZPO ist weder unmittelbar noch analog anwendbar, wenn gegen einen Beklagten wegen Verletzung desselben Patents erneut Klage erhoben wird.
b) Der Zulässigkeit einer zweiten Patentverletzungsklage kann die Rechtshängigkeit einer auf dasselbe Patent gestützten ersten Verletzungsklage oder die Rechtskraft eines in einem vorherigen Verletzungsrechtsstreit zwischen den Parteien ergangenen, auf die Verletzung desselben Patents gestützten Urteils entgegenstehen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 21. Februar 2012 – X ZR 111/09, GRUR 2012, 485 – Rohrreinigungsdüse II).
c) Funktions- und Zweckangaben definieren den durch das Patent geschützten Gegenstand regelmäßig lediglich dahin, dass er geeignet sein muss, für die im Patentanspruch genannte Funktion und den dort genannten Zweck verwendet zu werden (Bestätigung von BGH, Urteil vom 24. April 2018 – X ZR 50/16, GRUR 2018, 1128 Rn.12 – Gurtstraffer).
d) Bezieht sich die Funktion auf den Herstellungsvorgang eines geschützten Er-zeugnisses, kann es erforderlich sein, dass sich die Funktion auch in dem fertigen Erzeugnis verwirklicht.
Urteil vom 03. November 2020 - X ZR 85/19

 

Zigarettenpackung
EPÜ Art. 87 Abs. 1, Art. 138 Abs. 1 Buchst. c; IntPatÜbk Art. II § 6 Abs. 2
Von der Nichtigerklärung eines Patents ist abzusehen, wenn die Einfügung eines in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht oder nicht als zur Erfindung gehörend offenbarten Merkmals zu einer bloßen Einschränkung des angemeldeten Gegenstands führt. Keine bloße Einschränkung in diesem Sinne, sondern ein Aliud liegt vor, wenn das hinzugefügte Merkmal einen technischen Aspekt betrifft, der den ursprünglich eingereichten Unterlagen weder in seiner konkreten Ausgestaltung noch zumindest in abstrakter Form als zur Erfindung gehörend zu entnehmen ist (Bestätigung von BGH, Urteil vom 21. Juni 2011 – X ZR 43/09, GRUR 2011, 1003 – Integrationselement; Beschluss vom 6. August 2013 – X ZB 2/12, GRUR 2013, 1135  – Tintenstrahldrucker; Urteil vom 17. Februar 2015 – X ZR 161/12, BGHZ 204, 199 = GRUR 2015, 573 – Wundbehandlungsvorrichtung).
Urteil vom 20. Oktober 2020 - X ZR 158/18

 

BGB § 516 Abs. 1 
Der Verzicht auf ein dingliches Wohnungsrecht stellt grundsätzlich auch dann eine Zuwendung aus dem Vermögen des Wohnungsberechtigten dar, wenn dieser im Zeitpunkt des Verzichts an der Ausübung des Rechts dauerhaft gehindert ist. 
Urteil vom 20. Oktober 2020 - X ZR 7/20

 

Truvada
PatG § 81
Das nach Ablauf der Schutzdauer eines ergänzenden Schutzzertifikats erforderliche Rechtsschutzinteresse für eine Nichtigkeitsklage liegt vor, wenn nicht auszuschließen ist, dass der Kläger aufgrund von Handlungen eines mit ihm verbundenen Unternehmens wegen Verletzung des Zertifikats in Anspruch genommen wird.

Verordnung (EG) Nr. 469/2009 Art. 3 Buchst. a
a) Die Kombination zweier Wirkstoffe wird in der Regel nicht von einem Patent geschützt, das in einem seiner Patentansprüche einen der beiden Wirkstoffe nur als optionalen Bestandteil vorsieht.
b) Dem Erfordernis, dass ein Wirkstoff nach dem Stand der Technik bei der Einreichung oder am Prioritätstag des Grundpatents in spezifischer Weise identifizierbar sein muss, wird nicht genügt, wenn er weder nach seiner Struktur noch nach seiner Funktion näher bestimmt ist.
Urteil vom 22. September 2020 - X ZR 172/18

 

Signalumsetzung
PatG § 81 Abs. 4; PatKostG § 3 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 4, § 6 Abs. 1; PatKostG-KV Nr. 402 100
Bei einer von mehreren Klägern gemeinsam erhobenen Patentnichtigkeitsklage fällt die in Nr. 402 100 KVPatKostG vorgesehene Gebühr nur einmal an.
Urteil vom 17. September 2020 - X ZR 147/18



FluggastrechteVO Art. 7 Abs. 1, Art. 14 Abs. 2; BGB § 280 Abs. 1
Das ausführende Luftverkehrsunternehmen muss einem Fluggast, dem ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 FluggastrechteVO zusteht, grundsätzlich auch die Kosten für die vorgerichtliche Geltendmachung des Anspruchs durch einen Rechtsanwalt ersetzen, wenn es die ihm gemäß Art. 14 Abs. 2 Fluggastrechte-VO obliegende Informationspflicht verletzt hat (Bestätigung von BGH, Urteil vom 12. Februar 2019 – X ZR 24/18, NJW 2019, 1373).
Urteil vom 01. September 2020 - X ZR 97/19

 

Datenpaketumwandlung
PatG § 81, § 116 Abs. 2
a) Nach Ablauf der Schutzdauer eines Patents begründet eine Verletzungsklage für den Verletzungsbeklagten, auch wenn sie nur auf den Hauptanspruch gestützt ist, ein Rechtsschutzinteresse an einer Nichtigkeitsklage regelmäßig auch in Bezug auf alle auf diesen zurückbezogenen Unteransprüche des Patents.
b) Bei Nebenansprüchen gilt jedenfalls dann nichts anderes, wenn diese inhaltlich so weitgehend übereinstimmen, dass die Verwirklichung eines Anspruchs (etwa eines Vorrichtungsanspruchs) typischerweise zur Verwirklichung der Merkmale des anderen Anspruchs (etwa eines Verfahrensanspruchs) führt.
c) Die erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemachte Verteidigung eines Patents in geänderter Fassung ist in der Regel gemäß § 116 Abs. 2 PatG zulässig, wenn sich der neue Antrag von einem bereits in erster Instanz gestellten Antrag nur dadurch unterscheidet, dass einzelne der zur erteilten Fassung hinzutretenden Merkmale gestrichen worden sind (Bestätigung von BGH, Urteil vom 20. März 2014 – X ZR 128/12 Rn. 52).  
Urteil vom 11. August 2020 - X ZR 96/18

 

Energieversorgungssystem
PatG § 115 Abs. 2
Ordnet der Senatsvorsitzende in einem Patentnichtigkeitsverfahren an, dass der Berufungsbeklagte Gelegenheit erhält, auf die Berufungsbegründung innerhalb einer bestimmten Frist zu erwidern, so ist eine innerhalb dieser Frist eingereichte Anschlussberufung gemäß § 115 Abs. 2 Satz 2 PatG zulässig.
Urteil vom 04. August 2020 - X ZR 40/18

 

Mitralklappenprothese
PatG § 8
Ob und gegebenenfalls inwieweit eine widerrechtliche Entnahme vorliegt, lässt sich in der dafür vorzunehmenden Gesamtschau zuverlässig nur auf der Grundlage festgestellter Übereinstimmungen zwischen der als entnommen geltend gemachten und der angemeldeten Lehre beurteilen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 20. Oktober 2015 – X ZR 149/12, GRUR 2016, 265 Rn. 22 – Kfz-Stahlbauteil).
Urteil vom 4. August 2020 - X ZR 38/19

 

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3
a) Bei einer Erweiterung der Klage auf zusätzliche Beklagte kann eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO grundsätzlich nicht erfolgen, wenn der Kläger von einer bei Klageerhebung bestehenden Möglichkeit zur Wahl eines für alle späteren Beklagten zuständigen Gerichts keinen Gebrauch gemacht hat.
b) Eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kann aber erfolgen, wenn der Kläger bei Klageerhebung von der Existenz möglicher weiterer Schuldner der Klageforderung keine Kenntnis hatte und diese auch nicht ohne wesentliche Schwierigkeiten ermitteln konnte.
Beschluss vom 14. Juli 2020 - X ARZ 156/20

 

Druckstück
PatG §§ 35a, 34 Abs. 6; PatV § 14 Abs. 1 aF; GG Art. 14 Abs. 1 A, Art. 20 Abs. 3
§14 Abs.1 PatV in der Fassung vom 11. Mai 2004 steht in Einklang mit Art. 14 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG.
Beschluss vom 14. Juli 2020 - X ZB 4/19

 

Signalübertragungssystem
PatG § 81
Das nach Ablauf der Schutzdauer eines Patents erforderliche Rechtsschutzinteresse für eine Patentnichtigkeitsklage ist nur dann zu verneinen, wenn eine Inanspruchnahme aus dem Schutzrecht ernstlich nicht mehr in Betracht kommt (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 14. Februar 1995 – X ZB 19/94, GRUR 1995, 342 f. – Tafelförmige Elemente).
Beschluss vom 13. Juli 2020 - X ZR 90/18

 

Pemetrexed II
PatG §§ 81 ff., § 99 Abs. 1; ZPO § 66
Im Patentnichtigkeitsverfahren ist eine Nebenintervention auf Seiten des Klägers in der Berufungsinstanz nicht deshalb unzulässig, weil der Nebenintervenient das Patent mit einer weiteren Nichtigkeitsklage angreift, über die das Patentgericht noch nicht entschieden hat.

EPÜ Art. 56; PatG § 4
Ob für das Beschreiten eines Lösungswegs eine angemessene Erfolgserwartung besteht, ist jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung des in Rede stehenden Fachgebiets, der Größe des Anreizes für den Fachmann, des erforderlichen Aufwands für das Beschreiten und Verfolgen eines bestimmten Ansatzes und der gegebenenfalls in Betracht kommenden Alternativen sowie ihrer jeweiligen Vor- und Nachteile zu bestimmen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 16. April 2019 – X ZR 59/17, GRUR 2019, 1032 – Fulvestrant).
Urteil vom 7. Juli 2020 - X ZR 150/18

 

BGB § 823 Ai.
a) Erfolgt eine Schutzrechtsverwarnung teilweise zu Recht, geht sie aber ihrem Umfang nach über das hinaus, was der Rechtsinhaber berechtigterweise fordern kann, liegt darin kein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, wenn das zu Unrechtbeanstandete Verhalten vom Verwarnten nach den gesamten Umständen vernünftigerweise nicht zu erwarten ist.
b) Soweit die an einen Abnehmer gerichtete Schutzrechtsverwarnung unberechtigt ist, liegt darin kein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Herstellers, wenn ihr insoweit die Eignung fehlt, dessen Geschäftstätigkeit zu beeinträchtigen.
Teilversäumnis- und Schlussurteil vom 7. Juli 2020 - X ZR 42/17

 

Penetrometer
BGB § 745 Abs. 3 Satz 2
Soll in einer Erfindergemeinschaft nach Bruchteilen mit Stimmenmehrheit beschlossen werden, dass einem Dritten die Nutzung der Erfindung gegen Entgelt gestattet wird, muss die mit dem Dritten getroffene Vereinbarung so ausgestaltet sein, dass Teilhabern, die der Gestattung nicht zugestimmt haben, der Zugriff auf den ihnen gebührenden Anteil an den Nutzungen möglich bleibt.
Urteil vom 9. Juni 2020 - X ZR 142/18

 

Aktivitätsüberwachung
ZPO § 130a Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1; PatG § 125a Abs. 3 Nr. 1
a) Ein elektronisches Dokument ist wirksam beim Bundesgerichtshof eingegangen, wenn es auf dem für diesen eingerichteten Empfänger-Intermediär im Netzwerk für das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) gespeichert worden ist.
b) Ein elektronisches Dokument ist für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet, wenn es den Vorgaben genügt, die der Verordnungsgeber auf der Grundlage von § 130a Abs. 2 Satz 2 ZPO und § 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG aufgestellt hat.
Urteil vom 14. Mai 2020 - X ZR 119/18

 

Brüssel-Ia-VO, Art. 7 Nr. 1 Buchst. a und b Gedankenstrich 2, Nr. 5; FluggastrechteVO Art. 7 Abs. 1 Satz 1
a) Eine Zuständigkeit nach Art. 7 Nr. 5 Brüssel-Ia-VO ergibt sich nicht schon daraus, dass eine Niederlassung ein vorgerichtliches Anspruchsschreiben des späteren Klägers entgegennimmt und zuständigkeitshalber an eine Organisationseinheit an einem anderen Ort weiterleitet.
b) Art. 7 Nr. 1 Buchst. b Brüssel-Ia-VO begründet einen einheitlichen Gerichtsstand für sämtliche Klagen aus dem Dienstleistungsvertrag. Bei einem Vertrag, der einen Hinflug zu einem bestimmten Endziel und einen Rückflug zu einem vom ersten Abflugort verschiedenen Ankunftsort vorsieht, ist deshalb an allen drei Orten der Gerichtsstand des Erfüllungsorts für alle nach dem Vertrag geschuldeten Leistungen begründet.
Urteil vom 12. Mai 2020 - X ZR 10/19

 

Berufungsbegründung durch Patentanwalt ZPO § 233 Fd; PatG § 113 Satz 1 
Ein Patentanwalt, der kurz vor Ablauf der dafür maßgeblichen Frist feststellt, dass die Telefax-Übermittlung einer Berufungsbegründung in einem Patentnichtigkeitsverfahren wegen nicht von ihm zu vertretender technischer Probleme voraussichtlich scheitern wird, ist nicht verpflichtet, nach einem Rechtsanwalt zu suchen, der den Versand für ihn über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) vornehmen kann. 
Beschluss vom 28. April 2020 - X ZR 60/19

 

Niederflurschienenfahrzeug
PatG § 83 Abs. 1, § 116 Abs. 2 Nr. 1
Bewertet das Patentgericht in seinem nach § 83 Abs. 1 PatG erteilten Hinweis ein Merkmal des Patentanspruchs als nicht ursprünglich offenbart und deshalb für die Beurteilung der Patentfähigkeit unerheblich, hat die Beklagte keine Veranlassung, das Merkmal um weitere Zusätze zu ergänzen, die zur Bejahung der Patentfähigkeit führen könnten.
Urteil vom 23. April 2020 - X ZR 38/18

 

EPÜ Art. 54 Abs. 2
Lieferung, Installation und Inbetriebnahme einer Anlage bei einer Käuferin begründen nicht ohne weiteres eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass beliebige Dritte die Anlage untersuchen und dadurch Kenntnis von einer Erfindung erhalten.
Urteil vom 21. April 2020 - X ZR 75/18

 

EPA-Vertreter 
PatG § 143 Abs. 3 
Die Kosten der Mitwirkung eines beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreters in einer Patentstreitsache sind entsprechend § 143 Abs. 3 PatG erstattungsfähig. 
Beschluss vom 14. April 2020 - X ZB 2/18

 

Bausatz 
PatG §§ 119 Abs. 5, 83 
a) Im Patentnichtigkeitsverfahren ist die Sache im Falle der Aufhebung des patentgerichtlichen Urteils durch den Bundesgerichtshof mangels Sachdienlichkeit regelmäßig zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Patentgericht zurückzuverweisen, wenn dieses eine Erstbewertung des Stands der Technik unter dem Gesichtspunkt der Patentfähigkeit noch nicht vorgenommen hat (Bestätigung von BGH, Urteil vom 7. Juli 2015 – X ZR 64/13, GRUR 2015, 1095 Rn. 39 – Bitratenreduktion I). 
b) Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Berufungsnichtigkeitsverfahren kann jedoch sachdienlich sein, wenn sich das Patentgericht in seinem Hinweis nach § 83 PatG unter Berücksichtigung des beiderseitigen Vorbringens mit der Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents befasst hat. 
Urteil vom 13. Februar 2020 - X ZR 6/18

 

Tadalafil EPÜ Art. 56 
Hatte der Fachmann am Prioritätstag Anlass, zu irgendeinem, gegebenenfalls auch späteren Zeitpunkt vollständige Studien zur Dosis-Wirkungs-Beziehung eines bestimmten Wirkstoffs anzustellen, ist eine Dosierung, die sich aufgrund einer solchen Studie als vorteilhaft erweist, durch den Stand der Technik nahegelegt. 
Urteil vom 21. Januar 2020 - X ZR 65/18

 

Rotierendes Menü 
EPÜ Art. 52 Abs. 2 Buchst. d 
Die Anweisung, für ein Auswahlmenü auf einem Bildschirm eine Darstellungsart zu wählen, die lediglich dem Zweck dient, die angezeigten Menüpunkte und den Umstand, dass möglicherweise noch weitere Punkte verfügbar sind, besonders anschaulich zu präsentieren, betrifft kein technisches Lösungsmittel und ist deshalb bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 26. Februar 2015 - X ZR 37/13, GRUR 2015, 660 - Bildstrom; Urteil vom 25. August 2015 - X ZR 110/13, GRUR 2015, 1184 - Entsperrbild). 
Urteil vom 14. Januar 2020 - X ZR 144/17
 

Akteneinsicht XXIV
ZPO § 299 Abs. 1
a) Zu den Prozessakten im Sinne des § 299 Abs. 1 ZPO gehören grundsätzlich alle Schriftsätze und Unterlagen, die bei dem Gericht zu dem Rechtsstreit geführt werden.  
b) Eine Ausnahme hiervon gilt, wenn das Gericht mit Rücksicht auf einen bei der Einreichung der Unterlagen erklärten Vorbehalt einer Partei von einer Weitergabe der Unterlagen an die Gegenpartei abgesehen hat.
Beschluss vom 14. Januar 2020 - X ZR 33/19



Autoantikörpernachweis 
EPÜ Art. 56; PatG § 4 
Der Einsatz eines allgemein verfügbaren Werkzeugs (hier: Reverse-Sandwich-Technik) kann auf erfinderischer Tätigkeit beruhen, wenn sich die mit dem Gegenstand der Erfindung angestrebten und realisierten Vorteile hierdurch nicht ohne weiteres einstellen und der Fachmann aus dem Stand der Technik keine (hinreichenden) Anregungen erhält, dass das Werkzeug für die Erreichung des angestrebten Zwecks (hier: Nachweis von Autoantikörpern gegen Antigene von Pankreasinselzellen) geeignet und ohne Schwierigkeiten einsetzbar ist (Fortführung von BGH, Urteil vom 15. Mai 2012 – X ZR 98/09, GRUR 2012, 803 – Calcipotriol-Monohydrat; vgl. auch BGH, Urteil vom 10. September 2009 – Xa ZR 130/07, GRUR 2010, 123 – Escitalopram). 
Urteil vom 17. Dezember 2019 - X ZR 115/17

 

Fesoterodinhydrogenfumarat 
ArbNErfG § 5 Abs. 1 und Abs. 2 in der bis 30. September 2009 geltenden Fassung 
a) Dem Schriftformerfordernis nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbNErfG aF ist Genüge getan, wenn dem Arbeitgeber eine vom Arbeitnehmer unterschriebene Meldung im Original zugeht. Darüber hinausgehende Vorgaben in Bezug auf die Adressierung oder die Übermittlung der Meldung an den Arbeitgeber ergeben sich aus dieser Vorschrift nicht. 
b) Der Annahme einer gesonderten Meldung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbNErfG aF steht es nicht entgegen, wenn der Arbeitnehmer verschiedene Formulierungskonzepte, Verfahren und Darreichungsformen in einem Schreiben zusammenfasst, solange diese dasselbe technische Problem betreffen und auf einem gemeinsamen Lösungsansatz beruhen und die Erfindungsmeldung in der Fülle des innerbetrieblichen Schriftverkehrs als solche erkennbar ist (im Anschluss an BGH, Urteil vom 12. April 2011 – X ZR 72/10, GRUR 2011, 733 – Initialidee). 
c) Bei Beteiligung mehrerer Mitarbeiter an einer Erfindung genügt die Meldung eines Mitarbeiters den Anforderungen nach § 5 Abs. 2 Satz 3 ArbNErfG aF, wenn der Arbeitgeber ihr entnehmen kann, dass Miterfinder beteiligt waren und wie er diese und deren Anteile ermitteln kann. Welchen Detaillierungsgrad die Meldung insoweit aufweisen muss, hängt insbesondere davon ab, welche Kenntnisse der Arbeitnehmer hat oder sich unschwer verschaffen kann. Danach ist der Arbeitnehmer in der Regel gehalten, die Miterfinder aus seinem eigenen Verantwortungsbereich konkret zu benennen. Hinsichtlich der Beteiligung von Mitarbeitern aus anderen Bereichen des Unternehmens genügt grundsätzlich die Angabe der betreffenden Organisationseinheit (Fortführung von BGH, Urteil vom 18. März 2003 – X ZR 19/01, GRUR 2003, 702, 703 – Gehäusekonstruktion). 
BGB § 117 Abs. 1 
a) Eine Vereinbarung, in der ein Arbeitnehmer Rechte an einer Erfindung auf den Arbeitgeber überträgt mit dem Zweck, diesem die Anmeldung von Schutzrechten zu ermöglichen, stellt kein Scheingeschäft dar. 
b) Überträgt der Arbeitnehmer auf der Grundlage einer solchen Vereinbarung Rechte an einer Erfindung, weil er von einer wirksamen Inanspruchnahme als Diensterfindung ausgeht, kann er gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB die Rückübertragung der abgetretenen Rechte und die Übertragung der Rechtspositionen verlangen, die der Arbeitgeber durch die aufgrund der Übertragung getätigten Anmeldungen erlangt hat, wenn sich später herausstellt, dass die Erfindung nicht wirksam in Anspruch genommen wurde. 
Urteil vom 17. Dezember 2019 - X ZR 148/17

 

BGB § 530 Abs. 1, § 531 Abs. 1 
a) Der Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks bedarf keiner umfassenden rechtlichen Begründung. Die Erklärung muss den zugrundeliegenden Sachverhalt allenfalls so weit darstellen, dass der Beschenkte ihn von anderen Geschehnissen unterscheiden, die Einhaltung der der in § 532 BGB vorgesehenen Jahresfrist beurteilen und im Umkehrschluss erkennen kann, welche gegebenenfalls anderen Vorfälle der Schenker nicht zum Anlass für die Erklärung des Widerrufs genommen hat. 
b) Der Widerruf einer Schenkung gemäß § 530 BGB setzt objektiv eine Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere voraus. Darüber hinaus muss die Verfehlung auch in subjektiver Hinsicht Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten sein, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten kann. 
c) Die Prüfung der subjektiven Seite setzt dabei in der Regel auch eine Auseinandersetzung mit den emotionalen Aspekten des dem Widerruf zugrunde liegenden Geschehens voraus. Hierfür kann auch von Bedeutung sein, ob der Beschenkte im Affekt gehandelt hat oder ob sich sein Verhalten als geplantes, wiederholt auftretendes, von einer grundlegenden Antipathie geprägtes Vorgehen darstellt. 
Urteil vom 22. Oktober 2019 - X ZR 48/17


Karusselltüranlage
PatG § 99; ZPO § 62
§ 62 ZPO findet im Einspruchsbeschwerdeverfahren entsprechende Anwendung.
Beschluss vom 22. Oktober 2019 - X ZB 16/17


Lenkergetriebe 
EPÜ Art. 69 Abs. 1; PatG § 14  
Fordert der Patentanspruch die Eignung der geschützten Vorrichtung, einen bestimmten Vorgang ausführen zu können, und benennt er ein Mittel, über das diese Eignung erreicht werden soll, ist der Patentanspruch im Zweifel dahin auszulegen, dass das Mittel dazu vorgesehen ist und dementsprechend geeignet sein muss, an dem Vorgang, wenn er ausgeführt wird, in erheblicher Weise mitzuwirken. 
Urteil vom 24. September 2019 - X ZR 62/17


Lärmschutzwände
BGB § 241 Abs. 2, § 242 Cc, § 280 Abs. 1, § 839 Abs. 3 H; GWB § 160 Abs. 3
a) Der Teilnehmer an einem Vergabeverfahren nach dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist mit einem auf einen Vergaberechtsverstoß gestützten Schadensersatzanspruch nicht ausgeschlossen, wenn er den Verstoß nicht zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer gemacht hat.
b) Hat der Schadensersatz verlangende Bieter einen Vergaberechtsverstoß gerügt, kann ihm kein Mitverschulden nach § 254 BGB angelastet werden, wenn er die Rüge auf Bitten des Auftraggebers zurückgenommen hat, um das Vergabeverfahren nicht weiter zu verzögern.
Urteil vom 17. September 2019 - X ZR 124/18


ZPO § 233 Satz 1 D, § 520 Abs. 2 Satz 3
Der Rechtsmittelführer darf die Verlängerung der Frist zur Berufungsbegründung nur dann erwarten, wenn es sich um den ersten Verlängerungsantrag handelt und er in dem Antrag erhebliche Gründe für die beantragte Verlängerung darlegt. Der Wendung, der Antrag werde "vorsorglich" gestellt, ist nicht zu entnehmen, aus welchen Gründen eine Verlängerung begehrt wird.
Beschluss vom 20. August 2019 - X ZB 13/18


BGB § 651f Abs. 1 aF, § 651p Abs. 3 Satz 1 Nr. 1; VO (EG) Nr. 261/2004 Art. 12; RL (EU) 2015/2302 Art. 14 Abs. 5
Nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung sind nach der Fluggastrechteverordnung wegen Beförderungsverweigerung gewährte Ausgleichsansprüche auf Schadensersatzansprüche nach § 651f Abs. 1 BGB aF anzurechnen, die auf dieser Beförderungsverweigerung beruhen.
Urteil vom 6. August 2019 - X ZR 128/18
Pressemitteilung 105/19


Dampfdruckverringerung
ZPO § 707 Abs. 1, § 719 Abs. 1
a) Ein durch die Vollstreckung drohender Verlust der wirtschaftlichen Existenzgrundlage des Schuldners kann als nicht zu ersetzender Nachteil im Sinne der §§ 707, 719 ZPO die Einstellung der Zwangsvollstreckung rechtfertigen.
b) Auch wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren erstinstanzlichen Urteil einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, ist die Einstellung der Zwangsvollstreckung weder zwingende noch regelmäßige Folge des Einstellungsantrags. Das Berufungsgericht hat vielmehr die Interessen des Gläubigers und des Schuldners abzuwägen und darf dem Einstellungsantrag nur entsprechen, wenn nach seiner Würdigung aller Umstände und unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wertung, die dem Gläubiger grundsätzlich gestattet, aus dem nicht rechtskräftigen Urteil zu vollstrecken, die schutzwürdigen Interessen des Schuldners diejenigen des Gläubigers überwiegen. Dabei sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels zu berücksichtigen, soweit im Rahmen der Prüfung des Einstellungsantrags hierzu hinreichend zuverlässige Erkenntnisse zu gewinnen sind.
c) Ist das Unternehmen des Schuldners auf die Verwertung eines einzigen Schutzrechts beschränkt und verfügt das Unternehmen darüber hinaus über keine weiteren Vermögenswerte, auf die in der Zwangsvollstreckung zugegriffen werden könnte, ist es regelmäßig nicht angezeigt, den Schuldner von den Risiken einer solchen Unternehmensausrichtung in der Weise freizustellen, dass dieser einzige Vermögenswert jedem Zugriff im Wege der vorläufigen Vollstreckung entzogen wird.
Beschluss vom 6. August 2019 - X ZR 97/18


HGB § 130a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, § 177a
Für Ansprüche aus § 130a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 HGB ist gemäß § 29 Abs. 1 ZPO ein Gerichtsstand am Sitz der Gesellschaft begründet.
Beschluss vom 6. August 2019 - X ARZ 317/19


Personenverkehrsdienste
GWB aF § 124 Abs. 2, § 118 Abs. 1 Satz 3
Der Bundesgerichtshof kann auf eine Vorlage nach § 124 Abs. 2 GWB aF hin jedenfalls dann nicht (erneut) über einen Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB aF entscheiden, wenn das Beschwerdegericht bereits eine diesbezügliche Entscheidung getroffen hat.
Beschluss vom 22. Juli 2019 - X ZB 8/19


BGB § 651c Abs. 1 aF; ZPO § 293
a) Die Einhaltung einer Sicherheitsvorschrift für ein Hotelzimmer durch den örtlichen Leistungsträger des Reiseveranstalters richtet sich nach dem am Ort der Hotelanlage geltenden Recht, auch wenn das Rechtsverhältnis zwischen Reisendem und Reiseveranstalter deutschem Recht als Vertrags- oder Deliktsstatut unterliegt.
b) Das Gericht hat die insoweit relevanten ausländischen Sicherheitsvorschriften nur dann nach § 293 ZPO von Amts wegen zu ermitteln, wenn der Reisende konkrete Handlungen oder Zustände darlegt, durch die eine solche Vorschrift verletzt worden sein soll.
Urteil vom 25. Juni 2019 - X ZR 166/18
Pressemitteilung 83/19


Straßenbauarbeiten
VOB/A § 13 EU Abs. 1 Nr. 5, § 16 EU Nr. 2
a) Bedingt sich der öffentliche Auftraggeber in den Vergabeunterlagen (hier: § 1 Abs. 1.3 der Zusätzlichen Vertragsbedingungen für Bauleistungen [ZVBBau] Stand 10. Juni 2015) aus, dass etwaige Vorverträge, in den Vergabeunterlagen nicht als Vertragsbestandteile aufgeführte Unterlagen, Protokolle oder Klauselwerke oder sonstige Korrespondenz im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss, insbesondere Liefer-, Vertrags- und Zahlungsbedingungen des Auftragnehmers nicht Vertragsbestandteil werden, und stellt ein Bieter mit seinem Angebot abweichende Zahlungsbedingungen, können diese infolge der Abwehrklausel des Auftraggebers im Falle der Auftragserteilung keine rechtliche Wirkung entfalten. Ein Ausschluss des Angebots wegen Änderungen an den Vergabeunterlagen ist deshalb nicht erforderlich und nicht zulässig.
b) Auch ohne Geltung von § 1 Abs. 1.3 ZVBBau kann ein Angebot, dem der Bieter eigene Unterlagen wie namentlich Liefer-, Vertrags- und Zahlungsbedingungen beigefügt hat, ohne Verstoß gegen § 15 EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A in der Wertung verbleiben, wenn nach bloßer Streichung des Hinzugefügten ein dem maßgeblichen Inhalt der Vergabeunterlagen vollständig entsprechendes Angebot vorliegt.
Urteil vom 18. Juni 2019 - X ZR 86/17


BGB § 313, § 516 Abs. 1
a) Die vom (mit-)beschenkten Partner des eigenen Kindes geteilte oder jeden-falls erkannte Vorstellung des Schenkers, eine zugewendete Immobilie werde vom eigenen Kind und dessen Partner dauerhaft als gemeinschaftliche Wohnung oder Familienwohnung genutzt, kann die Geschäftsgrundlage eines Schenkungsvertrages bilden (Bestätigung von BGH, Urteile vom 19. Januar 1999 - X ZR 60/97, NJW 1999, 1623, und vom 3. Februar 2010 XII ZR 189/06, BGHZ 184, 190).
b) Die Schenkung begründet jedoch kein Dauerschuldverhältnis. Für einen Wegfall der Geschäftsgrundlage reicht es deshalb nicht aus, dass die Lebensgemeinschaft nicht bis zum Tod eines der Partner Bestand hat. Hat jedoch die gemeinsame Nutzung der Immobilie entgegen der mit der Schenkung verbundenen Erwartung nur kurze Zeit angedauert, kommt regelmäßig ein Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht.
c) In diesem Fall ist der Schenker in der Regel berechtigt, vom Schenkungsvertrag zurückzutreten und das gesamte Geschenk oder dessen Wert zurückzufordern.
Urteil vom 18. Juni 2019 - X ZR 107/16
Pressemitteilung 82/19


Alirocumab
PatG § 24 Abs. 1
a) In welchem Umfang und über welchen Zeitraum sich der Lizenzsucher um eine Lizenz zu angemessenen und üblichen Bedingungen bemühen muss, hängt auch von der Reaktion des Patentinhabers ab. Weiterer Bemühungen bedarf es in der Regel nicht, wenn der Patentinhaber die Zustimmung zur Benutzung der Erfindung schlechthin verweigert. Hierfür reicht es jedoch nicht aus, wenn der Patentinhaber erklärt, die Vergabe einer Lizenz zwar grundsätzlich abzulehnen, unter außergewöhnlichen Umständen aber zu erwägen.
b) Ein die Erteilung einer Zwangslizenz für ein Arzneimittel gebietendes öffentliches Interesse kann zu bejahen sein, wenn durch nach anerkannten Grundsätzen der Biostatistik signifikante Ergebnisse einer klinischen Studie nachgewiesen ist, dass der Wirkstoff des Arzneimittels bei der Behandlung schwerer Erkrankungen therapeutische Eigenschaften aufweist, die für andere auf dem Markt erhältliche Mittel nicht oder nicht in demselben Maße belegt sind, insbesondere durch die Behandlung das Risiko des Patienten gesenkt wird, infolge der Erkrankung zu versterben, oder wenn solche überlegenen Eigenschaften auf andere Weise nachgewiesen werden (Fortführung von BGH, Urteil vom 5. Dezember 1995 X ZR 26/92, BGHZ 131, 247 Interferongamma, und Urteil vom 11. Juli 2017 X ZB 2/17, BGHZ 215, 214 Raltegravir).
Urteil vom 4. Juni 2019 - X ZB 2/19


Schutzverkleidung
PatG § 9 Satz 2 Nr. 1 und 2, § 12 Abs. 1
a) Dem Vorbenutzer kann eine Modifikation der vorbenutzten Ausführungsform nicht nur dann verwehrt sein, wenn sie erstmals in den Gegenstand der im Patent unter Schutz gestellten Erfindung eingreift, sondern auch dann, wenn bereits die Vorbenutzung der erfindungsgemäßen Lehre entspricht, die angegriffene Ausführungsform diese aber in einer anderen Ausgestaltung oder Verfahrensweise verwirklicht.
b) Die Grenzen des Vorbenutzungsrechts können überschritten sein, wenn mit der Modifikation ein zusätzlicher Vorteil verwirklicht wird, der von der nicht modifizierten Ausführungsform nicht verwirklicht worden ist. Dies kommt in Betracht, wenn erstmals eine Ausführungsform benutzt wird, die in einem Unteranspruch oder in der Beschreibung des Patents wegen dieses zusätzlichen Vorteils hervorgehoben wird.
c) Sind hingegen in einem Patentanspruch für ein Merkmal zwei vollständig gleichwertige Alternativen genannt, wird der Umstand, dass der Vorbenutzer nur eine dieser Alternativen benutzt hat, regelmäßig keine entsprechende Beschränkung seiner Benutzungsbefugnis rechtfertigen. Ebenso wird es zu würdigen sein, wenn in der Patentschrift eine Modifikation der vorbenutzten Ausführungsform offenbart ist, bei der es sich um eine selbstverständliche Abwandlung handelt, die aus Sicht des Fachmanns mit dem Erfindungsbesitz des Vorbenutzers zum Anmelde- oder Prioritätszeitpunkt ohne weiteres in Betracht zu ziehen ist.
d) Der Hersteller von Einzelteilen, die technisch und wirtschaftlich sinnvoll nur zu der erfindungsgemäßen Gesamtvorrichtung zusammengesetzt werden können, stellt damit die Gesamtvorrichtung auch dann her, wenn er die Einzelteile nicht selbst zusammensetzt, sondern an einen Dritten liefert, der sie zu der geschützten Gesamtvorrichtung zusammensetzt.
e) Der Hersteller der Einzelteile darf unter diesen Umständen auch ein durch das Patent geschütztes Verfahren zur Herstellung der Gesamtvorrichtung benutzen, sofern sich die Verfahrensanweisungen des Patentanspruchs darin erschöpfen, den technisch und wirtschaftlich allein sinnvollen Zusammenbau zu lehren.
Urteil vom 14. Mai 2019 - X ZR 95/18
 

ZPO § 178 Abs. 1, § 180; BGB § 242
a) Es kann eine unzulässige Rechtsausübung darstellen, wenn der Zustellungsadressat, der einen Irrtum über seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt bewusst und zielgerichtet herbeigeführt hat, sich auf die Fehlerhaftigkeit einer Ersatzzustellung an diesem scheinbaren Wohnsitz beruft.
b) Dabei erfordern es die Sicherstellung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und die Beachtung der gesetzlichen Schranken für eine wirksame Ersatzzustellung grundsätzlich, dass der Zustellungsadressat bei dem Gericht oder einem Verfahrensbeteiligten bewusst einen Irrtum über seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt als Voraussetzung für eine Zustellung an dem betreffenden Ort hervorgerufen hat.
c) Fehlt es an einem solchen Verfahrensbezug des bewusst hervorgerufenen Anscheins einer Wohnung, darf es dem Zustellungsadressaten regelmäßig nur dann versagt werden, sich auf die Unwirksamkeit der Ersatzzustellung zu berufen, wenn er diesen Anschein zumindest insofern zielgerichtet herbeigeführt hat, als er Auswirkungen seines Handelns auf eine Zustellung in einem anhängigen oder möglicherweise bevorstehenden Verfahren in Kauf genommen hat oder sich ihm solche Auswirkungen zumindest aufdrängen mussten (Fortführung von BGH, Urteil vom 16. Juni 2011 - III ZR 342/09, BGHZ 190, 99).
Beschluss vom 14. Mai 2019 - X ZR 94/18


Abstandsberechnungsverfahren
PatG § 39 Abs. 1
a) Der Anmelder kann die Anmeldung auch noch während der Anhängigkeit einer Rechtsbeschwerde gegen die Zurückweisung seiner Beschwerde teilen (Aufgabe von BGH, Beschluss vom 6. September 1979 - X ZB 10/78, GRUR 1980, 104 - Kupplungsgewinde).
b) Die Teilung der Anmeldung ist gegenüber dem Patentgericht zu erklären, bei dem auch die Prüfung der Teilanmeldung anfällt, sobald der Anmelder Beschwerde gegen die Zurückweisung der (Stamm-)Anmeldung eingelegt hat und das Beschwerdeverfahren beim Patentgericht anhängig geworden ist. Erklärt der Anmelder die Teilung der Anmeldung jedoch erst, nachdem das Patentgericht die Beschwerde zurückgewiesen hat, ist die Erklärung gegenüber dem Patentamt abzugeben, an das auch die Zuständigkeit für die sachliche Prüfung der Teilanmeldung zurückfällt.
Beschluss vom 7. Mai 2019 - X ZB 9/18


Kommunikationssystem
ZPO § 91; PatG § 143 Abs. 3; RVG § 19; RVG-VV Nr. 3403
In einer Patentstreitsache sind die Einzeltätigkeiten eines beim Bundesgerichtshof nicht zugelassenen Rechtsanwalts sowie eines mitwirkenden Patentanwalts im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren erstattungsfähig, wenn diese die Beschwerdebegründung im Auftrag eines auf Seiten des Beschwerdegegners beigetretenen Streithelfers inhaltlich prüfen, mit ihrem Mandanten erörtern und sich mit den anwaltlichen Vertretern des Beschwerdegegners hinsichtlich von diesem im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren einzureichender Schriftsätze abstimmen.
Beschluss vom 29. April 2019 - X ZB 4/17
 

Fulvestrant
EPÜ Art. 56; PatG § 4
a) Ob das Beschreiten eines Lösungswegs für den Fachmann naheliegt, kann auch von der damit verbundenen Erfolgserwartung abhängen. Die Anforderungen an eine angemessene Erfolgserwartung lassen sich nicht allgemeingültig formulieren, sondern sind jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung des in Rede stehenden Fachgebiets, der Größe des Anreizes für den Fachmann, des erforderlichen Aufwands für das Beschreiten und Verfolgen eines bestimmten Ansatzes und der gegebenenfalls in Betracht kommenden Alternativen sowie ihrer jeweiligen Vor- und Nachteile zu bestimmen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 19. April 2016 - X ZR 148/11, GRUR 2016, 1027 - Zöliakiediagnoseverfahren; Urteil vom 15. Mai 2012 - X ZR 98/09, GRUR 2012, 803 - Calcipotriol-Monohydrat; Urteil vom 10. September 2009 - Xa ZR 130/07, GRUR 2010, 123 - Escitalopram).
b) Bei der Entwicklung einer Formulierung für einen Humanarzneimittelwirkstoff ist in der Regel nicht maßgeblich, ob der Fachmann erwarten kann, ein für eine klinische Studie geeignetes Ergebnis zu finden. Eine angemessene Erfolgserwartung kann sich vielmehr schon aus der Möglichkeit ergeben, Wirksamkeit und Verträglichkeit einer Formulierung in einem Tierversuch mit hinreichendem Vorhersagewert für die therapeutische Verwendung beim Menschen zu verifizieren.
Urteil vom 16. April 2019 - X ZR 59/17


FluggastrechteVO Art. 2 Buchst. h, Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7
a) Soll der endgültige Zielort des Fluggastes nach der zugrunde liegenden einheitlichen Buchung von einem Flughafen im Unionsgebiet aus mit direkten Anschlussflügen über Drittstaaten erreicht werden und trifft er dort infolge einer Verspätung des ersten Fluges von unter drei Stunden mit großer Verspätung ein, steht dem Fluggast ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen des Ausgangsfluges zu (Bestätigung von BGH, Urteil vom 7. Mai 2013 X ZR 127/11, RRa 2013, 237).
b) Auf der Grundlage der einheitlichen Buchung kommt es für den Ausgleichsanspruch nicht darauf an, ob Anschlussflüge ebenfalls vom ausführenden Luftfahrtunternehmen des Ausgangsfluges oder einem dritten Luftfahrtunternehmen durchgeführt werden.
Urteil vom 16. April 2019 - X ZR 93/18


FluggastrechteVO Art. 2 Buchst. h, Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7
Soll der endgültige Zielort des Fluggastes nach der zugrunde liegenden einheitlichen Buchung von einem Flughafen im Unionsgebiet aus mit direktem Anschlussflug über einen Drittstaat erreicht werden und trifft er dort infolge einer Verspätung des ersten Fluges von unter drei Stunden mit großer Verspätung ein, steht dem Fluggast ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen des Ausgangsfluges zu (Bestätigung von BGH, Urteil vom 7. Mai 2013 X ZR 127/11, RRa 2013, 237).
Urteil vom 16. April 2019 - X ZR 43/18


Spannungsversorgungsvorrichtung
PatG 2002 § 139 Abs. 2, § 141 Satz 2; BGB § 852 Satz 1
a) Der Patentverletzer hat auch nach Verjährung des Schadensersatzanspruchs den Gewinn, den er durch die Patentverletzung erzielt hat, als auf Kosten des Verletzten erlangt nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben.
b) Er hat dementsprechend über den erzielten Gewinn und seine Gestehungskosten Rechnung zu legen und schuldet auch Angaben zu der für den Verletzungsgegenstand betriebenen Werbung.
Urteil vom 26. März 2019 - X ZR 109/16



Bitratenreduktion II
EPÜ Art. 54 Abs. 1, Art. 56; PatG § 3 Abs. 1, § 4
Wird im Patentnichtigkeitsverfahren die Vorwegnahme der Erfindung oder ein Hinweis auf die technische Lehre des Streitpatents aus einem einzelnen technischen Gesichtspunkt hergeleitet, der in einer Entgegenhaltung dargestellt ist, darf bei der Prüfung des Offenbarungsgehalts der Entgegenhaltung zur Vermeidung einer rückschauenden Betrachtungsweise grundsätzlich nicht dieser einzelne technische Gesichtspunkt isoliert in den Blick genommen werden; maßgeblich ist vielmehr der technische Sinngehalt, der ihm im Zusammenhang mit dem gesamten Inhalt der Entgegenhaltung zukommt.
Urteil vom 19. März 2019 - X ZR 11/17


Cer-Zirkonium-Mischoxid I
IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
a) Ein nur in einer Richtung begrenzter Wertebereich kann ausführbar offenbart sein, wenn sich die Erfindung nicht in der Eröffnung eines bestimmten Bereichs erschöpft, sondern eine darüber hinausgehende, verallgemeinerbare Lehre aufzeigt, die es dem Fachmann erstmals ermöglicht, nach weiteren Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen und den im Patent konkret aufgezeigten Höchstwert zu übertreffen.
b) Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn das Patent lediglich ein neues Verfahren zur Verfügung stellt, mit dem ein im Stand der Technik bekannter Stoff mit verbesserten Eigenschaften hergestellt werden kann.
EPÜ Art. 54 Abs. 2; ZPO § 286 E
a) Dem Ergebnis eines nach dem Prioritätstag durchgeführten Versuchs kann für die Beurteilung der Frage, welchen Stoff der Fachmann vor dem Prioritätstag durch identische oder naheliegende Nacharbeitung eines im Stand der Technik offenbarten Verfahrens erhalten hätte, nur Indizwirkung zukommen.
b) Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen des Zivilprozessrechts kann ein solcher Indizienbeweis auch im Patentnichtigkeitsverfahren nur dann als geführt angesehen werden, wenn das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass die vorgetragenen Indiztatsachen zutreffen und dass diese mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit darauf schließen lassen, dass die unter Beweis gestellte Haupttatsache zutrifft.
Urteil vom 12. März 2019 - X ZR 32/17



Cer-Zirkonium-Mischoxid II
IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
a) Ist der Patentschutz auf einen Stoff gerichtet, der hinsichtlich eines bestimmten Parameters einen im Patentanspruch festgelegten Mindestwert erreicht oder übersteigt, so ist die Erfindung ausführbar offenbart, wenn dem Fachmann eine Messmethode zur Verfügung steht, mit der er den relevanten Wert zuverlässig ermitteln kann.
b) Wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, steht es der Ausführbarkeit nicht entgegen, wenn der Fachmann zur Vorbereitung oder Durchführung der Messung auf allgemeines Fachwissen zurückgreifen muss.
Urteil vom 12. März 2019 - X ZR 34/17


FluggastrechteVO Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7 Abs. 1, Art. 14 Abs. 2
Der Fluggast darf grundsätzlich die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur außergerichtlichen Geltendmachung seines Ausgleichsanspruchs für erforderlich halten, wenn das Luftverkehrsunternehmen ihn nicht vollständig und klar darüber unterrichtet hat, unter welchen  Voraussetzungen, in welcher Höhe und gegen welches Unternehmen er einen solchen Anspruch geltend machen kann.
Urteil vom 12. Februar 2019 - X ZR 24/18


FluggastrechteVO Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Abs. 3; Art. 6 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c
a) Ein mehrstündiger Ausfall aller Computersysteme an den Abfertigungsschaltern eines Flughafenterminals, der einen erhöhten Aufwand bei der Abfertigung der Fluggäste zur Folge hat und damit den planmäßigen Start eines Flugs verhindert, kann außergewöhnliche Umstände im Sinne des Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO begründen.
b) Welche Maßnahmen einem Luftverkehrsunternehmen zuzumuten sind, um zu vermeiden, dass außergewöhnliche Umstände zu einer großen Verspätung eines Flugs führen oder Anlass zu seiner Annullierung geben, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls; die Zumutbarkeit ist vom Tatrichter situationsabhängig zu beurteilen. Die Wirkung von Maßnahmen, zu denen die Parteien nicht vorgetragen haben und die sich auch nicht als zumutbar und erfolgversprechend aufdrängen, bedarf dabei keiner Aufklärung.
c) Im Rahmen von Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO sind lediglich Maßnahmen zu berücksichtigen, mit denen das ausführende Luftverkehrsunternehmen eine Annullierung oder Verspätung desjenigen Flugs hätte vermeiden können, der von dem außergewöhnliche Umstände begründenden Ereignis betroffen ist. Ob eine erheblich verspätete Ankunft eines auf diesen Flug sowie einen direkten Anschlussflug gebuchten Fluggastes an seinem Endziel durch eine Umbuchung auf einen anderen (Anschluss-)Flug verhindert werden kann, ist hingegen nur im Rahmen von Art. 5 Abs. 1 Buchst. c FluggastrechteVO von Bedeutung (Bestätigung von BGH, Urteil vom 13. November 2012 - X ZR 12/12, NJW 2013, 682 = RRa 2013, 19; Urteil vom 12. Juni 2014 X ZR 121/13, NJW 2014, 3303 = RRa 2014, 293).
Urteil vom 15. Januar 2019 - X ZR 15/18
Pressemitteilung 198/18


Schaltungsanordnung III
IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 4
Ein Patentanspruch darf im Nichtigkeitsverfahren nicht so verändert werden, dass er einen von der erteilten Fassung nicht umfassten Gegenstand einbezieht (Bestätigung von BGH, Urteil vom 14. September 2004 X ZR 149/01, GRUR 2005, 145, 146 elektrisches Modul).
Urteil vom 20. Dezember 2018 - X ZR 56/17


Eierkarton
PatG § 112 Abs. 2 Nr. 3
Die Berufung ist unzulässig, wenn der im Patentnichtigkeitsverfahren vor dem Patentgericht unterlegene Patentinhaber mit der Berufungsbegründung nicht jede unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägung angreift, mit der die vollständige oder teilweise Nichtigerklärung des Streitpatents in dem angefochtenen Urteil begründet ist.
Urteil vom 18. Dezember 2018 - X ZR 37/17


Scheinwerferbelüftungssystem
PatG § 14; EPÜ Art. 69
Bei der Auslegung eines Patentanspruchs ist zu berücksichtigen, dass sich ein Patent mit seiner Lehre von dem in ihm beschriebenen Stand der Technik abzugrenzen sucht. Wird in der Beschreibung ein bekannter Stand der Technik mit dem Oberbegriff eines Patentanspruchs gleichgesetzt, ist den Merkmalen des kennzeichnenden Teils im Zweifel kein Verständnis beizumessen, demzufolge diese sich in demjenigen Stand der Technik wiederfinden, von dem sie sich gerade unterscheiden sollen.
Urteil vom 27. November 2018 - X ZR 16/17


ZPO §§ 32, 36 Abs. 1 Nr. 3
a) Bei Vermögensschäden aus verbotenen Kartellabsprachen liegt der Ort des Schadenseintritts grundsätzlich am Sitz des Unternehmens, in dessen Vermögen eingegriffen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 1996 XII ZR 181/93, BGHZ 132, 105, 111; EuGH, Urteil vom 21. Mai 2015 C-352/13, GRUR Int. 2015, 1176 Rn. 52 - CDC Hydrogen Peroxide).
b) Sind Gegenstand einer Klage abgetretene Schadensersatzansprüche aus verbotenen Kartellabsprachen mehrerer Unternehmen mit unterschiedlichem Geschäftssitz gegen mehrere beklagte Unternehmen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, kann das zuständige Gericht unbeschadet des Umstands bestimmt werden, dass in Bezug auf jeden einzelnen Zedenten für sich genommen der gemeinschaftliche besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung eröffnet wäre (Ergänzung zu BGH, Beschluss vom 7. Oktober 1977 - I ARZ 513/77, NJW 1978, 321).
Beschluss vom 27. November 2018 - X ARZ 321/18


BGB § 528 Abs. 1, § 529 Abs. 2, §§ 242 A, 138 Ab
a) Hat der Sozialhilfeträger den Anspruch des Schenkers auf Rückgabe des Geschenks wegen Verarmung auf sich übergeleitet, kann der Beschenkte grundsätzlich bei einer Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts die Rückgabe des Geschenks auch dann verweigern, wenn er bei Erfüllung des Rückforderungsanspruchs seinerseits Sozialhilfe von dem betreffenden Träger beanspruchen könnte.
b) Dem Beschenkten ist jedoch die Notbedarfseinrede nach Treu und Glauben verwehrt, wenn der Schenker dem Beschenkten einen Vermögensgegenstand zuwendet, den er zur Deckung seines Unterhaltsbedarfs benötigt, dieser Unterhaltsbedarf deshalb vom Sozialhilfeträger befriedigt werden muss und der Beschenkte annehmen muss, den zugewendeten Gegenstand mit der Schenkung einer Verwertung zur Deckung des Unterhaltsbedarfs des Schenkers zu entziehen.
Urteil vom 20. November 2018 - X ZR 115/16


Schwammkörper
PatG § 39; PatKostG § 3 Abs. 1, § 6 Abs. 2
Die Teilungserklärung gilt nicht deshalb als nicht abgegeben, weil der Anmelder zusätzliche Gebühren nicht begleicht, die für die abgetrennte Anmeldung wegen einer Erhöhung der Anspruchszahl gegenüber der Stammanmeldung in den für die abgetrennte Anmeldung eingereichten Anmeldungsunterlagen entstanden sind.
Beschluss vom 5. November 2018 - X ZB 6/17


Schneckenköder
ZPO § 256 Abs. 1, § 487
a) Die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens kann grundsätzlich nicht als Berühmung angesehen werden, die ein rechtliches Interesse des Gegners an einer negativen Feststellungsklage begründet.
b) Eine Berühmung in diesem Sinne kann grundsätzlich auch nicht darin gesehen werden, dass ein Antragsteller in einem selbständigen Beweisverfahren vorträgt, ihm stehe ein Anspruch zu, wenn er dennoch auf eine weitere Beweiserhebung und auf vollständige Überlassung des eingeholten Gutachtens dringt.
c) Eine Berühmung in diesem Sinne liegt jedoch grundsätzlich vor, wenn ein Antragsteller nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens weiterhin geltend macht, ihm stünden Ansprüche gegen den Antragsgegner zu. Dies gilt auch dann, wenn diese Äußerung zum Zwecke der hilfsweisen Rechtsverteidigung gegen eine bereits erhobene negative Feststellungsklage erfolgt, die in erster Linie als unzulässig beanstandet wird.
Urteil vom 2. Oktober 2018 - X ZR 62/16
 

ZPO § 719 Abs. 2; PatG § 140b Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4
Ist der Schuldner zur Auskunft über den Vertriebsweg bestimmter Erzeugnisse und deren gewerbliche Abnehmer verurteilt, weil die Erzeugnisse patentverletzend sind und die Inanspruchnahme des Schuldners auch nicht unverhältnismäßig ist, steht einer Einstellung der Zwangsvollstreckung wegen eines dem Schuldner durch die Abnehmerauskunft drohenden nicht zu ersetzenden Nachteils regelmäßig ein überwiegendes Interesse des Gläubigers an der Durchsetzung des Auskunftsanspruchs entgegen. Dies gilt auch dann, wenn das Patent bei Durchsetzung des Auskunftsanspruchs bereits abgelaufen ist.
Beschluss vom 25. September 2018 - X ZR 76/18



ZPO § 29; Brüssel-I-VO Art. 5 Nr. 1 Buchst. b
a) Bei der einheitlichen Buchung mehrerer Flüge ohne nennenswerten Aufenthalt nach einer der Teilstrecken ist der Gerichtsstand des Erfüllungsortes für einen Ausgleichsanspruch wegen Annullierung, großer Verspätung oder Beförderungsverweigerung sowohl nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b Brüssel-I-VO als auch nach § 29 ZPO gleichermaßen am Abflugort des ersten Fluges wie am Ankunftsort des letzten Fluges begründet.
b) Dies gilt unabhängig davon, ob der Ausgleichsanspruch gegen den Vertragspartner des Fluggastes geltend gemacht wird oder gegen das ausführende Luftverkehrsunternehmen, das nicht Vertragspartner des Fluggastes ist.
Urteil vom 11. September 2018 - X ZR 80/15



Drahtloses Kommunikationsnetz
EGBGB aF Art. 30, 33; EPÜ Art. 54 Abs. 2, 89
a) Die Wirksamkeit der Überleitung der Rechte an einer Erfindung durch Inanspruchnahme als Diensterfindung durch den Arbeitgeber richtet sich nach dem Arbeitsstatut.
b) Welche Rechte und Pflichten der Vertragsparteien sich aus einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung über die Übertragung eines Prioritätsrechts ergeben, ist nicht nach dem für die Erstanmeldung maßgeblichen Recht zu beurteilen, sondern nach dem Vertragsstatut. Wird die Vereinbarung zwischen dem Diensterfinder und seinem Arbeitgeber getroffen, entspricht das Vertragsstatut regelmäßig dem Arbeitsstatut.
c) Eine technische Lehre, die der Öffentlichkeit dadurch zugänglich gemacht wird, dass sie auf einen Webserver hochgeladen und über das Internet allgemein oder einem Teil der Fachöffentlichkeit weltweit verfügbar gemacht wird, bildet nicht bereits dann Stand der Technik, wenn zum Zeitpunkt des Hochladens in einer andern Zeitzone als derjenigen des Ortes des Hochladens der Prioritätsoder Anmeldetag noch nicht angebrochen war.
Urteil vom 4. September 2018 - X ZR 14/17


FluggastrechteVO Art. 5 Abs. 3
a) Bei einem Streik geht die Annullierung eines Flugs nur dann auf außergewöhnliche Umstände zurück, wenn der Streik zu Folgen führt, die sich mit zumutbaren Maßnahmen nicht abwenden lassen, und wenn diese Folgen die Annullierung rechtlich oder tatsächlich notwendig machen.
b) Die Notwendigkeit einer Annullierung des Flugs ergibt sich nicht allein daraus, dass zahlreiche für den Flug gebuchte Passagiere infolge eines Streiks der Beschäftigten an den Passagierkontrollen den Flug nicht rechtzeitig erreichen können.
c) Die Annullierung eines Flugs geht nicht auf außergewöhnliche Umstände zurück, wenn bei einem Streik der Beschäftigten an den Passagierkontrollen die Luftsicherungsbehörden keine besonderen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr (wie die Schließung der Kontrollstellen oder die Räumung des Abflugbereichs) ergriffen haben und lediglich die abstrakte Gefahr besteht, dass die Überprüfung der Fluggäste wegen des starken Andrangs auf nur wenige besetzte Kontrollstellen nicht mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt worden sein könnte.
Urteil vom 4. September 2018 - X ZR 111/17
Pressemitteilung 146/18


Rifaximin α
EPÜ Art. 56; PatG § 4
Die Bereitstellung einer Kristallform eines polymorphen Stoffs, die der Fachmann zwangsläufig erhält, wenn er ein durch den Stand der Technik nahegelegtes Verfahren zur Herstellung des Stoffs anwendet, stellt das Ergebnis fachmännischen Handelns dar und beruht damit ihrerseits nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Bestätigung von BGH, Urteil vom 24. Juli 2012 X ZR 126/09, GRUR 2012, 1130 Leflunomid).
Urteil vom 7. August 2018 - X ZR 110/16


ZPO § 387 Abs. 3; § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2
Das im Zwischenstreit über die Berechtigung einer Zeugnisverweigerung ergehende Zwischenurteil ist unanfechtbar, wenn es vom Berufungsgericht oder vom Oberlandesgericht im ersten Rechtszug erlassen wird. Dies gilt auch dann, wenn die Rechtsbeschwerde im Zwischenurteil zugelassen worden ist.
Beschluss vom 31. Juli 2018 - X ZB 9/17


BGB § 651c Abs. 3; BGB-InfoV § 6 Abs. 2 Nr. 7
Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Belehrung über das Erfordernis einer Mangelanzeige, darf der Reiseveranstalter einem Ersatzanspruch aus § 651c Abs. 3 BGB grundsätzlich nicht entgegenhalten, dass der Reisende von einem Abhilfeverlangen und einer Fristsetzung abgesehen hat.
Versäumnisurteil vom 3. Juli 2018 - X ZR 96/17
Pressemitteilung 111/18



Uferstützmauer
BGB § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1; VOB/A § 13 Abs. 1 Nr. 3, § 13 EU Abs. 1 Nr. 3
a) Der Umstand, dass das Angebot des Bieters bei einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses Preise enthält, die deutlich unter den Kosten des Bieters liegen, rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme, der Bieter habe die geforderten Preise nicht angegeben.
b) Eine Angebotsstruktur, bei der deutlich unter den zu erwartenden Kosten liegenden Ansätzen bei bestimmten Positionen auffällig hohe Ansätze bei anderen Positionen des Leistungsverzeichnisses entsprechen, indiziert jedoch eine unzulässige Verlagerung von Preisangaben auf hierfür nicht vorgesehene Positionen. Kann der Bieter die Indizwirkung nicht erschüttern, rechtfertigt dies die Annahme, dass das Angebot nicht die geforderten Preisangaben enthält.
c) Ein Angebot, das spekulativ so ausgestaltet ist, dass dem Auftraggeber bei Eintritt bestimmter, zumindest nicht gänzlich fernliegender Umstände erhebliche Übervorteilungen drohen, ist nicht zuschlagsfähig. Vielmehr verletzt der betreffende Bieter seine Pflichten aus § 241 Abs. 2 BGB, wenn er für eine Position einen Preis ansetzt, der so überhöhte Nachforderungen nach sich ziehen kann, dass aus Sicht eines verständigen Teilnehmers am Vergabeverfahren das Ziel verfehlt wird, im Wettbewerb das günstigste Angebot hervorzubringen, und dem zu einem verantwortungsvollen Einsatz der Haushaltsmittel verpflichteten Auftraggeber nicht mehr zugemutet werden kann, sich auf ein derartiges Angebot einzulassen.
Urteil vom 19. Juni 2018 - X ZR 100/16



ZPO § 60
Macht der Käufer eines Kraftfahrzeugs gegen den Verkäufer Ansprüche wegen eines behaupteten Sachmangels (hier: im Fahrbetrieb abgeschalteter Abgasreinigungseinrichtungen) und gegen den Hersteller des Fahrzeugs Ansprüche aus unerlaubter Handlung geltend, die auf die Vortäuschung eines mangelfreien Zustands gestützt werden, können Verkäufer und Hersteller als Streitgenossen gemeinschaftlich verklagt werden.
Beschluss vom 6. Juni 2018 - X ARZ 303/18


BGB § 651f Abs. 2, § 651c Abs. 3
a) Bei der Bestimmung der Höhe des Anspruchs des Reisenden gegen den Reiseveranstalter auf eine angemessene Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit sind vor allem das Ausmaß der Beeinträchtigung des Reisenden durch die nicht oder mangelhaft erbrachten Reiseleistungen und der Reisepreis zu berücksichtigen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 11. Januar 2005 X ZR 118/03, BGHZ 161, 389).
b) Die vollständige Vereitelung einer Reise begründet in der Regel keine Beeinträchtigung des Reisenden, die der Beeinträchtigung durch grob mangelhafte, den Erholungs-, Erlebnis- oder Bildungswert der Reise nahezu vollständig entwertende Mängel der geschuldeten Reiseleistungen gleichkäme.
c) Macht der Reisende einen Entschädigungsanspruch wegen Vereitelung der Reise geltend, stehen ihm daneben weder unter dem Gesichtspunkt des Aufwendungsersatzes nach § 651c Abs. 3 BGB noch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes die Mehrkosten einer Ersatzreise zu.
Urteil vom 29. Mai 2018 - X ZR 94/17
Pressemitteilung 95/18


ZPO § 36 Abs. 3
Im Gerichtsstandsbestimmungsverfahren ist eine Divergenzvorlage nach § 36 Abs. 3 ZPO nur zulässig, wenn der Bundesgerichtshof das nächsthöhere gemeinschaftliche Gericht ist und sich die Bestimmungszuständigkeit des Oberlandesgerichts deshalb aus § 36 Abs. 2 ZPO ergibt; sie ist unzulässig, wenn das Oberlandesgericht selbst das im Rechtszug nächsthöhere Gericht und mithin nach § 36 Abs. 1 ZPO zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen ist (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 21. Juni 2000 XII ARZ 6/00, NJW 2000, 3214).
Beschluss vom 16. Mai 2018 - X ARZ 69/18


BGB § 631, § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 254 Da
a) Den Fluggast trifft gegenüber dem Luftverkehrsunternehmen die vertragliche Nebenpflicht, einen Auslandsflug nicht ohne die für die Einreise in den Zielstaat nach dessen Recht notwendigen Dokumente einschließlich eines etwa erforderlichen Visums anzutreten. Bei einem Verstoß gegen diese Verpflichtung ist der Fluggast dem Luftverkehrsunternehmen zum Ersatz eines diesem dadurch entstehenden Schadens verpflichtet.
b) Das Luftverkehrsunternehmen kann allerdings ein Mitverschulden treffen, das seinen Ersatzanspruch mindert oder ausschließt. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Schaden in einer dem Luftverkehrsunternehmen wegen der fehlenden Einreisedokumente des Fluggastes auferlegten Geldbuße besteht und das Luftverkehrsunternehmen vor dem Abflug keine geeignete Dokumentenkontrolle durchgeführt hat.
Urteil vom 15. Mai 2018 - X ZR 79/17
Pressemitteilung 90/18


Gurtstraffer
PatG § 14
a) Eine in dem Sachanspruch eines Patents enthaltene Zweck- oder Funktionsangabe für die beanspruchte Vorrichtung bringt regelmäßig zum Ausdruck, dass die Vorrichtung für den genannten Zweck oder die genannte Funktion objektiv geeignet sein muss. Damit bleibt der Patentanspruch ein Sachanspruch, der sich auf eine Vorrichtung richtet, mit der die genannten Zwecke oder Funktionen realisiert werden können.
b) Zur Bejahung der Patentfähigkeit reicht es nicht aus, dass die vom Streitpatent vorgeschlagene technische Lösung aus Sicht des Standes der Technik mit Nachteilen oder ihre Realisierung mit Schwierigkeiten verbunden ist, wenn die vom Erfinder vorgeschlagene Lösung diese Nachteile oder Schwierigkeiten in Kauf nimmt (Bestätigung von BGH, Urteil vom 4. Juni 1996 - X ZR 49/94, BGHZ 133, 57 - Rauchgasklappe).
Urteil vom 24. April 2018 - X ZR 50/16


BGB § 528
a) Zur Bestimmung des Umfangs des Rückforderungsanspruchs des Schenkers wegen Verarmung ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten. Herauszugeben ist nicht nur der ursprünglich geschenkte Gegenstand. Bei einem wirtschaftlich nutzbaren Gegenstand, der das Vermögen des Beschenkten auch mit der Möglichkeit bereichert, Nutzungen daraus zu ziehen, sind vielmehr auch die seit der Schenkung gezogenen Nutzungen herauszugeben.
b) Hat der Schenker dem Beschenkten den Verzicht auf ein auf dem Grundstück des Beschenkten lastendes Wohnungsrecht zugewandt, ist für die Höhe des Rückforderungsanspruchs bei Verarmung des Schenkers als Wertersatz für den geschenkten Gegenstand der Betrag maßgeblich, um den sich der Verkehrswert des Grundstücks bei Eintritt der Bedürftigkeit des Schenkers durch den Wegfall der dinglichen Belastung erhöht hat.
Urteil vom 17. April 2018 - X ZR 65/17


Kinderbett
EPÜ Art. 56; PatG § 4
Die generelle Eignung eines zum allgemeinen Fachwissen zählenden Lösungsmittels kann nur dann als Veranlassung zu ihrer Heranziehung genügen, wenn für den Fachmann ohne weiteres erkennbar ist, dass eine technische Ausgangslage besteht, in der sich der Einsatz des betreffenden Lösungsmittels als objektiv zweckmäßig darstellt (im Anschluss an BGH, Urteil vom 30. April 2009 Xa ZR 56/05, GRUR 2009, 743 Airbag-Auslösesteuerung, und Urteil vom 11. März 2014 X ZR 139/10, GRUR 2014, 647 Farbversorgungssystem).
Urteil vom 27. März 2018 - X ZR 59/16


Ratschenschlüssel II
RVG § 23 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2, § 33 Abs. 1
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im patentrechtlichen Rechtsbeschwerdeverfahren ist unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach billigem Ermessen nach den für die Wertbestimmung in Patentnichtigkeitssachen maßgeblichen Grundsätzen zu bestimmen, wenn genügend tatsächliche Anhaltspunkte für eine Schätzung des gemeinen Werts des Patents vorliegen. Andernfalls ist der Wert in Verfahren der Anmelderbeschwerde regelmäßig mit 50.000 € zu bemessen; im Einspruchsverfahren ist dem höheren Allgemeininteresse in der Regel durch einen Aufschlag in Höhe von 25.000 € je Einsprechendem Rechnung zu tragen.
Beschluss vom 27. März 2018 - X ZB 3/15


GebrMG § 2 Nr. 3, § 8 Abs. 1; GG Art. 14 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1
a) Im Gebrauchsmustereintragungsverfahren hat die Gebrauchsmusterstelle zu prüfen, ob eines der in § 2 GebrMG aufgeführten Schutzhindernisse vorliegt.
b) Der Ausschluss von Gebrauchsmusterschutz für Verfahren steht in Einklang mit Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.
Beschluss vom 27. März 2018 - X ZB 18/16


BGB §§ 649 aF, 307 Abs. 3 Satz 1 Bi, Ci
a) Der Vertrag über die Personenbeförderung mit einem Massenverkehrsmittel weist vom allgemeinen Werkvertragsrecht abweichende Besonderheiten auf, die sich in einem dem Werkvertragsrecht eingeschränkt folgenden Leitbild niederschlagen. Das freie Kündigungsrecht nach § 649 BGB aF gehört nicht zu den wesentlichen Grundgedanken eines solchen Vertrags.
b) Beförderungsbedingungen eines Luftverkehrsunternehmens, die das freie Kündigungsrecht ausschließen (Stornierungsbedingungen), unterliegen nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle.
c) Eine Klausel in den Beförderungsbedingungen eines Luftverkehrsunternehmens, die für den in einem bestimmten Tarif gebuchten Personenbeförderungsvertrag das freie Kündigungsrecht ausschließt, benachteiligt den Fluggast nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist daher wirksam.
Urteil vom 20. März 2018 - X ZR 25/17
Pressemitteilung 59/18



Akteneinsicht XXIII
PatG § 31, § 99 Abs. 3
a) Der Widerspruch einer Partei kann nur dann dazu führen, dass der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Einsicht in die Akten eines Patentnichtigkeitsverfahrens darzulegen hat, wenn die widersprechende Partei ein eigenes Interesse aufzeigt, das der Einsichtnahme entgegenstehen kann.
b) Das Interesse eines Privatgutachters daran, dass sein Name und der Umstand, dass er im Auftrag einer bestimmten Partei tätig geworden ist, nicht bekannt werden, hat in der Regel hinter dem in § 98 Abs. 3 und § 31 PatG grundsätzlich für jedermann vorgesehenen Recht auf Akteneinsicht zurückzutreten.
Beschluss vom 14. Februar 2018 - X ZR 110/17


BGB § 131 Abs. 1 Satz 2
a) Verfügt ein Erblasser in einem Testament umfassend über sein Vermögen, so kann dies jedenfalls dann als konkludenter Widerruf einer früheren entgegenstehenden rechtsgeschäftlichen Erklärung anzusehen sein, wenn der Erblasser sich von dieser Erklärung auch schon zu Lebzeiten jederzeit hätte einseitig lösen können.
b) Das Bewusstsein, in einem Testament die Verteilung des Vermögens umfassend zu regeln, schließt das Bewusstsein, dass damit etwaige entgegenstehende frühere Verfügungen widerrufen werden, mit ein. Ein gesondertes Erklärungsbewusstsein, das gezielt auf den Widerruf einer bestimmten Willenserklärung gerichtet ist, ist darüber hinaus nicht erforderlich.
c) Eine Willenserklärung in einem in amtliche Verwahrung genommenen Testament ist gegenüber jedem als abgegeben anzusehen, den es angeht, auch wenn er in dem Testament nicht bedacht ist.
Urteil vom 30. Januar 2018 - X ZR 119/15


Wasserdichter Lederschuh
EPÜ Art. 69; PatG § 14
a) Ist nach dem unter Schutz gestellten Verfahren ein Halbzeug in bestimmter Weise zu bearbeiten (hier: eine Lederseite in bestimmter Weise auszurüsten), beschränkt der Zweck der Bearbeitung nur insoweit den Gegenstand des Verfahrens, als das bearbeitete Halbzeug geeignet sein muss, dem Zweck entsprechend weiterverarbeitet zu werden.
b) Stellt ein Sachanspruch das unter Verwendung des Halbzeugs hergestellte Fertigprodukt unter Schutz, erfasst er regelmäßig nur einen Gegenstand, bei dem das Halbzeug dem Zweck entsprechend weiterverarbeitet worden ist.
Urteil vom 30. Januar 2018 - X ZR 27/16


BGB § 651a Abs. 5, § 308 Nr. 4
a) Abgesehen von geringfügigen, nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch ohne ausdrückliche vertragliche Grundlage vom Reisenden hinzunehmenden Abweichungen ist eine nachträgliche Leistungsänderung nur zulässig, wenn der Reiseveranstalter sich diese im Reisevertrag rechtswirksam vorbehalten hat, wofür regelmäßig nur eine entsprechende Klausel in den Allgemeinen Reisebedingungen des Veranstalters in Betracht kommt. Der Reiseveranstalter kann sich hiernach nur solche Leistungsänderungen vorbehalten, die unter Berücksichtigung der Interessen des Reiseveranstalters für den Reisenden zumutbar sind.
b) Zumutbar sind nur Leistungsänderungen, die den Gesamtcharakter der Reise nicht verändern und aufgrund von Umständen notwendig werden, die nach Vertragsschluss eintreten und dem Reiseveranstalter bei Vertragsschluss nicht bekannt und für ihn bei ordnungsgemäßer Prüfung der Durchführbarkeit der Reiseplanung auch nicht vorhersehbar waren.
c) Das Kündigungsrecht des Reisenden nach § 651a Abs. 5 Satz 2 BGB setzt voraus, dass eine wesentliche Reiseleistung vom Reiseveranstalter erheblich geändert wird. Es ist grundsätzlich nicht davon abhängig, ob der Reiseveranstalter zur Änderung der Reiseleistung berechtigt ist.
d) Eine erhebliche Änderung einer Reiseleistung ergibt sich nicht bereits daraus, dass sich die geänderte Reiseleistung als mangelhafte Erbringung der (ursprünglich) vereinbarten Reiseleistung darstellt. Für die Frage, ob die Änderung einer wesentlichen Reiseleistung erheblich ist, kann es jedoch von Bedeutung sein, ob der Reiseveranstalter zu der Änderung berechtigt ist. Die Änderung einer wesentlichen Reiseleistung kann, wenn sie sich mangels vertraglicher Grundlage zugleich als Mangel der Reise darstellt, schon dann als erheblich anzusehen sein, wenn sie das Interesse des Reisenden daran, dass die Reise wie vereinbart erbracht wird, mehr als geringfügig beeinträchtigt.
Urteil vom 16. Januar 2018 - X ZR 44/17
Pressemitteilung 10/18


Wärmeenergieverwaltung
EPÜ Art. 56; PatG § 4
Die Definition des Fachmanns dient dazu, eine fiktive Person festzulegen, aus deren Sicht das Patent und der Stand der Technik zu würdigen sind. Sie kann deshalb nicht auf Erwägungen zur Auslegung des Patents oder zur erfinderischen Tätigkeit gestützt werden.
Urteil vom 9. Januar 2018 - X ZR 14/16


BGB § 307 Bj, Ci, Cl
a) In Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Luftfahrtunternehmens für ein Flugprämienprogramm, bei dem die Mitglieder Status- und Prämienmeilen sammeln und dabei verschiedene Statuskategorien ("Ivory", "Silver", "Gold", "Platinum") erringen können, benachteiligen die Klauseln
"Für Ivory-Mitglieder haben Prämienmeilen eine Gültigkeit von 20 Monaten."
und
"Hat ein Mitglied in einem Zeitraum von 20 Monaten keine die Gültigkeit verlängernden Aktivitäten erbracht, behält sich die Gesellschaft das Recht vor, die Prämienmeilen zu streichen."
die Mitglieder entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und sind unwirksam.
b) Die Kündigungsklauseln in solchen Teilnahmebedingungen
"Bei Empfang der Karte muss die Gesellschaft die Mitgliedschaft aufheben, woraufhin ein Mitglied ab Aufhebungsdatum sechs Monate Zeit hat, um alle angesammelten Prämienmeilen einzulösen."
und
"Wenn die Gesellschaft den Vertrag kündigt, erlöschen alle Status- und Prämienmeilen mit Ablauf von sechs Monaten nach der Benachrichtigung über die Kündigung."
benachteiligen die Mitglieder entgegen den Geboten von Treu und Glauben auch dann unangemessen und sind unwirksam, wenn Prämienflugtickets längere Zeit ab Ausstellungsdatum gültig bleiben und Prämienmeilen auch gegen andere Waren oder Dienstleistungen eingelöst werden können (Weiterführung von BGH, Urteil vom 28. Januar 2010 Xa ZR 37/09, NJW 2010, 2046).
Urteil vom 28. November 2017 - X ZR 42/16


MÜ Art. 17 Abs. 1
a) Der Begriff des Einsteigens in ein Luftfahrzeug ist weit auszulegen und umfasst sämtliche Vorgänge, die den Einstieg des Fluggastes in das Flugzeug und damit den Beginn der Luftbeförderung betreffen.
b) Art. 17 Abs. 1 MÜ bezweckt den Schutz des Fluggastes vor den spezifischen Gefahren für sein Leben oder seine körperliche Integrität, die aus den technischen Einrichtungen und sonstigen sachlichen Gegebenheiten der Luftbeförderung einschließlich des Ein- und Ausstiegs resultieren. Es muss sich nicht um Risiken oder Gefahren handeln, die einzigartig sind und in keinem anderen Lebensbereich, sondern nur bei der Luftbeförderung auftreten können. Vielmehr reicht es aus, wenn sich ein Risiko verwirklicht, das sich aus der typischen Beschaffenheit oder dem Zustand eines Luftfahrzeugs oder einer beim Ein- oder Ausstieg verwendeten luftfahrttechnischen Einrichtung (hier: einer Fluggastbrücke) ergibt.
Urteil vom 21. November 2017 - X ZR 30/15


BGB § 651d Abs. 1, § 651f Abs. 1
a) Wird dem Reisenden statt eines Zimmers in dem vertraglich zugesicherten Hotel ein Zimmer in einem anderen Hotel zur Verfügung gestellt, mindert sich der Reisepreis für die Dauer des Mangels auch dann, wenn das andere Hotel in der Nähe des gebuchten liegt und im Wesentlichen den gleichen Standard aufweist.
b) Auch bei einer auf die gesamte Reise gesehen eher geringen Minderungsquote liegt regelmäßig eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise vor, wenn die Leistungen des Reiseveranstalters an einzelnen Reisetagen so erhebliche Mängel aufweisen, dass der Vertragszweck an diesen Tagen jedenfalls weitgehend verfehlt wird und die Urlaubszeit insoweit nutzlos aufgewendet wird.
Urteil vom 21. November 2017 - X ZR 111/16
Pressemitteilung 184/17


IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
Der Umstand, dass alle in einer Anmeldung geschilderten Ausführungsbeispiele ein bestimmtes Merkmal aufweisen, steht der Beanspruchung von Schutz für Ausführungsformen ohne dieses Merkmal entgegen, wenn dem Inhalt der Anmeldung zu entnehmen ist, dass die im Anspruch vorgesehenen Mittel der Lösung eines Problems dienen, das das Vorhandensein des betreffenden Merkmals voraussetzt (Ergänzung zu BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 - X ZR 107/12, BGHZ 200, 63 = GRUR 2014, 542 Rn. 31 - Kommunikationskanal).
Urteil vom 7. November 2017 - X ZR 63/15 - Bundespatentgericht


FluggastrechteVO Art. 7, Art. 2 Buchst. b; Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 Art. 11; BGB § 280 Abs. 1
a) Der Ausgleichsanspruch nach Art. 7 FluggastrechteVO richtet sich im Fall des Code-Sharing nur gegen dasjenige Luftfahrtunternehmen, das den Flug tatsächlich durchführt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Verpflichtung nach Art. 11 der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 ordnungsgemäß erfüllt worden ist, die Fluggäste über die Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens zu unterrichten.
b) Macht der Fluggast den Ausgleichsanspruch gegenüber dem vertraglichen Luftfahrtunternehmen geltend, das den Flug nicht durchgeführt hat, ist dieses verpflichtet, den Fluggast über die Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens zu unterrichten. Verletzt das Luftfahrtunternehmen diese vertragliche Nebenpflicht, hat es dem Fluggast den Schaden zu ersetzen, der ihm durch die erfolglose Weiterverfolgung des Ausgleichsanspruchs gegenüber dem vermeintlichen Schuldner entsteht.
Urteil vom 24. Oktober 2017 - X ZR 64/16


Trommeleinheit
Richtlinie 2009/125/EG
Aus einer freiwilligen Vereinbarung, in der sich Unternehmen gegenüber der Europäischen Kommission zur Einhaltung bestimmter Standards zum Zwecke des Umweltschutzes verpflichtet haben, um eine zwingende Regelung der Kommission gemäß Art. 15 der Richtlinie 2009/125/EG zu vermeiden, ergeben sich grundsätzlich keine Rechte Dritter.
PatG § 9 Satz 2 Nr. 1
a) Für die Beurteilung der Frage, ob der Austausch von Teilen einer mit Zustimmung des Patentinhabers in Verkehr gebrachten Vorrichtung zum bestimmungsgemäßen Gebrauch gehört oder eine Neuherstellung darstellt, ist als maßgeblicher Bezugspunkt das geschützte Erzeugnis heranzuziehen. Dies gilt auch dann, wenn der Berechtigte ein Exemplar des geschützten Erzeugnisses (hier: eine Bildtrommeleinheit) als Bestandteil eines umfassenderen Gegenstands (hier: einer Prozesskartusche) in Verkehr gebracht hat.
b) Wenn ein Patentanspruch ein aus mehreren Teilen bestehendes Erzeugnis schützt, der Berechtigte jedoch nur Gegenstände in Verkehr bringt, die nochmals weitere Bestandteile umfassen und deshalb im Hinblick auf das geschützte Erzeugnis eine tatsächliche Verkehrsauffassung nicht festgestellt werden kann, ist für die Abgrenzung zwischen bestimmungsgemäßem Gebrauch und Neuherstellung allein darauf abzustellen, ob sich gerade in den ausgetauschten Teilen die technischen Wirkungen der Erfindung widerspiegeln (Ergänzung zu Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 97/11, GRUR 2012, 1118 - Palettenbehälter II).
Urteil vom 24. Oktober 2017 - X ZR 55/16


GVG § 17a Abs. 4 Satz 3, § 17b Abs. 1 Satz 1; ZPO § 313a Abs. 3, § 567
a) Die Parteien können bereits vor Erlass eines rechtsmittelfähigen Beschlusses wirksam auf Rechtsmittel verzichten.
b) Ein Rechtsmittelverzicht in Form einer gegenüber dem Gericht abgegebenen Erklärung führt die formelle Rechtskraft der betroffenen Entscheidung herbei und ist von Amts wegen zu berücksichtigen.
Beschluss vom 24. Oktober 2017 - X ARZ 326/17



FluggastrechteVO Art. 2 Buchst. b, Art. 5 Abs. 1
a) Bietet ein Luftverkehrsunternehmen bei einer Annullierung entsprechend seiner Verpflichtung aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. a, Art. 8 Abs. 1 FluggastrechteVO eine anderweitige Beförderung zum Zielort an, ist es hinsichtlich des annullierten Fluges weiterhin ausführendes Luftfahrtunternehmen im Sinne des Art. 2 Buchst. b FluggastrechteVO.
b) Ein Luftverkehrsunternehmen wird bei einer Annullierung nur dann von seiner Pflicht zur Ausgleichsleistung befreit, wenn der angebotene Ersatzflug dem Fluggast nicht nur bei planmäßiger Durchführung, sondern tatsächlich die Möglichkeit eröffnet, das Endziel innerhalb des durch Art. 5 Abs. 1 Buchst. c Nr. ii und Nr. iii FluggastrechteVO vorgegebenen Rahmens zu erreichen.
c) Die Ausgleichspflicht des einen Flug annullierenden Luftverkehrsunternehmens besteht unabhängig davon, ob der Fluggast gegen das den angebotenen Ersatzflug ausführende Luftverkehrsunternehmen Ausgleichsansprüche wegen Verspätung geltend machen könnte.
Urteil vom 10. Oktober 2017 - X ZR 73/16
Pressemitteilung 158/17


EPÜ Art. 56
a) Für die Beurteilung der Frage, ob sich dem Fachmann ein bestimmter Stand der Technik als möglicher Ausgangspunkt seiner Bemühungen anbot, ist die Einordnung eines bestimmten Ausgangspunkts als - aus der Sicht ex post - nächstkommender Stand der Technik weder ausreichend noch erforderlich (st. Rspr., zuletzt BGH, Urteil vom 31. Januar 2017 - X ZR 119/14, GRUR 2017, 498 Rn. 28 - Gestricktes Schuhoberteil).
b) Die Annahme, dass der Fachmann Anlass zur Heranziehung einer bestimmten technischen Lösung hatte, auch wenn ein konkretes Vorbild hierfür nicht aufgezeigt werden kann, setzt Feststellungen dazu voraus, dass diese Lösung als ein generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel ihrer Art nach zum allgemeinen Fachwissen gehörte, dass sich die Nutzung ihrer Funktionalität in dem zu beurteilenden Zusammenhang als objektiv zweckmäßig darstellt und dass keine besonderen Umstände vorliegen, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen (Fortführung von BGH, Urteil vom 11. März 2014 - X ZR 139/10, GRUR 2014, 647 - Farbversorgungssystem).
Urteil vom 26. September 2017 - X ZR 109/15


Mehrschichtlager
PatKostG § 6 Abs. 2
Haben zwei Beteiligte gemeinsam eine Beschwerdeschrift eingereicht, jedoch nur eine Beschwerdegebühr gezahlt, ist ihre Erklärung im Zweifel dahin auszulegen, dass die Beschwerde, falls sie mangels Entrichtung einer ausreichenden Zahl von Gebühren nicht für beide Beteiligte in zulässiger Weise erhoben wurde, für den im Rubrum der angefochtenen Entscheidung an erster Stelle Genannten erhoben sein soll.
Beschluss vom 19. September 2017 - X ZB 1/17


FluggastrechteVO Art. 2 Buchst. b, Art. 14 Abs. 2
a) Das Luftfahrtunternehmen, bei dem der Fluggast einen bestimmten Flug gebucht hat, führt diesen Flug im Sinne der Fluggastrechteverordnung auch dann selbst durch, wenn es sich hierzu eines Flugzeugs bedient, das ihm im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung ("Wet Lease") nebst Besatzung von einem anderen Luftfahrtunternehmen (Vermieter) überlassen worden ist.
b) Hat das Luftfahrtunternehmen den Fluggast in diesem Fall gemäß Art. 11 der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 darüber zu unterrichten, dass der Flug im Sinne dieser Verordnung durch den Vermieter ausgeführt wird, ist es nach Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO verpflichtet, den Fluggast darüber zu belehren, dass es selbst Schuldner der Ansprüche bleibt, die dem Fluggast im Falle einer Annullierung, Verspätung oder Nichtbeförderung nach der Fluggastrechteverordnung zustehen.
Versäumnisurteil vom 12. September 2017 - X ZR 102/16
Pressemitteilung 141/17


Ratschenschlüssel
PatG § 59 Abs. 2 Satz 1
Dem Einspruchsverfahren kann als Einsprechender auch derjenige Dritte beitreten, gegen den der Patentinhaber wegen Verletzung des Patents den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt hat.
Beschluss vom 29. August 2017 - X ZB 3/15


ZPO § 36 Abs. 3 Satz 1, § 24
a) Das Oberlandesgericht hat eine Sache bei Bestimmung des zuständigen Gerichts auch dann dem Bundesgerichtshof vorzulegen, wenn es von der Rechtsprechung eines anderen Senats desselben Oberlandesgerichts abweichen will.
b) Der ausschließliche dingliche Gerichtsstand ist nicht schon dann eröffnet, wenn der Kläger einen auf das Anfechtungsgesetz gestützten Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in eine Sache geltend macht. 
Beschluss vom 15. August 2017 - X ARZ 204/17


ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1; GKG § 45 Abs. 1 Satz 2, 3; FluggastrechteVO Art. 12 Abs. 1 Satz 2
Eine vom Kläger entsprechend Art. 5 Abs. 1 Buchst. c i.V.m. Art. 7 FluggastrechteVO verlangte Ausgleichszahlung und der hilfsweise begehrte Ersatz für zusätzliche Kosten für die Weiterreise vom Ort der Landung zum eigentlichen Zielort, sowie für infolge der Verspätung entgangenen Verdienstes, sind wirtschaftlich nicht identische Gegenstände, die im Falle der vollständigen Klageabweisung für die Ermittlung des Werts des Beschwerdegegenstands zu addieren sind, ohne dass dadurch die Frage der eventuellen Anrechnung nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 FluggastrechteVO berührt wäre (Ergänzung zu BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2004 - IV ZR 287/03, NJW-RR 2005, 506; Beschluss vom 12. September 2013 - I ZR 58/11, WRP 2014, 192).
Urteil vom 8. August 2017 - X ZR 101/16
 

Phosphatidylcholin
PatG § 38
a) Eine Patentanmeldung ist zurückzuweisen, wenn der Gegenstand des Anspruchs, den der Anmelder zur Prüfung stellt, über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht und dieser Mangel nach Aufforderung durch die Prüfungsstelle vom Anmelder nicht behoben wird (Fortführung von BGH, Beschluss vom 17. September 1974 - X ZB 17/73, GRUR 1975, 310 - Regelventil).
b) Die Aufnahme eines Merkmals, wonach die beanspruchte Zubereitung eine bestimmte Substanz nicht enthalten darf, stellt nicht ohne weiteres eine unzulässige Erweiterung dar (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 12. Juli 2011 - X ZR 75/08, GRUR 2011, 1109 - Reifenabdichtmittel).
Beschluss vom 25. Juli 2017 - X ZB 5/16


BGB § 651a Abs. 1, § 307 Abs. 1 Satz 1
a) Eine 20 % des Reisepreises übersteigende Anzahlung bei Vertragsschluss kann für Reisen einer bestimmten Kategorie in allgemeinen Reisebedingungen nur dann wirksam vorgesehen werden, wenn eine der verlangten Anzahlung entsprechende Vorleistungsquote des Reiseveranstalters für Reisen dieser Kategorie repräsentativ ist.
b) Trotz einer Bandbreite im Einzelfall unterschiedlich hoher Vorleistungen (hier: Luftbeförderungsverträge mit und ohne Vorauszahlungsverpflichtung des Reiseveranstalters) kann eine dem Durchschnitt dieser Vorleistungen entsprechende Anzahlungsquote als repräsentativ und damit als angemessen anzusehen sein, wenn kein sachlicher Zusammenhang zwischen Art, Umfang und Qualität der vertraglich versprochenen Reiseleistungen und den unterschiedlich hohen Vorleistungen besteht (Fortführung von BGH, Urteile vom 9. Dezember 2014 - X ZR 85/12, BGHZ 203, 335, und X ZR 147/13, RRa 2015, 149 = NJW-RR 2015, 618).
c) Mit Vertragsschluss fällig werdende Provisionszahlungen des Reiseveranstalters an das Reisebüro, das die Reise vermittelt hat, sind als Vorleistungen des Reiseveranstalters zu berücksichtigen.
Urteil vom 25. Juli 2017 - X ZR 71/16
Pressemitteilung 123/17


Raltegravir
PatG § 24, § 85 Abs. 1
a) Ob sich der Lizenzsucher innerhalb eines angemessenen Zeitraumes erfolglos bemüht hat, vom Patentinhaber die Zustimmung zur Benutzung der Erfindung zu angemessenen geschäftsüblichen Bedingungen zu erhalten, ist anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen.
b) Ein öffentliches Interesse an der Erteilung einer Zwangslizenz für einen pharmazeutischen Wirkstoff kann auch dann bestehen, wenn nur eine relativ kleine Gruppe von Patienten betroffen ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese Gruppe einer besonders hohen Gefährdung ausgesetzt wäre, wenn das in Rede stehende Medikament nicht mehr verfügbar wäre.
c) Ein zögerliches Verhalten des Lizenzsuchers ist bei der nach § 85 Abs. 1 PatG erforderlichen Interessenabwägung zu berücksichtigen. Ein solches Verhalten spricht aber nicht ohne weiteres gegen das Vorliegen eines öffentlichen Interesses.
d) Der Erlass einer einstweiligen Verfügung nach § 85 Abs. 1 PatG bedarf nicht zusätzlich der in § 935 oder § 940 ZPO normierten Voraussetzungen.
Urteil vom 11. Juli 2017 - X ZB 2/17
Pressemitteilung 111/17


GVG § 17a Abs. 2
a) Eine Verweisung an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs ist nicht nur im Erkenntnisverfahren möglich, sondern kommt auch in dem Erkenntnisverfahren vor-, nach- oder nebengelagerten Verfahren in Betracht.
b) Eine im Vollstreckungsverfahren ausgesprochene unanfechtbar gewordene Verweisung an ein Gericht eines anderen Rechtswegs ist für dieses Gericht bindend.
Beschluss vom 11. Juli 2017 - X ARZ 76/17


ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1
Einer ausländischen Partei ist es unabhängig von ihrer Parteirolle grundsätzlich nicht zuzumuten, die Wahl des deutschen Rechtsanwalts am Sitz des Prozessgerichts auszurichten (Fortführung von BGH, Beschluss vom 12. September 2013 - I ZB 39/13, NJW-RR 2014, 886).
Beschluss vom 4. Juli 2017 - X ZB 11/15


BGB § 651j Abs. 1 und 2, § 651e Abs. 3; Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen Art. 4 Abs. 6, Art. 5 Abs. 2
a) Höhere Gewalt im Sinne des § 651j BGB ist ein von außen kommendes, auch durch die äußerste vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis, das weder der betrieblichen Sphäre des Reiseveranstalters noch der persönlichen Sphäre des Reisenden zuzuordnen ist.
b) Der Umstand, dass der Reisende gehindert ist, an der Reise teilzunehmen, weil sein Reisepass ungültig ist oder nicht als für den Reiseantritt hinreichend anerkannt wird, fällt im Verhältnis zum Reiseveranstalter in die Risikosphäre des Reisenden und stellt auch dann keine höhere Gewalt im Sinne des § 651j BGB dar, wenn dieses Reisehindernis durch fehlerhaftes behördliches Handeln verursacht wurde.
Urteil vom 16. Mai 2017 - X ZR 142/15
Pressemitteilung 76/17


Sektionaltor II
BGB § 745 Abs. 2
a) Ob einem Mitberechtigten für die Nutzung einer Erfindung durch einen anderen Mitberechtigten im Rahmen der Billigkeit ein Ausgleich in Geld zusteht, kann auch von den Gründen abhängen, aus denen der Anspruchsteller von einer eigenen Nutzung der Erfindung abgesehen hat.
b) Der Gläubiger eines solchen Anspruchs verfügt nicht erst dann über den für den Beginn der Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderlichen Kenntnisstand, wenn ihm rechtskräftig eine Mitberechtigung an angemeldeten oder erteilten Schutzrechten zugesprochen wurde oder die Höhe seines ideellen Anteils geklärt ist.
BGB § 259 Abs. 1
a) Gemäß § 259 Abs. 1 BGB hängt der Anspruch auf Vorlage von Belegen grundsätzlich nicht davon ab, ob die Vorlage von Belegen im Rahmen der geschuldeten Rechnungslegung üblich ist. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Erteilung von Belegen bei demjenigen Vorgang üblich ist, den der Beleg dokumentieren soll.
b) Wenn sich der Anspruch auf Rechnungslegung aus § 242 BGB ergibt, besteht ein Anspruch auf Vorlage von Belegen aber grundsätzlich nur dann, wenn in vergleichbaren vertraglichen Beziehungen üblicherweise Belege vorgelegt werden.
Urteil vom 16. Mai 2017 - X ZR 85/14



Abdichtsystem
ZPO § 521 Abs. 2 Satz 2, § 277 Abs. 2, § 524 Abs. 3 Satz 2
Die Wirksamkeit einer Frist zur Berufungserwiderung hängt nicht davon ab, ob der Berufungsbeklagte darüber belehrt wurde, dass auch eine Anschlussberufung nur innerhalb dieser Frist zulässig ist.
PatG § 140a Abs. 3 Satz 1
a) Die in § 140a Abs. 3 Satz 1 PatG vorgesehenen Ansprüche auf Rückruf und auf endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen können nebeneinander geltend gemacht werden.
b) Ein Anspruch auf Rückruf aus den Vertriebswegen ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Verpflichtete im Ausland ansässig ist.
PatG § 9 Nr. 1, § 139; BGB § 840
a) Ein im Ausland ansässiger Lieferant eines im Inland patentgeschützten Erzeugnisses, der einen ebenfalls im Ausland ansässigen Abnehmer beliefert, ist nicht ohne weiteres verpflichtet, die weitere Verwendung der gelieferten Ware durch den Abnehmer zu überprüfen oder zu überwachen.
b) Der Lieferant ist in der genannten Lage zu einer Überprüfung des Sachverhalts verpflichtet, wenn für ihn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die es als naheliegend erscheinen lassen, dass seine Abnehmer die gelieferte Ware ins Inland weiterliefern oder dort anbieten.
c) Die pflichtwidrige und schuldhafte Ermöglichung oder Förderung einer fremden Patentverletzung kann Ansprüche aus §§ 139 ff. PatG nur dann begründen, wenn es zu einer Patentverletzung durch den Dritten gekommen ist oder wenn zumindest Erstbegehungsgefahr besteht (Bestätigung von BGH, Urteil vom 30. April 1964 - Ia ZR 224/63, GRUR 1964, 496, 497 - Formsand II).
d) Die pflichtwidrige und schuldhafte Förderung oder Ermöglichung einer fremden Patentverletzung begründet nicht ohne weiteres einen uneingeschränkten Anspruch auf Unterlassung von Handlungen, die für sich gesehen noch keine Patentverletzung darstellen.
e) Sofern ein Abnehmer zumindest eine Verletzungshandlung begangen hat, ist der Lieferant, der dies pflichtwidrig und schuldhaft mitverursacht hat, grundsätzlich verpflichtet, über alle Lieferungen an diesen Abnehmer Rechnung zu legen.
Urteil vom 16. Mai 2017 - X ZR 120/15


Postdienstleistungen
GWB § 97 Abs. 1, 2, § 127 Abs. 1; VgV § 8 Abs. 1 Satz 2, § 58
a) Es steht einer transparenten und wettbewerbskonformen Auftragsvergabe regelmäßig nicht entgegen, wenn der öffentliche Auftraggeber für die Erfüllung qualitativer Wertungskriterien Noten mit zugeordneten Punktwerten vergibt, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl konkret abhängen soll.
b) Ein Wertungsschema, bei dem die Qualität der Leistungserbringung und der nach der einfachen linearen Methode in Punkte umzurechnende Preis mit jeweils 50% bewertet werden, ist ohne Weiteres auch dann nicht vergaberechtswidrig, wenn nur eine Ausschöpfung der Punkteskala in einem kleinen Segment (hier: 45 bis 50 von 50 möglichen Punkten) zu erwarten ist. Die Wahl einer bestimmten Preisumrechnungsmethode kann vergaberechtlich nur beanstandet werden, wenn sich gerade ihre Heranziehung im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände als mit dem gesetzlichen Leitbild des Vergabewettbewerbs unvereinbar erweist.
c) Der Gefahr einer Überbewertung qualitativer Wertungskriterien zum Nachteil einzelner Bieter ist durch eingehende Dokumentation des Wertungsprozesses zu begegnen. Die Nachprüfungsinstanzen untersuchen auf Rüge die Benotung des Angebots des Antragstellers als solche und in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere zu demjenigen des Zuschlagsprätendenten, und darauf hin, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.
GWB § 179 Abs. 2; ZPO § 524, § 565 Satz 2
a) Der Beschwerdegegner kann sich im Vergabenachprüfungsverfahren bis zum Ablauf der ihm gesetzten Frist zur Beschwerdeerwiderung der Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer anschließen.
b) Im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 GWB kann die Beschwerde nach Beginn der mündlichen Verhandlung nur mit Einwilligung des Gegners zurückgenommen werden.
Beschluss vom 4. April 2017 - X ZB 3/17


ZPO § 233 Fc, Fd, Gc
Geht am Abend des vorletzten Tages der Rechtsmittelbegründungsfrist bei dem Rechtsmittelgericht ein unvollständig per Telefax übermittelter Schriftsatz ein, bei dem unter anderem die letzte Seite mit der Unterschrift des Prozessbevollmächtigten fehlt, gebietet es die gerichtliche Fürsorgepflicht grundsätzlich nicht, den Prozessbevollmächtigten am Folgetag auf die von der Geschäftsstelle erkannte Unvollständigkeit des Schriftsatzes hinzuweisen.
Beschluss vom 21. März 2017 - X ZB 7/15


Ankopplungssystem
PatG § 82
Ein Patent kann vom Nichtigkeitsbeklagten nur insoweit beschränkt verteidigt werden, als es vom Nichtigkeitskläger angegriffen wird. Die beschränkte Verteidigung des Streitpatents durch Kombination eines angegriffenen Anspruchs mit einem nicht angegriffenen Unteranspruch oder mit einer von mehreren Varianten eines nicht angegriffenen Unteranspruchs ist unzulässig.
Urteil vom 1. März 2017 - X ZR 10/15


Cryptosporidium
EPÜ Art 54; PatG § 3
a) Eine Verwendung ist neu, wenn die geschützte Lehre eine zusätzliche Verwendungsmöglichkeit aufzeigt, die durch objektive Merkmale von den im Stand der Technik bekannten Verwendungsmöglichkeiten abgegrenzt werden kann (Bestätigung von BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 X ZR 53/11, GRUR 2012, 373 - Glasfasern I).
b) Für die Annahme einer neuheitsschädlichen Vorwegnahme ist dementsprechend nur Raum, wenn der Fachmann den bekannten Gegenstand zweckgerichtet zu dem geschützten Verwendungszweck eingesetzt hat.
Urteil vom 23. Februar 2017 - X ZR 99/14


BGB §§ 651c, 651d; BGB-InfoV § 6 Abs. 2 Nr. 7, Abs. 4 Satz 1
Hat der Reiseveranstalter den Reisenden nicht ordnungsgemäß auf seine Obliegenheit hingewiesen, ihm einen Reisemangel anzuzeigen, wird vermutet, dass der Reisende die Mangelanzeige nicht schuldhaft versäumt hat (Fortführung von BGH, Urteil vom 12. Juni 2007 X ZR 87/06, NJW 2007, 2549).
Urteil vom 21. Februar 2017 - X ZR 49/16


Lichtschutzfolie
ArbNErfG § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 2 Satz 2, beide in der bis 30. September 2009 geltenden Fassung
a) Für Erfindungen, die vor dem 1. Oktober 2009 gemeldet wurden, ist das Schriftformerfordernis des § 5 ArbNErfG a.F. weiterhin maßgeblich.
b) Wenn der Arbeitgeber eine nicht in Schriftform gemeldete Diensterfindung mit dem Inhalt der von seinem Arbeitnehmer entwickelten technischen Lehre zum Patent anmeldet und dabei alle an der Entwicklung beteiligten Erfinder benennt, liegt darin in der Regel auch dann eine zuverlässige Grundlage für den Beginn der in § 6 Abs. 2 Satz 2 ArbNErfG a.F. normierten Frist, wenn der Arbeitnehmer nach der Einreichung der Patentanmeldung eine formgerechte Erfindungsmeldung nachreicht.
c) Meldet ein Arbeitnehmer eine Erfindung, die im Verhältnis zu einer früher gemeldeten, vom Arbeitgeber nicht in Anspruch genommenen Erfindung lediglich eine schöpferische Weiterentwicklung darstellt, die zwar für die wirtschaftliche Verwertung der Erfindung bedeutsam, aber nicht selbständig schutzfähig ist, erlangt der Arbeitgeber, der den Gegenstand der zweiten Meldung in Anspruch nimmt und zusammen mit dem Gegenstand der ersten Meldung zum Patent anmeldet, am Gegenstand der Anmeldung und der daraus hervorgehenden Schutzrechte eine Mitberechtigung.
PatG § 6 Satz 2, BGB § 745 Abs. 1
Eine Benutzungsregelung, die einem der Mitberechtigten die Nutzung der gemeinsamen Erfindung verbietet, kann allenfalls unter besonderen Voraussetzungen einer ordnungsmäßigen Verwaltung und Benutzung entsprechen.
Urteil vom 14. Februar 2017 - X ZR 64/15


Kreisstraßenbewirtschaftung
BGB § 315; VOB/A 2006 § 20 Nr. 2 Abs. 1, Satz 2, Abs. 2; VOB/A 2016 § 8b Abs. 2 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2, § 8b EU Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2; VgV § 77 Abs. 2
a) Verpflichtet sich der öffentliche Auftraggeber in den Vergabeunterlagen eines Vergabeverfahrens betreffend eine außergewöhnlich umfangreiche und komplexe und auf lange Frist ausgerichtete Zusammenarbeit, einen näher eingegrenzten Kreis der Teilnehmer mit einem noch festzulegenden Pauschalbetrag teilweise für ihren Aufwand im Vergabeverfahren zu entschädigen, ist auf diese Art der Leistungsbestimmung § 315 BGB entsprechend anzuwenden.
b) Mangels näherer Bestimmung in den Vergabeunterlagen entspricht regelmäßig eine Entschädigung in Höhe von einem bis zu zwei Dritteln der durchschnittlichen Kosten der Billigkeit.
c) Die eigenen Personalkosten der Bieter können bei der Bemessung der Aufwandsentschädigung berücksichtigt werden (Weiterführung von BGH, Urteil vom 19. April 2016 X ZR 77/14, VergabeR 2016, 479 - Westtangente Rüsselsheim).
Urteil vom 31. Januar 2017 - X ZR 93/15


Gestricktes Schuhoberteil
EPÜ Art. 56
Dass für den Fachmann eine bestimmte Entgegenhaltung als möglicher Ausgangspunkt von Bemühungen um eine Fortentwicklung in Betracht kam, darf insbesondere bei im Prioritätszeitpunkt sehr altem Stand der Technik nicht allein aus der sachlichen Nähe zur erfindungsgemäßen Lösung gefolgert werden. Enthält jedoch eine seit vielen Jahren bekannte technische Lösung bereits alle wesentlichen Elemente der Erfindung, bedarf die Annahme, die ältere Lösung liege außerhalb desjenigen Bereichs, in dem sich am Prioritätstag aus fachmännischer Sicht mögliche Ansatzpunkte für die Lösung des technischen Problems finden ließen, einer besonders sorgfältigen Prüfung.
Urteil vom 31. Januar 2017 - X ZR 119/14


Notärztliche Dienstleistungen
VgV § 60; VOB/A § 16d Abs. 1 Nrn. 1 und 2; § 16d EU Abs. 1 Nrn. 1 und 2; VOL/A 2009 § 16 Abs. 6; GWB § 71 Abs. 1, §§ 72, 165
a) Erscheint ein Angebotspreis aufgrund des signifikanten Abstands zum nächstgünstigen Gebot oder ähnlicher Anhaltspunkte, wie etwa der augenfälligen Abweichung von preislichen Erfahrungswerten aus anderen Beschaffungsvorgängen, ungewöhnlich niedrig, können die Mitbewerber verlangen, dass die Vergabestelle in die vorgesehene nähere Prüfung der Preisbildung eintritt.
b) Wird für bereits vorliegende oder von der Vergabestelle zur Aufklärung des Preises nachgeforderte Informationen Schutz als Geschäftsgeheimnis begehrt, entscheidet die Vergabekammer zunächst in einem Zwischenverfahren über deren Offenlegung. Für die Entscheidung, ob das Geheimhaltungs- oder das Offenlegungsinteresse überwiegt, ist eine Abwägung der beiderseitigen geschützten Interessen vorzunehmen.
c) Die Vergabekammer darf bei der Sachentscheidung Umstände berücksichtigen, deren Offenlegung sie mit Rücksicht auf ein Geheimhaltungsinteresse abgelehnt hat, das nach Abwägung aller Umstände das Interesse der Beteiligten auf rechtliches Gehör auch unter Beachtung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz überwiegt.
Beschluss vom 31. Januar 2017 - X ZB 10/16


Borrelioseassay
EPÜ Art. 83; PatG § 34 Abs. 4
Ein In-vitro-Verfahren, bei dem mit einem durch seine offenbarte Aminosäurensequenz und der für diese codierenden Nukleinsäuresequenz definierten Polypeptid oder mit Polypeptiden, für die im Patent nicht näher bestimmte Segmente der Nukleinsäuresequenz codieren, auf eine spezifische immunologische Bindung getestet werden kann (hier: auf gegen Borrelia burgdorferi gerichtete Antikörper), ist insgesamt ausführbar offenbart, wenn das Verfahren mit einem der vollen Sequenzlänge entsprechenden Polypeptid mit einem praktisch brauchbaren Ergebnis ausgeführt werden kann, auch wenn besser geeignete Segmente nicht ohne erfinderisches Bemühen aufgefunden werden können.
Urteil vom 17. Januar 2017 - X ZR 11/15


Vakuumtransportsystem 
ZPO § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 Abs. 2 Satz 2, § 580 Nr. 6, § 582 
a) Die Revision gegen ein auf Patentverletzung erkennendes Berufungsurteil ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, wenn das Patent ganz oder teilweise rechtskräftig für nichtig erklärt wird und dies dem Berufungsurteil die Grundlage entzieht. Der Zulassungsgrund muss gegebenenfalls innerhalb der Frist zur Wiedereinsetzung in die insoweit versäumte Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht werden (Fortführung von BGH, Beschluss vom 6. April 2004 X ZR 272/02, BGHZ 158, 372 Druckmaschinen-Temperierungssystem I). 
b) Die Partei kann den Wegfall der Urteilsgrundlage nicht im Wege einer Restitutionsklage geltend machen, wenn sie es schuldhaft unterlassen hat, den Restitutionsgrund zum Gegenstand einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Verletzungsurteil zu machen. 
Urteil vom 10. Januar 2017 - X ZR 17/13 


FluggastrechteVO Art. 5 Abs. 3
Die Beschädigung eines auf einer Außenposition abgestellten Flugzeugs durch einen Gepäckwagen, der nicht hinreichend gegen unkontrolliertes Wegrollen gesichert war und durch den Turbinenstrahl eines anderen Flugzeugs in Bewegung versetzt worden ist, stellt grundsätzlich keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne von Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO dar.
Urteil vom 20. Dezember 2016 - X ZR 75/15


BGB §§ 651c Abs. 1, 651d Abs. 1
a) Der Reiseveranstalter trägt das Risiko, den vereinbarten Reisepreis nicht zu erhalten, auch dann, wenn der Reiseerfolg durch Umstände vereitelt wird, die weder ihm noch dem Reisenden zugerechnet werden können.
b) Die Verletzung des Reisenden bei einem Verkehrsunfall während des Transfers vom Flughafen zum Hotel begründet einen Reisemangel, auch wenn den Reiseveranstalter kein Verschulden an dem Unfall trifft. Wird der Reisende hierdurch so schwer verletzt, dass er keine weiteren Reiseleistungen in Anspruch nehmen kann, verliert der Reiseveranstalter regelmäßig den gesamten Anspruch auf den Reisepreis.
Urteile vom 6. Dezember 2016 - X ZR 117/15 und X ZR 118/15
Pressemitteilung 223/16


ZPO § 32b Abs. 1
Wird der einzige Beklagte nicht als Prospektverantwortlicher im Sinne des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO, sondern wegen Ansprüchen aus Prospekthaftung im weiteren Sinne in Anspruch genommen, ist der ausschließliche Gerichtsstand des § 32b Abs. 1 ZPO nicht eröffnet (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 30. Juli 2013 X ARZ 320/13, WM 2013, 1643).
Beschluss vom 1. Dezember 2016 - X ARZ 180/16


BGB § 145
Sendet ein Bieter auf elektronischem Wege ein Hauptangebot und mit gewissem zeitlichem Abstand (hier: etwa zwei Stunden) kommentarlos eine weitere als Hauptangebot erkennbare Offerte, ist dies regelmäßig, wenn nicht besondere Umstände auf einen abweichenden Willen des Absenders hindeuten, dahin zu verstehen, dass das spätere Angebot an die Stelle des früher eingereichten treten soll, nicht aber, dass beide als Hauptangebot gelten sollen.
Urteil vom 29. November 2016 - X ZR 122/14


PatG §§ 21 Abs. 1, 59, 73, 79
a) Das Patentgericht ist nicht befugt, im Einspruchsbeschwerdeverfahren von Amts wegen neue Widerrufsgründe, die nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens vor dem Patentamt waren, aufzugreifen und hierauf seine Entscheidung zu stützen (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 10. Januar 1995 – X ZB 11/92, BGHZ 128, 280 = GRUR 1995, 333 - Aluminium-Trihydroxid).
b) Wenn eine das Patent aufrechterhaltende Entscheidung des Patentamts in zulässiger Weise mit der Beschwerde angefochten ist, darf der Einsprechende im Beschwerdeverfahren zusätzliche Widerrufsgründe geltend machen, die nicht zum Gegenstand der angefochtenen Entscheidung gehören.
Beschluss vom 8. November 2016 - X ZB 1/16


Scarlett
BGB § 133 C, § 157 Ga; ZPO § 1029 Abs. 1
Haben die Parteien eines Vermehrungsvertrages für Saatgetreide vereinbart, dass Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag der Entscheidung durch ein Schiedsgericht unterworfen sein sollen, schließt diese Abrede Streitigkeiten über die Verwendung des vom Züchter gelieferten und zur Vermehrung bestimmten Saatguts für den Nachbau ein.
Urteil vom 25. Oktober 2016 - X ZR 27/15


Zungenbett
EPÜ Art. 69 Abs. 1; PatG § 14
Gleiche Begriffe haben im Zusammenhang eines Patentanspruchs im Zweifel auch gleiche Bedeutung. Ein unterschiedliches Verständnis eines Begriffs im Oberbegriff und im Kennzeichen eines Patentanspruchs oder sonst in unterschiedlichen Zusammenhängen kommt nur dann in Betracht, wenn die Auslegung des Patentanspruchs in seiner Gesamtheit unter Berücksichtigung der Beschreibung und der Zeichnungen ein solches Verständnis ergibt.
Urteil vom 5. Oktober 2016 - X ZR 21/15


EPÜ Art. 76 Abs. 1 Satz 2; AOEPÜ Regel 22; IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1
Der Umstand, dass eine vom materiell Berechtigten eingereichte Teilanmeldung formell fehlerhaft war, steht der Zubilligung des in Art. 76 Abs. 1 Satz 2 EPÜ vorgesehenen Zeitrangs in einem Nichtigkeitsverfahren jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Fehler zu einem späteren Zeitpunkt behoben wurde und eine Teilanmeldung zu diesem Zeitpunkt noch zulässig war.
EPÜ Art. 56; PatG § 4
a) Die Wahl einer bestimmten Entgegenhaltung oder Vorbenutzung als Ausgangspunkt für die Lösung eines technischen Problems bedarf grundsätzlich der Rechtfertigung (Bestätigung von BGH, Urteil vom 16. Dezember 2008 – X ZR 89/07, BGHZ 179, 168 = GRUR 2009, 382 Rn. 51 - Olanzapin; Urteil vom 18. Juni 2009 – Xa ZR 138/05, GRUR 2009, 1039 Rn. 20 - Fischbissanzeiger).
b) Für die Beurteilung der Frage, ob ein bestimmter Ausgangspunkt für den Fachmann naheliegend war, ist grundsätzlich ohne Bedeutung, ob andere Ausgangspunkte möglicherweise als noch näherliegend in Betracht kommen.
PatG § 117; ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
Ein gemäß § 83 Abs. 1 PatG erteilter Hinweis des Patentgerichts, ein in einem Unteranspruch vorgesehenes Merkmal dürfte aus den vorgelegten Dokumenten nicht bekannt sein, gibt dem Nichtigkeitskläger regelmäßig Veranlassung, die Gründe aufzuzeigen, aus denen die Patentfähigkeit für den Gegenstand dieses Unteranspruchs zu verneinen ist.
Urteil vom 5. Oktober 2016 - X ZR 78/14


PatG § 64 Abs. 1, § 83 Abs. 4, § 116 Abs. 2
a) Verteidigt der Patentinhaber das Streitpatent im Nichtigkeitsverfahren nur mit bestimmten Anspruchssätzen, rechtfertigt es die vollständige Nichtigerklärung des Patents, wenn es sich in keiner verteidigten Fassung als insgesamt rechtsbeständig erweist. Bei der Prüfung des Begehrens des Patentinhabers darf jedoch nicht am Wortlaut seiner Anträge gehaftet werden, sondern ist vom Gericht das tatsächlich Gewollte zu ermitteln und hierbei das gesamte Vorbringen des Patentinhabers zu berücksichtigen (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 – X ZB 6/05, BGHZ 173, 47 - Informationsübermittlungsverfahren II).
b) Stellt der Patentinhaber einen Anspruchssatz zur Entscheidung, der nebengeordnete Ansprüche enthält, die nicht nur wegen unterschiedlicher Anspruchskategorien in einem Nebenordnungsverhältnis stehen, sondern sachlich unterschiedliche Lösungen enthalten, liegt die Annahme regelmäßig fern, der Patentinhaber wolle auch die übrigen Patentansprüche nicht verteidigen, falls sich der Gegenstand nur eines dieser Ansprüche als nicht patentfähig oder ein Anspruch aus anderen Gründen als nicht zulässig oder nicht rechtsbeständig erweise.
Urteil vom 13. September 2016 - X ZR 64/14


Rezeptortyrosinkinase II
EPÜ Art. 52 Abs. 1 Buchst. d; PatG § 1 Abs. 3 Nr. 4, § 9 Satz 2 Nr. 3
a) Eine Datenfolge kommt nur dann als durch ein patentgeschütztes Verfahren unmittelbar hergestelltes Erzeugnis in Betracht, wenn sie sachlich-technische Eigenschaften aufweist, die ihr durch das Verfahren aufgeprägt worden sind, und sie daher ihrer Art nach tauglicher Gegenstand eines Sachpatents sein kann (im Anschluss an BGH, Urteil vom 21. August 2012 X ZR 33/10, BGHZ 194, 272 MPEG-2-Videosignalcodierung).
b) Die Darstellung eines mittels eines patentgeschützten Verfahrens gewonnenen Untersuchungsbefunds und hieraus gewonnener Erkenntnisse stellt als Wiedergabe von Informationen kein Erzeugnis dar, das Schutz nach § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG genießen kann.
Urteil vom 27. September 2016 - X ZR 124/15



PatG § 6 Satz 2, § 33 Abs. 1; BGB § 744 Abs. 2, § 745 Abs. 2, § 823 Abs. 1
Stehen Miterfindern die Rechte an der Erfindung in Bruchteilsgemeinschaft zu, ist die Anmeldung zum Patent durch einen Miterfinder jedenfalls dann nicht als notwendige Maßnahme zur Erhaltung des Gegenstands gerechtfertigt, wenn der Anmelder die Anmeldung nur im eigenen Namen vornimmt.
Einem auf diese Weise übergangenen Mitberechtigten steht ein Schadensersatzanspruch zu, der auch einen Ausgleich für vom Anmelder gezogene Gebrauchsvorteile umfassen kann (Weiterführung von BGH, Urteil vom 22. März 2005 – X ZR 152/03, BGHZ 162, 342 - Gummielastische Masse II).
Urteil vom 27. September 2016 - X ZR 163/12


Bundesgerichtshof zu Mehrkosten bei Eintritt eines Dritten in den Reisevertrag
BGB § 651b Abs. 2
Verlangt der Reisende, dass statt seiner ein Dritter in die Rechte und Pflichten aus dem Reisevertrag eintritt, gehören zu den dem Reiseveranstalter zu erstattenden Mehrkosten auch diejenigen Kosten, die sich daraus ergeben, dass der Luftbeförderungsvertrag, den der Reiseveranstalter vertragsgemäß für den Reisenden abgeschlossen hat, nicht auf einen Dritten übertragbar ist, so dass der Reiseveranstalter zur Erfüllung der Verpflichtung zur Luftbeförderung einen neuen Vertrag - zu einem höheren Preis - mit dem Luftverkehrsunternehmen abschließen muss, dessen er sich zur Erfüllung seiner Beförderungsverpflichtung bedient.
Urteile vom 27. September 2016 - X ZR 107/15 und X ZR 141/15
Pressemitteilung 170/16


ZPO § 719 Abs. 1
Eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem Patentverletzungsurteil des Berufungsgerichts im Revisionsverfahren oder im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kommt regelmäßig nicht in Betracht, wenn das Klagepatent in einem nachfolgenden Urteil des Patentgerichts nur teilweise durch die Aufnahme beschränkender Merkmale in einen oder mehrere Patentansprüche für nichtig erklärt worden ist, das Urteil des Berufungsgerichts tatrichterliche Feststellungen enthält, aus denen sich eine Verwirklichung der Patentansprüche auch in der Fassung des patentgerichtlichen Urteils ergibt und die Beklagte nicht aufzeigt, dass diese tatrichterlichen Feststellungen im Berufungsurteil verfahrensfehlerhaft getroffen worden sind.
Beschluss vom 12. September 2016 - X ZR 14/15


EPÜ Art. 69 Abs. 1; PatG § 14
Die Orientierung der Überlegungen des Fachmanns, mit denen er ein im Sinne des Merkmals der Erfindung gleichwirkendes Austauschmittel als gleichwirkend auffinden kann, am Patentanspruch und damit die Verletzung des Patents mit äquivalenten Mitteln kann regelmäßig nicht mit der Begründung verneint werden, der Patentinhaber habe sich mit der konkreten Formulierung des Merkmals auf eine dessen Wortsinn entsprechende Ausgestaltung festgelegt.
Urteil vom 23. August 2016 - X ZR 76/14


PatG § 83
Verteidigt der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Patentgericht das Streitpatent in einer geänderten Fassung, die Merkmalen eines zuvor gestellten Hilfsantrags weitere, einem geltenden Unteranspruch entnommene Merkmale hinzufügt, darf ein in der mündlichen Verhandlung vom Kläger vorgebrachtes neues Angriffsmittel gegen die Patentfähigkeit dieser technischen Lehre jedenfalls dann nicht als verspätet zurückgewiesen werden, wenn der qualifizierte Hinweis des Patentgerichts dem Beklagten Veranlassung gab, die in der mündlichen Verhandlung verteidigte Fassung des Patents bereits innerhalb der vom Patentgericht gesetzten Frist zu formulieren.
Beschluss vom 23. August 2016 - X ZR 81/14


ZPO § 529 Abs.1 Nr.1; PatG § 117 Satz 1
Das Berufungsgericht ist nicht gehindert, die vom Erstgericht bejahte Glaubhaftigkeit der Bekundungen eines Zeugen zu verneinen, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten, der Zeuge jedoch verstorben ist oder seine erneute Vernehmung aus anderen Gründen nicht möglich ist.
Urteil vom 16. August 2016 - X ZR 96/14


BGB § 651d, § 651f
Die Anzeige eines Reisemangels durch den Reisenden ist nicht schon deshalb entbehrlich, weil dem Reiseveranstalter der Mangel bereits bekannt ist.
Urteil vom 19. Juli 2016 - X ZR 123/15


Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union zu Ausgleichsansprüchen wegen Flugverspätung
VO (EG) Nr. 261/2004 (FluggastrechteVO) Art. 7
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 67 AEUV folgende Frage zur Auslegung der Fluggastrechteverordnung vorgelegt:
Kann ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 auch dann bestehen, wenn ein Fluggast wegen einer relativ geringfügigen Ankunftsverspätung einen direkten Anschlussflug nicht erreicht und dies eine Verspätung von drei Stunden und mehr am Endziel zur Folge hat, die beiden Flüge aber von unterschiedlichen Luftfahrtunternehmen ausgeführt wurden und die Buchungsbestätigung durch ein Reiseunternehmen erfolgte, das die Flüge für seinen Kunden zusammengestellt hat?
Beschluss vom 19. Juli 2016 - X ZR 138/15
Pressemitteilung 127/16


BGB § 311b Abs. 3, § 518 Abs. 2
Der Formmangel eines Schenkungsvertrags, in dem sich der Schenker zur Übertragung seines gesamten gegenwärtigen Vermögens verpflichtet, wird nicht durch Vollzug geheilt.
Urteil vom 28. Juni 2016 - X ZR 65/14


ZPO § 110 Abs. 1, § 97 Abs. 2
a) Hat eine nach dem Recht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum errichtete Gesellschaft ihren satzungsmäßigen Sitz in diesem Mitglied- oder Vertragsstaat, ist sie jedenfalls dann nicht verpflichtet, auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit zu leisten, wenn sämtliche Orte, an die zur Bestimmung des tatsächlichen Verwaltungssitzes angeknüpft werden könnte, ebenfalls in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegen.
b) Der aufgrund neuer, in ihrem Einflussbereich eingetretener tatsächlicher Umstände obsiegenden Partei können Kosten des Rechtsmittelverfahrens nur dann auferlegt werden, wenn sie dadurch gegen ihre Prozessförderungspflicht verstoßen hat, dass sie diese Umstände nicht bereits in einem früheren Rechtszug herbeigeführt hat.
Urteil vom 21. Juni 2016 - X ZR 41/15


PatG § 116 Abs. 2
Die hilfsweise Verteidigung des Streitpatents mit geänderten Ansprüchen in der Berufungsinstanz kann als sachdienlich anzusehen sein, wenn das Patentgericht den Beklagten erst in der mündlichen Verhandlung davon in Kenntnis gesetzt hat, dass es an einer im Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG geäußerten, dem Beklagten günstigen Einschätzung nicht festhält.
Urteil vom 21. Juni 2016 - X ZR 41/14


EPÜ Art. 69 Abs. 1; EuPatAuslProt Art. 1, 2; PatG § 14
a) Eine Patentverletzung mit äquivalenten Mitteln ist in der Regel zu verneinen, wenn die Beschreibung mehrere Möglichkeiten offenbart, wie eine bestimmte technische Wirkung erzielt werden kann, jedoch nur eine dieser Möglichkeiten in den Patentanspruch aufgenommen worden ist (Bestätigung von BGH, Urteil vom 10. Mai 2011 – X ZR 16/09, BGHZ 189, 330 = GRUR 2011, 701 Rn. 35 - Okklusionsvorrichtung; Urteil vom 13. September 2011 – X ZR 69/10, GRUR 2012, 5 Rn. 44 - Diglycidverbindung).
b) Für die Anwendbarkeit dieses Grundsatzes reicht es nicht aus, dass sich eine vom Patent beanspruchte Ausführungsform aufgrund von Angaben in der Beschreibung oder aus sonstigen Gründen als spezieller Anwendungsfall eines allgemeineren Lösungsprinzips darstellt und der Fachmann aufgrund dieser Erkenntnis in der Lage war, weitere diesem Lösungsprinzip entsprechende Ausführungsformen aufzufinden.
Urteil vom 14. Juni 2016 - X ZR 29/15


EPÜ Art. 69; PatG § 14; BGB § 242; TRIPS Art. 30; Richtlinie 2004/48/EG Art. 3 Abs. 2
a) Die Ermittlung des Sinngehalts eines Unteranspruchs kann grundsätzlich zur richtigen Auslegung des Hauptanspruchs eines Patents beitragen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Unteransprüche regelmäßig den Gegenstand des Hauptanspruchs nicht einengen, sondern nicht anders als Ausführungsbeispiele lediglich - gegebenenfalls mit einem zusätzlichen Vorteil verbundene - Möglichkeiten seiner Ausgestaltung aufzeigen.
b) Die Einräumung einer Aufbrauchfrist kommt im Patentverletzungsprozess nur dann in Betracht, wenn die sofortige Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs des Patentinhabers auch unter Berücksichtigung seiner Interessen aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls gegenüber dem Verletzer eine unverhältnismäßige, durch das Ausschließlichkeitsrecht und die regelmäßigen Folgen seiner Durchsetzung nicht gerechtfertigte Härte darstellte und daher treuwidrig wäre.
Urteil vom 10. Mai 2016 - X ZR 114/13


VOB/A (2012) § 16 Abs. 6 Nr. 3
Ist der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen, bedarf es im Unterschwellenbereich auch bei der Zulassung von Nebenangeboten nicht in jedem Fall der Festlegung von Kriterien zur Angebotswertung. Dies ist vielmehr nur dann der Fall, wenn ohne ausdrücklich formulierte Wertungskriterien das wirtschaftlichste Angebot nicht nach transparenten und willkürfreien Gesichtspunkten bestimmt werden kann (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 8. September 1998 - X ZR 109/96, BGHZ 139, 273, 278).
Beschluss vom 10. Mai 2016 - X ZR 66/15


EPÜ Art. 52 Abs. 1, Art. 56; PatG § 1 Abs. 1, § 4
a) Ein Verfahren zum Nachweis einer bestimmten Antigen-Antikörper-Reaktion (hier: Antikörper gegen Gewebe-Transglutaminase) wird nicht durch eine Vorveröffentlichung neuheitsschädlich getroffen, in der zwar eine spezifische Immunreaktion (hier: zur Diagnose der Zöliakie) beschrieben wird, jedoch weder Antigen noch Antikörper näher charakterisiert werden.
b) Der Umstand, dass in einem zusammenfassenden Zwischenbericht (Abstract) über noch nicht abgeschlossene Forschungsarbeiten zwei Antigene als identifiziert bezeichnet werden, legt es dem an der Entwicklung eines hinreichend spezifischen Immunoassays interessierten Fachmann nicht notwendigerweise nahe, sich um die Nacharbeitung der berichteten Forschungsergebnisse zu bemühen. Für die Erfolgserwartung des Fachmanns kann auch von Bedeutung sein, inwieweit ihm die Angaben im Abstract eine Einschätzung der Sachgerechtigkeit und Zuverlässigkeit der Versuchsanlage und -durchführung und der Reproduzierbarkeit der angegebenen Ergebnisse erlauben.
Urteil vom 19. April 2016 - X ZR 148/11


GWB §§ 102 ff.; VOF 2006 § 15 Abs. 1, 2, § 24 Abs. 3; VOF 2009 § 13 Abs. 2, 3, § 20 Abs. 3
Hat sich ein Architekt oder Ingenieur an einem nach der Vergabeordnung für freiberufliche Dienstleistungen durchgeführten, dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen unterliegenden Vergabeverfahren beteiligt, in dem für über die Bearbeitung der Angebotsunterlagen hinausgehende Leistungen eine pauschale Vergütung als abschließende Zahlung vorgesehen ist, kann er die Bindung an diese Vergütung nur durch Rüge gegenüber dem Auftraggeber und Einleitung eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens beseitigen. Unterlässt er dies, stehen ihm keine weitergehenden Honoraransprüche für die in Rede stehenden Leistungen zu. Das gilt unabhängig davon, ob eine Vergütung als zu gering und deshalb nicht angemessen i.S.von § 13 Abs. 3 VOF 2009 beanstandet wird, oder ob der Auftraggeber nach Ansicht des Bieters im Vergabeverfahren als Angebot nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure mit einem höheren Betrag zu vergütende Lösungsvorschläge für die Planungsaufgabe verlangt hat.
Urteil vom 19. April 2016 - X ZR 77/14


BGB § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1, § 434 Abs. 1
a) Haben die Parteien eines Forschungs- und Entwicklungsvertrags vereinbart, dass jede Partei mit den von ihr getragenen Entwicklungskosten belastet bleibt, wenn die Entwicklung eines marktfähigen Produkts scheitert, kommt eine Einstandspflicht einer Partei für einen - unentdeckt gebliebenen - der Fertigstellung der Entwicklung entgegenstehenden Mangel des dem Vertrag zugrunde liegenden technischen Konzepts regelmäßig nicht in Betracht.
b) Überträgt eine Partei des Forschungs- und Entwicklungsvertrags ihre vertragliche Rechtsposition - mit Zustimmung der anderen Vertragspartei - entgeltlich auf einen Dritten, stellt ein solcher konzeptioneller Mangel, sofern er weiterhin unentdeckt geblieben ist, weder ohne weiteres einen Fehler des übertragenen Rechts dar, noch berechtigt er den Zessionar ohne weiteres dazu, sich vom Übertragungsvertrag zu lösen oder die vereinbarte Gegenleistung zu verweigern.
Urteil vom 5. April 2016 - X ZR 8/13


BGB § 307
Eine für sich genommen unbedenkliche Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Verkehrsbetriebs, wonach ein Fahrgast, dessen Berechtigung zur Teilnahme an einem preislich vergünstigten Großkundenabonnement endet, bei unterbliebener Rückgabe der Fahrkarte für die verbleibende Zeit bis zum Ablauf der auf dieser vermerkten Geltungsdauer ein höheres Entgelt zu entrichten hat, benachteiligt den Fahrgast unangemessen, wenn sich aus einer anderen Regelung ergibt, dass der Fahrgast mit Beendigung der Teilnahme am Großkundenabonnement das Recht verliert, die Leistungen des Verkehrsbetriebs zu nutzen.
Urteil vom 22. März 2016 - X ZR 18/15


FluggastrechteVO Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 7 Abs. 1, Art. 14 Abs. 2; BGB § 286 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 4
Das ausführende Luftfahrtunternehmen braucht die Kosten für einen vom Fluggast mit der erstmaligen Geltendmachung einer Ausgleichsleistung wegen Annullierung oder großer Verspätung beauftragten Rechtsanwalt nicht zu erstatten, wenn es die in Art. 14 Abs. 2 FluggastrechteVO vorgesehenen Informationen erteilt hat. Etwas anderes kann gelten, wenn die erteilten Hinweise lückenhaft, unverständlich oder sonst so unklar sind, dass der Fluggast nicht sicher erkennen kann, was er tun muss.
Urteil vom 25. Februar 2016 - X ZR 35/15


EPÜ Art. 56
a) Für eine Veranlassung des Fachmanns, eine in einem Entwurf für einen technischen Standard beschriebene Routine in bestimmter, dem Ziel des Verfahrens dienlicher Weise weiterzuentwickeln, kann es sprechen, wenn im Entwurf enthaltene Verfahrensschritte ohnehin darauf angelegt sind, vom Fachmann konkretisiert zu werden, oder die Routine aus fachmännischer Sicht (möglicherweise) noch lückenhaft und im weiteren Standardisierungsprozess mit ergänzenden Angaben auszufüllen ist.
b) Kommen für den Fachmann zur Lösung eines Problems mehrere Alternativen in Betracht, können mehrere von ihnen naheliegend sein. Grundsätzlich ohne Bedeutung ist insofern, welche der Lösungsalternativen der Fachmann als erste in Betracht zöge.
Urteil vom 16. Februar 2016 - X ZR 5/14


Luftfahrtunternehmen dürfen Zahlung des Flugpreises bei Buchung verlangen

BGB § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, § 320 Abs. 1, § 631 Abs. 1, § 641 Abs. 1, § 646
a) Die Vereinbarung einer Verpflichtung des Fahr- oder Fluggastes, das Beförderungsentgelt bei Vertragsschluss zu entrichten, widerspricht nicht wesentlichen Grundgedanken des Rechts des Personenbeförderungsvertrags.
b) Eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Luftverkehrsunternehmens, nach der der Flugpreis unabhängig vom Zeitpunkt der Buchung bei Vertragsschluss zur Zahlung fällig ist, stellt keine unangemessene Benachteiligung des Fluggastes dar.
Urteile vom 16. Februar 2016 - X ZR 97/14, X ZR 98/14, X ZR 5/15
Pressemitteilung 41/16


EPÜ Art. 52 Abs. 2 Buchst. a, Abs. 3; PatG § 1 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4, § 1a Abs. 1, 2
Eine Lehre zum technischen Handeln, die die Nutzung einer Entdeckung zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs lehrt, ist dem Patentschutz unabhängig davon zugänglich, ob die Lehre über die zweckgerichtete Nutzung des aufgedeckten naturgesetzlichen Zusammenhangs hinaus einen "erfinderischen Überschuss" enthält. Dies gilt auch für die Bereitstellung einer für ein Humanprotein codierenden Nukleinsäuresequenz. Einer Kennzeichnung der Sequenz als isoliert oder durch ein technisches Verfahren gewonnen im Patentanspruch bedarf es dabei nicht.
Urteil vom 19. Januar 2016 - X ZR 141/13


RVG § 33
Für eine gesonderte, vom Streitwert der Hauptsache abweichende Festsetzung des Werts der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten eines Streithelfers der Hauptpartei im Rechtsmittelverfahren ist auch dann kein Raum, wenn der Streithelfer im betreffenden Rechtszug keine Anträge gestellt hat.
Beschluss vom 12. Januar 2016 - X ZR 109/12


ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 5, 6; GVG § 17a Abs. 4 Satz 3, § 17b Abs. 1
Mit einem an einen obersten Gerichtshof des Bundes gerichteten Gerichtsstandsbestimmungsantrag kann von einem Verfahrensbeteiligten nicht zur Überprüfung gestellt werden, ob die Verweisung des Verfahrens an das Gericht eines anderen Rechtswegs zu Recht erfolgt ist.
Beschluss vom 12. Januar 2016 - X ARZ 693/15


Zur Haftung des Reiseveranstalters für Zusatzleistungen am Urlaubsort

BGB § 651a
a) Ob ein Reiseveranstalter, der dem Reisenden Zusatzleistungen am Urlaubsort anbietet, insoweit lediglich als Vermittler oder als Veranstalter auch dieser Leistungen tätig wird, hängt von dem Gesamteindruck ab, den der Reiseveranstalter mit den erteilten Informationen, insbesondere Angebotsunterlagen und weiteren Erläuterungen hierzu, beim Reisenden erweckt.
b) Will ein Reiseveranstalter lediglich eine Fremdleistung vermitteln, muss ein entsprechender Hinweis deutlich und unmissverständlich sein. Die Forderungen sind umso höher, je stärker das übrige Verhalten auf eine Stellung als Veranstalter der Zusatzleistung hindeutet.
Urteil vom 12. Januar 2016 - X ZR 4/15
Pressemitteilung 4/16


PatG § 116 Abs. 2, § 117, § 83 Abs. 1; ZPO § 529 Abs. 1
a) Die hilfsweise Verteidigung des Streitpatents mit geänderten Ansprüchen in der Berufungsinstanz kann regelmäßig nicht als sachdienlich im Sinne von § 116 Abs. 2 Nr. 1 PatG angesehen werden, wenn der Beklagte dazu bereits in erster Instanz Veranlassung hatte.
b) Ein Anlass zur zumindest hilfsweisen beschränkten Verteidigung in der ersten Instanz kann sich daraus ergeben, dass das Patentgericht in seinem nach § 83 Abs. 1 PatG erteilten Hinweis mitgeteilt hat, dass nach seiner vorläufigen Auffassung der Gegenstand des Streitpatents nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen dürfte.
c) Macht der Beklagte in der ersten Instanz keinen eigenständigen erfinderischen Gehalt der auf den Hauptanspruch rückbezogenen Unteransprüche des Streitpatents geltend und erklärt er nach richterlichem Hinweis in der mündlichen Verhandlung vor dem Patentgericht, dass es bei der Verteidigung der erteilten Fassung sein Bewenden haben soll, handelt es sich um ein neues Verteidigungsmittel, wenn der Beklagte in der Berufungsinstanz das Streitpatent erstmals hilfsweise beschränkt durch die Kombination des Hauptanspruchs mit Unteransprüchen des Streitpatents verteidigt und sich zur Begründung auf einen eigenständigen erfinderischen Gehalt der Unteransprüche beruft.
Urteil vom 15. Dezember 2015 - X ZR 111/13


PatG § 14; EPÜ Art. 69
a) Ein Unternehmen, das ein Produkt, dessen Vertrieb für einen bestimmten Verwendungszweck nur unter bestimmten, dem Schutz der Gesundheit dienenden Voraussetzungen rechtlich zulässig ist, zu diesem Verwendungszweck anbietet oder in Verkehr bringt, gibt damit unter gewöhnlichen Umständen zu erkennen, dass es diese Voraussetzungen als erfüllt ansieht.
b) Ist der Vertrieb eines Produkts für einen bestimmten Verwendungszweck nur mit einem gesundheitsrelevanten Warnhinweis rechtlich zulässig, gibt ein Unternehmen, das ein solches Produkt ohne entsprechenden Hinweis zu diesem Verwendungszweck anbietet oder in Verkehr bringt, unter gewöhnlichen Umständen zu erkennen, dass es das Produkt als ohne Warnhinweis verkehrsfähig ansieht.
c) Der gesetzliche Vertreter einer Gesellschaft, die ein patentverletzendes Erzeugnis herstellt oder erstmals im Inland in den Verkehr bringt, ist dem Verletzten zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er die ihm möglichen und zumutbaren Maßnahmen unterlässt, die Geschäftstätigkeit des Unternehmens so einzurichten und zu steuern, dass hierdurch keine technischen Schutzrechte Dritter verletzt werden.
d) Für die Annahme, dass die schuldhafte Verletzung eines Patents durch eine Gesellschaft, die ein Produkt herstellt oder in den inländischen Markt einführt, auf einem schuldhaften Fehlverhalten ihres gesetzlichen Vertreters beruht, bedarf es im Regelfall keines näheren Klägervortrags und keiner näheren tatrichterlichen Feststellungen zu den dafür maßgeblichen Handlungen des gesetzlichen Vertreters.
Urteil vom 15. Dezember 2015 – X ZR 30/14


BGB § 323; AGBGB BW §§ 13, 16
a) Der Übergeber kann von einem Altenteilsvertrag auch dann zurücktreten, wenn der Vertrag vollzogen worden ist. Ein Recht zum Rücktritt von einem dauerhaft ins Werk gesetzten Hofübergabevertrag steht ihm jedoch nur dann zu, wenn die Verletzung der vertraglichen Pflichten des Übernehmers auch in Ansehung des eigenen Verhaltens des Übergebers ein solches Gewicht hat, dass diesem das Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann.
b) Das Rücktrittsrecht ist in Baden-Württemberg grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Übernehmer nicht bereits wegen einer Vertragsverletzung rechtskräftig zu einer ihm nach dem Altenteilsvertrag obliegenden Leistung verurteilt worden ist.
c) Dem Übernehmer steht auch bei beiderseitigem das Zusammenleben auf dem Hof störendem Fehlverhalten ein Kündigungsrecht nach § 16 Abs. 1 AGBGB BW zu, wenn die Störung vorwiegend durch den Übergeber verursacht wird und das weitere Zusammenleben unzumutbar erschwert.
Urteil vom 8. Dezember 2015 - X ZR 98/13


ZPO § 32b Abs. 1 Nr. 2
a) Für die Zuständigkeit nach § 32b Abs. 1 Nr. 2 ZPO reicht es aus, wenn nach dem Klägervortrag eine öffentliche Kapitalmarktinformation verwendet wurde. Ob dies durch Übergabe des Prospekts oder in sonstiger Weise erfolgte, ist unerheblich.
b) Trägt der Kläger vor, dass ein Berater oder Vermittler eine in einem Prospekt veröffentlichte Kapitalmarktinformation verwendet hat, ist näheres Vorbringen zu der Frage, ob diese Information unmittelbar oder mittelbar auf den Prospekt zurückgeht, jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn keine anderen Quellen ersichtlich sind, denen der Berater oder Vermittler sie unabhängig vom Prospektinhalt hätte entnehmen können.
Beschluss vom 8. Dezember 2015 - X ARZ 573/15


BGB § 823
a) Den vom Schutzrechtsinhaber im Hinblick auf eine Schutzrechtsverwarnung eingeschalteten Rechtsanwalt trifft gegenüber dem später Verwarnten eine Garantenpflicht dahin, den Schutzrechtsinhaber nicht in einer die Rechtslage unzutreffend einschätzenden Weise über die Berechtigung der Schutzrechtsverwarnung zu beraten.
b) Geht die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung auf eine fahrlässig unzutreffende Rechtsberatung des Schutzrechtsinhabers durch einen Rechtsanwalt zurück, kann der Rechtsanwalt neben dem Schutzrechtsinhaber unter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zum Schadensersatz verpflichtet sein.
c) Hat der Rechtsanwalt den Schutzrechtsinhaber bei unklarer Rechtslage auf alle wesentlichen Gesichtspunkte hingewiesen, die für oder gegen eine Verletzung des Schutzrechts sprechen, und entscheidet sich der Schutzrechtsinhaber trotz der aufgezeigten Bedenken dazu, die Verwarnung auszusprechen, kommt eine Haftung des Rechtsanwalts wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung nach § 823 Abs. 1 BGB regelmäßig nicht in Betracht.
Urteil vom 1. Dezember 2015 - X ZR 170/12

BGB § 651i Abs. 2 und 3
a) Der Reiseveranstalter kann eine Reiseleistung, die Gegenstand eines Reisevertrags sein sollte, von dem der Reisende zurückgetreten ist, nur dann durch die erneute Buchung der gleichen Reiseleistung durch einen anderen Reisenden anderweitig verwenden, wenn er die weitere Nachfrage nach der Reiseleistung ohne den Rücktritt mangels freier Kapazität nicht hätte befriedigen können.
b) Den Anknüpfungspunkt für die Ermittlung der gewöhnlichen Möglichkeit anderweitiger Verwendung von Reiseleistungen, die Gegenstand stornierter Reiseverträge waren, bilden Erfahrungswerte, die hinreichend verlässlich Auskunft darüber geben, wie sich die typische Nachfrage nach einer diese Reiseleistungen umfassenden Reise darstellt. Wird die Reiseleistung im Rahmen unterschiedlicher Reisen angeboten, darf die Betrachtung weder auf willkürlich gewählte Reiseangebote beschränkt werden, noch ist stets ohne weiteres eine Durchschnittsbetrachtung zulässig. Die Erfahrungswerte müssen vielmehr repräsentativ für die Gesamtheit der Reisen sein, die der Reiseveranstalter in der jeweiligen Kategorie oder Preisklasse anbietet.
Urteil vom 3. November 2015 - X ZR 122/13


IntPatÜbkG Art. II ; § 6 Abs. 3; EPÜ Art. 84 Satz 2; ZPO § 62
a) Im Falle einer Selbstbeschränkung durch den Patentinhaber im Nichtigkeitsverfahren ist eine Prüfung der Klarheit des beschränkten Patentanspruchs jedenfalls insoweit nicht statthaft, als die mutmaßliche Unklarheit bereits in den erteilten Ansprüchen enthalten war.
b) Ist eine Patentnichtigkeitsklage von mehreren Klägern erhoben oder sind mehrere Klageverfahren, die dasselbe Patent zum Gegenstand haben, zum Zwecke der gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden, sind die Kläger notwendige Streitgenossen gemäß § 62 ZPO.
Urteil vom 27. Oktober 2015 - X ZR 11/13


PatG §§ 8, 63 Abs. 2 Satz 1
Ob ein Berechtigter die Übertragung einer Patentanmeldung oder die Einräumung einer Mitberechtigung daran verlangen kann bzw. ob ein Anspruch auf Nennung als (Mit-)Erfinder besteht, erfordert einen prüfenden Vergleich der zum Patent angemeldeten Lehre mit derjenigen, deren widerrechtliche Entnahme geltend gemacht wird. Dazu ist in erster Linie zu untersuchen, inwieweit beide Lehren übereinstimmen. Ob eine widerrechtliche Entnahme vorliegt, lässt sich in der dafür vorzunehmenden Gesamtschau zuverlässig nur auf der Grundlage festgestellter Übereinstimmungen zwischen der als entnommen geltend gemachten und der angemeldeten Lehre beurteilen (Weiterführung von BGH, Urteil vom 11. November 1980 – X ZR 58/79, BGHZ 78, 358 ff. – Spinnturbine II und Urteil vom 17. Januar 1995 – X ZR 130/93, Mitt. 1996, 16, 18 - Gummielastische Masse I).
Urteil vom 20. Oktober 2015 - X ZR 149/12


GKG § 22 Abs. 1 Satz 1, § 66 Abs. 6 Satz 2, § 71 Abs. 1
a)  Bei Erinnerungen gegen den Kostenansatz in Rechtsmittelverfahren, die vor Inkrafttreten des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. August 2013 beim Bundesgerichtshof eingeleitet worden sind, liegt die funktionelle Entscheidungszuständigkeit weiterhin beim Senat.
b)  Schließt sich der Berufungsbeklagte der Berufung an, wird er regelmäßig neben dem Berufungskläger zum weiteren Antragsschuldner im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Beschluss vom 19. Oktober 2015 - X ZR 54/11


MÜ Art. 19; BGB § 241
a) Werden Reisende, Reisegepäck oder Güter nicht zum Bestimmungsort befördert, stellt dies keinen Fall der Verspätung bei der Luftbeförderung im Sinne von Art. 19 MÜ dar.
b) Sollen vor einer Luftbeförderung Reisegepäckstücke eines Fluggasts vom Transport ausgenommen werden, weil sie nach den Luftsicherheitsvorschriften möglicherweise nicht mittransportiert werden dürfen, trifft das Luftfahrtunternehmen grundsätzlich die vertragliche Pflicht, auf die Hinzuziehung des Fluggastes hinzuwirken, um ihm Gelegenheit zur Aufklärung zu schaffen.
Urteil vom 13. Oktober 2015 - X ZR 126/14


PatG § 14; EPÜ Art. 69
Werden in einer Patentschrift zwei sich nur graduell unterscheidende Maßnahmen (hier: Blockieren und Drosseln eines Luftstroms) ohne nähere Differenzierung als Ausgangspunkt für eine im Stand der Technik auftretende Schwierigkeit benannt, so kann aus dem Umstand, dass im Patentanspruch nur die stärker wirkende Maßnahme (hier: Blockieren) erwähnt ist, nicht ohne weiteres gefolgert werden, dass die schwächer wirkende Maßnahme zur Verwirklichung der geschützten Lehre nicht ausreicht.
Urteil vom 13. Oktober 2015 - X ZR 74/14


ZPO § 104 Abs. 1 Satz 2
a) Wird eine zugunsten des Beklagten ergangene Kostengrundentscheidung aufgrund einer Klagerücknahme wirkungslos, so ist der Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO dennoch vom Zeitpunkt des Eingangs eines auf der Grundlage der ersten Entscheidung eingereichten Kostenfestsetzungsantrags an zu verzinsen, soweit gemäß § 269 Abs. 4 ZPO eine inhaltsgleiche Kostenentscheidung zugunsten des Beklagten ergangen ist.
b) Wird eine Kostengrundentscheidung aufgehoben oder zu Ungunsten des Gläubigers abgeändert, zu einem späteren Zeitpunkt aber wiederhergestellt, so ist eine Verzinsung des Anspruchs auf Kostenerstattung gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO frühestens von dem Zeitpunkt an möglich, in dem die wiederherstellende Entscheidung verkündet worden ist.
Beschluss vom 22. September 2015 - X ZB 2/15


EPÜ Art. 87 Abs. 1
Die Priorität einer Voranmeldung, die eine Bereichsangabe enthält, kann jedenfalls dann wirksam in Anspruch genommen werden, wenn der in der Nachanmeldung beanspruchte, innerhalb dieses Bereichs liegende einzelne Wert oder Teilbereich in der Voranmeldung als mögliche Ausführungsform der Erfindung offenbart ist.
Urteil vom 15. September 2015 - X ZR 112/13


EPÜ Art. 54 Abs. 3
Eine ältere nachveröffentlichte Patentanmeldung ist bei der Neuheitsprüfung auch dann zu berücksichtigen, wenn sie nach ihrer Veröffentlichung zurückgenommen wird oder als zurückgenommen gilt.
Urteil vom 8. September 2015 - X ZR 113/13


PatKostG § 11 Abs. 3, § 9
a) § 11 Abs. 3 PatKostG schließt nicht nur eine Beschwerde, sondern auch eine Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen des Bundespatentgerichts über den Kostenansatz aus.
b) Die Frage, ob Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung niederzuschlagen sind, betrifft den Kostenansatz.
Beschluss vom 25. August 2015 - X ZB 8/14


RVG § 11
Die Vergütung des Patentanwalts für die Vertretung einer Partei oder die Mitwirkung bei der Vertretung einer Partei im gerichtlichen Verfahren kann nicht nach § 11 RVG gegen den Auftraggeber festgesetzt werden.
Beschluss vom 25. August 2015 - X ZB 5/14


Bundesgerichtshof erklärt Patent zur Entsperrung eines Touchscreens für nichtig

EPÜ Art. 52 Abs. 2 Buchst. d, Art. 56; PatG § 1 Abs. 3 Nr. 4, § 4
a) Bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit bleiben Anweisungen, die die Vermittlung bestimmter Inhalte betreffen und damit darauf zielen, auf die menschliche Vorstellung oder Verstandesfähigkeit einzuwirken, als solche außer Betracht. Anweisungen, die Informationen betreffen, die nach der erfindungsgemäßen Lehre wiedergegeben werden sollen, können die Patentfähigkeit unter dem Gesichtspunkt der erfinderischen Tätigkeit nur insoweit stützen, als sie die Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 26. Oktober 2010 – X ZR 47/07, GRUR 2011, 125 - Wiedergabe topografischer Informationen; Urteil vom 26. Februar 2015 – X ZR 37/13, GRUR 2015, 660 - Bildstrom).
b) Informationsbezogene Merkmale eines Patentanspruchs sind darauf hin zu untersuchen, ob die wiederzugebende Information sich zugleich als Ausführungsform eines - im Patentanspruch nicht schon anderweitig als solches angegebenen - technischen Lösungsmittels darstellt. In einem solchen Fall ist das technische Lösungsmittel bei der Prüfung auf Patentfähigkeit zu berücksichtigen.
Urteil vom 25. August 2015 – X ZR 110/13
Pressemitteilung 151/15


PatKostG § 6 Abs. 2
a) Legen mehrere Patentinhaber gegen eine Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts im Einspruchsverfahren Beschwerde ein, hat jeder eine Beschwerdegebühr (Gebührenverzeichnis zum PatKostG Nr. 401100) zu entrichten.
b) Wird bei einer von mehreren Beteiligten erhobenen Beschwerde nur eine Gebühr gezahlt, ist zu prüfen, ob die entrichtete Gebühr einem der Beschwerdeführer zugeordnet werden kann.
Beschluss vom 18. August 2015 - X ZB 3/14


Zum Gerichtsstand für Ausgleichsansprüche wegen Flugverspätung

Brüssel I - VO Art. 5 Nr. 1 Buchst. a, Buchst. b, 2. Spiegelstich
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt:
1. Ist Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen dahin auszulegen, dass der Begriff "Ansprüche aus einem Vertrag" auch einen Anspruch auf Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 296/91 erfasst, der gegenüber einem ausführenden Luftfahrtunternehmen verfolgt wird, welches nicht Vertragspartner des betroffenen Fluggasts ist?
2. Soweit Art. 5 Nr. 1 VO (EG) Nr. 44/2001 Anwendung findet: Ist bei einer Personenbeförderung auf einer aus mehreren Flügen bestehenden Flugverbindung ohne nennenswerten Aufenthalt auf den Umsteigeflughäfen der Abflugort der ersten Teilstrecke als Erfüllungsort gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Spiegelstrich VO (EG) Nr. 44/2001 anzusehen, auch wenn die Flugverbindung von unterschiedlichen Luftfahrtunternehmen durchgeführt worden ist und sich die Klage gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen einer anderen Teilstrecke richtet, auf der es zu einer großen Verspätung gekommen ist?
Beschluss vom 18. August 2015 – X ZR 2/15
Pressemitteilung 147/15


PatG § 119 Abs. 3, Abs. 5
Im Patentnichtigkeitsverfahren ist die Sache im Falle der Aufhebung des patentgerichtlichen Urteils durch den Bundesgerichtshof regelmäßig zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Patentgericht zurückzuverweisen, wenn dieses eine Erstbewertung des Standes der Technik unter dem Gesichtspunkt der Patentfähigkeit noch nicht vorgenommen hat.
Urteil vom 7. Juli 2015 - X ZR 64/13


Bundesgerichtshof zur Qualifikation von Zuwendungen bei gleichzeitigem Erbverzicht

BGB §§ 516 Abs. 1, 530 Abs. 1, 2346
a)  Auch bei einer mit einem Erbverzicht verbundenen Zuwendung ist für deren Qualifikation als Schenkung maßgeblich, ob sich die Vertragsparteien über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung einig sind.
b) Ob eine unentgeltliche Zuwendung gewollt war, ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Maßgebliche Bedeutung kann hierbei neben dem Wortlaut des Vertrages über die Zuwendung und den Erbverzicht den Umständen seines Zustandekommens und seiner Ausgestaltung im Einzelnen zukommen.
c) Der Verzicht auf das Erb- und Pflichtteilsrecht nimmt der Zuwendung jedenfalls insoweit nicht den Charakter der Unentgeltlichkeit, als er nach dem Willen der Vertragsparteien der Ausgleichung der lebzeitigen Zuwendung bei der Erbfolge dienen soll. Ein solcher Wille ist mangels gegenläufiger Anhaltspunkte regelmäßig anzunehmen, wenn die Höhe der Zuwendung in etwa der Erberwartung entspricht oder diese gar übersteigt.
Urteil vom 7. Juli 2015 – X ZR 59/13
Pressemitteilung 111/15


PatG § 123
An einem einseitigen patentamtlichen Verfahren über einen Wiedereinsetzungsantrag des Patentinhabers ist ein wegen Verletzung des Patents in Anspruch genommener Dritter nicht beteiligt.
Beschluss vom 7. Juli 2015 - X ZB 4/14


PatG § 1 Abs. 3 Nr. 1, § 4; EPÜ Art. 52 Abs. 2 Buchst. a, Art. 56
a) Mathematische Methoden sind im Hinblick auf § 1 Abs. 3 Nr. 1 PatG nur dann patentierbar, wenn sie der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen.
b) Eine mathematische Methode kann nur dann als nicht-technisch angesehen werden, wenn sie im Zusammenhang mit der beanspruchten Lehre keinen Bezug zur gezielten Anwendung von Naturkräften aufweist.
c) Ein ausreichender Bezug zur gezielten Anwendung von Naturkräften liegt vor, wenn eine mathematische Methode zu dem Zweck herangezogen wird, anhand von zur Verfügung stehenden Messwerten zuverlässigere Erkenntnisse über den Zustand eines Flugzeugs zu gewinnen und damit die Funktionsweise des Systems, das der Ermittlung dieses Zustands dient, zu beeinflussen.
d) Ein Gegenstand, der neu ist und auf erfinderischer Tätigkeit beruht, kann nicht allein deshalb als nicht patentfähig angesehen werden, weil er im Vergleich zum Stand der Technik keinen erkennbaren Vorteil bietet.
Beschluss vom 30. Juni 2015 - X ZB 1/15


PatG § 38, § 14; EPÜ Art. 69 Abs. 1
a) Der Prüfung einer unzulässigen Erweiterung muss eine Auslegung des hierauf zu überprüfenden Patentanspruchs vorausgehen, bei der dessen Sinngehalt und insbesondere der Beitrag, den ein streitiges Merkmal zum Leistungsergebnis der Erfindung liefert, zu bestimmen sind.
b) Von der Bestimmung des Erfindungsgegenstands kann nicht mit der Begründung abgesehen werden, ein Merkmal sei unbestimmt und (deshalb) zur Abgrenzung vom Stand der Technik ungeeignet (im Anschluss an BGH, Urteil vom 31.März 2009 – X ZR 95/05, BGHZ 180, 215 - Straßenbaumaschine).
Urteil vom 9. Juni 2015 - X ZR 101/13


Zum Anspruch auf Ausgleichszahlung bei Vorverlegung eines Fluges
Urteil vom 9. Juni 2015 – X ZR 59/14
Pressemitteilung 89/15


EPÜ Art. 69; PatG § 14
a) Das Verletzungsgericht hat das Klagepatent selbständig auszulegen und ist weder rechtlich noch tatsächlich an die Auslegung durch den Bundesgerichtshof in einem das Klagepatent betreffenden Patentnichtigkeitsverfahren gebunden.
b) Werden in der Beschreibung eines Patents mehrere Ausführungsbeispiele als erfindungsgemäß vorgestellt, sind die im Patentanspruch verwendeten Begriffe im Zweifel so zu verstehen, dass sämtliche Beispiele zu ihrer Ausfüllung herangezogen werden können. Nur wenn und soweit sich die Lehre des Patentanspruchs mit der Beschreibung und den Zeichnungen nicht in Einklang bringen lässt und ein unauflösbarer Widerspruch verbleibt, dürfen diejenigen Bestandteile der Beschreibung, die im Patentanspruch keinen Niederschlag gefunden haben, nicht zur Bestimmung des Gegenstands des Patents herangezogen werden.
Urteil vom 2. Juni 2015 - X ZR 103/13


ZPO § 145; GVG § 17a
Eine  Verfahrenstrennung  gemäß  § 145  Abs. 1 ZPO  ist  nicht  zulässig,  wenn der Gegenstand des abgetrennten Verfahrens in einem zulässigen Eventualverhältnis  zu  dem  im  ursprünglichen  Verfahren  verbliebenen  Gegenstand steht.
Hat  ein  Gericht  entgegen  diesem  Grundsatz  eine  Verfahrenstrennung  ausgesprochen  und  das  abgetrennte  Verfahren  an  das  Gericht  eines  anderen Rechtswegs verwiesen, ist die Verweisung dennoch wirksam, sofern sie nicht mit den in § 17a Abs. 4 GVG vorgesehenen Rechtsmitteln angegriffen wird.
Beschluss vom 19. Mai 2015 - X ARZ 61/15


PatG § 38, § 14; EPÜ Art. 123 Abs. 2, Art. 69 Abs. 1
a) Der Prüfung einer unzulässigen Erweiterung muss die Ermittlung des Sinngehalts des hierauf zu überprüfenden Patentanspruchs vorausgehen.
b) Bei der Ermittlung des Sinngehalts eines Patentanspruchs ist auch ein für sich genommen eindeutiger Wortlaut nicht ausschlaggebend, wenn die Auslegung des Anspruchs unter Heranziehung der Beschreibung und der weiteren Patentansprüche ergibt, dass zwei im Patentanspruch verwendete Begriffe gegeneinander auszutauschen sind.
Urteil vom 12. Mai 2015 - X ZR 43/13


EPÜ Art. 54
Werden als Bestandteile einer Stoffzusammensetzung mehrere Stoffe oder Stoffgruppen alternativ beansprucht, fehlt es dem Gegenstand des Patents bereits dann an der erforderlichen Neuheit in der gesamten beanspruchten Bandbreite, wenn einer dieser Stoffe oder eine dieser Stoffgruppen als Bestandteil einer solchen Zusammensetzung bekannt war.
Urteil vom 5. Mai 2015 - X ZR 60/13


Kein Ausgleichsanspruch des kostenlos mitreisenden Kleinkinds

FluggastrechteVO Art. 3 Abs. 3 Satz 1
Ein kostenlos befördertes Kleinkind hat auch dann keinen Ausgleichsanspruch nach Art. 7 FluggastrechteVO, wenn sich die Entgeltfreiheit aus einem für die Öffentlichkeit verfügbaren Tarif ergibt.
Urteil vom 17. März 2015 – X ZR 35/14
Pressemitteilung 36/15


Bundesgerichtshof zur Beförderungsverweigerung durch Umbuchung der Teilnehmer einer Flugpauschalreise

FluggastrechteVO Art. 2 Buchst. f, g und j, Art. 3 Abs. 2 Buchst. a, Art. 4, Art. 7 Abs. 1
Ein Luftverkehrsunternehmen ist grundsätzlich auch dann zu einer Ausgleichszahlung wegen Nichtbeförderung verpflichtet, wenn es dem Fluggast, der über eine bestätigte Buchung für einen Flug verfügt, die Beförderung auf dem gebuchten Flug verweigert, bevor sich der Fluggast zur vorgesehenen Zeit zur Abfertigung für den gebuchten Flug einfinden kann.
Ist die Luftbeförderung Bestandteil einer Reise, kann sich die bestätigte Buchung auch aus einem von dem Reiseveranstalter hierüber ausgestellten Beleg ergeben.
Eine vorweggenommene Beförderungsverweigerung kann darin liegen, dass der Fluggast ohne seine Zustimmung von dem geplanten und tatsächlich durchgeführten auf einen anderen Flug umgebucht und von dem Luftverkehrsunternehmen oder durch eine diesem zuzurechnende Mitteilung des Reiseveranstalters entsprechend unterrichtet wird.
Urteil vom 17. März 2015 – X ZR 34/14
Pressemitteilung 35/15


EPÜ Art. 52 Abs. 2 Buchst. d, Art. 56
Anweisungen, die zwar die (visuelle) Informationswiedergabe betreffen, bei denen aber nicht die Vermittlung bestimmter Inhalte oder deren Vermittlung in besonderer Aufmachung im Blickpunkt steht, sondern die Präsentation von Bildinhalten in einer Weise, die auf die physischen Gegebenheiten der menschlichen Wahrnehmung und Aufnahme von Informationen Rücksicht nimmt und darauf gerichtet ist, die Wahrnehmung der gezeigten Informationen durch den Menschen in bestimmter Weise überhaupt erst zu ermöglichen, zu verbessern oder zweckmäßig zu gestalten, dienen der Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln (Weiterführung von BGH, Urteil vom 26. Oktober 2010 – X ZR 47/07, GRUR 2011, 125 - Wiedergabe topografischer Informationen und vom 23. April 2013 – X ZR 27/12, GRUR 2013, 909 – Fahrzeugnavigationssystem).
Urteil vom 26. Februar 2015 - X ZR 37/13


PatG § 117; ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
Feststellungen des Patentgerichts, die die Schlussfolgerung tragen, dass die Nacharbeitung eines in einer Entgegenhaltung beschriebenen Ausführungsbeispiels zur Verwirklichung eines Merkmals des Gegenstands des Streitpatents führt, sind für das Berufungsverfahren bindend, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an ihrer Richtigkeit begründen.
Urteil vom 24. Februar 2015 - X ZR 31/13


IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
Ein mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteiltes europäisches Patent ist nicht deshalb für nichtig zu erklären, weil der Patentanspruch ein Merkmal enthält, das in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht als zur Erfindung gehörend offenbart ist, sofern dieses Merkmal zu einer Beschränkung des Schutzgegenstands und nicht zu einem Aliud führt.
Bei der Prüfung der Patentfähigkeit ist das nicht-ursprungsoffenbarte Merkmal insoweit außer Betracht zu lassen, als es nicht zur Stützung der Patentfähigkeit herangezogen werden darf (Fortführung von BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2010 – Xa ZB 14/09, GRUR 2011, 40 Rn. 18 ff. - Winkelmesseinrichtung; Urteil vom 21. Juni 2011 – X ZR 43/09, GRUR
2011, 1003 Rn. 24 ff. - Integrationselement).
Urteil vom 17. Februar 2015 - X ZR 161/12


PatG § 21 Abs. 1 Nr. 2
Ob eine Erfindung so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann, ist ebenso eine Rechtsfrage wie die Frage, ob dem Gegenstand eines Patents Patentfähigkeit zukommt.
Die Ausführbarkeit der in einem Patentanspruch umschriebenen technischen Lehre darf nicht mit der Erreichbarkeit derjenigen Vorteile gleichgesetzt werden, die der Erfindung in der Beschreibung zugeschrieben werden.
Urteil vom 3. Februar 2015 - X ZR 76/13


Audiosignalcodierung PatG § 10 Abs. 1
Ein Mittel bezieht sich nicht schon dann auf ein wesentliches Element der Erfindung im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG, wenn es zur Verwirklichung eines Verfahrensschritts eingesetzt wird, der den im Patentanspruch eines Verfahrenspatents vorgesehenen Schritten vorausgeht. Dies gilt auch dann, wenn der vorgelagerte Schritt notwendig ist, um die im Patentanspruch vorgesehenen Schritte ausführen zu können, und wenn das Mittel aufgrund seiner konkreten Ausgestaltung ausschließlich zu diesem Zweck eingesetzt werden kann.
Ein Mittel, mit dem bestimmte Verfahrensschritte bei der Übertragung eines Audiosignals ausgeführt werden, bezieht sich nicht auf ein wesentliches Element der Erfindung, wenn das Patent zwar ein Übertragungsverfahren schützt, im Patentanspruch aber nur andere Schritte dieses Verfahrens näher festgelegt sind und die Ausgestaltung der Verfahrensschritte, auf die sich das Mittel bezieht, für die Verwirklichung der Erfindung nicht von Bedeutung ist.
Wer im Ausland ein Mittel, das sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezieht, an einen Dritten liefert, der es mit seinem Wissen und Wollen zur Benutzung der Erfindung in Deutschland weiterliefert, veranlasst eine Lieferung des Mittels im Geltungsbereich des Patentgesetzes.
Urteil vom 3. Februar 2015 - X ZR 69/13


EPÜ Art. 69; PatG § 14; IntPatÜbkG Art. II § 3 i.d.F vom 20. Dezember 1991
Zur Prüfung der Gleichwirkung ist es erforderlich, den Patentanspruch darauf zu untersuchen, welche der Wirkungen, die mit seinen Merkmalen erzielt werden können, zur Lösung der zugrundeliegenden Aufgabe erfindungsgemäß zusammenkommen müssen. Die Gesamtheit dieser Wirkungen repräsentiert die patentgemäße Lösung; ihre weitere Unterteilung in "erfindungswesentliche" und "zusätzliche" Wirkungen ist verfehlt.
Auf den Gutglaubensschutz nach Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜbkG aF kann sich auch derjenige berufen, dem die fehlerhafte Übersetzung der Patentschrift nicht bekannt war, der jedoch in Kenntnis derselben zu dem Schluss hätte kommen dürfen, dass durch das Patent ein von dem tatsächlich unter Schutz gestellten abweichender Gegenstand geschützt ist.
Urteil vom 13. Januar 2015 - X ZR 81/13


Bundesgerichtshof zur Höhe von Anzahlungen auf den Reisepreis und zur Bemessung von Rücktrittspauschalen

BGB § 651a Abs. 1, § 320 Abs. 1, § 307 Abs. 1 und 3
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der der Reisende bei Vertragsschluss eine Anzahlung von nicht mehr als 20 % des Reisepreises zu leisten hat, stellt keine unangemessene Benachteiligung des Reisenden dar und ist wirksam (Bestätigung von BGH, Urteil vom 20. Juni 2006 – X ZR 59/05, NJW 2006, 3134). Eine höhere Anzahlung kann der Reiseveranstalter nur dann verlangen, wenn er in Höhe eines dem verlangten Anteil des Reisepreises entsprechenden Betrages bei Vertragsschluss seinerseits eigene Aufwendungen erbringen oder fällige Forderungen der Leistungsträger erfüllen muss, deren er sich zur Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Reisevertrag bedient.
Lässt eine Anzahlungsklausel nicht klar erkennen, bei welchen Reisen eine höhere Anzahlung (hier: 40% des Reisepreises) fällig werden soll, ist dem Transparenzgebot auch dann nicht genügt, wenn der Reiseveranstalter bei Buchung einer Reise, die er der Verpflichtung zu einer höheren Anzahlung unterwerfen will, hierauf ausdrücklich hinweist.
Urteile vom 9. Dezember 2014 - X ZR 147/13 - X ZR 85/12 - X ZR 13/14
Pressemitteilung 183/14


EPÜ Art. 54 Abs. 2; PatG § 3 Abs. 1
Ein Angebot, das nicht an die Öffentlichkeit, sondern an einen (potentiellen) Vertragspartner gerichtet ist, stellt nur dann eine offenkundige Vorbenutzung dar, wenn die Weiterverbreitung der dem Angebotsempfänger damit übermittelten Kenntnis an beliebige Dritte nach der Lebenserfahrung nahegelegen hat. Ist das Angebot auf die Herstellung eines erst noch zu entwickelnden Gegenstands gerichtet, kann dies nicht ohne weiteres angenommen werden.
Die Schlussfolgerung, dass nach der allgemeinen Lebenserfahrung die nicht nur entfernte Möglichkeit bestanden hat, dass beliebige Dritte und damit auch Fachkundige durch eine Vorbenutzung zuverlässige Kenntnis von der Erfindung erhalten, setzt voraus, dass wie etwa bei einem Angebot oder einer Lieferung mindestens ein Kommunikationsakt feststeht, an den ein Erfahrungssatz anknüpfen kann.
Urteil vom 9. Dezember 2014 - X ZR 6/13


PatG § 117; ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
Der Kläger, der im Patentnichtigkeitsverfahren geltend macht, dass der Gegenstand des Streitpatents dem Fachmann nahegelegt gewesen sei, muss dartun, dass im Stand der Technik technische Lehren bekannt waren, aus denen der Fachmann mit Hilfe seines Fachwissens den Gegenstand der Erfindung entwickeln konnte. Er muss ferner diejenigen technischen und sonstigen tatsächlichen Gesichtspunkte darlegen, aus denen das Patentgericht die rechtliche Schlussfolgerung ziehen soll, dass der Fachmann Anlass hatte, den ihm nach seinem Fachwissen und - können objektiv möglichen Weg auch zu gehen.
Erachtet das Patentgericht das Streitpatent in der Fassung eines Hilfsantrags, den der Beklagte erst in der mündlichen Verhandlung nach einem Hinweis des Gerichts gestellt hat, für rechtsbeständig, ist ein neues Angriffsmittel, das aus erstmals im zweiten Rechtszug eingeführten technischen Informationen einer Entgegenhaltung hergeleitet werden soll, zuzulassen, wenn für den Kläger aus dem Hinweis nicht erkennbar war, dass das Patentgericht den Gegenstand des Hilfsantrags als (möglicherweise) patentfähig ansah.
Urteil vom 2. Dezember 2014 - X ZR 151/12


PatG § 100 Abs. 3 Nr. 3
Ein Gericht kann dem Erfordernis, sich mit einer von seiner Auffassung abweichenden Entscheidung des Europäischen Patentamts oder eines Gerichts eines anderen Mitgliedstaates des Europäischen Patentübereinkommens auseinanderzusetzen (BGH, Beschluss vom 15. April 2010 – Xa ZB 10/09, GRUR 2010, 950 - Walzenformgebungsmaschine), im Einzelfall auch dadurch genügen, dass es bei der Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die Erwägungen eingeht, auf denen die abweichende Beurteilung beruht.
Beschluss vom 2. Dezember 2014 - X ZB 1/13


PatG § 21 Abs. 1 Nr. 3; EPÜ Art. 138 Abs. 1 Buchst. c; IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3
Dienen Merkmale eines Ausführungsbeispiels, die zusammen, aber auch je für sich den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern, der näheren Ausgestaltung der unter Schutz gestellten Erfindung, so ist es grundsätzlich zulässig, das Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser Merkmale in den Patentanspruch zu beschränken. Die beanspruchte Kombination muss jedoch in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellen, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann.
Kann der Fachmann der Darstellung eines insoweit nicht näher erläuterten Ausführungsbeispiels entnehmen, dass eine von der Erfindung angestrebte Wirkung (hier: eine offene und flexible Struktur eines gewirkten Tuchs) durch eine bestimmte Verbindung zweier technischer Maßnahmen (hier: die Kombination von Trikot- und Satinmaschen in bestimmter Anordnung) erreicht wird, ist damit nicht notwendigerweise offenbart, dass dasselbe auch für jede andere Kombination dieser beiden Maßnahmen gilt.
Urteil vom 25. November 2014 - X ZR 119/09


PatG §§ 110 ff.; ZPO § 251
Im Patentnichtigkeitsberufungsverfahren ist das Ruhen des Verfahrens in aller Regel nicht anzuordnen, wenn nur der Beklagte und einer von mehreren Klägern dies beantragen.
Beschluss vom 25. November 2014 - X ZR 29/14


Reisebüros müssen Insolvenzsicherung für Reiseveranstalter aus der EU nachweisen
BGB § 651k Abs. 1, 4 und 5
Der Reisevermittler darf Zahlungen des Reisenden auf den Reisepreis vor Beendigung der Reise nur fordern oder annehmen, wenn dem Reisenden nachgewiesen worden ist, dass der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässige Reiseveranstalter dem Reisenden eine den Anforderungen des § 651k Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechende Sicherheit geleistet hat.
Die bloße Erklärung des Reiseveranstalters, es bestehe eine Insolvenzabsicherung, reicht als Nachweis nicht aus.
Urteile vom 25. November 2014 - X ZR 105/13 - X ZR 106/13
Pressemitteilung 174/14


EPÜ Art. 56; PatG § 4
Vorteile der Erfindung, an denen der Fachmann seine Bemühungen um eine Weiterentwicklung des Standes der Technik nicht ausgerichtet hätte, weil sie sich erst durch die Erfindung als erreichbar gezeigt haben, können das der Erfindung zugrunde liegende technische Problem (die Aufgabe der Erfindung) nicht bestimmen.
Je nach den Gegebenheiten des technischen Gebiets und den Umständen des Einzelfalles kann das Beschreiten eines jeden von mehreren unterschiedlichen Wegen zur Lösung des Problems naheliegen.
Urteil vom 11. November 2014 - X ZR 128/09


Kalkulationsirrtum bei Abgabe eines Angebots gegenüber öffentlichem Auftraggeber
BGB § 241 Abs. 2
Die Erteilung des Zuschlags auf ein von einem Kalkulationsirrtum beeinflusstes Angebot kann einen Verstoß gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des betreffenden Bieters darstellen. Die Schwelle zu einem solchen Pflichtenverstoß ist überschritten, wenn dem Bieter aus Sicht eines verständigen öffentlichen Auftraggebers bei wirtschaftlicher Betrachtung schlechterdings nicht mehr angesonnen werden kann, sich mit dem irrig kalkulierten Preis als einer auch nur annähernd äquivalenten Gegenleistung für die zu erbringende Bau- , Liefer- oder Dienstleistung zu begnügen (Weiterführung von BGH, Urteil vom 7. Juli 1998 – X ZR 17/97, BGHZ 139, 177).
Urteil vom 11. November 2014 - X ZR 32/14
Pressemitteilung 163/14


Wirksamkeit der Teilnahmebedingungen am "Miles & More"-Programm der Lufthansa
BGB § 307
Die Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Luftverkehrsunternehmens "Prämiendokumente können ausschließlich an Personen verschenkt werden, mit denen der Teilnehmer durch eine gegenseitige Beziehung persönlich verbunden ist, z.B. Verwandte, Freunde und Bekannte, ..."  und "Der Verkauf, der Tausch, das Anbieten zur Versteigerung oder die sonstige Weitergabe von Prämiendokumenten an Dritte sind untersagt, sofern die Weitergabe nicht ausdrücklich durch Ziffer ... gestattet ist." stellen eine im Rahmen eines Kundenbindungsprogramms zulässige Bestimmung der vom Anbieter versprochenen Leistung dar und unterliegen damit nicht der Inhaltskontrolle.
Urteil vom 28. Oktober 2014 - X ZR 79/13
Pressemitteilung 154/14


PatG § 14; EPÜ Art. 69
Eine Auslegung des Patentanspruchs, die zur Folge hätte, dass keines der in der Patentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele vom Gegenstand des Patents erfasst würde, kommt nur dann in Betracht, wenn andere Auslegungsmöglichkeiten, die zumindest zur Einbeziehung eines Teils der Ausführungsbeispiele führen, zwingend ausscheiden oder wenn sich aus dem Patentanspruch hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass tatsächlich etwas beansprucht wird, das so weitgehend von der Beschreibung abweicht.

PatG § 4, EPÜ Art. 56
Der Umstand, dass ein Lösungsweg nur in einer früheren Version eines technischen Standards aufgezeigt, in einer späteren Version aber nicht weiterverfolgt wurde, führt nicht ohne weiteres dazu, dass dieser Weg als nicht naheliegend anzusehen ist.

ZPO § 263, § 269 Abs. 3
Im Falle eines Klägerwechsels hat der ausscheidende Kläger entsprechend § 269 Abs. 3 ZPO die Mehrkosten zu tragen, die durch den Parteiwechsel entstanden sind, nicht aber - darüber hinausgehend - denjenigen Anteil der Kosten, der ihm im Falle einer Klagerücknahme aufzuerlegen wäre.
Urteil vom 14. Oktober 2014 - X ZR 35/11


Kein Nebeneinander von Ausgleichszahlung und Minderung
wegen Verspätung des Rückfluges

BGB § 651d; FluggastrechteVO Art. 12
Bei einem Anspruch auf Rückzahlung eines Teils des Reisepreises wegen Minderung aufgrund großer Verspätung des Rückfluges nach § 651d BGB handelt es sich um einen weitergehenden Schadensersatzanspruch nach Art. 12 Abs. 1 FluggastrechteVO.
Nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung sind nach der Fluggastrechteverordnung allein wegen großer Verspätung gewährte Ausgleichsleistungen auf den Anspruch auf Rückzahlung eines Teils des Reisepreises wegen Minderung nach § 651d BGB aufgrund derselben großen Verspätung anzurechnen.
Urteil vom 30. September 2014 – X ZR 126/13
Pressemitteilung 138/14


VO (EG) Nr. 261/2004 (FluggastrechteVO) Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Abs. 3
Eine große Verspätung geht auf außergewöhnliche Umstände zurück und befreit damit von der Verpflichtung zu einer Ausgleichsleistung, wenn sie durch dem Luftverkehrsunternehmen in der gegebenen Situation (hier: nach Startabbruch infolge Vogelschlags) mögliche und zumutbare Maßnahmen nicht vermieden werden konnte.
Das Luftverkehrsunternehmen muss Art, Umfang und zeitlichen Ablauf der konkreten Maßnahmen darlegen, die es nach dem Eintritt des Ereignisses getroffen hat, um den Flug so bald wie möglich durchzuführen.
Urteil vom 16. September 2014 - X ZR 102/13

 

ZPO § 719
Ist der Verletzungsbeklagte durch ein vorläufig vollstreckbares Urteil, gegen das Einspruch oder Berufung eingelegt worden ist, wegen Patentverletzung verurteilt, ist es grundsätzlich geboten, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil gemäß § 719 Abs. 1 und § 707 ZPO gegen Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen, wenn das Klagepatent im Patentnichtigkeitsverfahren durch das Bundespatentgericht für nichtig erklärt worden ist.
Unter den gleichen Voraussetzungen ist die Zwangsvollstreckung in entsprechender Anwendung von § 719 Abs. 1 ZPO auch im Revisionsverfahren und im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gegen Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen.
Beschluss vom 16. September 2014 - X ZR 61/13

 

Zur Angabe der Flugzeiten in einer Reisebestätigung
BGB-InfoV § 6 Abs. 2
§ 6 Abs. 2 Nr. 2 BGB-InfoV schreibt nicht vor, in welcher Form und mit welcher Genauigkeit im Reisevertrag die Zeit der Abreise und die Zeit der Rückkehr festzulegen sind. Die Vorschrift bestimmt lediglich, dass der Reisende darüber zu informieren ist, was sich hinsichtlich der Abreisezeit und der Zeit der Rückkehr aus dem Reisevertrag ergibt.
Sind im Reisevertrag Uhrzeiten für den Hin- und Rückflug nicht vereinbart und soll dem Reiseveranstalter jeweils der gesamte benannte Reisetag für die nachträgliche Festlegung des Zeitpunkts des Hinflugs und des Rückflugs zur Verfügung stehen, wird der Inhalt des Reisevertrags mit der Angabe "Genaue Flugzeiten noch nicht bekannt" zutreffend wiedergegeben (im Anschluss an BGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – X ZR 24/13, NJW 2014, 1168 = RRa 2014, 132).
Urteil vom 16. September 2014 – X ZR 1/14
Pressemitteilung 129/14

 

PatG § 26 Abs. 3, § 65 Abs. 2 Satz 3, § 100 Abs. 3 Nr. 3
Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Technische Beschwerdesenat des Patentgerichts auf den technischen Fachgebieten, die in seine Zuständigkeit fallen, aufgrund der Anforderungen, die das Gesetz an die berufliche Qualifikation der technischen Richter stellt, und deren durch die ständige Befassung mit Erfindungen in diesen Bereichen gebildetes Erfahrungswissen über die zur Beurteilung der jeweils entscheidungserheblichen Fragen erforderliche technische Sachkunde verfügt. Dies schließt nicht aus, dass im Einzelfall dennoch die Einholung eines Sachverständigengutachtens angezeigt oder auch geboten sein kann, weil es auf fachlich-technische Fragen auf einem Teilgebiet des Fachgebiets, für den der Technische Beschwerdesenat zuständig ist, ankommt und die zur Entscheidung berufenen Richter über die zu deren erschöpfender Beurteilung erforderliche spezielle Sachkunde und gegebenenfalls Erfahrung nicht verfügen (im Anschluss an BGHZ 53, 283 - Anthradipyrazol).
Die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann grundsätzlich nur dann mit Erfolg auf die unterbliebene Einholung des Gutachtens eines gerichtlichen Sachverständigen gestützt werden, wenn aufgezeigt wird, aufgrund welcher Umstände es sich dem Technischen Beschwerdesenat aufdrängen musste, er bedürfe zur Beurteilung des Sachverhalts der Heranziehung zusätzlicher externer Sachkunde.
Beschluss vom 26. August 2014 - X ZB 19/12

 

ZPO § 719 Abs. 2
Wird das Klagepatent, das der Zwangsvollstreckung aus einem Verletzungsurteil des Berufungsgerichts zugrunde liegt, nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht durch nicht rechtskräftiges Urteil des Bundespatentgerichts für nichtig erklärt, liegt darin kein zusätzlicher nicht zu ersetzender Nachteil, der eine vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung im Revisionsverfahren nach § 719 Abs. 2 ZPO rechtfertigt.
Beschluss vom 8. Juli 2014 - X ZR 61/13

 

GWB § 128 Abs. 4; ZPO §§ 103 ff.; RVG VV Nr. 2300
Die für die Vertretung im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer zur Festsetzung begehrte Geschäftsgebühr ist auf die Verfahrensgebühr des Beschwerdeverfahrens auch dann anzurechnen, wenn der anwaltliche Vertreter des Erstattungsberechtigten für diesen auf der Grundlage einer Stundenhonorarvereinbarung tätig geworden ist.
Beschluss vom 17. Juni 2014 - X ZB 8/13

Keine Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung bei Generalstreik und Radarausfall
Urteil vom 12. Juni 2014 – X ZR 104/13
Pressemitteilung 90/14


Keine Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung bei Generalstreik und Radarausfall
VO (EG) Nr. 261/2004 (FluggastrechteVO) Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Abs. 3; Art. 6 Abs.1; Art. 8 Abs. 1
Beeinträchtigen außergewöhnliche Umstände (hier: ein Fluglotsenstreik) die Einhaltung des Flugplans eines Luftverkehrsunternehmens, kommt es für die Beurteilung der Frage, ob die Annullierung oder große Verspätung eines Flugs darauf zurückgeht, nicht darauf an, ob der Flug von den Umständen unmittelbar betroffen ist oder die Umstände an demselben Tag bei einem der vorangehenden Flüge des für den annullierten oder verspäteten Flugs vorgesehenen Flugzeugs eingetreten sind.
Welche Maßnahmen einem Luftverkehrsunternehmen zuzumuten sind, um zu vermeiden, dass außergewöhnliche Umstände zu einer großen Verspätung eines Fluges führen oder Anlass zu seiner Annullierung geben, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls; die Zumutbarkeit ist situationsabhängig zu beurteilen. Die Fluggastrechteverordnung begründet keine Verpflichtung der Luftverkehrsunternehmen, ohne konkreten Anlass Vorkehrungen wie etwa das Vorhalten von Ersatzflugzeugen zu treffen, um den Folgen außergewöhnlicher Umstände begegnen zu können.
Die Umbuchung von Fluggästen auf andere Flüge ist keine Maßnahme, um eine Annullierung oder eine große Verspätung zu vermeiden, sondern eine zusätzliche Möglichkeit, eine Ausgleichszahlung abzuwenden, obwohl eine Annullierung oder große Verspätung eingetreten ist. Dies gilt auch dann, wenn es im Einzelfall möglich gewesen wäre, alle Fluggäste eines annullierten oder verspäteten Flugs auf einen anderen Flug umzubuchen.
Urteil vom 12. Juni 2014 - X ZR 121/13
Pressemitteilung 90/14


PatG § 117; ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
Greift das Patentgericht in dem nach § 83 Abs. 1 PatG erteilten Hinweis nur einzelne Angriffsmittel des Klägers auf, so hat der Beklagte in der Regel keinen Anlass, zusätzlich zu Hilfsanträgen, die dem erteilten Hinweis Rechnung tragen, vorsorglich weitere Hilfsanträge im Hinblick auf Angriffsmittel zu stellen, auf die das Patentgericht in seinem Hinweis nicht eingegangen ist oder die es als nicht aussichtsreich eingeschätzt hat.
Urteil vom 27. Mai 2014 - X ZR 2/13


BGB § 651a; BGB-InfoV § 4 Nr. 6, § 5 Nr. 1
Reiserecht ist auf einen Vertrag, der allein eine Hotelbuchung betrifft, entsprechend anzuwenden, wenn der Veranstalter diese Leistung in eigener Verantwortung und mit gleichen oder ähnlichen Organisationspflichten wie bei einer Reise erbringen soll, zu der eine weitere Reiseleistung gehört.
Soweit der Reisende über Pass- und Visumerfordernisse zu informieren ist, betrifft dies die Anforderungen, die sich aus den aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen am Reiseziel sowie bei Transitaufenthalten ergeben. Zur geschuldeten Information gehören nicht Umstände, die die Gültigkeit des eigenen Reisepasses betreffen.
Urteil vom 20. Mai 2014 - X ZR 134/13

 

ZPO 516 Abs. 1
Eine Berufung kann nur zurückgenommen werden, solange das Berufungsverfahren noch nicht beendet ist.
PatG § 110; ZPO § 269 Abs. 1
Eine Patentnichtigkeitsklage kann auch in der Berufungsinstanz ohne Einwilligung des Beklagten zurückgenommen werden (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 22. Juni 1993 – X ZR 25/86, GRUR 1993, 895 - Hartschaumplatten).
Eine Klagerücknahme durch die Hauptpartei bedarf auch dann nicht der Zustimmung eines auf Seiten des Klägers am Rechtsstreit beteiligten Streithelfers, wenn dieser gemäß § 69 ZPO als Streitgenosse anzusehen ist (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 22. Dezember 1964 – Ia ZR 237/63, GRUR 1965, 297f. - Nebenintervention).
Beschluss vom 13. Mai 2014 – X ZR 25/13

 

PatKostG § 10 Abs. 2
Hat der Anmelder Prüfungsantrag gestellt und die Prüfungsgebühr bezahlt, begründet es keinen Anspruch auf Rückzahlung der Gebühr, wenn die Anmeldung später zurückgenommen wird oder als zurückgenommen gilt; dies gilt auch dann, wenn die Prüfung der Anmeldung noch nicht aufgenommen worden ist.
Beschluss vom 6. Mai 2014 - X ZB 11/13

 

ZPO §§ 78 Abs. 1, 307, 555 Abs. 3
Der Revisionsbeklagte kann den gegen ihn geltend gemachten Anspruch, jedenfalls solange der Kläger seine Revision noch nicht begründet hat, durch Erklärung seines zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten anerkennen.
Urteil vom 6. Mai 2014 - X ZR 11/14

 

Bundesgerichtshof zur Rückforderung einer Zuwendung an den Lebensgefährten
BGB § 313, § 516 Abs. 1
Die Zuwendung eines Vermögenswerts, die der Absicherung des anderen Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft für den Fall dienen soll, dass der Zuwendende während des Bestands der Lebensgemeinschaft verstirbt, ist regelmäßig keine Schenkung, sondern eine gemeinschaftsbezogene Zuwendung.
Die Zuwendung kann wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zurückzugewähren sein, wenn die Lebensgemeinschaft nach der Zuwendung scheitert.
Urteil vom 6. Mai 2014 - X ZR 135/11
Pressemitteilung 76/14

 

EPÜ At. 69 Abs. 1
Es ist durch Auslegung des Patentanspruchs unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen zu ermitteln, ob die Kennzeichnung des Gegenstands eines Nebenanspruchs dahin, dass er eine in Übereinstimmung mit den vorangehenden Ansprüchen ausgebildete Vorrichtung umfasst (hier: comprising a device in accordance with claims 1 to 12), die Verwirklichung der Merkmale sämtlicher vorangehender Unteransprüche erfordert.
Urteil vom 1. April 2014 - X ZR 31/11


Bundesgerichtshof zum Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks
BGB § 530
Ein grob undankbares Verhalten kann sowohl mangels Umständen, die objektiv die gebotene Rücksichtnahme auf die Belange des Schenkers vermissen lassen, als auch deshalb zu verneinen sein, weil sich das Verhalten des Beschenkten jedenfalls subjektiv nicht als Ausdruck einer undankbaren Einstellung gegenüber dem Schenker darstellt. Die Beurteilung der subjektiven Seite des Tatbestands kann jedoch in der Regel erst dann erfolgen, wenn sich der Tatrichter darüber Rechenschaft abgelegt hat, welche Sachverhaltselemente objektiv geeignet sind, einen den Widerruf der Schenkung rechtfertigenden Mangel an von Dankbarkeit geprägter Rücksichtnahme zum Ausdruck zu bringen.
Bei der objektiven Gesamtwürdigung der Umstände kann insbesondere zu berücksichtigen sein, dass ein Schenker, der dem Beschenkten durch eine umfassende Vollmacht die Möglichkeit gegeben hat, in seinem Namen in allen ihn betreffenden Angelegenheiten tätig zu werden und erforderlichenfalls auch tief in seine Lebensführung eingreifende Entscheidungen zu treffen, zu denen er selbst nicht mehr in der Lage sein sollte, einen schonenden Gebrauch von den sich hieraus ergebenden rechtlichen Befugnissen unter bestmöglicher Wahrung seiner personellen Autonomie erwarten darf.
Urteil vom 25. März 2014 – X ZR 94/12
Pressemitteilung 54/14

 

PatG § 81
Eine Patentnichtigkeitsklage ist nicht schon deshalb als rechtsmissbräuchlich anzusehen, weil sich der Nichtigkeitskläger einer früheren, von einer zusammen mit ihm wegen Verletzung des Streitpatents in Anspruch genommenen Partei erhobenen Klage nicht als Streitgenosse oder Streithelfer angeschlossen, sondern zunächst den Ausgang dieses Verfahrens abgewartet hat.
EPÜ Art. 54; PatG § 3
Durch eine Vorveröffentlichung offenbart kann auch dasjenige sein, was im Patentanspruch und in der Beschreibung nicht ausdrücklich erwähnt, aus der Sicht des Fachmanns jedoch für die Ausführung der unter Schutz gestellten Lehre selbstverständlich ist und deshalb keiner besonderen Offenbarung bedarf, sondern "mitgelesen" wird. Die Einbeziehung von Selbstverständlichem erlaubt jedoch keine Ergänzung der Offenbarung durch das Fachwissen, sondern dient lediglich der vollständigen Ermittlung des Sinngehalts, d.h. derjenigen technischen Information, die der fachkundige Leser der Quelle vor dem Hintergrund seines Fachwissens entnimmt (Bestätigung von BGH, Urteil vom 16. Dezember 2008 – X ZR 89/07, BGHZ 179, 168 = GRUR 2009, 382 - Olanzapin).
Ergibt sich für den Fachmann aus der Beschreibung eines Verfahrens zur Herstellung eines zum therapeutischen Einsatz geeigneten Proteinkonzentrats, dass es weiterer Verfahrensschritte bedarf, um die therapeutische Einsetzbarkeit herbeizuführen, so ist eine Maßnahme, die im Prioritätszeitpunkt das in der Praxis allgemein übliche Mittel war, um dieses Ziel zu erreichen, vom Offenbarungsgehalt der Veröffentlichung umfasst.
Urteil vom 18. März 2014  - X ZR 77/12

 

GKG § 50 Abs. 2; VgV § 3 Abs. 1 Abs. 4 Nr. 2
Soll eine Dienstleistung nach den Vergabeunterlagen über einen festgelegten Zeitraum hinweg erbracht und der Vergabestelle darüber hinaus ein einseitiges Optionsrecht zur Verlängerung der Laufzeit des Vertrages eingeräumt werden, beträgt der Streitwert für das  Nachprüfungsbeschwerdeverfahren 5 % der auf die fest vorgesehene Laufzeit entfallenden, gegebenenfalls zu schätzenden Bruttoauftragssumme und 5 % der im optional möglichen Zeitraum anfallenden Vergütung abzüglich eines der Ungewissheit der Vertragsverlängerung Rechnung tragenden Abschlags von regelmäßig 50 %.
Beschluss vom 18. März 2014 - X ZB 12/13

 

BGB §§ 812, 518
Beruft sich der Leistungsempfänger gegenüber dem Bereicherungsanspruch auf ein nicht notariell beurkundetes Schenkungsversprechen als Rechtsgrund, so beschränkt sich die ihn treffende Beweislast auf den Nachweis, dass die Leistung mit Wissen und Wollen des Leistenden bewirkt und der Formmangel damit geheilt worden ist. Das Fehlen eines Schenkungsversprechens muss demgegenüber der Leistende beweisen (Fortführung von BGH, Urteil vom 14. November 2006 – X ZR 34/05, BGHZ 169, 377).
Urteil vom 11. März 2014 - X ZR 150/11

 

EPÜ Art. 56
Gehört eine maschinenbautechnische Lösung als ein generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel ihrer Art nach zum allgemeinen Fachwissen des angesprochenen Ingenieurs, kann Veranlassung zu ihrer Heranziehung bereits dann bestehen, wenn sich die Nutzung ihrer Funktionalität in dem zu beurteilenden Zusammenhang als objektiv zweckmäßig darstellt und keine besonderen Umstände feststellbar sind, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen.
Urteil vom 11. März 2014 - X ZR 139/10


ZPO § 36 Abs. 2
Der Bundesgerichtshof ist bei einem negativen Kompetenzkonflikt zwischen dem Kartellsenat und einem Zivilsenat des Oberlandesgerichts nicht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen.
Beschluss vom 11. März 2014 - X ARZ 664/13
PatG § 3 Abs. 4, § 2a Abs. 1 Nr. 2
Ein Patentanspruch, der eine neue Verwendung eines Medikaments betrifft, hat die Eignung eines bekannten Stoffs für einen bestimmten medizinischen Einsatzzweck und damit letztlich eine dem Stoff innewohnende Eigenschaft zum Gegenstand (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 5.Oktober 2005 – X ZB 7/03, BGHZ 164, 220, 222 = GRUR 2006, 135 Rn. 11 - Arzneimittelgebrauchsmuster). Dies entspricht in der Sache einem zweckgebundenen Stoffschutz, wie ihn § 3 Abs. 4 PatG und Art. 54 Abs. 5 EPÜ nunmehr auch für weitere Indikationen ausdrücklich vorsehen, und zwar unabhängig davon, ob der Patentanspruch seinem Wortlaut nach auf die Verwendung des Medikaments, auf dessen Herrichtung zu einem bestimmten Verwendungszweck oder ausdrücklich auf zweckgebundenen Stoffschutz gerichtet ist.
Die spezifische Anwendung eines Stoffs zur therapeutischen Behandlung wird nicht nur durch die zu behandelnde Krankheit und die Dosierung bestimmt, sondern auch durch sonstige Parameter, die auf die Wirkung des Stoffs Einfluss haben und damit für den Eintritt des mit der Anwendung angestrebten Erfolgs von wesentlicher Bedeutung sein können.
Wegen § 2a Abs. 1 Nr. 2 PatG können therapiebezogene Anweisungen nur dann zur Patentfähigkeit beitragen, wenn sie objektiv darauf abzielen, die Wirkung des Stoffs zu ermöglichen, zu verstärken, zu beschleunigen oder in sonstiger Weise zu verbessern, nicht aber, wenn sie Therapiemaßnahmen betreffen, die zusätzlich und unabhängig von den Wirkungen des Stoffs geeignet sind, die in Rede stehende Krankheit zu behandeln.
PatG § 4
Bei der Prüfung, ob eine spezifische Anwendung eines Medikaments auf erfinderischer Tätigkeit beruht, sind auch Handlungsweisen zu berücksichtigen, die dem Fachmann deshalb nahegelegt waren, weil sie am Prioritätstag zum ärztlichen Standard-Repertoire gehörten.
Beschluss vom 25. Februar 2014 - X ZB 5/13
PatG § 4
Die Anweisung, einen Körperteil unmittelbar nach der Injektion eines Medikaments für mehrere Stunden ruhigzustellen, um ein Ausbreiten in andere Körperteile zu verhindern, ist nicht schon deshalb durch den Stand der Technik nahegelegt, weil es am Prioritätstag bekannt war, dass Komplikationen, die einige Tage nach der Behandlung auftreten, durch Ruhigstellen behandelt werden können.
Bei der Prüfung, ob eine spezifische Anwendung eines Medikaments auf erfinderischer Tätigkeit beruht, sind auch Handlungsweisen zu berücksichtigen, die dem Fachmann deshalb nahegelegt waren, weil sie am Prioritätstag zum ärztlichen Standard-Repertoire gehörten.
Beschluss vom 25. Februar 2014 - X ZB 6/13
ZPO §§ 704, 888
Ein Vollstreckungstitel, der dem Schuldner aufgibt, über die von ihm getätigten Verkäufe bestimmter Gegenstände Auskunft zu geben und Rechnung zu legen, ist dahin auszulegen, dass sich die Pflicht auch auf Verkäufe durch ein Tochterunternehmen des Schuldners erstreckt, sofern solche Geschäfte in den Gründen der zu vollstreckenden Entscheidung als von der Auskunftspflicht umfasst bezeichnet werden.
Beschluss vom 25. Februar 2014 - X ZB 2/13

PatG § 113 Satz 1; PatAnwO § 5 Abs. 1; PatAnwZEignPrG § 1 Abs. 1
Die Eintragung als "IP Attorney" beim Nationalen Amt für Geistiges Eigentum der Republik Malta berechtigt nicht dazu, Parteien vor dem Bundesgerichtshof als Patentanwalt zu vertreten.
Beschluss vom 12. Februar 2014 - X ZR 42/13
SortG § 6 Abs. 1
§ 6 Abs. 1 SortG ist mangels einer einheitlichen Regelung über eine kürzere Frist innerhalb der Europäischen Union dahin auszulegen, dass eine Sorte als neu gilt, wenn Pflanzen oder Pflanzenteile der Sorte mit Zustimmung des Berechtigten oder seines Rechtsvorgängers vor dem Antragstag nicht oder nur innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr im Inland oder von vier Jahren (bei Reben und Baumarten sechs Jahren) im Ausland zu gewerblichen Zwecken an andere abgegeben worden sind.
Beschluss vom 13. Januar 2014 - X ZB 18/12

 

GWB § 97 Abs. 2, 5; VOB/A § 8 EG Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b, § 16 EG Abs. 2, 6 ff.; SektVO § 8 Abs. 1, § 29
Ist in einem in den Geltungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen fallenden Vergabeverfahren der Preis alleiniges Zuschlagskriterium, dürfen Nebenangebote grundsätzlich nicht zugelassen und gewertet werden.
Die für Nebenangebote vorzugebenden Mindestanforderungen brauchen im Allgemeinen nicht alle Details der Ausführung zu erfassen, sondern dürfen Spielraum für eine hinreichend große Variationsbreite in der Ausarbeitung von Alternativvorschlägen lassen und sich darauf beschränken, den Bietern, abgesehen von technischen Spezifikationen, in allgemeinerer Form den Standard und die wesentlichen Merkmale zu vermitteln, die eine Alternativausführung aufweisen muss.
Die vergaberechtskonforme Wertung von Nebenangeboten, die den vorgegebenen Mindestanforderungen genügen, ist durch Festlegung aussagekräftiger, auf den jeweiligen Auftragsgegenstand und den mit ihm zu deckenden Bedarf zugeschnittener Zuschlagskriterien zu gewährleisten, die es ermöglichen, das Qualitätsniveau von Nebenangeboten und ihren technisch-funktionellen und sonstigen sachlichen Wert über die Mindestanforderungen hinaus nachvollziehbar und überprüfbar mit dem für die Hauptangebote nach dem Amtsvorschlag vorausgesetzten Standard zu vergleichen.
VOB/A § 16 EG Abs. 2; SektVO § 20 Abs. 1, 2
Im offenen Verfahren ist die Vergabestelle nicht an die einmal bejahte Eignung eines Bieters gebunden; verneint sie dessen Eignung nachträglich, insbesondere erst, nachdem dieser einen Nachprüfungsantrag gestellt hat, kann dies lediglich Anlass geben, besonders kritisch zu prüfen, ob die Entscheidung die im Interesse eines verantwortungsvollen Einsatzes öffentlicher Mittel gebotene Korrektur einer Fehleinschätzung darstellt oder von sachfremden Erwägungen getragen ist.
Beschluss vom 7. Januar 2014 - X ZB 15/13

 

EPÜ Art. 56; PatG § 4
Der Fachmann, der mit der Bereitstellung eines Stoffs für einen bestimmten Einsatzzweck betraut ist, hat Anlass, anhand der einschlägigen rechtlichen Bestimmungen abzuklären, welche Lösungswege unter rechtlichen Aspekten hinreichende Aussicht auf Erfolg haben.
Wird in den einschlägigen rechtlichen Vorschriften eine einzelne Maßnahme, die im Stand der Technik als stabilitätsfördernd bekannt war, ausdrücklich hervorgehoben und für zulässig erklärt, besteht grundsätzlich Veranlassung, diese Maßnahme bei der Suche nach Möglichkeiten zur Stabilitätsförderung auch für solche Ausgangsstoffe in Betracht zu ziehen, für die entsprechende Verbindungen im Stand der Technik noch nicht vorbeschrieben sind.
Urteil vom 10. Dezember 2013 - X ZR 4/11

 

Bundesgerichtshof zur Bindung des Reiseveranstalters an "vorläufige Flugzeiten"
BGB § 651a Abs. 1, § 315 Abs. 1, § 307 Abs. 1, § 308 Nr. 4; BGB-InfoV § 6 Abs. 2
a) Die Luftbeförderung gehört bei einer Flugreise zu der vom Reiseverastalter zu erbringenden Hauptleistung. Der Reisevertrag muss die Frage regeln, wann sie erbracht werden soll.
b) Der Zeitpunkt der Abreise kann im Reisevertrag nicht nur als nach Tag und Uhrzeit bezeichneter Zeitpunkt vereinbart, sondern auch zum Gegenstand eines Leistungsbestimmungsrechts des Reiseveranstalters gemacht werden, das es diesem erlaubt, die genaue Leistungszeit innerhalb eines vereinbarten Rahmens festzulegen. Ein solches Bestimmungsrecht kann auch durch die Vereinbarung einer als voraussichtlich bezeichneten Abreisezeit eingeräumt werden.
c) Liegt dem Reisevertrag eine vom Reiseveranstalter genannte voraussichtliche Abreisezeit (hier: Abflugzeit) zugrunde, ist diese jedenfalls annähernd einzuhalten.
d) Die Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Reiseveranstalters
"Die endgültige Festlegung der Flugzeiten obliegt dem Veranstalter mit den Reiseunterlagen."
Und
"Informationen über Flugzeiten durch Reisebüros sind unverbindlich."
benachteiligen den Reisenden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und sind unwirksam.
Urteil vom 10. Dezember 2013 – X ZR 24/13
Pressemitteilung Nr. 176/13
Pressemitteilung 198/13

 

BGB § 204 Abs. 1 Nrn. 4 und 12; ArbEG §§ 28, 29, 37
Die Anrufung der durch das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen beim Deutschen Patent-und Markenamt eingerichteten Schiedsstelle hemmt die Verjährung nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB, wohl aber in entsprechender Anwendung des § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB. Die Schiedsstelle steht insoweit einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle gleich.
Urteil vom 26. November 2013 - X ZR 3/13

 

Bundesgerichtshof zur Höhe von Rechtsanwaltskosten bei einer Abmahnung aus einem Gebrauchs- und Geschmacksmuster
ZPO § 3; RVG § 14 Abs. 1, § 23 Abs. 1; RVG VV Nr. 2300
Die Ermittlung des Werts eines Unterlassungsanspruchs wegen Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts erfordert eine Prognose, mit der sowohl der künftige Wert des Schutzrechts für den Anspruchsgläubiger als auch die Gefährdung der Realisierung dieses Werts durch den als Verletzer in Anspruch Genommenen abgeschätzt wird.
Die Geltendmachung einer Gebrauchsmuster- oder Geschmacksmusterverletzung rechtfertigt für sich genommen noch nicht die Annahme, der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit sei umfangreich oder schwierig.
Urteil vom 13. November 2013 – X ZR 171/12
Pressemitteilung 187/13

Keine Ausgleichsansprüche nach der Fluggastrechteverordnung bei Verspätung wegen verzögerter Landeerlaubnis
Urteil vom 13. November 2013 – X ZR 115/12
Pressemitteilung 188/13
 

PatG § 123 Abs. 1 Satz 1
Ein Anwalt muss durch allgemeine Anweisungen sicherstellen, dass sein Büropersonal nicht eigenmächtig im Fristenkalender eingetragene Fristen ändert oder löscht. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine außergewöhnliche Verfahrensgestaltung Anlass zur Prüfung gibt, ob die bereits eingetragenen Fristen maßgeblich bleiben oder nicht (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 20. September 2007 – I ZB 108/05, AnwBl 2007, 869 Rn. 5).
Diese Grundsätze sind auch für die Überwachung von Validierungsfristen für ein Patent heranzuziehen.
Eine an die mit der Fristüberwachung betrauten Mitarbeiter der Kanzlei gerichtete Anweisung, alle erkennbaren Probleme und Fragen mit dem verantwortlichen Anwalt zu klären, reicht zur Erfüllung der sich daraus ergebenden Pflichten nicht aus.
Beschluss vom 29. Oktober 2013 - X ZB 17/12

 

PatG § 3 Abs. 1 Satz 2
Wird dem Erwerber einer Vorrichtung ein Handbuch als Begleitunterlage überlassen, steht es der Offenkundigkeit der darin enthaltenen technischen Informationen nicht entgegen, dass diese nach dem Willen des Veräußerers nur für einen bestimmten Zweck verwendet werden dürfen und eine Vervielfältigung zu anderen Zwecken untersagt ist (Fortführung von BGH, Urteil vom 15. Januar 2013 – X ZR 81/11, GRUR 2013, 367 - Messelektronik für Coriolisdurchflussmesser).
Urteil vom 15. Oktober 2013 - X ZR 41/11


Vogelschlag begründet außergewöhnliche Umstände im Sinne der Fluggastrechteverordnung
VO (EG) Nr. 261/2004 (FluggastrechteVO) Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Abs. 3
Ein durch Vogelschlag verursachter Turbinenschaden, der den Abbruch eines Starts erzwingt oder den erneuten Einsatz eines beim Landeanflug beschädigten Flugzeugs hindert, begründet außergewöhnliche Umstände im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung.
Das Luftfahrtunternehmen wird von der Verpflichtung zu einer Ausgleichszahlung nur dann frei, wenn es eine Annullierung oder erhebliche Verspätung des Flugs infolge des Schadens nicht verhindern kann. Dazu hat das Luftfahrtunternehmen darzutun, dass es auf Störungen seines Flugplans, die als Folge eines außergewöhnlichen Ereignisses oder aus anderen Gründen, insbesondere wegen auftretender technischer Defekte, eintreten können, angemessen vorbereitet ist und die im Personenluftverkehr üblichen Vorkehrungen getroffen hat, um auf solche Störungen reagieren und die Annullierung oder erhebliche Verspätung eines hiervon betroffenen Flugs wenn möglich vermeiden zu können.
Urteil vom 24. September 2013 - X ZR 160/12
Pressemitteilung 155/13
EPÜ Art. 54 Abs. 5; PatG § 3 Abs. 4
- Das nachträgliche Auffinden der biologischen Zusammenhänge, die der Wirkung eines Arzneimittels zugrunde liegen, offenbart keine neue Lehre zum technischen Handeln, sofern der verabreichte Wirkstoff, die Indikation, die Dosierung und die sonstige Art und Weise, in der der Wirkstoff verwendet wird, mit einer bereits beschriebenen Verwendung eines Wirkstoffs zur Behandlung einer Krankheit übereinstimmen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 – X ZR 68/08, GRUR 2011, 999 Rn. 44 - Memantin).
Urteil vom 24. September 2013 - X ZR 40/12
Vogelschlag begründet außergewöhnliche Umstände im Sinne der Fluggastrechteverordnung
Urteil vom 24. September 2013 – X ZR 160/12X ZR 129/12
Pressemitteilung 155/13

 

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3, § 697 Abs. 2
Das zuständige Gericht kann, wenn ein Mahnverfahren vorangegangen ist und mehrere Antragsgegner Widerspruch oder Einspruch eingelegt haben, noch nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bestimmt werden, wenn der Antragsteller einen entsprechenden Antrag mit der Anspruchsbegründung stellt oder, bei Unkenntnis des dafür zuständigen Obergerichts, gegenüber den Streitgerichten zumindest ankündigt und den Antrag unverzüglich nachholt.
Beschluss vom 17. September 2013 - X ARZ 423/13

 

Bundesgerichtshof entscheidet erneut über Ausgleichszahlung bei verpasstem Anschlussflug
Urteil vom 17. September 2013 – X ZR 123/10
Pressemitteilung 150/13

 

PatG § 21 Abs. 2 Nr. 1, PatG § 34 Abs. 4
Dem Patentanmelder ist es grundsätzlich unbenommen, den beanspruchten Schutz nicht auf Ausführungsformen zu beschränken, die in den ursprünglich eingereichten Unterlagen ausdrücklich beschrieben werden, sondern gewisse Verallgemeinerungen vorzunehmen, sofern dies dem berechtigten Anliegen Rechnung trägt, die Erfindung in vollem Umfang zu erfassen.
Ob die Fassung eines Patentanspruchs, die eine Verallgemeinerung enthält, dem Erfordernis einer ausführbaren Offenbarung genügt, richtet sich danach, ob damit ein Schutz begehrt wird, der nicht über dasjenige hinausgeht, was dem Fachmann unter Berücksichtigung der Beschreibung und der darin enthaltenen Ausführungsbeispiele als allgemeinste Form der technischen Lehre erscheint, durch die das der Erfindung zugrundeliegende Problem gelöst wird.
Einer Umschreibung einer Gruppe von Stoffen nach ihrer Funktion in einem Verwendungsanspruch steht weder entgegen, dass eine solche Fassung des Patentanspruchs neben bekannten oder in der Patentschrift offenbarten Stoffen auch die Verwendung von Stoffen umfasst, die erst zukünftig bereitgestellt werden, noch dass die Bereitstellung erfinderische Tätigkeit erfordern kann.
Beschluss vom 11. September 2013 - X ZB 8/12

 

PatG § 139 Abs. 2
Bei der Bestimmung des herauszugebenden Anteils des Verletzergewinns, der durch die Benutzung der erfindungsgemäßen Lehre vermittelt worden ist, ist regelmäßig auch zu berücksichtigen, ob und inwieweit die erfindungsgemäße Ausgestaltung oder die damit unmittelbar oder mittelbar verbundenen technischen oder wirtschaftlichen Vorteile für die Abnehmer des Patentverletzers erkennbar waren oder ihnen gegenüber werblich herausgestellt wurden (im Anschluss an BGH, Urteil vom 24. Juli 2012
- X ZR 51/11, BGHZ 194, 194 Rn. 18 ff. - Flaschenträger).
Beschluss vom 3. September 2013 - X ZR 130/12

 

PatG § 144 Abs. 1
Ein nicht aktiv am Wirtschaftsleben beteiligtes Unternehmen, das nicht über nennenswerte Vermögensgegenstände verfügt, wird in seiner wirtschaftlichen Lage nicht zusätzlich im Sinne von § 144 PatG gefährdet, wenn es mit einer Prozesskostenforderung belastet wird, die angesichts seiner Vermögenssituation ohnehin nicht beitreibbar ist (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 24. Februar 1953 – I ZR 106/51, GRUR 1953, 284 – Kostenbegünstigung I).
Wenn ein Patentinhaber beim Abschluss einer Vereinbarung über die Finanzierung von Prozesskosten eine Vertragsgestaltung wählt, die ihm und dem finanzierenden Dritten alle mit dem Rechtsstreit verbundenen Chancen sichert, das Kostenrisiko eines Nichtigkeitsverfahrens wirtschaftlich aber der Gegenseite auferlegt, ist es in der Regel nicht angemessen, ihn von diesem Kostenrisiko durch eine Kostenbegünstigung gemäß § 144 PatG noch weitergehend zu entlasten.
Beschluss vom 3. September 2013 - X ZR 1/13, X ZR 2/13

 

PatG § 117; ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3
Ein neues Angriffsmittel, das aus im zweiten Rechtszug neu eingeführten technischen Informationen einer Entgegenhaltung hergeleitet werden und das Klagevorbringen stützen soll, ist im Patentnichtigkeitsberufungsverfahren unabhängig davon nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 ZPO zuzulassen, ob Vorveröffentlichung und technischer Inhalt der Entgegenhaltung außer Streit stehen. Für Dokumente, die eine von der Erfindung wegführende technische Entwicklung belegen könnten und daher als Verteidigungsmittel des Beklagten in Betracht kommen, gilt Entsprechendes.
Beruft sich der Kläger darauf, eine Entgegenhaltung erst durch eine nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils durchgeführte Recherche aufgefunden zu haben, ist das hierauf gestützte Angriffsmittel nur dann nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO zuzulassen, wenn der Kläger dartut, dass die Entgegenhaltung mit einem sachgerecht gewählten Suchprofil bei der für die Begründung der Patentnichtigkeitsklage durchgeführten Recherche nicht aufgefunden werden konnte.
Urteil vom 27. August 2013 - X ZR 19/12
RVG § 32 Abs. 1, § 33 Abs. 1
Wird das Streitpatent von mehreren Klägern in demselben Umfang angegriffen, ist für eine Aufteilung des Streitwerts auf die einzelnen Klagen und eine gesonderte Wertfestsetzung für den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des einzelnen Klägers kein Raum.
Beschluss vom 27. August 2013 - X ZR 83/10

 

ZPO § 39, § 281 Abs. 2 Satz 4, § 504
Die antragsgemäße Verweisung des Rechtsstreits durch das örtlich unzuständige Amtsgericht vor Eintritt in die mündliche Verhandlung zur Hauptsache ist auch dann bindend, wenn der Beklagte nicht nach § 504 ZPO belehrt worden ist (Fortführung von BGH, Beschluss vom 19. Februar 2013 – X ARZ 507/12, NJW - RR 2013, 764; Beschluss vom 19. März 2013 – X AR Z 622/12, juris).
Beschluss vom 27. August 2013 - X ARZ 425/13

 

PatG § 121 Abs. 2; ZPO § 93
Im Patentnichtigkeitsverfahren steht es einem sofortigen Anerkenntnis im Sinne von § 93 ZPO gleich, wenn der Patentinhaber in der Klageerwiderung das Schutzrecht nur in eingeschränkter Fassung verteidigt und auf den darüber hinausgehenden Schutz für die Vergangenheit und Zukunft verzichtet. Eine Erklärung des Patentinhabers, er erkenne das gegen den nicht verteidigten Teil des Patents gerichtete Klagebegehren an, ist grundsätzlich als Verzicht in diesem Sinne auszulegen.
Ein Patentinhaber gibt auch dann Veranlassung zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage, wenn er dem potentiellen Kläger trotz Aufforderung nicht schon vor Klageerhebung eine Rechtsstellung verschafft, die mit derjenigen nach der Nichtigerklärung des Patents vergleichbar ist. Dies kann dadurch geschehen, dass der Patentinhaber beim Patentamt die Beschränkung des Streitpatents beantragt und auf das Recht zur Rücknahme dieses Antrags verzichtet, nicht aber durch einen nur gegenüber einzelnen Personen erklärten Verzicht auf die Rechte aus dem Patent (Ergänzung zu BGH, Urteil vom 8. Dezember 1983 – X ZR 15/82, GRUR 1984, 272, 276 - Isolierglasscheibenrandfugenfüllvorrichtung).
Urteil vom 13. August 2013 - X ZR 73/12

PatG § 83 Abs. 1, § 117
Wird die Nichtigkeitsklage nach einem Hinweis des Patentgerichts nach § 83 Abs. 1 PatG erweitert und werden zur Begründung der erweiterten Klage Entgegenhaltungen vorgelegt, ist das Patentgericht grundsätzlich nicht gehalten, noch vor der mündlichen Verhandlung dazu einen weiteren Hinweis gemäß § 83 PatG zu geben.
Unter diesen Voraussetzungen reicht der Umstand allein, dass der Kläger erst im Verhandlungstermin erfährt, wie das Patentgericht die nachgereichten Entgegenhaltungen einschätzt, ohne Weiteres nicht aus, um die Zulassung neuer Angriffsmittel im Berufungsrechtszug zu rechtfertigen.
Urteil vom 8. August 2013 - X ZR 36/12

 

GebrMG § 15 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1
Die Löschung eines Gebrauchsmusters hat zu unterbleiben, wenn der Schutzanspruch zwar ein Merkmal enthält, das in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht als zur Erfindung gehörend offenbart ist, das aber nur zu einer Beschränkung des Gegenstandes und nicht zur Erteilung von Schutz für ein "Aliud" führt (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2010 – Xa ZB 14/09, GRUR 2011, 40 Rn. 18 ff. - Winkelmesseinrichtung; Urteil vom 21. Juni 2011 – X ZR 43/09, GRUR 2011, 1003 Rn. 24 ff. - Integrationselement).
Der Umstand, dass das eingefügte Merkmal auch bei nicht offenbarten Ausgestaltungen verwirklicht sein kann, mit denen das Ziel der Erfindung unter Umständen nicht erreicht wird, führt nicht zwingend zu einer abweichenden Beurteilung.
Beschluss vom 6. August 2013 - X ZB 2/12

 

ZPO § 32b Abs. 1
Wird die Klage zumindest gegen einen Beklagten auf eine der in § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufgeführten Handlungen gestützt, so ist der besondere Gerichtsstand des § 32b Abs. 1 ZPO auch nach der seit 1.
Dezember 2012 geltenden Fassung der Vorschrift unabhängig davon begründet, ob zu den Beklagten auch der Emittent, der Anbieter oder die Zielgesellschaft gehören.
Der Gerichtsstand des § 32b Abs. 1 Nr. 2 ZPO in der seit 1. Dezember 2012 geltenden Fassung ist nicht begründet, wenn die Klage gegen einen Anlageberater oder Anlagevermittler darauf gestützt wird, er habe dem Anleger die in einer öffentlichen Kapitalmarktinformation aufgeführten Risiken der Anlage verschwiegen.
Beschluss vom 30. Juli 2013 - X ARZ 320/13

 

Anrechnung von Schadensersatzansprüchen wegen Flugannullierung auf den Ausgleichsanspruch nach der Fluggastrechteverordnung?
FluggastrechteVO Art. 7, Art. 8, Art. 9, Art. 12
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art. 267 AEUV zur Auslegung von Art. 7 und Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Parlaments und des Rates über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 vom 11. Februar 2004 (ABl. EG L 46 vom 17. Februar 2004 S. 1 ff.) folgende Fragen vorgelegt:
1. Kann ein vom nationalen Recht gewährter Schadensersatzanspruch, der auf die Erstattung von zusätzlichen Reisekosten gerichtet ist, die wegen Annullierung eines gebuchten Fluges angefallen sind, auf den Ausgleichsanspruch aus Art. 7 der Verordnung angerechnet werden, wenn das Luftfahrtunternehmen seine Verpflichtungen nach Art. 8 Abs. 1 und Art. 9 Abs. 1 der Verordnung erfüllt hat?
2. Wenn eine Anrechnung möglich ist: Gilt dies auch für die Kosten der Ersatzbeförderung zum Endziel der Flugreise?
3. Soweit eine Anrechnung möglich ist: Kann das Luftfahrtunternehmen sie stets vornehmen oder ist sie davon abhängig, inwiefern das nationale Recht sie zulässt oder das Gericht sie für angemessen erachtet?
4. Soweit nationales Recht maßgeblich ist oder das Gericht eine Ermessensentscheidung zu treffen hat: Sollen durch die Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Verordnung nur die Unannehmlichkeiten und der von den Fluggästen infolge der Annullierung erlittene Zeitverlust oder auch materielle Schäden ausgeglichen werden?
Beschlüsse vom 30. Juli 2013 - X ZR 111/12 - X ZR 113/12
Pressemitteilung 130/13

 

PatG § 111 Abs. 1, Abs. 2, § 112 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a
Auch nach neuem Verfahrensrecht kann sich die Berufung in einer Patentnichtigkeitssache darauf beschränken, die Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents anders als das angefochtene Urteil zu bewerten. Hierin ist die Erklärung enthalten, dass das Recht durch eine fehlerhafte Anwendung der für die Beurteilung der Patentfähigkeit maßgeblichen Rechtsnormen verletzt worden sei. Die Berufungsbegründung muss dabei erkennen lassen, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen der Berufungskläger die Beurteilung der Patentfähigkeit durch das Patentgericht für unrichtig hält.
Urteil vom 23. Juli 2013 - X ZR 87/12

 

PatG § 117; ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
Lässt das Patentgericht in seinem gemäß § 83 Abs. 1 PatG erteilten Hinweis erkennen, dass es die Argumentation des Nichtigkeitsklägers in einem bestimmten Punkt für zutreffend erachtet, hat der Kläger in der Regel keine Veranlassung, zu diesem Punkt in erster Instanz weitere Angriffsmittel vorzutragen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 28. August 2012 – X ZR 99/11, BGHZ 194, 290 = GRUR 2012, 1236 Rn. 38 - Fahrzeugwechselstromgenerator).
PatG § 116 Abs. 2
Die erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemachte Verteidigung eines Patents mit einer geänderten Fassung ist in der Regel gemäß § 116 Abs. 2 PatG zulässig, wenn der Beklagte mit der Änderung einer von der erstinstanzlichen Beurteilung abweichenden Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs Rechnung trägt und den Gegenstand des Patents auf dasjenige einschränkt, was
sich nach Auffassung des Patentgerichts schon aus der erteilten Fassung ergab.
Urteil vom 28. Mai 2013 - X ZR 21/12
VO (EG) Nr. 44/2001 (Brüssel – I - VO) Art. 15 Abs. 1 Buchst. c, Art. 16 Abs. 1,
Art. 22 Nr. 1
Ansprüche eines Verbrauchers gegen einen Reiseveranstalter aus einem Vertrag, in dem sich der Reiseveranstalter zur zeitweisen Überlassung eines in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gelegenen und einem Dritten gehörenden Ferienhauses verpflichtet hat, können unabhängig vom Umfang der Nebenleistungen, die der Vertrag mit sich bringt, vor den Gerichten des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Reiseveranstalter seinen Sitz hat, oder vor dem Gericht des Ortes geltend gemacht werden, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat (Bestätigung des Urteils vom 23. Oktober 2012 - X ZR 157/11, NJW 2013, 308 = RRa 2013, 70).
Urteil vom 28. Mai 2013 - X ZR 88/12

 

JVEG §§ 9, 13 Abs. 1 und 2
Die Parteien können sich auch nach Heranziehung eines Sachverständigen mit einer abweichend von der gesetzlichen Regelung zu bemessenden Vergütung wirksam einverstanden erklären, wenn ein ausreichender Betrag für die sich daraus ergebende Vergütung an die Staatskasse gezahlt ist.

Insoweit genügt die Erklärung nur einer Partei, soweit sie sich auf den Stundensatz nach § 9 JVEG bezieht und das Gericht zustimmt, wobei über die Zustimmung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden ist und hierbei insbesondere auch die Interessen der kostentragungspflichtigen Partei zu berücksichtigen sind.
Beschluss vom 28. Mai 2013 - X ZR 137/09

 

EPÜ Art. 56
Ist dem Fachmann die Möglichkeit bekannt, die Steuerung mehrerer technischer Vorrichtungen (hier: zweier oder mehrerer Aufzugsgruppen) durch eine übergreifende Gesamtsteuerung zu überlagern, besteht in der Regel Anlass, von den damit eröffneten und naheliegenden Möglichkeiten zur Optimierung der Steuerung auch insoweit Gebrauch zu machen, als diese im Stand der Technik nicht beschrieben sind.
Urteil vom 14. Mai 2013 - X ZR 107/10


GVG § 17a Abs. 2
Die Verweisung an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs ist hinsichtlich des Rechtswegs für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, bindend und kann nur auf das Rechtsmittel einer Partei überprüft werden. Für eine Durchbrechung der Bindungswirkung, wie sie im Anwendungsbereich des § 281 Abs.1 ZPO insbesondere für objektiv willkürliche Entscheidungen anerkannt ist, ist jedenfalls grundsätzlich kein Raum.
Beschluss vom 14. Mai 2013 - X ARZ 167/13

 

Ausgleichszahlung für verpassten Anschlussflug

Verordnung (EG) Nr. 261/2004 (FluggastrechteVO) Art. 3 Abs. 1, Art. 7
Den Fluggästen eines verspäteten, nach Art. 3 Abs. 1 in den Anwendungsbereich der Fluggastrechteverordnung fallenden Flugs steht ein Ausgleichsanspruch nach Art. 7 zu, soweit sie infolge der Verspätung ihr individuelles Endziel mit einer Verspätung von mindestens drei Stunden erreichen.

Dies gilt auch, wenn die verspätete Ankunft am Endziel darauf beruht, dass infolge der Flugverspätung ein selbst nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fallender oder selbst nicht verspäteter Anschlussflug verpasst wird.
Urteil vom 7. Mai 2013 - X ZR 127/11
Pressemitteilung Nr. 83/13

 

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3; Brüssel I - VO Art. 16 Abs. 1
§ 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO findet Anwendung, wenn hinsichtlich eines Antragsgegners im Inland lediglich ein besonderer Gerichtsstand nach unionsrechtlichen Zuständigkeitsbestimmungen begründet ist und die anderen Antragsgegner ihren allgemeinen Gerichtsstand im Inland haben.

Ergibt sich der Gerichtsstand eines Antragsgegners aus einer abschließenden Zuständigkeitsbestimmung der Brüssel - I - Verordnung, ist das Auswahlermessen des Gerichts im Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO eingeschränkt.
Beschluss vom 6. Mai 2013 - X ARZ 65/13

 

EPÜ Art. 52 Abs. 2 Buchst. d, Art. 56
Die Anweisung an den Fachmann, bei der Sprachausgabe eines Navigationshinweises unter bestimmten Bedingungen bestimmte Detailinformationen (hier: Straßennamen) zu berücksichtigen, betrifft den Inhalt der durch das Navigationssystem optisch oder akustisch wiedergegebenen Information und ist bei der Prüfung der technischen Lehre des Patents auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.
Urteil vom 23. April 2013 - X ZR 27/12

ZPO § 250; InsO § 86 Abs. 1 Nr. 1
Das durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Patentinhabers unterbrochene Patentnichtigkeitsverfahren betrifft im Sinne des § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO die Aussonderung eines Gegenstands aus der Insolvenzmasse und kann daher sowohl vom Insolvenzverwalter als auch vom Kläger aufgenommen werden.
Urteil vom 23. April 2013 - X ZR 169/12

 

BGB §§ 398, 413; EPÜ Art. 87 Abs. 1
Die Übertragung des Rechts auf Inanspruchnahme der Priorität einer deutschen Patentanmeldung ist auch dann nicht formbedürftig, wenn die Priorität für eine europäische Patentanmeldung in Anspruch genommen werden soll.

Zur konkludenten Übertragung des Rechts auf Inanspruchnahme der Priorität innerhalb eines Konzerns.
Urteil vom 16. April 2013 - X ZR 49/12

 

Gilt die Fluggastrechteverordnung auch für Flüge aus der Schweiz in Drittstaaten?
VO 261/2004 (FluggastrechteVO) Art. 3 Abs. 1 Buchst. a; LuftVerkAbk EU/Schweiz Art. 2
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 AEUV folgende Frage zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt:

Ist das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Luftverkehr vom 21. Juni 1999 in der Fassung des Beschlusses Nr. 2/2010 des Luftverkehrsausschusses Gemeinschaft/Schweiz vom 26. November 2010 dahin auszulegen, dass die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs - und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 entsprechend ihrem Art. 3 Abs. 1 Buchst. a auch für Fluggäste gilt, die auf Flughäfen in der Schweiz einen Flug in einen Drittstaat antreten?
Beschluss vom 9. April 2013 - X ZR 105/12

 

EPÜ Art. 138 Abs. 1 Buchst. C
Allein aus dem Umstand, dass aus technischer Sicht der Anwendung eines in der Patentanmeldung offenbarten Verfahrens (hier: Verschlüsselungsverfahrens) zeitlich nachgeordnet ein weiteres Verfahren (hier: Entschlüsselungsverfahren) folgen muss, um insgesamt ein technisch und wirtschaftlich sinnvolles Ergebnis zu erreichen, kann in der Regel nicht gefolgert werden, dass das weitere Verfahren auch ohne erwähnt zu werden als zu der zum Patent angemeldeten Erfindung gehörend offenbart ist.

Dies gilt auch dann, wenn dem Fachmann mit der Beschreibung des ersten Verfahrens alle Informationen an die Hand gegeben werden, die er benötigt, um mit Hilfe seines Fachwissens auch das weitere Verfahren auszuführen.
Urteil vom 9. April 2013 - X ZR 130/11

 

PatG § 143
Bei der Honorarklage eines Rechts- oder Patentanwalts handelt es sich nicht notwendigerweise schon deswegen um eine Patentstreitsache, weil der Gegenstand des zugrunde liegenden Auftrags sich auf eine Erfindung bezogen oder ein Patent oder eine Patentanmeldung betroffen hat.

Dies ist vielmehr dann nicht der Fall, wenn zur Beurteilung der Frage, ob die Honorarforderung berechtigt ist, das Verständnis der Erfindung keine Rolle spielt und es deshalb keines besonderen Sachverstands bedarf, um die für die Entgeltung der dem Anwalt übertragenen Erwirkung eines technischen Schutzrechts maßgeblichen Umstände erfassen und beurteilen zu können.
Beschluss vom 20. März 2013 - X ZB 15/12

 

ZPO § 281 Abs. 2 Satz 4
Die Verweisung des Rechtsstreits durch das örtlich unzuständige Gericht ist auch dann bindend, wenn der Beklagte erklärt hat, in der mündlichen Verhandlung die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht rügen zu wollen, jedoch auf die Zuständigkeitsrüge nicht verzichtet hat.
Beschluss vom 19. Februar 2013 - X ARZ 507/12

 

ZPO § 261 Abs. 3 Nr. 1, § 265 Abs. 2 Satz 1, § 325 Abs. 1
Hat der Patentinhaber, nachdem er Ansprüche gegen einen Patentverletzer rechtshängig gemacht hat, einem Dritten eine ausschließliche Lizenz an dem Klagepatent eingeräumt, ist der Dritte als (Teil-)Rechtsnachfolger des Patentinhabers an der Erhebung einer eigenen Klage gegen den Patentverletzer gehindert, solange die Klage des Patentinhabers rechtshängig ist. Das rechtskräftige Urteil über die Klage des Patentinhabers wirkt unter den genannten Voraussetzungen auch für und gegen den Dritten.
Urteil vom 19. Februar 2013 - X ZR 70/12

 

ArbEG § 42 Nr. 4
Zu den Einnahmen im Sinne von § 42 Nr. 4 ArbEG gehören nicht nur Geldzahlungen, die dem Dienstherrn aufgrund der Verwertung der Erfindung zufließen, sondern auch alle sonstigen geldwerten Vorteile, die der Dienstherr infolge der Verwertung erlangt.

Ein solcher Vorteil fließt dem Dienstherrn auch dann zu, wenn es ein Lizenznehmer auf eigene Kosten übernimmt, zu Gunsten des Dienstherrn ein Schutzrecht zu begründen, aufrechtzuerhalten oder zu verteidigen.

Zur Bewertung dieses Vermögensvorteils kann in der Regel auf die Kosten abgestellt werden, die dem Lizenznehmer für die Anmeldung, Erteilung, Aufrechterhaltung oder Verteidigung des Schutzrechts entstanden sind.
Urteil vom 5. Februar 2013 - X ZR 59/12

 

EPÜ Art. 54 Abs. 2
Maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ob die Weiterverbreitung technischer Informationen an Dritte nach der Lebenserfahrung nahegelegen hat und die Informationen dadurch offenkundig geworden sind, sind die zum Zeitpunkt der Lieferung der technischen Information bestehenden Vereinbarungen zwischen den Beteiligten oder die sonstigen Umstände der Lieferung, nicht jedoch die besonderen Gegebenheiten in dem die Information empfangenden Unternehmen.
Urteil vom 15. Januar 2013 - X ZR 81/11

 

VOB/A § 13 Abs. 1 Nr. 6
Legt der öffentliche Auftraggeber den Vergabeunterlagen ein Kurztextleistungsverzeichnis bei, darf der Bieter als Adressat dies dahin verstehen, bei dessen Verwendung zur Beschreibung der angebotenen Leistung nur die darin geforderten Angaben machen zu müssen. Der öffentliche Auftraggeber kann in diesem Fall den Ausschluss des Angebots nicht darauf stützen, er habe sich an anderer Stelle in den Vergabeunterlagen ausbedungen, dass bei Verwendung selbstgefertigter Abschriften oder Kurzfassungen alle im Langtextleistungsverzeichnis geforderten Textergänzungen in das Kurztextverzeichnis übertragen werden müssen.
Urteil vom 15. Januar 2013 - X ZR 155/10

 

PatG § 84 Abs. 2 Satz 2; ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 2
Im Patentnichtigkeitsverfahren unterliegen Beschlüsse des Patentgerichts, mit denen über eine Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung entschieden wird, der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.

PatG § 143 Abs. 3
§ 143 Abs. 3 PatG ist im Nichtigkeitsverfahren nicht entsprechend anwendbar.

PatG § 84 Abs. 2 Satz 2; ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
Die Zuziehung eines Rechtsanwalts neben einem Patentanwalt ist typischerweise als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO anzusehen, wenn zeitgleich mit dem Nichtigkeitsverfahren ein das Streitpatent betreffender Verletzungsrechtsstreit anhängig ist, an dem die betreffende Partei oder ein mit ihr wirtschaftlich verbundener Dritter beteiligt ist.
Beschluss vom 18. Dezember 2012 - X ZB 11/12

 

ZPO § 286 E; GG Art. 103 Abs. 1
Im Patentverletzungsprozess lässt sich allein aus § 286 ZPO nicht die Pflicht des Gerichts herleiten, gemäß §§ 142 ff. ZPO die Begutachtung eines Gegenstandes anzuordnen, der sich in der Verfügungsgewalt der nicht beweisbelasteten Partei oder eines Dritten befindet.

ZPO §§ 142, 144; PatG § 140c
Im Patentverletzungsprozess ist das Gericht allenfalls dann verpflichtet, gemäß § 142 ZPO die Vorlage einer Urkunde durch die nicht beweisbelastete Partei anzuordnen, wenn die Voraussetzungen für einen entsprechenden Anspruch des Gegners aus § 140c PatG erfüllt sind (Bestätigung von BGH, Urteil vom 1. August 2006 - X ZR 114/03, BGHZ 169, 30 = GRUR 2006, 962 Rn. 36 ff. - Restschadstoffentfernung).

Für eine auf § 144 ZPO gestützte Anordnung, die Begutachtung eines Gegenstandes anzuordnen, der sich in der Verfügungsgewalt der nicht beweisbelasteten Partei oder eines Dritten befindet, gilt nichts anderes.
Beschluss vom 18. Dezember 2012 - X ZR 7/12

 

PatG § 112 Abs. 2, § 117 Satz 1; ZPO § 529 Abs. 2 Satz 2
Hat der Berufungskläger in zulässiger Weise die Verletzung des materiellen Rechts gerügt, so hat das Berufungsgericht innerhalb des mit der Berufung zur Überprüfung gestellten Streitgegenstands die materiellrechtliche Beurteilung durch die Vorinstanz in vollem Umfang auf Rechtsfehler zu überprüfen. Hierbei ist es - anders als bei Verfahrensrügen - an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

EPÜ Art. 52 Abs. 2 Buchst. c und d, Art. 56
Anweisungen zur Auswahl von Daten, deren technischer Aspekt sich auf die Anweisung beschränkt, hierzu Mittel der elektronischen Datenverarbeitung einzusetzen, können jedenfalls bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht berücksichtigt werden (Bestätigung von BGH, Urteil vom 26. Oktober 2010 - X ZR 47/07, GRUR 2011, 125 Rn. 36 Wiedergabe topografischer Informationen).

Dies gilt auch dann, wenn solche Anweisungen zu einer Verringerung der erforderlichen Rechenschritte führen.
Urteil vom 18. Dezember 2012 - X ZR 3/12

 

ZPO § 308
Greift der Kläger im Patentnichtigkeitsverfahren das Streitpatent nur im Umfang einer von mehreren nebengeordneten technischen Lehren an, die Gegenstand eines einzigen Patentanspruchs sind, geht das Gericht über den Klageantrag hinaus, wenn es das Streitpatent im Umfang des gesamten Patentanspruchs für nichtig erklärt. Dies ist im Berufungsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen.

EPÜ Art. 56; PatG § 4
Bei der Prüfung, ob der Stand der Technik ausgehend von einer Entgegenhaltung dem Fachmann die erfindungsgemäße Lösung nahegelegt hat, ist nicht nur zu berücksichtigen, was sich für den Fachmann unmittelbar und eindeutig aus dieser Entgegenhaltung ergibt, sondern gleichermaßen, was der Fachmann kraft seines Fachwissens aus ihr ableiten kann.
Urteil vom 12. Dezember 2012 - X ZR 134/11

 

Bundesgerichtshof entscheidet über Patentierung von neuralen Vorläuferzellen

PatG § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3; BiotechnologieRL Art. 6 Abs. 2 Buchst. c
Die uneingeschränkte Patentierung von Vorläuferzellen, die aus menschlichen embryonalen Stammzellen gewonnen werden, ist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG ausgeschlossen, wenn in der Patentschrift ausgeführt wird, als Ausgangsmaterial kämen Stammzelllinien und Stammzellen in Betracht, die aus menschlichen Embryonen gewonnen werden.

§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PatG steht der Patentierung in der genannten Konstellation nicht entgegen, wenn der Patentanspruch dahin eingeschränkt wird, dass Vorläuferzellen aus humanen embryonalen Stammzellen, bei deren Gewinnung Embryonen zerstört worden sind, nicht umfasst sind.

Menschliche Stammzellen, die ohne Zerstörung von Embryonen gewonnen wurden, sind nicht deshalb als Embryonen im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 3 PatG anzusehen, weil aus ihnen durch Kombination mit anderen Zellen möglicherweise ein entwicklungsfähiger Embryo erzeugt werden kann.
Urteil vom 27. November 2012 - X ZR 58/07
Pressemitteilung Nr. 198/12

 

PatKostG § 3 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 4, § 6 Abs. 1; GKG § 63 Abs. 1
Die Frist zur Zahlung der mit der Einreichung der Klage fällig werdenden Gebühr beginnt erst zu laufen, wenn das Patentgericht dem Kläger den vorläufig festgesetzten Streitwert mitteilt.
Urteil vom 20. November 2012 - X ZR 131/11

 

PatG § 88 Abs. 1, § 119 Abs. 5; ZPO § 359
Zur Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens im Patentnichtigkeitsverfahren nach neuem Recht.
Beschluss vom 20. November 2012 - X ZR 95/11

 

BGB §§ 133, 157; VOB/A § 26 Nr. 1 Buchst. c aF, § 17 Abs. 1 Nr. 3 nF
Der Erklärungswert der vom öffentlichen Auftraggeber vorformulierten Vergabeunterlagen ist gemäß den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden, auf den objektiven Empfängerhorizont der potenziellen Bieter abstellenden Grundsätzen zu ermitteln.

Der gestellten Vergabebedingung einer "rechtsverbindlichen" Unterzeichnung des Angebots kommt lediglich der Erklärungsgehalt zu, dass der Unterzeichner bei Angebotsabgabe über die erforderliche Vertretungsmacht verfügt haben muss.

Wann die Aufhebung einer Ausschreibung wegen "deutlicher" Überschreitung des vertretbar geschätzten Auftragswerts rechtmäßig ist, ist aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung zu entscheiden, bei der insbesondere zu berücksichtigen ist, dass einerseits den öffentlichen Auftraggebern nicht das Risiko einer deutlich überhöhten Preisbildung zugewiesen werden, die Aufhebung andererseits aber auch kein Instrument zur Korrektur der in Ausschreibungen erzielten Submissionsergebnisse sein darf (Weiterführung von BGH, Urteil vom 8. September 1998 - X ZR 48/97, BGHZ 139, 259 und Urteil vom 12. Juni 2001 - X ZR 150/99, VergabeR 2001, 293).
Urteil vom 20. November 2012 - X ZR 108/10

 

Keine Entschädigung für verspäteten außereuropäischen Anschlussflug
Urteile vom 13. November – X ZR 12/12X ZR 14/12
Pressemitteilung Nr. 190/12

 

BGB § 530 Abs. 1
Das Widerrufsrecht des Schenkers wegen groben Undanks des Beschenkten knüpft an die Verletzung der Verpflichtung zu einer von Dankbarkeit geprägten Rücksichtnahme auf die Belange des Schenkers an, die dieser vom Beschenkten erwarten darf. Ob der Beschenkte diesen Erwartungen in nicht mehr hinnehmbarer Weise nicht genügt hat, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles zu beurteilen.

Anhaltspunkte dafür, was der Schenker an Dankbarkeit erwarten kann, können dabei neben dem Gegenstand und der Bedeutung der Schenkung für die Vertragsparteien auch die näheren Umstände bieten, die zu der Schenkung geführt und deren Durchführung bestimmt haben.
Urteil vom 13. November 2012 - X ZR 80/11

 

Verbraucher kann Ansprüche gegen Reiseveranstalter wegen Mängeln eines Ferienhauses im Ausland vor deutschen Gerichten geltend machen

VO (EG) Nr. 44/2001 (Brüssel-I-VO) Art. 22 Nr. 1
Macht ein Verbraucher gegenüber einem Reiseveranstalter Ansprüche aus einem Vertrag geltend, in dem sich der Reiseveranstalter zur zeitweisen Überlassung eines in einem anderen Vertragsstaat belegenen und einem Dritten gehörenden Ferienhauses verpflichtet hat, unterfällt der Rechtsstreit nicht der ausschließlichen Zuständigkeit des Art. 22 Nr. 1 Brüssel-I-VO.

BGB §§ 651a ff.
Auf Verträge, in denen sich der Reiseveranstalter gegenüber seinem Kunden allein zur Bereitstellung einer Ferienunterkunft verpflichtet hat, sind die Vorschriften des Reisevertragsrechts insgesamt entsprechend anzuwenden (Bestätigung von BGH, Urteil vom 9. Juli 1992 VII ZR 7/92, BGHZ 119, 152).
Urteil vom 23. Oktober 2012 – X ZR 157/11
Pressemitteilung Nr. 179/12

 

EPÜ Art. 54 Abs. 2; PatG § 3 Abs. 1
Eine auf dem Markt erhältliche Stoffzusammensetzung ist jedenfalls dann nicht neu, wenn die Zusammensetzung vom Fachmann analysiert und ohne unzumutbaren Aufwand reproduziert werden kann. Bei einer nicht ohne weiteres identifizierbaren komplexen Zusammensetzung reicht es hierfür aus, wenn der Fachmann eine überschaubare Anzahl plausibler Hypothesen über die mögliche Beschaffenheit der Zusammensetzung entwickeln kann, von denen sich eine mit den ihm zur Verfügung stehenden Analysemöglichkeiten verifizieren lässt.
Urteil vom 23. Oktober 2012 - X ZR 120/11

 

Kein Luftbeförderungsvertrag mit "noch unbekannt"

BGB §§ 130, 133, 145, 146, 154, 157, 312g
Der Inhalt eines unter Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel über ein automatisiertes Buchungs- oder Bestellsystem an ein Unternehmen gerichteten Angebots und einer korrespondierenden Willenserklärung des Unternehmens ist nicht danach zu bestimmen, wie das automatisierte System das Angebot voraussichtlich deuten und verarbeiten wird. Maßgeblich ist vielmehr, wie der menschliche Adressat die jeweilige Erklärung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte verstehen darf.

Gibt ein Flugreisender in die über das Internet zur Verfügung gestellte Buchungsmaske eines Luftverkehrsunternehmens, die den Hinweis enthält, dass eine Namensänderung nach erfolgter Buchung nicht mehr möglich sei und der angegebene Name mit dem Namen im Ausweis übereinstimmen müsse, in die Felder für Vor- und Zunamen des Fluggastes jeweils "noch unbekannt" ein, kommt ein Beförderungsvertrag regelmäßig weder durch die Buchungsbestätigung noch durch die Einziehung des Flugpreises zustande.
Urteil vom 16. Oktober 2012 – X ZR 37/12
Pressemitteilung Nr. 174/12

 

ZPO § 3
Übereinstimmende und nicht offensichtlich unzutreffende Angaben der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren zum Streitwert des Patentverletzungsverfahrens sind ein widerlegbares Indiz für den wirtschaftlichen Wert des Klagebegehrens.
Beschluss vom 8. Oktober 2012 - X ZR 110/11

 

EPÜ Art. 56; PatG § 4
Besteht aus fachmännischer Sicht Anlass, im Rahmen der technischen Weiterentwicklung einer Vorrichtung eine bestimmte Konstruktion in Erwägung zu ziehen, und bedarf es deshalb hierfür keiner erfinderischen Tätigkeit, führt allein das Verharren bei dieser Konstruktion auch dann nicht zu einer anderen Bewertung, wenn erkennbare Nachteile der erwogenen Konstruktion dem Fachmann eine konkrete Anregung geben könnten, bei dieser nicht stehen zu bleiben.
Urteil vom 25. September 2012 - X ZR 10/10

 

Fluggäste müssen auf einem Anschlussflug auch dann mitgenommen werden, wenn das Reisegepäck erst mit einem späteren Flug transportiert werden kann

FluggastrechteVO Art. 2 Buchst. j, Art. 3 Abs. 2, Art. 4 Abs. 3; Rom-I-VO Art. 5 Abs. 2; BGB § 271
Wird der Reisende mit seinem Reisegepäck bereits am Abflugort des Zubringerfluges auch für den Anschlussflug abgefertigt, setzt eine Ausgleichszahlung wegen Nichtbeförderung auf dem Anschlussflug weder eine erneute Abfertigung am Umsteigeflughafen noch eine Ankunft 45 Minuten vor dem Abflug des Anschlussfluges voraus.

Die Teilnahme an einem Anschlussflug kann grundsätzlich nicht deshalb verweigert werden, weil das Reisegepäck vom Zubringerflug nicht in das Flugzeug des Anschlussfluges verladen werden konnte.

Die Nichterfüllung der Pflicht gemäß Art. 9 FluggastrechteVO zur Bereitstellung einer Hotelunterbringung sowie von Mahlzeiten und Getränken für die Zeit bis zur Teilnahme an einem Ersatzflug führt mit dem Verfehlen der Leistungszeit ohne Weiteres zu einer dauerhaften Unmöglichkeit im Sinne eines absoluten Fixgeschäftes.
Urteil vom 28. August 2012 - X ZR 128/11
Pressemitteilung Nr. 136/12

 

PatG § 117; ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Nr. 3
Die Vorlage eines Privatgutachtens in zweiter Instanz stellt nicht notwendigerweise neues Vorbringen dar. Der auf das Gutachten gestützte Parteivortrag ist nicht neu, wenn durch die Ausführungen des Gutachters Vorbringen aus der ersten Instanz zusätzlich konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert wird.

Berufungsvorbringen im Patentnichtigkeitsverfahren, das auf eine bereits in erster Instanz vorgelegte Druckschrift gestützt wird, ist neu, wenn zu der konkreten technischen Information und den Anregungen zu der erfindungsgemäßen Lehre, die der Fachmann nach dem Berufungsvortrag der Schrift entnehmen soll, vor dem Patentgericht nicht vorgetragen worden ist.

Der Nichtigkeitskläger ist grundsätzlich nicht gehalten, den Angriff gegen die Patentfähigkeit des Streitpatents auf alle denkbaren Gesichtspunkte zu stützen, insbesondere mit einer Vielzahl unterschiedlicher Argumentationslinien zu begründen, warum der Gegenstand der Erfindung durch den Stand der Technik vorweggenommen oder nahegelegt sei.
Urteil vom 28. August 2012 - X ZR 99/11

 

Keine Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung für Flugannullierung wegen von der Vereinigung Cockpit angekündigten Pilotenstreiks

VO (EG) 261/2004 (FluggastrechteVO) Art. 5 Abs. 3
Ruft eine Gewerkschaft im Rahmen einer Tarifauseinandersetzung die Piloten eines Luftverkehrsunternehmens zur Arbeitsniederlegung auf, kann dies außergewöhnliche Umstände im Sinne des Art. 5 Abs. 3 der Fluggastrechtsverordnung zur Folge haben.

Das Luftverkehrsunternehmen ist in diesem Fall davon befreit, Ausgleichszahlungen für die Annullierung derjenigen Flüge zu leisten, die es absagt, um den Flugplan an die zu erwartenden Auswirkungen des Streik-aufrufs anzupassen.
Urteil vom 21. August 2012 – X ZR 138/11
Pressemitteilung Nr. 133/12

 

Bundesgerichtshof zu Ansprüchen wegen Verletzung von MPEG-2-Videokodierungspatenten

PatG § 9 Satz 2 Nr. 3, § 10 Abs. 1
Eine Videobilder repräsentierende Folge von Videobilddaten kann als unmittelbares Ergebnis eines Herstellungsverfahrens anzusehen sein und als solches Erzeugnisschutz nach § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG genießen.

Ist eine Datenfolge als unmittelbares Verfahrenserzeugnis eines Videobildcodierungsverfahrens anzusehen, wird vom Erzeugnisschutz auch ein Datenträger erfasst, auf dem die erfindungsgemäß gewonnene Datenfolge gespeichert worden ist oder der eine Vervielfältigung eines solchen Datenträgers darstellt.

Ist ein derartiger Datenträger (hier: digitales Videomasterband) mit Zustimmung des Patentinhabers in den Verkehr gebracht worden, hält sich auch die Herstellung weiterer Datenträger (hier: DVDs), die die erfindungsgemäß codierte Datenfolge enthalten, im Rahmen der aus der Erschöpfung des Patentrechts folgenden Befugnis zum bestimmungsgemäßen Gebrauch der erzeugten Datenfolge.

Die Lieferung von Datenträgern mit der erfindungsgemäßen Datenfolge, die nicht rechtswidrig ist, weil sie der Patentinhaber im Rahmen einer Testbestellung durch Zurverfügungstellung der Datenfolge veranlasst hat, kann die Gefahr künftiger patentverletzender Handlungen begründen, wenn der Lieferant in Unkenntnis der Erschöpfung handelt.

Ein optischer Datenträger, der Daten enthält, die mittels eines patentgeschützten Decodierungsverfahrens in Videobilddaten umgewandelt werden können, stellt nicht schon wegen dieser Eignung ein Mittel dar, das sich auf ein wesentliches Element des Decodierungsverfahrens bezieht.
Urteil vom 21. August 2012 – X ZR 33/10
Pressemitteilung Nr. 134/12

 

EPÜ Art. 87 Abs. 1, 4, Art. 88 Abs. 4, Art. 138 Abs. 1 Buchst. c; IntPatÜbkG Art. II § 6 Nr. 3; PatG § 21 Abs. 1 Nr. 4, § 22 Abs. 1
Die Inanspruchnahme der Priorität einer früheren Anmeldung setzt voraus, dass die Prioritätsunterlagen die Gesamtheit der Merkmale der durch den Patentanspruch umschriebenen technischen Lehre deutlich offenbaren. Wird die erfindungsgemäße Lehre durch eine im Prioritätsdokument nicht (deutlich) offenbarte Eigenschaft eines ihrer Bestandteile charakterisiert, die dem Fachmann eine zielgerichtete Auswahl geeigneter Ausführungsformen erlaubt (hier: fehlende Fotoempfindlichkeit gegenüber ultraviolettem Licht), fehlt es an einer Offenbarung im Prioritätsdokument, wenn die Eigenschaft objektiv auch einem dort offenbarten Ausführungsbeispiel zukommt, sie für den Fachmann aber jedenfalls nicht ohne Weiteres zu erkennen ist.

Entsprechendes gilt für den Nichtigkeitsgrund des Hinausgehens über den Inhalt der Anmeldung (unzulässige Erweiterung: vgl. Senat, Urteil vom 17. Juli 2012 X ZR 117/11 - Polymerschaum, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
Urteil vom 14. August 2012 - X ZR 3/10

 

PatG § 139 Abs. 2, ZPO § 287
Der Schutzrechtsverletzer ist verpflichtet, den durch die Verletzungshandlungen erzielten Gewinn vollständig insoweit, aber auch nur insoweit herauszugeben, als er auf der Benutzung des immateriellen Schutzguts beruht.

Für die Bestimmung des Anteils des herauszugebenden Verletzergewinns ist bei einer Patentverletzung wertend zu bestimmen, ob und in welchem Umfang der erzielte Gewinn auf den durch die Benutzung der Erfindung vermittelten technischen Eigenschaften des Produkts oder anderen für die Kaufentscheidung der Abnehmer erheblichen Faktoren beruht. Die Höhe des herauszugebenden Verletzergewinns ist insoweit vom Tatrichter unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung zu schätzen.

Der Einwand des Verletzers, er hätte den Gewinn auch bei einem nicht das Schutzrecht verletzenden Verhalten erzielen können, ist bei Bestimmung des herauszugebenden Verletzergewinns unbeachtlich. Eine nichtverletzende Produktgestaltung, die im Verletzungszeitraum tatsächlich nicht zur Verfügung stand, ist für die Beurteilung der mit der Benutzung des Schutzrechts verbundenen Marktchancen in diesem Zeitraum und damit für die Bestimmung des herauszugebenden Verletzergewinns unerheblich.
Urteil vom 24. Juli 2012 - X ZR 51/11

 

PatG §§ 81 ff., § 14; EPÜ Art. 69 Abs. 1
Die Prüfung der Patentfähigkeit erfordert regelmäßig eine Auslegung des Patentanspruchs, bei der dessen Sinngehalt in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der Erfindung liefern, zu bestimmen sind. Dem Patentanspruch darf dabei nicht deshalb ein bestimmter Sinngehalt beigelegt werden, weil sein Gegenstand andernfalls gegenüber den Ursprungsunterlagen unzulässig erweitert wäre.

PatG § 119 Abs. 5
Ergibt die mündliche Verhandlung des Patentnichtigkeitsberufungsverfahrens, dass die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, kommt es für die Entscheidung, ob es sachdienlich ist, die gebotene weitere Sachaufklärung dem Patentgericht zu übertragen oder zu diesem Zweck das Berufungsverfahren vor dem Bundesgerichtshof fortzusetzen, in erster Linie darauf an, auf welchem Weg die noch offenen Sachfragen möglichst effizient und zügig geklärt werden können.
Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 117/11

 

PatG § 14; EPÜ Art. 69
Eine vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichende Lösung ist nur dann gleichwirkend, wenn sie nicht nur im Wesentlichen die Gesamtwirkung der Erfindung erreicht, sondern gerade auch diejenige Wirkung erzielt, die das nicht wortsinngemäß verwirklichte Merkmal erzielen soll. Ergeben sich aus der Auslegung des Patentanspruchs Mindestanforderungen an die Quantität oder Qualität einer bestimmten Wirkung, können abgewandelte Mittel, die diesen Anforderungen nicht gerecht werden, auch dann nicht unter dem Gesichtspunkt einer verschlechterten Ausführungsform als gleichwirkend angesehen werden, wenn alle übrigen Wirkungen der patentgemäßen Lösung im Wesentlichen erreicht werden.
Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 113/11

 

PatG § 9 Satz 2 Nr. 1
Gehört der Austausch bestimmter Bestandteile zum bestimmungsgemäßen Gebrauch eines patentierten Erzeugnisses, so darf dieser Austausch an einem mit Zustimmung des Patentinhabers in Verkehr gebrachten Exemplar auch von Wettbewerbern vorgenommen werden, die das Exemplar zu diesem Zweck in reparaturbedürftigem Zustand erwerben und nach erfolgter Reparatur an Dritte weiterveräußern.

Der vom Senat aufgestellte Grundsatz, wonach für die Frage, ob durch den Austausch von Teilen die Identität des bearbeiteten Gegenstandes gewahrt bleibt oder ob die Maßnahmen auf die erneute Herstellung des patentgeschützten Erzeugnisses hinauslaufen, auch von Bedeutung sein kann, ob es sich um Teile handelt, mit deren Austausch während der Lebensdauer der Vorrichtung üblicherweise zu rechnen ist, und inwieweit sich gerade in den ausgetauschten Teilen die technischen Wirkungen der Erfindung widerspiegeln, ist auch dann heranzuziehen, wenn eine unmittelbare Patentverletzung geltend gemacht wird.

Ob sich gerade in den ausgetauschten Teilen die technischen Wirkungen der Erfindung widerspiegeln, ist in der Regel nur dann ausschlaggebend, wenn mit dem Austausch während der Lebensdauer des geschützten Erzeugnisses üblicherweise zu rechnen ist. Hierfür ist maßgeblich, ob der Austausch nach der Verkehrsauffassung als übliche Erhaltungsmaßnahme anzusehen ist, die die Identität der Gesamtvorrichtung als verkehrsfähiges Wirtschaftsgut nicht in Frage stellt.
Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 97/11

 

ZPO § 148, § 543 Abs. 2, § 544; PatG §§ 81 ff.
Nach rechtskräftigem Abschluss eines Nichtigkeitsverfahrens kommt regelmäßig eine (erneute) Aussetzung des an sich entscheidungsreifen Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde wegen einer nach Abschluss des ersten Nichtigkeitsverfahrens erhobenen zweiten Nichtigkeitsklage nur dann in Betracht, wenn die Erfolgsaussicht der neuen Nichtigkeitsklage offensichtlich ist.
Beschluss vom 17. Juli 2012 - X ZR 77/11

 

GebrMG § 18 Abs. 4; PatG § 100 Abs. 2
Die beschränkte Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt bei Gebrauchsmustern auch in Bezug auf einzelne Löschungsgründe in Betracht.
Beschluss vom 17. Juli 2012 - X ZB 1/11

 

PatG § 101
Hat das Patentgericht nach Erlöschen des Streitpatents festgestellt, dass das Einspruchsverfahren erledigt ist, so liegt die für eine dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Einsprechenden erforderliche Beschwer vor, wenn dieser den Einspruch trotz des Erlöschens des Schutzrechts weiterverfolgt.

PatG § 59, § 61 Abs. 1 Satz 2
Ein Einspruchsverfahren ist für erledigt zu erklären, wenn der Patentinhaber auf das Patent verzichtet und gegenüber dem Einsprechenden verbindlich erklärt, gegen diesen aus dem Patent auch für die Vergangenheit keine Ansprüche geltend zu machen (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 17. April 1997 - X ZB 10/96, GRUR 1997, 615, 617 - Vornapf).
Beschluss vom 26. Juni 2012 - X ZB 4/11

 

GWB § 97 Abs. 7, §§ 102 ff., 116 ff.
Wird ein Anspruch auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren darauf gestützt, dass die angekündigte Beschaffung von Entsorgungsleistungen durch Vergabe einer Dienstleistungskonzession gesetzwidrig sei und nur im Wege eines öffentlichen Auftrags erfolgen dürfe, sind die Nachprüfungsinstanzen des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zuständig.
Beschluss vom 18. Juni 2012 - X ZB 9/11

 

PatG § 12 Abs. 1
Die nach § 12 Abs. 1 PatG für den Erwerb eines Vorbenutzungsrechts erforderliche Benutzung oder Veranstaltung setzt voraus, dass der Handelnde selbständigen Erfindungsbesitz erlangt hat. Erfindungsbesitz ist gegeben, wenn die sich aus Aufgabe und Lösung ergebende technische Lehre objektiv fertig und subjektiv erkannt worden ist, dass die tatsächliche Ausführung der Erfindung möglich ist.

Die für den Erfindungsbesitz erforderliche subjektive Erkenntnis liegt vor, wenn das Handeln planmäßig auf die Verwirklichung einer technischen Lehre gerichtet ist, die alle Merkmale des erfindungsgemäßen Gegenstandes verwirklicht (hier: eine bestimmte Rezeptur für eine pharmazeutische Zusammensetzung). Ob der Handelnde darüber hinaus Kenntnis von Wirkungen hat, die nach den Angaben in der Beschreibung mit der Verwirklichung des erfindungsgemäßen Gegenstandes verbunden sind (hier: eine mit der Beachtung einer Obergrenze für den Oxidationsmittelgehalt erreichte bessere Haltbarkeit), ist unerheblich.
Urteil vom 12. Juni 2012 - X ZR 131/09

 

BGB § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2
Einem (potenziellen) Bieter steht gegen den öffentlichen Auftraggeber kein aus bürgerlich-rechtlichen Vorschriften herzuleitender Anspruch darauf zu, die Verwendung bestimmter als vergaberechtswidrig erachteter Vergabebedingungen in etwaigen zukünftigen Vergabeverfahren zu unterlassen (Fortführung von BGH, Urteil vom 11. September 2008 I ZR 74/06, BGHZ 178, 63 bundesligakarten.de).
Urteil vom 5. Juni 2012 - X ZR 161/11

 

PatG § 12 Abs. 1 Satz 3; GebrMG § 13 Abs. 3
Die Übertragung eines abgrenzbaren Betriebsteils steht für den Erwerb eines Vorbenutzungsrechts der Übertragung des (gesamten) Betriebs gleich.

Der Übergang eines Vorbenutzungsrechts zusammen mit einem Betriebsteil ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Übernehmer einen Teil der zur Herstellung der geschützten Vorrichtung erforderlichen Arbeiten in fremden Werkstätten, zu denen auch diejenigen seines Vertragspartners zählen können, vornehmen lässt.
Urteil vom 22. Mai 2012 - X ZR 129/09

 

EPÜ Art. 56; PatG § 4
Im Rahmen der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit kann für die Frage, ob der Fachmann aus dem Stand der Technik eine Anregung erhalten hat, dort beschriebene Maßnahmen aufzugreifen und sie auf einen bekannten Stoff anzuwenden, die Überlegung Bedeutung gewinnen, ob sich aus diesen Maßnahmen eine angemessene Erfolgserwartung für die Lösung des sich stellenden technischen Problems ergab (Fortführung von BGH, Urteil vom 6. März 2012 - X ZR 50/09, juris; vgl. auch BGH, Urteil vom 10. September 2009 - Xa ZR 130/07, GRUR 2010, 123 - Escitalopram).
Urteil vom 15. Mai 2012 - X ZR 98/09

 

Die Vorverlegung des Rückflugs um 10 Stunden kann den Reiseveranstalter zum Schadensersatz verpflichten

BGB § 307 Abs. 1, § 651c Abs. 3, § 651e, § 651f Abs. 2
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Reiseveranstalters, in der bestimmt ist "Die Abtretung von Ansprüchen gegen (den Reiseveranstalter), deren Rechtsgrund in Leistungsstörungen liegt, ist ausgeschlossen.", benachteiligt den Reisenden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist daher unwirksam.

Verlegt der Veranstalter einer Flugreise den Rückflug vertragswidrig in die frühen Morgenstunden des vereinbarten Rückreisetags und weigert sich ausdrücklich oder stillschweigend, dem Reisemangel abzuhelfen, kann der Reisende grundsätzlich die Erstattung der Kosten eines anderweitigen Rückflugs verlangen, mit dem er seine vertragsgemäße Rückreise sicherstellt.

Ob ein Reisemangel die Reise erheblich beeinträchtigt, ist nach dem Anteil des Mangels in Relation zur gesamten Reiseleistung sowie danach zu beurteilen, wie gravierend sich der Mangel für den Reisenden ausgewirkt hat. Ein Reisemangel verliert insoweit nicht an Gewicht, wenn der Preis der Reise besonders gering war.
Urteil vom 17. April 2012 - X ZR 76/11
Presemitteilung Nr. 47/12

 

EPÜ Art. 101 Abs. 3, 111 Abs. 1; ZPO §§ 580 Nr. 6, 586 Abs. 1 und 2
Entsprechend § 580 Nr. 6 ZPO findet die Restitutionsklage statt, wenn das Patent, auf welches das Urteil des Verletzungsgerichts gegründet ist, im Einspruchsverfahren bestandskräftig widerrufen wird.

Dem vollständigen Widerruf steht es insoweit gleich, wenn der Gegenstand des Patents im Einspruchsverfahren bestandskräftig derart beschränkt wird, dass das Patent im Umfang eines Patentanspruchs, dessen Benutzung durch die als patentverletzend angesehene Ausführungsform vom Verletzungsgericht festgestellt worden ist, vollständig oder durch die Aufnahme zusätzlicher Merkmale, deren Benutzung nicht festgestellt ist, in Wegfall gerät.

Weist die Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts die Einspruchsabteilung an, ein europäisches Patent in genau festgelegtem Umfang aufrechtzuerhalten, findet der den Restitutionsgrund bildende Teilwiderruf des Patents erst mit der die Anweisung der Beschwerdekammer umsetzenden Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung durch die  Einspruchsabteilung statt.

Die Frist zur Erhebung der Restitutionsklage beginnt mit dem Tag, an dem die rechtskräftig wegen Verletzung des Patents verurteilte Partei von der Entscheidung der Einspruchsabteilung Kenntnis erlangt.
Urteil vom 17. April 2012 - X ZR 55/09

 

VOB/A 2006 § 8 Nr. 3, § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 und § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b
Zu der Ausschlusssanktion für Angebote, welche geforderte Erklärungen nicht enthalten, korrespondiert die Verpflichtung der Auftraggeber, die Vergabeunterlagen so eindeutig zu formulieren, dass die Bieter diesen Unterlagen deutlich und sicher entnehmen können, welche Erklärungen von ihnen wann abzugeben sind. Genügen die Vergabeunterlagen dem nicht, darf der Auftraggeber ein Angebot nicht ohne Weiteres wegen Fehlens einer entsprechenden Erklärung aus der Wertung nehmen.

Will ein Bieter im Schadensersatzprozess geltend machen, die Verpflichtung, seine vorgesehenen Nachunternehmer schon zum Ende der Angebotsfrist namhaft zu machen oder gar die sie betreffenden Eignungsnachweise bis dahin beizubringen, sei unzumutbar gewesen und habe deshalb unbeachtet bleiben können, muss er die tatsächlichen Umstände darlegen, aus denen sich die Unzumutbarkeit ergeben soll.
Urteil vom 3. April 2012 - X ZR 130/10

 

ZPO § 406 Abs. 2
Ist einer Partei im Patentnichtigkeitsverfahren vor der Bestellung des gerichtlichen Sachverständigen Gelegenheit gegeben worden, zur fachlichen und persönlichen Eignung einer von der Gegenpartei vorgeschlagenen Person Stellung zu nehmen, und verfügt sie über keinerlei Informationen zur Person des Sachverständigen, handelt sie schuldhaft, wenn sie, ohne zumindest einfache und ohne weiteres mögliche Erkundigungen eingeholt zu haben, die Erklärung abgibt, gegen die als Sachverständigen vorgeschlagene Person bestünden keine Einwände.
Beschluss vom 3. April 2012 - X ZR 67/09

 

Bundesgerichtshof setzt Verfahren zu Ausgleichsansprüchen nach der Fluggastrechteverordnung bei verspätetem Zubringerflug aus
Beschluss vom 13. März 2012 – X ZR 127/11
Pressemitteilung Nr. 34/12

 

ArbEG § 9, § 23 Abs. 1, § 42 Abs. 4
Die Vergütung einer Diensterfindungen ist nicht deshalb unangemessen, weil ihr nach der in der Vergütungsvereinbarung zur Bemessung der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Erfindung gewählten Methode der Lizenzanalogie ein Erfindungswert zugrunde liegt, der erheblich geringer ist als der Gewinn, den der Arbeitgeber durch die Herstellung und den Vertrieb eines erfindungsgemäßen Produkts erwirtschaftet.

Auch die Bemessung der Vergütung eines an einer Hochschule beschäftigten Erfinders mit 30 % der durch die Verwertung der Erfindung erzielten Einnahmen hat keinen Einfluss auf die Ermittlung der angemessenen Vergütung eines Arbeitnehmers nach § 9 ArbEG.

Die Findung eines angemessenen Lizenzsatzes obliegt dem Tatrichter. Das Revisionsgericht kann nur prüfen, ob dieser von verfahrensfehlerfrei festgestellten Anknüpfungstatsachen ausgegangen ist und sämtliche erhebliche Gesichtspunkte in seine Gesamtwürdigung einbezogen und hierbei Erfahrungssätze und Denkgesetze beachtet hat.

Die Ermittlung der Analoglizenzgebühr aus dem Produkt von Nettoverkaufserlösen und angemessenem Lizenzsatz begründet nicht ohne weiteres deshalb eine erhebliche Unbilligkeit der Vergütungsvereinbarung, weil als Verkaufspreise bei Lieferungen an konzernangehörige Unternehmen vereinbarungsgemäß die konzerninternen Abgabepreise des Arbeitgebers anzusetzen sind.
Urteil vom 6. März 2012 - X ZR 104/09

 

PatG § 4; EPÜ Art. 56
Betrifft ein Patent das Zurverfügungstellen eines mehrstufigen und im Allgemeinen nicht nur in einem einzigen Betrieb anzusiedelnden Produktionssystems (hier: die Vorkonfektionierung von Wursthüllen als Endlos-Rollenware und deren automatisierte Befüllung beim Wurstwarenhersteller), können als maßgeblicher Fachmann in verschiedenen Gewerken Kundige anzusehen sein, deren Fachkenntnisse sich in einem Team ergänzen.
Urteil vom 6. März 2012 - X ZR 78/09

 

EPÜ Art. 56; PatG § 4
Der Fachmann, der mit der Verbesserung eines Verfahrens zur Herstellung einer Substanz mit Hilfe von Stoffwechselvorgängen in Mikroorganismen betraut ist, hat grundsätzlich nur dann Anlass, die Verstärkung eines bestimmten Teilvorgangs im Rahmen des Stoffwechselnetzwerks in Erwägung zu ziehen, wenn bekannt oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass dieser Faktor limitierend wirkt, d.h. bei den bekannten Verfahren nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung steht.
Urteil vom 7. Februar 2012 - X ZR 115/09

 

GWB § 128 Abs. 3 Satz 5, Abs. 4 nF
Die Regelungen in § 128 Abs. 3 Satz 4 und 5 GWB in der durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts (BGBl. I 2009 S. 779) erhaltenen Fassung sind dahin auszulegen, dass Gebühr und Auslagen der Vergabekammer bei anderweitiger Erledigung des Nachprüfungsverfahrens auch einem anderen Beteiligten als dem Antragsteller auferlegt werden können, wenn dies der Billigkeit entspricht, dass in Fällen der Antragsrücknahme oder anderweitigen Erledigung des Nachprüfungsverfahrens aber stets nur die Hälfte der Gebühr zu entrichten ist.

Wird das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer übereinstimmend für erledigt erklärt, kann eine Erstattung notwendiger Aufwendungen von Beteiligten weiterhin nicht angeordnet werden.
Beschluss vom 25. Januar 2012 - X ZB 3/11

 

ZPO § 62 Abs. 1 Fall 2
Der Inhaber eines Patents oder Gebrauchsmusters und der Inhaber einer ausschließlichen Lizenz an diesem Recht, die einen Verletzer gemeinsam auf Ersatz des ihnen aus einer Verletzung des Schutzrechts entstandenen Schadens in Anspruch nehmen, sind notwendige Streitgenossen.
Urteil vom 24. Januar 2012 - X ZR 94/10

 

EPÜ Art. 56; PatG § 4
Dass die mobile Ausgestaltung eines klinischen Geräts zur wechselnden Verwendung in mehreren Operationssälen dem Fachmann grundsätzlich wünschenswert erscheint, rechtfertigt für sich genommen nicht, eine solche Ausgestaltung als nahegelegt anzusehen, wenn die im Stand der Technik verwendeten Geräte aufgrund ihres Umfangs und Gewichts weit davon entfernt sind, eine mobile Ausgestalt
Urteil vom 24. Januar 2012 - X ZR 88/09

 

GWB § 99 Abs. 4 aF; GVG § 17a Abs. 2
Auf Dienstleistungskonzessionen ist der Vierte Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auch in der vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts (24. April 2009) geltenden Fassung nicht anzuwenden.

Welcher Rechtsweg für Streitigkeiten aus der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen eröffnet ist, ergibt sich aus denselben Grundsätzen, die für die Bestimmung des Rechtswegs bei Streitigkeiten aus der Vergabe öffentlicher Aufträge mit einem die Schwellenwerte der Vergabeverordnung unterschreitenden Volumen gelten. Für die Überprüfung der Vergabe einer Dienstleis-tungskonzession sind die ordentlichen Gerichte zuständig, wenn die Vergabe durch privatrechtlichen Vertrag erfolgt. Erfolgt die Vergabe hingegen in den Formen des öffentlichen Rechts, gehört der Rechtsstreit vor die Verwaltungsgerichte.

Der Vergabesenat kann ein nach § 116 GWB vor ihn gelangtes Nachprüfungsverfahren an das Gericht des zulässigen Rechtswegs verweisen, wenn es eine Dienstleistungskonzession zum Gegenstand hat.
Beschluss vom 23. Januar 2012 - X ZB 5/11

 

Bundesgerichtshof entscheidet zur Verkehrssicherungspflicht auf Bahnsteigen

BGB § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 278
Auch nach der rechtlichen Trennung von Fahrbetrieb und Infrastruktur durch das Gesetz zur Neuordnung des Eisenbahnwesens vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 1994 I S. 2439) ist ein Eisenbahnverkehrsunternehmen aufgrund eines Beförderungsvertrags verpflichtet, diejenigen Bahnanlagen wie Bahnhöfe und Bahnsteige, die der Fahrgast vor und nach der Beförderung benutzen muss, verkehrssicher bereitzustellen. Wird diese vertragliche Nebenpflicht schuldhaft verletzt, haftet das Eisenbahnverkehrsunternehmen gemäß § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB.

Werden die Bahnanlagen, die der Fahrgast für den Zu- und Abgang benutzen muss, durch ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen bereitgestellt, bedient sich das Eisenbahnverkehrsunternehmen des Infrastrukturunternehmens als Erfüllungsgehilfen und hat dessen Verschulden in gleichem Umfang zu vertreten wie ein eigenes Verschulden (§ 278 BGB).
Urteil vom 17. Januar 2012 - X ZR 59/11
Pressemitteilung Nr. 7/12

 

EPÜ Art. 54; PatG § 3
Durch eine Veröffentlichung, in der hinsichtlich einer bestimmten Gruppe von Produkten die Vermutung geäußert wird, dass diese Krebs verursachen können, ist die Verwendung eines dieser Produkte für Zwecke, bei denen kein kanzerogenes Potential vorhanden sein darf, nicht offenbart.

EPÜ Art. 56; PatG § 4
Besteht hinsichtlich einer bestimmten Gruppe von Produkten die Vermutung, dass diese Krebs verursachen können, so hat der Fachmann auch dann nicht ohne weiteres Anlass, aufwendige Versuche zur Ermittlung von eventuellen Unterschieden hinsichtlich des kanzerogenen Potentials der einzelnen Produkte anzustellen, wenn in einer Veröffentlichung berichtet wird, dass ein Hersteller solche Versuche für bestimmte Produkte bereits in Auftrag gegeben hat.
Urteil vom 20. Dezember 2011 - X ZR 53/11

 

GebrMG § 1 Abs. 1, § 18 Abs. 4; PatG § 100, § 106, § 99 Abs. 1; ZPO § 91a Abs. 1 Satz 1
In welchem Umfang und mit welcher Konkretisierung der Fachmann Anregungen im Stand der Technik benötigt, um eine bekannte Lösung in bestimmter Weise weiterzuentwickeln ist eine Frage des Einzelfalls, deren Beantwortung eine Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Sachverhaltselemente erfordert. Dabei sind nicht etwa nur ausdrückliche Hinweise an den Fachmann beachtlich. Vielmehr können auch Eigenarten des in Rede stehenden technischen Fachgebiets, insbesondere betreffend die Ausbildung von Fachleuten, die übliche Vorgehensweise bei der Entwicklung von Neuerungen, technische Bedürfnisse, die sich aus der Konstruktion oder der Anwendung des in Rede stehenden Gegenstands ergeben und auch nichttechnische Vorgaben eine Rolle spielen.
Beschluss vom 20. Dezember 2011 - X ZB 6/10

 

ZPO § 325; PatG §§ 81 ff.
Eine Kapitalgesellschaft muss sich nicht die Rechtskraft eines gegen ihren Alleingesellschafter ergangenen klageabweisenden Nichtigkeitsurteils entgegenhalten lassen.
Urteil vom 29. November 2011 - X ZR 23/11

 

EPÜ Art. 56; PatG § 4
Der Fachmann, der mit einer punktuellen Verbesserung einer in einem internationalen Standard vorgesehenen Datenstruktur befasst ist, hat in der Regel Veranlassung, zur Lösung des technischen Problems auf Mechanismen zurückzugreifen, die im Standard bereits vorgesehen sind.

Ergibt sich aus dem Standard eine überschaubare Zahl von möglichen Lösungsansätzen, von denen jeder spezifische Vor- und Nachteile hat, gibt dies in der Regel Veranlassung, jeden dieser Lösungsansätze in Betracht zu ziehen.
Urteil vom 22. November 2011 - X ZR 58/10

 

ArbNErfG § 9
Ein Anspruch auf Erfindervergütung kommt auch dann in Betracht, wenn bei der Verwertung eines auf eine gemeldete Diensterfindung zurückgehenden Patents ein Element wirtschaftliche Bedeutung erlangt, das aufgrund des Beitrags einer weiteren Person der Patentanmeldung hinzugefügt worden ist und nicht bereits Gegenstand der Erfindungsmeldung war.
Urteil vom 22. November 2011 - X ZR 35/09

 

ZPO § 239
Ist der Rechtsstreit durch den Tod des Klägers unterbrochen worden, so kann die Aufnahme auch durch einen einzelnen Miterben erfolgen, der gemäß § 2039 BGB zur Geltendmachung des Klageanspruchs berechtigt ist (Bestätigung von BGH, Urteil vom 13. Mai 1964 V ZR 90/62, MDR 1964, 669).
Beschluss vom 2. November 2011 - X ZR 94/11

 

Bundesgerichtshof zum Umfang des Insolvenzschutzes bei Pauschalreise

BGB § 651k Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen Art. 7
§ 651k Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass der Reisende auch für den Fall abzusichern ist, dass der Reiseveranstalter, der von einem vorbehaltenen Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht und die Reise abgesagt hat, infolge Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens den gezahlten Reisepreis nicht erstattet.
Urteil vom 2. November 2011 – X ZR 43/11X ZR 44/11
Pressemitteilung Nr. 173/11

 

ZPO § 139; GG Art. 103 Abs. 1
Eine Partei, der Prozesskostenhilfe für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gewährt worden ist, kann und darf nicht darauf vertrauen, dass ihre Nichtzulassungsbeschwerde nicht ohne vorherigen Hinweis zurückgewiesen wird.
Beschluss vom 25. Oktober 2011 - X ZR 3/11

 

GWB §§ 116, 128; GKG § 66 Abs. 8, § 68 Abs. 3
Die Bemessung der Gebühr für ihre Amtshandlungen liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Vergabekammer. Auszugehen ist hierbei vom Wert des Verfahrensgegenstands, unter dem Gesichtspunkt verminderten oder erhöhten personellen bzw. sachlichen Aufwands abgewandelt werden kann.

Gegen die Gebührenentscheidung der Vergabekammer findet die sofortige Beschwerde statt. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Beschluss vom 25. Oktober 2011 - X ZB 5/10

 

BGB § 516
Eine gemischte Schenkung liegt vor, wenn der Beschenkte durch einen Überschuss des Werts der Zuwendungen verglichen mit seinen Gegenleistungen objektiv bereichert wird, die Vertragsparteien sich dieses Überschusses bewusst und subjektiv darüber einig sind, jedenfalls den überschießenden Zuwendungsteil dem Beschenkten unentgeltlich zuzuwenden. Dies setzt nicht voraus, dass der objektive Wert der Zuwendung mindestens das Doppelte der Gegenleistungen beträgt.
Urteil vom 18. Oktober 2011 - X ZR 45/10

 

PatG § 22, § 84 Abs. 1 Satz 1, § 81, § 99 Abs. 1 Satz 1; IntPatÜbkG Art. II § 6
Wenn sich der Gegenstand eines Patentanspruchs als nicht patentfähig erweist, führt dies nicht ohne weiteres dazu, dass auch der Gegenstand eines auf ihn zurückbezogenen Unteranspruchs als nicht patentfähig angesehen werden kann. Das Patent ist aber auch hinsichtlich des angegriffenen Unteranspruchs für nichtig zu erklären, wenn weder geltend gemacht wird noch sonst ersichtlich ist, dass die zusätzlichen Merkmale zu einer anderen Beurteilung der Patentfähigkeit führen.

ZPO § 69, § 265 Abs. 2 Satz 3

Der Erwerber des Patents, der einem vor der Eintragung des Rechtsübergangs eingeleiteten Nichtigkeitsverfahren auf Seiten des Beklagten beitritt, ist nicht streitgenössischer Nebenintervenient.
Urteil vom 29. September 2011 - X ZR 109/08

 

ZPO § 148, § 543 Abs. 2, § 544; PatG §§ 81 ff.
Auch im Verfahren über eine Nichtzulassungsbeschwerde ist im Rahmen der nach § 148 ZPO zu treffenden Ermessensentscheidung, ob ein Patentverletzungsrechtsstreit im Hinblick auf eine anhängige Patentnichtigkeitsklage ausgesetzt werden soll, nicht nur das Interesse an widerspruchsfreien Entscheidungen zu berücksichtigen, sondern auch das Interesse des Verletzungsklägers an einem zeitnahen Abschluss des Verletzungsverfahrens. Dem Interesse des Verletzungsklägers kommt umso stärkeres Gewicht zu, je später die Nichtigkeitsklage erhoben worden ist.
Beschluss vom 28. September 2011 - X ZR 68/10

 

ZPO §§ 42, 406 Abs. 1
Lücken oder Unzulänglichkeiten im schriftlichen Gutachten rechtfertigen für sich allein nicht die Ablehnung eines gerichtlichen Sachverständigen wegen Befangenheit.
Beschluss vom 27. September 2011 - X ZR 142/08

 

PatG § 14
Offenbart die Beschreibung eines Patents mehrere Möglichkeiten, wie eine bestimmte technische Wirkung erzielt werden kann, ist jedoch nur eine dieser Möglichkeiten in den Patentanspruch aufgenommen worden, kann eine Verletzung des Patents mit äquivalenten Mitteln nur dann angenommen werden, wenn sich die abgewandelte Lösung in ihren spezifischen Wirkungen mit der unter Schutz gestellten Lösung deckt und sich in ähnlicher Weise wie diese Lösung von der nur in der Beschreibung, nicht aber im Patentanspruch aufgezeigten Lösungsvariante unterscheidet.
Urteil vom 13. September 2011 - X ZR 69/10

 

VOB/A 2009 § 16 Abs. 8; VOB/A 2002, 2006 § 25 Nr. 5 Satz 1
Zur Beurteilung der Frage, ob an einem öffentlichen Auftrag ein grenzüberschreitendes Interesse besteht, ist eine Prognose darüber anzustellen, ob der Auftrag nach den konkreten Marktverhältnissen, das heißt mit Blick auf die angesprochenen Branchenkreise und ihre Bereitschaft, Aufträge gegebenenfalls in Anbetracht ihres Volumens und des Ortes der Auftragsdurchführung auch grenzüberschreitend auszuführen, für ausländische Anbieter interessant sein könnte.

Bei der Zulassung von Nebenangeboten werden die Grundfreiheiten des Primärrechts der Europäischen Union und die Gebote der Gleichbehandlung, Verhältnismäßigkeit und Transparenz gewahrt, wenn in den Vergabeunterlagen vorgegeben wird, dass Ausführungsvarianten eindeutig und erschöpfend beschrieben werden und alle Leistungen umfassen müssen, die zu einer einwandfreien Ausführung der Bauleistung erforderlich sind, und dass bei nicht in Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen oder in den Vergabeunterlagen geregelten Leistungen im Angebot entsprechende Angaben über Ausführung und Beschaffenheit dieser Leistungen zu machen sind.
Urteil vom 30. August 2011 - X ZR 55/10

  

PatKostG § 11 Abs. 3; PatG § 100
§ 11 Abs. 3 PatKostG steht der Zulässigkeit einer Rechtsbeschwerde nicht entgegen, wenn zur Entscheidung steht, ob eine Grundlage für die Erhebung der angesetzten Gebühr besteht.

IntPatÜbkG Art. II § 3 Abs. 1 Satz 2, Art. XI § 4

Art. II § 3 Abs. 1 Satz 2 IntPatÜbkG in der bis zum 30. April 2008 geltenden Fassung, wonach eine Übersetzung der im Einspruchs- oder Beschränkungsverfahren geänderten Fassung einer nicht in deutscher Sprache abgefassten Patentschrift einzureichen ist, bleibt für europäische Patente, für die der Hinweis auf die Erteilung vor dem 1. Mai 2008 im Europäischen Patentblatt veröffentlicht worden ist, auch dann anwendbar, wenn die Änderung nach dem 30. April 2008 erfolgt ist. 
Beschluss vom 10. August 2011 - X ZB 2/11

 

PatG § 100 Abs. 3 Nr. 6; GebrMG § 18 Abs. 4, § 15 Abs. 1 Nr. 2
Es stellt keinen Begründungsmangel im Sinn des § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG in Verbindung mit § 18 Abs. 4 GebrMG dar, wenn sich das Patentgericht mit der theoretischen Möglichkeit einer zukünftigen Nichtigerklärung des älteren Patents, auf das es die Löschung des Streitgebrauchsmusters nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 GebrMG gestützt hat, nicht auseinandersetzt.
Beschluss vom 10. August 2011 - X ZA 1/11

 

BGB § 529 Abs. 1 Fall 2
Bei der Schenkung eines Grundstücks genügt es zur Leistung des geschenkten Gegenstandes im Sinne von § 529 Abs. 1 Fall 2 BGB, dass der Beschenkte nach dem formgerechten Abschluss des Schenkungsvertrages und
der Auflassung einen Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung beim Grundbuchamt eingereicht hat.

Der Beginn der in § 529 Abs. 1 Fall 2 BGB vorgesehenen Zehnjahresfrist wird nicht dadurch gehindert, dass sich der Schenker an dem verschenkten Grundstück ein lebenslanges Nutzungsrecht vorbehält.
Urteil vom 19. Juli 2011 - X ZR 140/10

 

PatG §§ 34, 102 Abs. 5, §§ 80, 109; ZPO § 269 Abs. 3
Die Rücknahme einer Patentanmeldung während des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist gegenüber dem Bundesgerichtshof zu erklären; der Bestellung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts bedarf es für diese Erklärung nicht.
Mit der Rücknahme der Patentanmeldung hat sich das Rechtsbeschwerdeverfahren erledigt; bis dahin ergangene Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts und des Bundespatentgerichts sind wirkungslos. Kosten des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens sind nur zu erstatten, wenn dies der Billigkeit entspricht.
Beschluss vom 19. Juli 2011 - X ZB 8/10

 

S-Bahn-Leistungen müssen ausgeschrieben werden

GKG § 50 Abs. 2; GWB § 101b Abs. 1 Nr. 2, § 107 Abs. 2; VgV § 3
Will der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren mit der begehrten Nichtigerklärung eines im Wege der De-facto-Vergabe geschlossenen Vertrages auch erreichen, dass der Gesamtgegenstand dieses Vertrages in einem künftigen Vergabeverfahren losweise vergeben wird, bestimmt sich die für den Streit-wert maßgebliche Auftragssumme nach dem Wert der Lose, an deren Erbringung der Antragsteller interessiert ist.

Für die Schätzung des Werts dieser Lose sind die in § 3 VgV genannten Parameter heranzuziehen, soweit sie nach den Umständen für eine entsprechende Anwendung geeignet erscheinen.
Beschluss vom 19. Juli 2011 - X ZB 4/10
Pressemitteilung Nr. 23/11

 

PatG § 35; PatV § 14 Abs. 1
Die Rechtsfolge, dass die fremdsprachige Patentanmeldung mangels fristgerechter Nachreichung einer deutschen Übersetzung als nicht erfolgt gilt, tritt nicht ein, wenn der Anmelder innerhalb von drei Monaten nach Einreichung der Anmeldung eine deutsche Übersetzung der Unterlagen nach § 34 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PatG sowie in deutscher Sprache Angaben, die jedenfalls dem Anschein nach als Beschreibung der Erfindung anzusehen sind, nachreicht und die Übersetzung von einem Rechtsanwalt oder Patentanwalt beglaubigt oder von einem öffentlich bestellten Übersetzer angefertigt ist.

Die Beglaubigung der Übersetzung erfordert die jedenfalls sinngemäße Erklärung, dass die Übersetzung nach dem besten Wissen des Beglaubigenden eine richtige und vollständige Übertragung der fremdsprachigen Anmeldeunterlagen in die deutsche Sprache darstellt.
Beschluss vom 18. Juli 2011 - X ZB 10/10

 

PatG § 21 Abs. 1 Nr. 4, § 22 Abs. 1 Satz 1; EPÜ Art. 138 Abs. 1 lit. c
Eine die Nichtigerklärung des Patents rechtfertigende Abwandlung des ursprünglich offenbarten Gegenstands zu einem Aliud liegt nicht erst dann vor, wenn der patentierte Gegenstand dazu in einem Ausschließlichkeitsverhältnis steht (exklusives Aliud), sondern bereits dann, wenn die Veränderung einen technischen Aspekt betrifft, der den ursprünglich eingereichten Unterlagen in seiner konkreten Ausgestaltung oder wenigstens in abstrakter Form nicht als zur Erfindung gehörend zu entnehmen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2010 Xa ZB 14/09, GRUR 2011, 40 Rn. 22 Winkelmesseinrichtung).
Urteil vom 21. Juni 2011 - X ZR 43/09

 

BGB § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 280 Abs. 1 Satz 1; GWB § 97 Abs. 7
Der auf Verstöße des öffentlichen Auftraggebers gegen Vergabevorschriften gestützte Schadensersatzanspruch des Bieters ist nach der Kodifikation der gewohnheitsrechtlichen Rechtsfigur der culpa in contrahendo durch das Schuldrechtsmodernisierungsges etz nicht mehr daran geknüpft, dass der klagende Bieter auf die Einhaltung dieser Regelungen durch den Auftraggeber vertraut hat, sondern es ist dafür auf die Verletzung von Rücksichtnahmepflichten durch Missachtung von Vergabevorschriften abzustellen (Weiterentwicklung von BGH, Urteil vom 8. September 1998 X ZR 99/96, BGHZ 139, 280, 283; Urteil vom 27. November 2007 - X ZR 18/07, VergabeR 2008, 219 Leitsatz e).
Urteil vom 9. Juni 2011 - X ZR 143/10

 

EPÜ Art. 52 Abs. 2 Buchst. a, Art. 54 Abs. 1
Die Entdeckung, dass ein bestimmter Wirkstoff einem bei einer bestimmten Krankheit - hier: Morbus Alzheimer - auftretenden pathologischen Zustand - hier: dem exzessiven Einstrom von Calciumionen durch N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptorkanäle - entgegen wirkt, kann keine neue Lehre zum technischen Handeln begründen, wenn es im Stand der Technik bekannt war, an dieser Krankheit leidende Patienten zur Linderung der Krankheitssymptome mit dem Wirkstoff zu behandeln und weder eine neue Art und Weise der Wirkstoffgabe gelehrt noch eine Patientengruppe als erfolgreich behandelbar aufgezeigt wird, die mit dem Wirkstoff bislang nicht behandelt worden ist.
Urteil vom 9. Juni 2011 - X ZR 68/08

 

GVG § 17a Abs. 2; InsO § 89 Abs. 2 und 3
Hat das Arbeitsgericht mit der Begründung, mit der Klage würden in die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts fallende Einwendungen nach § 89 Abs. 2 InsO geltend gemacht, die Vollstreckungsgegenklage fehlerhaft an das Amtsgericht verwiesen, so ist die unanfechtbar gewordene Verweisung hinsichtlich des Rechtswegs bindend. Eine Zuständigkeit des Insolvenzgerichts wird hierdurch jedoch nicht begründet.
Beschluss vom 18. Mai 2011 - X ARZ 95/11

 

ZPO § 281 Abs. 2
Ein Verweisungsbeschluss ist nicht schon deshalb unwirksam, weil das verweisende Gericht sich nicht mit der Frage befasst hat, ob es gemäß § 29 ZPO örtlich zuständig ist, wenn die Parteien weder die Frage des Erfüllungsorts thematisiert noch zum Wohnsitz des Beklagten im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorgetragen haben.
Beschluss vom 17. Mai 2011 - X ARZ 109/11

 

ZPO § 531 Abs. 2
Nachlässigkeit im Sinne von § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO ist grundsätzlich zu verneinen, wenn ein neues Angriffs- und Verteidigungsmittel erst nach Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung entstanden ist.

Stützt der Beklagte eine Einwendung gegen den Klageanspruch auf eine Rechtsposition, die er im Wege der Abtretung erworben hat, so ist das entsprechende Verteidigungsmittel erst mit dem Erwerb der Rechtsposition entstanden.
Beschluss vom 17. Mai 2011 - X ZR 77/10

 

PatG § 63 Abs. 2; EPÜAO Regel 20 Abs. 2
Der Anspruch auf Berichtigung einer Erfinderbenennung besteht unabhängig von der Schutzfähigkeit der betreffenden Erfindung.

Der Berichtigungsanspruch steht, wie beim Vindikationsanspruch aus § 8 Abs. 1 PatG, demjenigen zu, der einen schöpferischen Beitrag zum Gegenstand der unter Schutz gestellten Erfindung geleistet hat. Für die dafür vorzunehmende Prüfung ist die gesamte in dem Patent unter Schutz gestellte Erfindung einschließlich ihres Zustandekommens in den Blick zu nehmen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 20. Februar 1979 - X ZR 63/77, BGHZ 73, 337 - Biedermeiermanschetten).

Bei der Prüfung der Frage, welche schöpferischen Beiträge von welchen Personen erbracht worden sind, kommt es auf die Fassung der Patentansprüche nur insofern an, als sich aus ihnen ergeben kann, dass ein Teil der in der Beschreibung dargestellten Erfindung nicht zu demjenigen Gegenstand gehört, für den mit der Patenterteilung Schutz gewährt worden ist (Klarstellung von BGH, Urteil vom 16. September 2003 - X ZR 142/01, GRUR 2004, 50 - Verkranzungsverfahren).
Urteil vom 17. Mai 2011 - X ZR 53/08

 

EPÜ Art. 69
Bei Widersprüchen zwischen den Patentansprüchen und der Beschreibung sind solche Bestandteile der Beschreibung, die in den Patentansprüchen keinen Niederschlag gefunden haben, grundsätzlich nicht in den Patentschutz einbezogen. Die Beschreibung darf nur insoweit berücksichtigt werden, als sie sich als Erläuterung des Gegenstands des Patentanspruchs lesen lässt.

Offenbart die Beschreibung mehrere Möglichkeiten, wie eine bestimmte technische Wirkung erzielt werden kann, ist jedoch nur eine dieser Möglichkeiten in den Patentanspruch aufgenommen worden, begründet die Benutzung einer der übrigen Möglichkeiten regelmäßig keine Verletzung des Patents mit äquivalenten Mitteln.
Urteil vom 10. Mai 2011 - X ZR 16/09

 

ZPO § 29c
Auch wenn ein Vertrag über die Beteiligung an einem in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft organisierten Vermögensfonds im Rahmen eines Haustürgeschäfts zustande gekommen ist, kann eine Klage gegen ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen , das vom Anleger wegen Verletzung von Pflichten aus einem mit der Kommanditgesellschaft geschlossenen Vertrag über die Kontrolle der Mittelverwendung in Anspruch genommen wird, nicht im besonderen Gerichtsstand des Haustürgeschäfts gemäß § 29c ZPO erhoben werden.

ZPO § 60
Der für eine Streitgenossenschaft gemäß § 60 ZPO erforderliche sachliche Zusammenhang zwischen den geltend gemachten Ansprüchen ist gegeben, wenn der Kläger geltend macht, sowohl der Vermittler einer Kapitalanlage als auch ein wegen desselben Schadens als Gesamtschuldner in Anspruch genommenes Wirtschaftsprüfungsunternehmen hätten erkennen können und müssen, dass der Emissionsprospekt Fehler aufweise und das Geschäftsmodell der Kapitalanlage gegen Vorschriften des Kreditwesengesetzes verstoße. Der Zusammenhang wird nicht dadurch aufgehoben, dass die Beklagten aus unterschiedlichen Verträgen in Anspruch genommen werden, zwischen denen ihrerseits kein unmittelbarer Zusammenhang besteht.
Beschluss vom 3. Mai 2011 - X ARZ 101/11

 

PatG § 81 Abs. 2 Satz 1; EPÜ Art. 139 Abs. 2
Die bei laufendem Einspruchsverfahren erhobene Nichtigkeitsklage ist auch dann unzulässig, wenn sie nur auf ein älteres nationales Recht im Sinne des Art. 139 Abs. 2 EPÜ gestützt wird (Fortführung von BGH, Urteil vom 12. Juli 2005 - X ZR 29/05, BGHZ 163, 369 - Strahlungssteuerung).

ZPO § 148
Der Verletzungsrichter kann und muss von der Möglichkeit, das Verfahren im Hinblick auf ein anhängiges Einspruchsverfahren auszusetzen, auch dann Gebrauch machen, wenn er damit rechnet, dass das Einspruchsverfahren erfolglos bleiben wird, eine im Anschluss daran erhobene Nichtigkeitsklage wegen einer Entgegenhaltung, die nur in diesem Verfahren berücksichtigt werden darf, aber hinreichende Erfolgsaussicht hat.
Urteil vom 19. April 2011 - X ZR 124/10

 

PatG § 100 Abs. 3 Nr. 3; GG Art. 103 Abs. 1
Hält das Patentgericht den Gegenstand eines mit dem Einspruch angegriffenen Patents im Hinblick auf eine Entgegenhaltung für nahegelegt, die bereits im Er-teilungsverfahren berücksichtigt worden ist und in der Einspruchsbegründung zwar angeführt, aber eher beiläufig behandelt wird, reicht es zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör grundsätzlich aus, wenn dem Patentinhaber in der mündlichen Verhandlung ein entsprechender Hinweis erteilt wird.
Beschluss vom 12. April 2011 - X ZB 1/10

 

ArbNErfG §§ 5, 6 und 7 (in der bis zum 30. September 2009 gültigen Fassung); PatG § 8
Die Frist zur Inanspruchnahme einer Diensterfindung wird, wenn es an einer schriftlichen Erfindungsmeldung des Diensterfinders fehlt, grundsätzlich nur in Gang gesetzt, wenn der Arbeitgeber, insbesondere durch eine Patentanmeldung und die Benennung des Arbeitnehmers als Erfinder, dokumentiert, dass es keiner Erfindungsmeldung mehr bedarf, weil er über die Erkenntnisse bereits verfügt, die ihm der Diensterfinder durch die Erfindungsmeldung verschaffen soll.

Eine derartige Dokumentation der Kenntnis des Arbeitgebers von der Diensterfindung und den an ihr Beteiligten ergibt sich weder daraus, dass der Arbeitgeber durch die mündliche Mitteilung einer "Initialidee" durch den Arbeitnehmer und schriftliche Berichte über anschließend durchgeführte Versuche Kenntnis von der technischen Lehre der Erfindung erhält, noch aus dem Umstand, dass der Arbeitgeber von einem Patent erfährt, das der Arbeitnehmer auf die Diensterfindung angemeldet hat (Fortführung von BGH, Urteil vom 4. April 2006 - X ZR 155/03, BGHZ 167, 118 - Haftetikett).

Hat der Arbeitnehmer die Diensterfindung unberechtigt zum Patent angemeldet, bedarf es nach Inanspruchnahme der Diensterfindung durch den Arbeitgeber gemäß §§ 6, 7 ArbNErfG einer Übertragung und nicht nur einer Umschreibung der Anmeldung oder eines hierauf erteilten Patents auf den Arbeitgeber.
Urteil vom 12. April 2011 - X ZR 72/10

 

GKG § 51 Abs. 1
Der Gegenstandswert des Patentnichtigkeitsverfahrens wird durch den gemeinen Wert des Patents bei Klageerhebung zuzüglich des Betrags der bis dahin entstandenen Schadensersatzforderungen bestimmt.

Bei der Festsetzung des Gegenstandswerts kann von dem Streitwert eines auf das Streitpatent gestützten Verletzungsprozesses ausgegangen werden, der regelmäßig das Interesse des Nichtigkeitsklägers an der Nichtigerklärung des Patents widerspiegelt. Dem Umstand, dass der gemeine Wert des Patents in der Regel über dieses Individualinteresse hinausgeht, ist bei der Wertfestsetzung mangels anderweitiger Anhaltspunkte dadurch Rechnung zu tragen, dass der Gegenstandswert um ein Viertel höher als der Streitwert des Verletzungsprozesses angenommen wird.
Beschluss vom 12. April 2011 - X ZR 28/09

 

PatG § 139
Dem Inhaber eines Patents, der einem Dritten eine ausschließliche Lizenz erteilt hat, stehen im Falle einer Patentverletzung eigene Ansprüche gegen den Verletzer zu, wenn ihm aus der Lizenzvergabe fortdauernde materielle Vorteile erwachsen.

Die für eine Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht erforderliche Wahrscheinlichkeit, dass dem Patentinhaber aus der geltend gemachten Verletzungshandlung ein eigener Schaden entstanden ist, liegt in der Regel vor, wenn der Patentinhaber an der Ausübung der Lizenz durch den Lizenznehmer wirtschaftlich partizipiert (Bestätigung von BGH, Urteil vom 20. Mai 2008 - X ZR 180/05, BGHZ 176, 311 Rn. 26 ff. - Tintenpatrone).

Für eine wirtschaftliche Partizipation in diesem Sinne genügt es, wenn der Patentinhaber als alleiniger Gesellschafter des Lizenznehmers an dessen Gewinn beteiligt ist.

Der Anspruch des Patentinhabers auf Ersatz eines solchen Schadens ist grundsätzlich darauf gerichtet, dass der Lizenznehmer in seinem Vermögen so gestellt wird, wie er ohne die Schutzrechtsverletzung stehen würde.
Urteil vom 5. April 2011 - X ZR 86/10

 

EPÜ Art. 54 Abs. 1, 2
Für die Annahme mangelnder Neuheit eines Gerätesatzes, dessen Bestandteile in ihren technischen Merkmalen zur Erreichung eines bestimmten Zwecks aufeinander abgestimmt sind, reicht es nicht aus, dass im Stand der Technik eine Mehrzahl von Einzelteilen eines solchen Satzes ohne funktionale Abstimmung bekannt ist.
Urteil vom 5. April 2011 - X ZR 1/09

 

VOB/A 2009 § 13 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3; BGB § 145
Die ordnungsgemäße Unterzeichnung eines Hauptangebots deckt regelmäßig auch mit eingereichte Nebenangebote, wenn die vom Auftraggeber festgelegten und von der einschlägigen Vergabe- und Vertragsordnung hierfür vorgesehenen Anforderungen eingehalten sind.

GWB § 97 Abs. 1; VOB/A 2009 § 13 Abs. 2
Die Beurteilung des Nachweises der Gleichwertigkeit einer angebotenen Variante durch die Vergabestelle ist im Schadensersatzprozess nur eingeschränkt daraufhin überprüfbar, ob sie sich in Anbetracht der auf eine transparente Vergabe im Wettbewerb gerichteten Zielsetzung des Gesetzes und der Vergabe- und Vertragsordnungen als vertretbar erweist.
Beschluss vom 23. März 2011 - X ZR 92/09

 

Bundesgerichtshof zur Haftung des Luftfahrtunternehmens bei Verlust von Reisegepäck
MÜ Art. 17 Abs. 2, Art. 3 Abs. 3, Art. 22 Abs. 2
Die Berechtigung für einen Anspruch aus Art. 17 Abs. 2 Satz 1 MÜ kann nicht an die Dokumentation der Gepäckaufgabe durch einen Gepäckschein geknüpft werden. Entscheidend ist allein, dass der Reisende tatsächlich Gepäck in die Obhut des Luftfrachtführers gegeben hat. Dies kann auch in der Weise geschehen, dass das Gepäck von einem anderen Mitreisenden in einem seiner Gepäckstücke mit aufgegeben wird.
Urteil vom 15. März 2011 – X ZR 99/10

 

EPÜ Art. 54, Art. 84, Art. 105a, Art. 105b
Als Ausgangspunkt für die Prüfung auf erfinderische Tätigkeit ist nicht ausschließlich auf die der Beschreibung des Streitpatents zu entnehmende "Aufgabe" abzustellen; es ist vielmehr auch zu erwägen, ob die Bewältigung eines zum Aufgabenkreis des Fachmanns gehörenden (anderen) Problems dessen Lösung nahegelegt hat (Fortführung von BGH, Urteil vom 12. Februar 2003 - X ZR 200/99, GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger).

Der Patentanspruch, auf den das Europäische Patentamt im europäischen Beschränkungsverfahren (Art. 105a, Art. 105b EPÜ) das Patent beschränkt hat, kann im Nichtigkeitsverfahren mangels eines einschlägigen Nichtigkeitsgrunds ebenso wenig auf das Erfordernis der Klarheit (Art. 84 EPÜ) geprüft werden wie die Patentansprüche des erteilten Patents.
Urteil vom 1. März 2011 - X ZR 72/08

 

PatG § 1 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4
Bei Erfindungen mit Bezug zu Geräten und Verfahren (Programmen) der elektronischen Datenverarbeitung ist zunächst zu klären, ob der Gegenstand der Erfindung zumindest mit einem Teilaspekt auf technischem Gebiet liegt (§ 1 Abs. 1 PatG). Danach ist zu prüfen, ob dieser Gegenstand lediglich ein Programm für Datenverarbeitungsanlagen als solches darstellt und deshalb vom Patentschutz aus-geschlossen ist. Der Ausschlusstatbestand greift nicht ein, wenn diese weitere Prüfung ergibt, dass die Lehre Anweisungen enthält, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen.

Ein Verfahren, das der datenverarbeitungsmäßigen Abarbeitung von Verfahrensschritten in netzwerkmäßig verbundenen technischen Geräten (Server, Clients) dient, weist die für den Patentschutz vorauszusetzende Technizität auch dann auf, wenn diese Geräte nicht ausdrücklich im Patentanspruch genannt sind.
Urteil vom 24. Februar 2011 - X ZR 121/09

 

PatG § 21 Abs. 1 Nr. 3
Das Patent ist wegen widerrechtlicher Entnahme auch dann zu widerrufen, wenn sein Gegenstand nicht patentfähig ist.

PatG § 46 Abs. 1, 2; § 59 Abs. 4
Unter Beteiligten i.S.v. § 46 Abs. 1 PatG sind die jeweiligen Verfahrensbeteiligten zu verstehen (Anmelder, Patentinhaber, Einsprechende).

Hören die Prüfungsstelle im Erteilungs- oder die Patentabteilung im Einspruchsverfahren Verfahrensbeteiligte formlos an, ist dies in der Niederschrift über den Gang der Verhandlung zu vermerken. Eine inhaltliche Protokollierung kann auch bei einer solchen formlosen Anhörung bei umfangreicheren tatsächlichen Angaben, die für die Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erheblich sind, angezeigt sein.

Ein nicht am Einspruchsverfahren Beteiligter (hier: ein Miterfinder) ist als Zeuge zu vernehmen. Seine Aussage ist zu protokollieren.
Beschluss vom 22. Februar 2011 - X ZB 43/08

 

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3
Die Bestimmung eines zuständigen Gerichts für eine Klage gegen mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben und als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen, ist nicht mehr möglich, wenn der Antragsteller gegen die Beklagten bereits vor verschiedenen Gerichten Klage erhoben hat.
Beschluss vom 23. Februar 2011 - X ARZ 388/10

 

S-Bahn-Leistungen müssen ausgeschrieben werden
AEG § 15 Abs. 2; GWB § 100 Abs. 2
Die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Leistungen durch Eisenbahnverkehrsunternehmen ist nicht vom Anwendungsbereich der Vergabevorschriften des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen.

Die Prüfung, ob die für eine Dienstleistungskonzession charakteristische Übernahme zumindest eines wesentlichen Teils des Betriebsrisikos vorliegt, erfordert eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls einschließlich der für den Vertragsgegenstand maßgeblichen Marktbedingungen und der gesamten vertraglichen Vereinbarungen. Ist neben dem Nutzungsrecht eine Zuzahlung vorgesehen, hängt die Einordnung als Dienstleistungskonzession auch davon ab, ob die Zuzahlung bloßen Zuschusscharakter hat oder die aus dem Nutzungsrecht möglichen Einkünfte als alleiniges Entgelt bei weitem keine äquivalente Gegenleistung darstellten.
Beschluss vom 8. Februar 2011 - X ZB 4/10
Pressemitteilung Nr. 23/11

 

PatG § 145
Als gleichartig im Sinne von § 145 PatG sind nur solche weiteren Handlungen zu verstehen, die im Vergleich zu der im ersten Rechtsstreit angegriffenen Handlung zusätzliche oder abgewandelte Merkmale aufweisen, bei denen es sich wegen eines engen technischen Zusammenhangs aufdrängt, sie gemeinsam in einer Klage aus mehreren Patenten anzugreifen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 3. November 1988 - X ZR 107/87, GRUR 1989, 187, 189 - Kreiselegge II).

Für die Bejahung eines engen technischen Zusammenhangs reicht es nicht aus, wenn einzelne Teile einer Gesamtvorrichtung, deren konkrete Ausgestaltung im ersten Rechtsstreit angegriffen worden ist, auch für die Verwirklichung des im zweiten Rechtsstreit geltend gemachten Verletzungstatbestandes von Bedeutung sind.
Urteil vom 25. Januar 2011 - X ZR 69/08

 

PatG § 59 Abs. 1; BGB §§ 242, 328, 334
Ist aus einem zwischen dem alleinigen Patentinhaber und einem Miterfinder geschlossenen Vertrag ein Dritter im Sinne von § 328 BGB zur Nutzung der patentgemäßen Lehre berechtigt, kann der Patentinhaber dem Einspruch des Dritten gegen das Patent nicht den gegen den Miterfinder grundsätzlich bestehenden Einwand der Treuwidrigkeit der Einspruchseinlegung entgegenhalten.
Beschluss vom 24. Januar 2011 - X ZB 33/08

 

Bundesgerichtshof zur gerichtlichen Zuständigkeit für die Klage auf Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung gegen ein Luftfahrtunternehmen, das seinen Sitz nicht in der Europäischen Union hat
ZPO § 21, § 29 Abs. 1; EuGVVO Art. 5 Nr. 1 Buchst. b
Im Gerichtsstand der Niederlassung können nur Ansprüche aus Rechtsgeschäften geltend gemacht werden, die zumindest mit Rücksicht auf die Geschäftstätigkeit der Niederlassung abgeschlossen wurden oder als deren Folge erscheinen.

Soll ein Ausgleichsanspruch nach der Fluggastrechteverordnung der Europäischen Union gegen das Luftverkehrsunternehmen geltend gemacht werden, mit dem der Fluggast den Beförderungsvertrag geschlossen hat, ist unabhängig vom Vertragsstatut Erfüllungsort im Sinne des § 29 ZPO sowohl der Ort des vertragsgemäßen Abflugs als auch der Ort der vertragsgemäßen Ankunft des Flugzeugs.
Urteil vom 18. Januar 2011 - X ZR 71/10

Pressemitteilung Nr. 7/11

GG Art. 103 Abs. 1; PatG § 122a; ZPO § 321a, § 411
Aus dem Umstand, dass bestimmte Sachverhaltsbereiche vom Gericht bei der Befragung des gerichtlichen Sachverständigen nicht aufgegriffen werden, kann nicht geschlossen werden, dass das Gericht sie für unerheblich hält, sondern nur, dass das Gericht insoweit keinen (weiteren) Aufklärungsbedarf sieht.

Die Anhörungsrüge kann nur dann darauf gestützt werden, dass das Gericht den Sachverständigen im Patentnichtigkeitsverfahren zu einer zum Stand der Technik gehörenden Entgegenhaltung nicht befragt hat, wenn sie in Bezug auf diese Veröffentlichung aufgestellte tatsächliche Behauptungen aufzeigen kann, von denen das Gericht abgewichen ist, ohne über die hierzu erforderliche eigene Sachkunde zu verfügen.
Beschluss vom 18. Januar 2011 - X ZR 165/07

 

BGB § 650
§ 650 BGB ist weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar, wenn die Überschreitung einer Kostenangabe des Unternehmers darauf zurückzuführen ist, dass der Besteller dem Unternehmer unzutreffende Angaben über den Umfang des herzustellenden Werks (hier der Umfang der von dem Unternehmer zu digitalisierenden Bruttogeschossfläche) zur Verfügung gestellt hat.
Urteil vom 21. Dezember 2010 - X ZR 122/07

 

PatG §§ 110 ff.; ZPO § 69, § 263, § 516 Abs. 3
Nimmt der Kläger seine Berufung gegen ein die Klage abweisendes Urteil zurück, kommt eine Fortsetzung des Berufungsverfahrens durch einen Streithelfer, der selbst kein Rechtsmittel eingelegt hat, auch dann nicht in Betracht, wenn dieser Streithelfer gemäß § 69 ZPO als Streitgenosse der Hauptpartei gilt (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 28. September 1998 - II ZB 16/98, NJW-RR 1999, 285, 286).
Beschluss vom 16. Dezember 2010 - Xa ZR 110/08

 

ZPO §§ 50, 239
Wird die Partei eines Rechtsstreits Alleinerbin ihres Gegners, endet das Verfahren wegen des Verbots des Insichprozesses in der Hauptsache. Auch eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO kommt in diesem Fall grundsätzlich nicht in Betracht (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 15. April 1999 - V ZR 311/97, NJW-RR 1999, 1152).
Beschluss vom 16. Dezember 2010 - Xa ZR 81/09

 

EPÜ Art. 69; PatG § 14; ZPO § 563 Abs. 3
Hat das Berufungsgericht eine Patentverletzung mit äquivalenten Mitteln nicht geprüft, weil sie vom Kläger nicht geltend gemacht worden ist und nach seiner vom Berufungsgericht geteilten Rechtsauffassung zu ihrer Geltendmachung auch kein Anlass bestand, so ist die Sache zur Prüfung einer äquivalenten Verletzung gleichwohl nur dann an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, wenn der Kläger in der Revisionsinstanz aufzeigt, inwiefern im wiedereröffneten Berufungsrechtszug tatsächliche Feststellungen zu erwarten sind, aus denen sich ergibt, dass die angegriffene Ausführungsform nach ihrer gegebenenfalls durch ergänzenden Tatsachenvortrag zu erläuternden tatsächlichen Ausgestaltung die Voraussetzungen der Äquivalenz erfüllt.
Urteil vom 14. Dezember 2010 - X ZR 193/03

 

Bundesgerichtshof legt Fragen zu den Ausgleichsansprüchen nach der Fluggastrechteverordnung bei verspäteter Ankunft am Endziel dem Gerichtshof der Europäischen Union vor.
Beschluss vom 9. Dezember 2010 - Xa ZR 80/10
Pressemitteilung Nr. 236/10

 

BGB § 314 Abs. 3, 4, § 626 Abs. 2, § 242
Für die Beurteilung der Frage, ob die außerordentliche Kündigung eines Know-how-Lizenzvertrags innerhalb einer angemessenen Frist im Sinne von § 314 Abs. 3 BGB erfolgt ist, kann die zweiwöchige Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht als Maßstab herangezogen werden.

Ist ein Know-how-Lizenzvertrag wegen einer vom Kündigungsgegner zu vertretenden Vertragsverletzung wirksam aus wichtigem Grund gekündigt worden, hat der Kündigende Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangener Lizenzeinnahmen für den Zeitraum bis zum ersten Termin, zu dem der Schuldner sich durch ordentliche Kündigung vom Vertrag hätte lösen können. Dieser Schadensersatzanspruch darf nicht schon dem Grunde nach mit der Erwägung eingeschränkt werden, die Tätigkeit des Gläubigers sei nicht für die gesamte Vertragslaufzeit kausal für den wirtschaftlichen Erfolg.

Ein Schuldner, der aufgrund einer zur fristlosen Kündigung führenden Vertragsverletzung zu Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung verpflichtet ist, hat dem Gläubiger zur Berechnung der Schadenshöhe zumindest diejenigen Auskünfte zu erteilen, zu deren Erteilung er aufgrund des Vertrages bei dessen ordnungsgemäßer Durchführung verpflichtet gewesen wäre.
Urteil vom 25. November 2010 - Xa ZR 48/09

 

PatG § 3
Eine die Neuheit eines Stoffes ausschließende Offenbarung ist bereits dann gegeben, wenn ein bestimmtes, dem Fachmann zugängliches Material benannt wird, das alle beanspruchten Merkmale aufweist. Eine wissenschaftliche Begründung dafür, weshalb der Einsatz eines solchen Materials den patentgemäßen Erfolg eintreten lässt, ist nicht erforderlich.

PatG § 14; PatV § 9 Abs. 2
Ein vermeintlicher Widerspruch zwischen Angaben im kennzeichnenden Teil und Merkmalen des Oberbegriffs darf nicht dahin aufgelöst werden, dass den Merkmalen des Oberbegriffs keine Bedeutung beigemessen wird, obwohl der Wortsinn des Patentanspruchs eine widerspruchsfreie Auslegung zulässt und diese durch die in der Beschreibung geschilderten Ausführungsbeispiele nahegelegt wird.
Urteil vom 18. November 2010 - Xa ZR 149/07

 

Bundesgerichtshof zur Haftung des Reiseveranstalters für Bahnverspätungen beim Angebot eines Rail & Fly Tickets
BGB § 651a Abs. 1, 2
Die Einstandspflicht eines Reiseveranstalters für dritte Leistungserbringer hängt auch bei dem gemeinsamen Angebot einer Flugpauschalreise mit einer Bahnanreise zum Flughafen ("Rail & Fly Ticket") davon ab, ob er eine von Dritten (hier der Deutschen Bahn AG) ausgeführte Reiseleistung als eigene anbietet.
Urteil vom 28. Oktober 2010 - Xa ZR 46/10
Pressemitteilung Nr 205/10

 

EPÜ Art. 52 Abs. 2 Buchst. c und d, Art. 56, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a; IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1
Der Gegenstand eines die Wiedergabe topografischer Informationen mittels eines technischen Geräts betreffenden Verfahrens ist nicht nach Art. 52 Abs. 2 Buchst. c oder d EPÜ vom Patentschutz ausgeschlossen, wenn zumindest ein Teilaspekt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre ein technisches Problem bewältigt.

Bei der Prüfung der Erfindung auf erfinderische Tätigkeit sind nur diejenigen Anweisungen zu berücksichtigen, die die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen.

Die Auswahl einer für die Navigation eines Fahrzeugs zweckmäßigen (hier: zentralperspektivischen) Darstellung positionsbezogener topografischer Informationen bleibt als nicht-technische Vorgabe für den technischen Fachmann bei der Prüfung eines Verfahrens zur Wiedergabe topografischer Informationen auf erfinderische Tätigkeit außer Betracht.
Urteil vom 26. Oktober 2010 - X ZR 47/07

 

PatG § 21 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2
Ein Merkmal, das in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht als zur Erfindung gehörend offenbart ist und dessen Streichung oder Ersetzung durch ein von der ursprünglichen Offenbarung gedecktes Merkmal zu einer Erweiterung des Schutzbereichs führen würde, kann im Patentanspruch verbleiben, wenn seine Einfügung zu einer Einschränkung gegenüber dem Inhalt der Anmeldung führt.

Eine Einschränkung in diesem Sinne liegt vor, wenn das hinzugefügte Merkmal eine Anweisung zum technischen Handeln konkretisiert, die in den ursprünglich eingereichten Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart ist.

Um in solchen Fällen sicherzustellen, dass aus der Einfügung des Merkmals Rechte nicht hergeleitet werden, bedarf es grundsätzlich nicht der Aufnahme eines entsprechenden Hinweises ("disclaimer") in die Patentschrift.
Beschluss vom 21. Oktober 2010 - Xa ZB 14/09

 

Bundesgerichtshof zur Bemessung des Ausgleichsanspruchs nach der Fluggastrechteverordnung bei Annullierung des Zubringerflugs
Urteil vom 14. Oktober 2010 – Xa ZR 15/10
Pressemitteilung Nr. 195/10

 

GemSortV Art. 94 Abs. 1 und 2; GemNachbauV Art. 14 Abs. 3
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 3 AEUV folgende Fragen zur Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (Sortenschutzverordnung, GemSortV) und der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission vom 24. Juli 1995 über die Ausnahmeregelung gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (Nachbauverordnung, GemNachbauV) vorgelegt:
Ist die angemessene Vergütung, die ein Landwirt dem Inhaber eines gemeinschaftlichen Sortenschutzrechts gemäß Art. 94 Abs. 1 GemSortV zu zahlen hat, weil er durch Nachbau gewonnenes Vermehrungsgut einer geschützten Sorte genutzt und die in Art. 14 Abs. 3 GemSortV und Art. 8 GemNachbauV festgelegten Verpflichtungen nicht erfüllt hat, nach dem Durchschnittsbetrag der Gebühr zu berechnen, die in demselben Gebiet für die Erzeugung einer entsprechenden Menge in Lizenz von Vermehrungsmaterial der geschützten Sorten der betreffenden Pflanzenarten verlangt wird, oder ist stattdessen das (niedrigere) Entgelt zu Grunde zu legen, das im Falle eines erlaubten Nachbaus nach Art. 14 Abs. 3 Spiegelstrich 4 GemSortV und Art. 5 GemNachbauV zu entrichten wäre?
Falls nur das Entgelt für berechtigten Nachbau zu Grunde zu legen ist: Kann der Sortenschutzinhaber in der genannten Konstellation bei einem einmaligen schuldhaft begangenen Verstoß den ihm gemäß Art. 94 Abs. 2 GemSortV zu ersetzenden Schaden pauschal auf der Grundlage der Gebühr für die Erteilung einer Lizenz für die Erzeugung von Vermehrungsmaterial berechnen?
Ist es zulässig oder sogar geboten, bei der Bemessung der nach Art. 94 Abs. 1 GemSortV geschuldeten angemessenen Vergütung oder des nach Art. 94 Abs. 2 GemSortV geschuldeten weiteren Schadensersatzes einen besonderen Kontrollaufwand einer Organisation, die die Rechte zahlreicher Schutzrechtsinhaber wahrnimmt, in der Weise zu berücksichtigen, dass das Doppelte der üblicherweise vereinbarten Vergütung bzw. des nach Art. 14 Abs. 3 Spiegelstrich 4 GemSortV geschuldeten Entgelts zugesprochen wird?
Beschluss vom 30. September 2010 - Xa ZR 123/09

 

Bundesgerichtshof zur Qualifizierung eines Reisebüros als Reiseveranstalter oder Reisevermittler
Urteil vom 30. September 2010 – Xa ZR 130/08
Pressemitteilung Nr. 186/2010

 

PatG § 22 Abs. 1; ErstrG §12
Der Schutzbereich eines Patents darf im Rahmen des in § 12 ErstrG vorgesehenen Prüfungsverfahrens nicht erweitert werden.
Urteil vom 9. September 2010 - Xa ZR 14/10

 

EPÜ Art. 56, PatG § 4
Der Umstand, dass sich eine komplexe Vorrichtung (hier: Walzgerüst) gedanklich in Komponenten oder Module zerlegen lässt, für deren Relativbewegung zueinander eine begrenzte Anzahl von Möglichkeiten zur Verfügung steht, lässt für sich genommen grundsätzlich noch nicht den Schluss zu, dass es für den Fachmann nahegelegen hat, zur Lösung von Problemen, die bei der Bewegung einer Komponente auftreten, die übrigen Bewegungsalternativen in Erwägung zu ziehen, wenn hiermit erhebliche Umgestaltungen der Komponenten verbunden sind (Fortführung von BGHZ 182, 1 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung).
Urteil vom 7. September 2010 - X ZR 173/07

 

PatG § 4; EPÜ Art. 56
Kritik in der Beschreibung des Streitpatents an dem in einer Vorveröffentlichung offenbarten Lösungsweg kann auf einen für den Fachmann gegebenen Anlass hindeuten, eine Weiterentwicklung des Stands der Technik außerhalb der von diesem Vorschlag vorgezeichneten Bahnen zu suchen, sofern sich diese Kritik nicht als rückschauend nach Auffindung der streitpatentgemäßen Lösung gewonnene Analyse darstellt.

Steht der Fachmann vor dem Problem, eine angewandte technische Methode durch weitere Schritte zu verfeinern, wird er sich von der genauen Analyse einer grundsätzlich einschlägigen Vorveröffentlichung nicht deshalb von vornherein abhalten lassen, weil diese im Ausgangspunkt eine andere als die von ihm favorisierte Methode vorsieht (hier: Detektion von Lagerschäden in Verbrennungsmotoren durch Messung von Öldruckschwankungen anstelle von Thermostromfluss). Aufgrund seines allgemeinen Erfahrungswissens rechnet er stets mit der Möglichkeit, dass dort gegebenenfalls vorgeschlagene weitere Schritte sich als verallgemeinerungsfähig und in dem ihm selbst vorschwebenden Lösungsweg verwendbar erweisen könnten.
Urteil vom 31. August 2010 - X ZR 73/08

 

PatG §§ 14, 34 Abs. 3 Nr. 3; EPÜ Art. 69 Abs. 1, Art. 78 Abs. 1 lit. c
In einem Patentanspruch enthaltene Zweck-, Wirkungs- oder Funktionsangaben müssen sich nicht zwangsläufig auf den Gegenstand des Anspruchs oder auf dessen einzelne Merkmale beziehen. Sie können den Erfindungsgegenstand auch sprachlich zu solchen Gegenständen oder Verfahren in Beziehung setzen, die zur beanspruchten Lehre nur in einem bestimmten Sachzusammenhang stehen und deren Erwähnung dem Fachmann eine Orientierungshilfe bei der technisch-gegenständlichen Erfassung und Einordnung des Gegenstands der Lehre sein kann (hier: Bezeichnung eines Verfahrens als Verfahren bei der gezielten Navigation eines Katheters an einen pathologischen Ort in einem menschlichen oder tierischen Hohlraumorgan).

PatG § 2a Abs. 1 Nr. 2, § 5; EPÜ 2000 Art. 53 lit. c, Art. 57
Ein Verfahren zur Bildunterstützung bei der gezielten Navigation eines in ein Hohlraumorgan des menschlichen oder tierischen Körpers invasiv eingeführten Katheters an einen pathologischen Ort im Hohlraumorgan unterfällt nicht dem Patentierungsausschluss für Verfahren zur chirurgischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers, weil dieser nicht die Patentierung von Verfahren einschließt, die im Zusammenhang mit der Durchführung eines chirurgischen Verfahrens verwendet werden können (vgl. EPA, Große Beschwerdekammer, Entscheidung vom 15. Februar 2010 - G 1/07, Gliederungspunkt 5).

Ein solches Verfahren ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt fehlender Gewerblichkeit von der Patentierung ausgeschlossen.
Beschluss vom 31. August 2010 - X ZB 9/09

 

ZPO § 91a; RVG VV Nr. 3104
Tilgt der Beklagte die zu titulierende Verbindlichkeit erst kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung, bemisst sich die Terminsgebühr des Klägervertreters nach den bis dahin entstandenen Kosten und nicht nach dem Streitwert der Hauptsache, wenn es trotz der Kürze der Zeit noch möglich gewesen wäre, vor Aufruf der Sache einen die Erledigung der Hauptsache erklärenden Schriftsatz beim Prozessgericht einzureichen.
Beschluss vom 31. August 2010 - X ZB 3/09

 

ZPO § 580 Nr. 6
Die Restitutionsklage kann bei Klagen aus Rechten des gewerblichen Rechtsschutzes, an deren Bestand das Gericht im Verletzungsrechtsstreit gebunden ist, in entsprechender Anwendung des § 580 Nr. 6 ZPO darauf gestützt werden, dass der Bestand des Schutzrechts vor Ablauf der regulären Laufzeit und vor dem für die Beurteilung im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt in Wegfall gekommen ist.

Ist das Schutzrecht mit Wirkung ex nunc weggefallen, so ist eine erfolgte Verurteilung auf die Restitutionsklage hin nur für den Zeitraum nach dem Erlöschen des Schutzrechts aufzuheben. Ist der Beklagte auch zur Unterlassung verurteilt worden, ist auf entsprechenden Antrag des Klägers insoweit die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festzustellen.

SortG § 31 Abs. 1
Der Verzicht auf den Sortenschutz ist mit Wirkung von einem bestimmten, in der Zukunft liegenden Zeitpunkt an möglich.

SortG § 37
Solange ein zeitlich begrenztes Schutzrecht besteht, ist eine unbefristete Verurteilung, die immanent auf den Zeitraum der höchstmöglichen Schutzdauer beschränkt ist, zulässig.
Urteil vom 29. Juli 2010 - Xa ZR 118/09

 

EPÜ Art. 138 Abs. 1 Buchst. c; IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3; PatG § 21 Abs. 1 Nr. 4
Zum Offenbarungsgehalt einer Patentanmeldung gehört im Zusammenhang mit der Frage, ob eine unzulässige Erweiterung vorliegt, nur das, was den ursprünglich eingereichten Unterlagen "unmittelbar und eindeutig" zu entnehmen ist, nicht hingegen eine weitergehende Erkenntnis, zu der der Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens oder durch Abwandlung der offenbarten Lehre gelangen kann (vgl. BGHZ 179, 168 Tz. 25 - Olanzapin m.w.N.).
Urteil vom 8. Juli 2010 - Xa ZR 124/07
Pressemitteilung Nr. 142/10

 

ZPO § 524
Hat das Patentgericht die Nichtigkeitsklage als unbegründet abgewiesen, kann sich die Beklagte der Berufung des Nichtigkeitsklägers mit dem Ziel der Abweisung der Klage als unzulässig und der Begründung anschließen, der Kläger sei als Strohmann einer früheren Nichtigkeitsklägerin mit den von ihm erhobenen Einwendungen in gleichem Maße ausgeschlossen, wie diese selbst es wäre.

PatG § 4; EPÜ Art. 56
Hat der Stand der Technik vor dem Prioritätstag einer neuen Erfindung über lange Zeit stagniert, ist es eine Frage der Umstände des Einzelfalls (hier: zu verzeichnende lange Entwicklungszyklen auf dem betroffenen technischen Gebiet), ob dies darauf hindeutet, dass die neue Erfindung dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt war oder nicht.

Der zum Ingenieur ausgebildete Fachmann bezieht in seine Recherche solchen gattungsfremden Stand der Technik ein, bei dem nach Art der sich dort stellenden Probleme vom Prinzip her Lösungen zu erwarten sind, wie er sie benötigt, auch wenn die Anforderungen im Detail durchaus erheblich differieren (hier: Maßnahmen zur Reibungsverminderung zwischen Maschinenelementen bei Vorrichtungen zum Formen und Komprimieren von Kabeln bzw. Bohrlochwerkzeugen zur Einführung von Rohrabschnitten in Bohrlöcher hinein einerseits und bei Zugeinheiten zum Ziehen metallischer Zugrohlinge andererseits).
Urteil vom 29. Juni 2010 - X ZR 49/09

 

EGZPO § 26 Nr. 8
Gibt der zur Auskunftserteilung verurteilte Beklagte noch vor Abschluss der Tatsacheninstanzen zur Abwendung der Zwangsvollstreckung Auskunft, ist sein diesbezüglicher Aufwand bei der Berechnung des Wertes der mit seiner Revision geltend zu machenden Beschwer zu berücksichtigen.

ZPO § 543 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alt; § 544 Abs. 4
Die Revision ist zur Fortbildung des Rechts auch dann zuzulassen, wenn dieser Zulassungsgrund bei Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde vorlag und danach in anderer Sache eine entsprechende Leitentscheidung des Bundesgerichtshofes ergangen ist (im Anschluss an BGH, Beschl. v. 06.05.2004 - I ZR 197/03, GRUR 2004, 712; Beschl. v. 08.09.2004 - V ZR 260/03, NJW 2005, 154).
Beschluss vom 29. Juni 2010 - X ZR 51/09

 

EPÜ Art. 69
Die Patentauslegung besteht in der Bestimmung, wie der Patentanspruch nach objektiven Kriterien aus fachlicher Sicht zu bewerten ist. Durch Bewertung seines Wortlauts aus der Sicht des Fachmanns ist zu bestimmen, was sich aus den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit als Lehre zum technischen Handeln ergibt.

ZPO § 543 Abs. 2 Nr. 2; EPÜ Art. 69
Die bloße Darlegung, die vom Oberlandesgericht im Patentverletzungsprozess vorgenommene Auslegung des Patents sei rechtsfehlerhaft, füllt einen Revisionszulassungsgrund nicht aus.

Ein Revisionszulassungsgrund ist jedoch gegeben, sobald der Bundesgerichtshof seiner Entscheidung im Nichtigkeitsberufungsverfahren eine Auslegung des Patents zugrunde gelegt hat, die in einem für den Patentverletzungsprozess entscheidungserheblichen Punkt von derjenigen abweicht, die das Oberlandesgericht seinem mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochtenen Urteil zugrunde gelegt hatte.

Ergibt sich dieser Zulassungsgrund erst nach Ablauf der Frist zur Begründung der eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde, muss er mittels eines Gesuchs auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geltend gemacht werden.
Beschluss vom 29. Juni 2010 - X ZR 193/03

 

ZPO § 544
Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist zurückzuweisen, wenn der Beschwerdeführer zwar einen zulassungsrelevanten Rechtsfehler aufzeigt, die rechtliche Überprüfung im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde aber ergibt, dass das Berufungsurteil im Ergebnis aus Gründen richtig ist, die ihrerseits die Zulassung der Revision nicht erfordern (Bestätigung von BGH, Urteil vom 18. Juli 2003 - V ZR 187/02, NJW 2003, 3205 ff. und BGH, Beschluss vom 10. August 2005 - XII ZR 97/02, MDR 2005, 1241).
Beschluss vom 10. Juni 2010 - Xa ZR 110/09

 

BGB § 651g Abs. 1
Die Genehmigung einer durch den vollmachtlosen Vertreter rechtzeitig vorgenommenen Anspruchsanmeldung nach § 651g Abs. 1 BGB kann auch nach Ablauf der Ausschlussfrist erfolgen.
Urteil vom 26. Mai 2010 - Xa ZR 124/09
Pressemitteilung Nr. 109/10

 

BGB § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1
Nachfolgende Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Luftverkehrsunternehmens, das seine Leistungen nahezu ausschließlich im Fernabsatz anbietet, hält der Inhaltskontrolle stand:

"Wegen der erhöhten Sicherheits- und Verwaltungskosten wird von Ryanair kein Bargeld für die Bezahlung von Flugscheinen, die Entrichtung von Gebühren und Kosten für die Beförderung von Übergepäck und Sportausrüstung akzeptiert."

Nachfolgende Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Unternehmens der genannten Art benachteiligt den Fluggast entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist daher unwirksam:

„(1) Kreditkartengebühr pro Fluggast und einfachen Flug: 4,00 €/4,00 €.
(2) Zahlkartengebühren pro Fluggast und einfachen Flug: 1,50 €/1,50 €."
Urteil vom 20. Mai 2010 – Xa ZR 68/09
Pressemitteilung Nr. 107/10

 

PatG § 6; BGB § 812 Abs. 1 (Eingriffskondiktion)
Dem Erfinder einer Lehre zum technischen Handeln, die zum Patent angemeldet und/oder für die ein Patent erteilt worden ist, erwächst mit deren Verlautbarung, die unter Wahrung einer die Öffentlichkeit hiervon ausschließenden Vertraulichkeit erfolgt ist, ein Recht an der Erfindung unabhängig davon, ob die Lehre schutzfähig ist.

Der Anmelder und/oder Inhaber des Patents, der nicht Erfinder oder dessen Rechtsnachfolger ist, schuldet dem Erfinder nach Bereicherungsrecht Herausgabe dessen, was er durch Benutzungshandlungen erlangt hat, die er im Rahmen einer durch das Wissen um die Erfindung, durch deren Anmeldung oder durch die Patenterteilung vermittelten Vorzugsstellung vorgenommen hat.
Urteil vom 18. Mai 2010 - X ZR 79/07 

 

EPÜ Art. 83, 138 Abs. 1 lit. b; IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2; PatG § 99 Abs. 1; ZPO § 533 Nr. 1
Die Einbeziehung eines weiteren Nichtigkeitsgrundes (hier: unzureichende Offenbarung) in der Berufungsinstanz, nachdem die Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht nur auf einen oder mehrere andere der in Art. 138 Abs. 1 EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 IntPatÜbkG aufgeführten Nichtigkeitsgründe gestützt war, stellt eine Klageänderung (objektive Klagehäufung) im Sinne der Vorschrift des § 533 Nr. 1 ZPO dar, welche nach § 99 Abs. 1 PatG auch im Patentnichtigkeitsverfahren anwendbar ist.

Der Nichtigkeitskläger trägt die Beweislast dafür, dass es dem Fachmann auch nach Kenntnisnahme der Angaben in der Beschreibung und der Zeichnungen der Patentschrift nicht möglich ist, die beanspruchte Lehre unter Einsatz seines Fachwissens ohne unzumutbare Schwierigkeiten auszuführen.
Urteil vom 11. Mai 2010 - X ZR 51/06

 

EPÜ Art. 69; PatG § 139
Maschinensatz

Die Beschränkung eines Patents, die sich daraus ergibt, dass der Patentinhaber das Schutzrecht gegenüber einer Nichtigkeitsklage nur eingeschränkt verteidigt, ist in einem Verletzungsrechtsstreit schon vor dem rechtskräftigen Abschluss des Nichtigkeitsverfahrens zu berücksichtigen, wenn der Patentanspruch, auf den die Verletzungsklage gestützt wird, in einer entsprechend beschränkten Fassung geltend gemacht wird.

Der Umstand, dass ein europäisches Patent, bei dem Deutsch nicht die Verfahrenssprache ist, in einem Nichtigkeitsverfahren durch eine in deutscher Sprache gehaltene Fassung der Patentansprüche beschränkt verteidigt wird, ändert nichts daran, dass zur Auslegung der Patentansprüche der übrige Inhalt der Patentschrift in der maßgeblichen Verfahrenssprache heranzuziehen ist.
Urteil vom 6. Mai 2010 – Xa ZR 70/08

 

BGB §§ 241, 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1
Der Gläubiger ist grundsätzlich berechtigt, nur einen teilbaren Teil der ihm vertraglich zustehenden Gesamtleistung vom Schuldner zu fordern, sofern dem nicht der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegensteht.

Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Luftverkehrsunternehmens, in der bestimmt ist

"Wenn Sie nicht alle Flight Coupons in der im Flugschein angegebenen Reihenfolge nutzen, wird der Flugschein von uns nicht eingelöst und verliert seine Gültigkeit",

benachteiligt den Fluggast entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist daher unwirksam.
Urteile vom 29. April 2010 - Xa ZR 5/09 und Xa ZR 101/09
Pressemitteilung Nr. 91/10

 

EPÜ Art. 56; PatG § 4
Beschränkt sich die Problemlösung darauf, ein als solches bekanntes, einfach strukturiertes Werkzeug (hier: Kunststoffkeil zum Glätten von Silikonfugen) aus einem modifizierten Material (hier: Elastomer statt Kunststoff) herzustellen und darüber hinaus nur auf die Anweisung, den Gegenstand geometrisch (Gesamtgröße und Bemaßung der Randaufkantung im Verhältnis zum Innenbereich) so auszulegen, dass die Eigenschaften des gewählten Materials optimal ausgenützt werden können, handelt es sich auch dann um eine von einem durchschnittlich versierten Fachmann zu erwartende Entwicklungsleistung, wenn für die Auswahl des Werkstoffs Vorbilder im Stand der Technik nicht auszumachen sind (im Anschluss an Sen.Urt. v. 12.2.2003 - X ZR 200/99, GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger; BGH, Urt. v. 4.2.2010 - Xa ZR 36/08 Tz. 27 - Gelenkanordnung).
Urteil vom 27. April 2010 - X ZR 79/09

 

§§ 528, 818, 196 BGB
Erreicht der Unterhaltsbedarf nicht den Wert des geschenkten Grundstücksrechts, unterliegt auch der Teilwertersatz für einen Schenkungsrückforderungsanspruch der zehnjährigen Verjährung gemäß § 196 BGB.
Urteil vom 22. April 2010 - Xa ZR 73/07

 

PatG § 1 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4
Ein Verfahren, das das unmittelbare Zusammenwirken der Elemente eines Datenverarbeitungssystems (hier: eines Servers mit einem Client zur dynamischen
Generierung strukturierter Dokumente) betrifft, ist stets technischer Natur, ohne dass es darauf ankäme, ob es in der Ausgestaltung, in der es
zum Patent angemeldet wird, durch technische Anweisungen geprägt ist.

Ein solches Verfahren ist nicht als Programm für Datenverarbeitungsanlagen vom Patentschutz ausgeschlossen, wenn es ein konkretes technisches Problem
mit technischen Mitteln löst. Eine Lösung mit technischen Mitteln liegt nicht nur dann vor, wenn Systemkomponenten modifiziert oder in neuartiger
Weise adressiert werden. Es reicht vielmehr aus, wenn der Ablauf eines Datenverarbeitungsprogramms, das zur Lösung des Problems eingesetzt wird,
durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird oder wenn die Lösung gerade darin besteht, ein Datenverarbeitungsprogramm
so auszugestalten, dass es auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt.
Beschluss vom 22. April 2010 - Xa ZB 20/08

 

WINDOWS - Dateiverwaltung beruht auf patentfähiger Erfindung
Urteil vom 20. April 2010 - X ZR 27/07
Pressemitteilung Nr. 84/10

 

PatG § 4
Für den Fachmann, der sich mit dem technischen Problem befasst, eine Zusammensetzung bereitzustellen, die vorteilhafte Wirkungen auf Risikofaktoren für bestimmte Erkrankungen hat, liegt es in der Regel nahe, sich zunächst mit für diese Wirkungen bekannten Zusammensetzungen zu befassen, deren Wirkstoffe zu ermitteln und diese anzureichern, insbesondere wenn Anhaltspunkte für eine Verbesserung der Wirkung durch eine höhere Wirkstoffdosis bestehen.
Urteil vom 15. April 2010 - Xa ZR 28/08

 

BGB § 307 Abs. 1 Satz 1; § 308 Nr. 5; § 309 Nr. 9
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der sich die Laufzeit eines anlässlich eines Sportereignisses (hier: Fußball-Europameisterschaft) angebotenen Vertrags über eine Rabattberechtigung (hier: "Fan BahnCard 25"-Abonnement) über die ursprüngliche Laufzeit von drei Monaten hinaus um (jeweils) ein Jahr verlängert, wenn der Vertrag nicht innerhalb bestimmter Frist vor Laufzeitende gekündigt wird, ist weder nach § 309 Nr. 9 noch nach § 308 Nr. 5 BGB unwirksam und benachteiligt den Verbraucher auch nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.
Urteil vom 15. April 2010 - Xa ZR 89/09

 

EPÜ Art. 56 Satz 1
Bestand zwischen zwei Teilbereichen eines Fachgebietes (hier: Datenübertragung in öffentlichen Fernmeldenetzen und Datenübertragung mittels Internet- und LAN-Technologie) traditionell eine gedankliche Kluft, kann für den Fachmann dennoch Veranlassung bestehen, zur Lösung eines technischen Problems Vorschläge aus beiden Bereichen heranzuziehen, wenn sich am Prioritätstag bereits Anwendungen und Verfahren herausgebildet haben, die die Grenze zwischen den beiden Bereichen überschreiten (hier: Internet-Telefonie), und wenn sich das technische Problem in beiden Bereichen in ähnlicher Weise stellt.
Urteil vom 15. April 2010 - Xa ZR 69/06

 

PatG §§ 93 Abs. 1, 100 Abs. 3 Nr. 3; GG Art. 103 Abs. 1
Die deutschen Gerichte haben Entscheidungen, die durch die Instanzen des Europäischen Patentamts oder durch Gerichte anderer Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens ergangen sind und eine im Wesentlichen gleiche Fragestellung betreffen, zu beachten und sich gegebenenfalls mit den Gründen auseinanderzusetzen, die bei der vorangegangenen Entscheidung zu einem abweichenden Ergebnis geführt haben. Dies gilt auch, soweit es um Rechtsfragen geht, beispielsweise um die Frage, ob der Stand der Technik den Gegenstand eines Schutzrechts nahegelegt hat.

Nicht jede Verletzung dieser Pflicht verletzt den Anspruch der betroffenen Partei auf rechtliches Gehör.
Beschluss vom 15. April 2010 - Xa ZB 10/09

 

Bundesgerichtshof zu Ansprüchen des Fluggastes bei wetterbedingter Annullierung
FluggastrechteVO Art. 5, 8, 12
Ein Luftfahrtunternehmen hat, sobald eine erhebliche Störung im Flugplan auftritt, nach vernünftigem Ermessen zu entscheiden, ob im Hinblick auf das Spannungsfeld zwischen dem Interesse der Fluggäste an einer Durchführung des ursprünglich geplanten Flugs und dem Interesse an einer möglichst frühzeitigen Bekanntgabe einer notwendigen Annullierung der Flug bereits zu annullieren ist.

Aus Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 ergibt sich kein Schadensersatzanspruch. Die Grundlage für einen nach dieser Vorschrift vorausgesetzten Anspruch muss sich aus dem nationalen Recht ergeben. Bei Anwendung des deutschen Sachrechts schuldet ein Luftfahrtunternehmen gemäß § 280 Abs. 1 BGB seinen Fluggästen Schadensersatz, wenn es schuldhaft seine Verpflichtungen aus Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 nicht erfüllt.
Urteil vom 25. März 2010 - Xa ZR 96/09
Pressemitteilung Nr. 64/10

 

EPÜ Art. 65, 70; IntPatÜbkG (Fassung vom 20.12.1991) Art. II § 3
Hat der Patentinhaber fristgerecht eine Übersetzung des nicht in deutscher Sprache veröffentlichten europäischen Patents eingereicht, findet Art. II § 3
Abs. 2 IntPatÜbkG keine Anwendung und bleibt es auch dann beim Eintritt der gesetzlichen Wirkungen des Patents für die Bundesrepublik Deutschland, wenn
die Übersetzung Auslassungen aufweist. Solche Auslassungen sind grundsätzlich als Fehler der Übersetzung anzusehen, deren Rechtsfolgen sich nach Art. II
§ 3 Abs. 4 und 5 IntPatÜbkG bestimmen.
Urteil vom 18. März 2010 - Xa ZR 74/09

 

EPÜ Art. 84, IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 3
Ein europäisches Patent kann im Nichtigkeitsverfahren nicht mit Patentansprüchen beschränkt verteidigt werden, die dem Erfordernis einer deutlichen (klaren) und knappen Anspruchsfassung nicht genügen.
Urteil vom 18. März 2010 - Xa ZR 54/06

 

IntPatÜbkG Art. II § 3 Abs. 1 und 2, Art. XI § 4; ÜbersV § 5
Im Patentnichtigkeitsverfahren ist der Antrag auf Feststellung, dass die Wirkungen eines europäischen Patents für die Bundesrepublik Deutschland als von Anfang an nicht eingetreten gelten, weil der Anmelder oder Patentinhaber eine (vollständige) deutsche Übersetzung der europäischen Patentschrift nicht fristgerecht eingereicht hat, nicht statthaft.
Urteil vom 16. März 2010 - X ZR 47/06

 

IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2; EPÜ Art. 138 Abs. 1 Buchst. b
Eine ausführbare Offenbarung der Erfindung kann zu verneinen sein, wenn der geschützte Gegenstand im Patentanspruch durch offene Bereichsangaben für physikalische Eigenschaften über die dem Fachmann in der Gesamtheit der Unterlagen an die Hand gegebene Lösung hinaus so weit verallgemeinert wird, dass der Patentschutz über den Beitrag der Erfindung zum Stand der Technik hinausgeht.

Ist ein Verfahren offenbart, durch das ein Stoff oder ein sonstiges Erzeugnis erhalten werden kann, deren physikalische Eigenschaften in den offenen Bereich fallen, kann das ausführbar offenbarte erfindungsgemäße Erzeugnis dadurch charakterisiert werden, dass es durch das angegebene Verfahren erhältlich ist.
Urteil vom 25. Februar 2010 - Xa ZR 100/05

 

EPÜ Art. 138 Abs. 1 Buchst. c; IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3
Zur Offenbarung eines Merkmals als zur Erfindung gehörend kann die Darstellung in einer Zeichnung genügen, auf die sich die Beschreibung oder die Patentansprüche der Anmeldeunterlagen beziehen. Maßgeblich ist, ob die merkmalsgemäße Ausgestaltung nach der Gesamtoffenbarung aus fachmännischer Sicht als mögliche Ausführungsform der zum Patent angemeldeten Erfindung erscheint.
Urteil vom 18. Februar 2010 - Xa ZR 52/08

 

ZPO § 261 Abs. 3 Nr. 2, § 281 Abs. 2 Satz 4, § 485
Auch im selbständigen Beweisverfahren wird die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts durch eine nachträgliche anderweitige Gerichtsstandsvereinbarung nicht berührt.

Die Verweisung des selbständigen Beweisverfahrens ist für das Gericht, an das die Sache verwiesen wird, bindend.
Beschluss vom 18. Februar 2010 – Xa ARZ 14/10

 

FluggastrechteVO Art. 6 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1, Art. 5 Abs. 3
Bei einer großen Verspätung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 FluggastrechteVO steht dem Fluggast wie bei einer Annullierung des Flugs ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 zu, sofern er sein Endziel nicht früher als drei Stun-den nach der geplanten Ankunftszeit erreicht und die große Verspätung nicht auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn von dem Luftfahrtunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären (im Anschluss an EuGH RRa 2009, 282 = NJW 2010, 43 - Sturgeon/Condor).
Urteil vom 18. Februar 2010 – Xa ZR 95/06
Pressemitteilung Nr. 40/10

 

EPÜ Art. 69; PatG § 1, § 14
Die Ermittlung des einem Patent zugrunde liegenden technischen Problems ist Teil der Auslegung des Patentanspruchs. Das technische Problem ist aus dem zu entwickeln, was die Erfindung tatsächlich leistet.

In der Beschreibung des Patents enthaltene Angaben zur "Aufgabe" der Erfindung können einen Hinweis auf das richtige Verständnis des Patentanspruchs enthalten. Auch für solche Angaben gilt jedoch - wie für den gesamten übrigen Inhalt der Patentschrift - der Vorrang des Patentanspruchs.
Urteil vom 4. Februar 2010 - Xa ZR 36/08

 

PatG (Fassung: 1.11.1998) § 111 Abs. 3
Hat der berufungsführende Nichtigkeitskläger in erster Instanz mehrere Nichtigkeitsgründe erfolglos geltend gemacht, seine Berufung aber nur hinsichtlich eines der Nichtigkeitsgründe begründet, ist die Berufung im Umfang der anderen Nichtigkeitsgründe unzulässig.
Urteil vom 4. Februar 2010 - Xa ZR 4/07

 

BGB § 307 Abs. 1 Satz 1
Klausel in den Teilnahmebedingungen für das Flugprämienprogramm eines Luftverkehrsunternehmens, nach der bei einer Kündigung des Teilnehmervertrags durch das Luftverkehrsunternehmen oder bei Beendigung des Prämienprogramms erworbene und bis dahin innerhalb von fünf Jahren nach Flugdatum gegen Prämienflüge einlösbare Bonuspunkte ihre Gültigkeit sechs Monate nach Zugang der Kündigung verlieren, benachteiligt den Flugreisenden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist daher unwirksam.
Urteil vom 28. Januar 2010 - Xa ZR 37/09
Pressemitteilung Nr. 21/10

 

BGB § 280 Abs. 1; § 311 Abs. 2
Die Rechtsprechung, wonach regelmäßig eine Verurteilung zu Schadensersatz wegen eines Vergabefehlers des Auftraggebers nur in Betracht kommt, wenn der Kläger bei in jeder Hinsicht rechtmäßigem Vergabeverfahren den Auftrag hätte erhalten müssen, gilt auch für Fälle, in denen dem Kläger im fehlerhaften Vergabeverfahren der Zuschlag erteilt worden ist.
Urteil vom 26. Januar 2010 - X ZR 86/08

 

EPÜ Art. 69; PatG § 14
Die Angabe "weitgehend geschlossen" in einem Patentanspruch kann dahin auszulegen sein, dass ein vollständiger Verschluss nicht erfasst ist (hier in einem Fall ausgesprochen, in dem für den Stand der Technik ein solcher Verschluss kennzeichnend war).

PatG § 115 Abs. 1; ZPO § 412 Abs. 1
Nach einer Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung über eine Patentnichtigkeitsklage braucht ein zweites Sachverständigengutachten nicht allein deshalb erhoben zu werden, weil das schriftliche Gutachten des angehörten Sachverständigen patentrechtliche Vorgaben noch nicht hinreichend berücksichtigt hatte.
Urteil vom 26. Januar 2010 - X ZR 25/06

 

BGB § 134; HGB (Fassung: 21. Juni 2002) § 319 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5, Abs. 3 Nr. 4
Ein Vertrag über die Prüfung eines Jahresabschlusses ist nicht schon deswegen nichtig, weil der Abschlussprüfer den Jahresabschluss entgegen dem Verbot in § 319 HGB nach Vertragsabschluss selbst teilweise neu erstellt und prüft.
Urteil vom 21. Januar 2010 - Xa ZR 175/07

 

PatG §§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 4
Eine Passage in der Beschreibung, die nicht Inhalt der ursprünglichen Unterlagen gewesen ist, kann nur dann den Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung begründen, wenn deren Berücksichtigung bei der Auslegung des Patentanspruchs des erteilten Patents zu einem veränderten Verständnis der darin verwendeten Begriffe oder des geschützten Gegenstands führt.
Urteil vom 22. Dezember 2009 - X ZR 28/06

 

PatG §§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 4
Eine unzulässige Erweiterung liegt vor, wenn der Gegenstand des Patents sich für den Fachmann erst aufgrund eigener, von seinem Fachwissen getragener Überlegungen ergab, nachdem er die ursprünglichen Unterlagen zur Kenntnis genommen hatte.
Urteil vom 22. Dezember 2009 - X ZR 27/06

 

EPÜ Art. 69; PatG § 14; ZPO § 139 Abs. 1 Satz 2, § 144 Abs. 1
Fehlt im Verletzungsprozess Parteivortrag zu unmittelbaren Tatumständen, die Anhaltspunkte beispielsweise dafür zu geben vermögen, welche technischen Zusammenhänge für das Verständnis der unter Schutz gestellten Lehre bedeutsam sein könnten, wer als Durchschnittsfachmann in Betracht zu ziehen sein und welche Ausbildung seine Sicht bestimmen könnte (z.B. zum technischen Gebiet, auf dem die Erfindung liegt, zu den auf diesem Gebiet tätigen Unternehmen, der Ausbildung von deren Mitarbeitern bzw. zum Vorhandensein eigener Entwicklungsabteilungen), hat das Gericht darauf hinzuwirken, dass die Parteien sich dazu voll-ständig erklären.
Selbst wenn solche dem unmittelbaren Beweis zugängliche Tatsachen zwischen den Parteien unstreitig sind, kann die Einholung eines Sachverständigengutachtens geboten sein, wenn die Kenntnis dieser Tatsachen allein je nach Fall nicht ausreicht, um auf die ihrerseits dem unmittelbaren Beweise nicht zugängliche Sicht des Fachmanns zu schließen oder die technischen Zusammenhänge zuverlässig zu bewerten. Das Verletzungsgericht prüft in jedem Einzelfall eigenverantwortlich, ob es aus diesem Grund einen Sachverständigen hinzuzieht.
Der Entschluss des Verletzungsgerichts, die Patentansprüche auszulegen, ohne im Hinblick auf für die Auslegung maßgebliche, dem unmittelbaren Beweis nicht zugängliche Gesichtspunkte einen Sachverständigen hinzuziehen, unterliegt der uneingeschränkten Rechtmäßigkeitskontrolle durch das Revisionsgericht.
Wird die Verurteilung wegen Verletzung des Klagepatents in von dessen Wortsinn abweichender Form erstrebt, muss sich aus dem Klageantrag ergeben, in welchen tatsächlichen Gestaltungen sich die Abweichung von den Vorgaben des Patentanspruchs verkörpert.
Ergibt sich aus dem klägerischen Sachvortrag, dass (auch) eine Verletzung des Klagepatents in vom Wortsinn abweichender Form geltend gemacht werden soll, ohne dass dies in den Anträgen einen Niederschlag gefunden hat, hat das Tatsachengericht dies im Rahmen der ihm obliegenden Verpflichtung, auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken, zu erörtern.
Urteil vom 22. Dezember 2009 - X ZR 56/08

 

BGB § 528 Abs. 1, § 818 Abs. 2
Macht der verarmte Schenker den Rückforderungsanspruch bezüglich eines
Rechts an einem Grundstück geltend, kann der Beschenkte seiner auf Zahlung
entsprechend der Bedürftigkeit des Schenkers gerichteten Zahlungspflicht dadurch entgehen, dass er die Rückübertragung des Geschenks anbietet.
Urteil vom 17. Dezember 2009 - Xa ZR 6/09

 

PatG (Fassung: 1.7.2006) § 59 Abs. 3 Satz 1, § 69 Abs. 1
Das Patentgericht hat in einem erstinstanzlichen Einspruchsverfahren auf Antrag eines Beteiligten eine öffentliche mündliche Anhörung oder eine mündliche Verhandlung auch dann durchzuführen, wenn das Verfahren bereits vor dem 1. Juli 2006 bei ihm anhängig geworden ist.
Beschluss vom 17. Dezember 2009 - Xa ZB 38/08

 

PatG § 2; BiotechnologieRL Art. 6
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) folgende Rechtsfragen vorgelegt:

1. Was ist unter dem Begriff "menschliche Embryonen" in Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 98/44/EG zu verstehen?

a) Sind alle Entwicklungsstadien menschlichen Lebens von der Befruchtung der Eizelle an umfasst oder müssen zusätzliche Voraussetzungen wie zum Beispiel das Erreichen eines bestimmten Entwicklungsstadiums erfüllt sein?

b) Sind auch folgende Organismen umfasst:

(1) unbefruchtete menschliche Eizellen, in die ein Zellkern aus einer ausgereiften menschlichen Zelle transplantiert worden ist;

(2) unbefruchtete menschliche Eizellen, die im Wege der Parthenogenese zur Teilung und Weiterentwicklung angeregt worden sind?

c) Sind auch Stammzellen umfasst, die aus menschlichen Embryonen im Blastozystenstadium gewonnen worden sind?

2. Was ist unter dem Begriff "Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken" zu verstehen? Fällt hierunter jede gewerbliche Verwertung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie, insbesondere auch eine Verwendung zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung?

3. Ist eine technische Lehre auch dann gemäß Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie von der Patentierung ausgeschlossen, wenn die Verwendung menschlicher Embryonen nicht zu der mit dem Patent beanspruchten technischen Lehre gehört, aber notwendige Voraussetzung für die Anwendung dieser Lehre ist,

a) weil das Patent ein Erzeugnis betrifft, dessen Herstellung die vorhergehende Zerstörung menschlicher Embryonen erfordert,

b) oder weil das Patent ein Verfahren betrifft, für das als Ausgangsmaterial ein solches Erzeugnis benötigt wird?
Beschluss vom 17. Dezember 2009 - Xa ZR 58/07
Pressemitteilung Nr. 231/09

 

FluggastrechteVO Art. 7; MÜ Art. 35 Abs. 1; BGB § 195
Auf Ansprüche auf Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung ist die Ausschlussfrist des Art. 35 Abs. 1 des Montrealer Übereinkommens weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden.
Solche Ansprüche unterliegen, wenn deutsches Sachrecht anwendbar ist, der Regelverjährung nach § 195 BGB.
Urteil vom 10. Dezember 2009 - Xa ZR 61/09

 

PatG § 4; EPÜ Art. 56
Das Auffinden einer neuen Lehre zum technischen Handeln kann nicht schon dann als nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend bewertet werden, wenn lediglich keine Hinderungsgründe zutage treten, von im Stand der Technik Bekanntem zum Gegenstand dieser Lehre zu gelangen, sondern diese Wertung setzt voraus, dass das Bekannte dem Fachmann Anlass oder Anregung gab, zu der vorgeschlagenen Lehre zu gelangen.
Urteil vom 8. Dezember 2009 - X ZR 65/05

 

FluggastrechteVO Art. 2 Buchst. b, Art. 5, Art. 7
Im Falle des Code-Sharing ist nur dasjenige Luftfahrtunternehmen, das den Flug tatsächlich durchführt, ausführendes Luftfahrtunternehmen im Sinne des Art. 2 Buchst. b FluggastrechteVO und damit im Falle der Annullierung des Fluges zu Unterstützungsleistungen und Ausgleichsleistungen verpflichtet.
Urteil vom 26. November 2009 - Xa ZR 132/08

 

Zur Verpflichtung des Luftfahrtunternehmens, bei einem planmäßig begonnenen, nach einer Zwischenlandung aber nicht weiter durchgeführten Flug Ausgleichszahlungen zu leisten
Verfahren Xa ZR 72/09 und Xa ZR 86/09 - beide Rechtsmittel wurden zurückgenommen
Pressemitteilung Nr. 258/09

 

ArbEG § 9; BGB § 242
Dem Arbeitnehmererfinder stehen zur Vorbereitung seines Vergütungsanspruchs im Klagewege durchsetzbare Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung über den mit dem Gegenstand der Erfindung gemachten Gewinn regelmäßig nicht zu (insoweit Aufgabe von BGHZ 137, 162 - Copolyester II, Leitsatz c; Sen.Urt. v. 13.11.1997 - X ZR 6/96, GRUR 1998, 684, 688 - Spulkopf; v. 16.4.2002 - X ZR 127/99, GRUR 2002, 801, 803 - abgestuftes Getriebe).
Urteil vom 17. November 2009 - X ZR 137/07

 

BGB § 809; PatG § 140c Abs. 1 Satz 3
Ist über den Vorwurf der Patentverletzung im selbständigen Beweisverfahren ein Sachverständigengutachten erstellt worden, können möglicherweise berührte Geheimhaltungsinteressen des vermeintlichen Verletzers in aller Regel in der Weise gewahrt werden, dass der Schutzrechtsinhaber die Einsicht in das Gutachten (zunächst) auf namentlich benannte rechts- bzw. patentanwaltliche Vertreter beschränkt und diese insoweit umfassend zur Verschwiegenheit verpflichtet werden.
Zur Einsicht durch den Schutzrechtsinhaber persönlich darf ein solches Gutachten nicht freigegeben werden, bevor der vermeintliche Schutzrechtsverletzer Gelegenheit hatte, seine Geheimhaltungsinteressen geltend zu machen. Er hat insoweit im Einzelnen darzulegen, welche Informationen im Gutachten Ge-heimhaltungswürdiges, namentlich Geschäftsgeheimnisse, offenbaren und welche Nachteile ihm aus der Offenbarung drohen.
Beschluss vom 16. November 2009 - X ZB 37/08

 

FluggastrechteVO Art. 5 Abs. 3
Technische Defekte, wie sie beim Betrieb eines Flugzeugs gelegentlich auftreten können, begründen für sich gesehen keine außergewöhnlichen Umstände, die das Luftfahrtunternehmen von der Verpflichtung befreien können, bei einer aufgrund des Defekts erforderlichen Annullierung des Flugs die nach Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vorgesehene Ausgleichszahlung zu leisten. Dies gilt auch dann, wenn das Luftfahrtunternehmen alle vorgeschriebenen oder sonst bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt gebotenen Wartungsarbeiten frist- und ordnungsgemäß ausgeführt hat.
Urteil vom 12. November 2009 - Xa ZR 76/07

 

GG Art. 101 Abs. 1
Entscheidet das Berufungsgericht den Patentverletzungsstreit auf der Grundlage der erteilten Patentansprüche und werden diese nachfolgend durch ein Patentnichtigkeitsurteil dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass beschränkende Merkmale in einen oder mehrere Patentansprüche aufgenommen werden, so ist bei Nichtzulassung der Revision der Anspruch eines wegen Patentverletzung Verurteilten auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt, wenn es angesichts der Feststellungen des Tatrichters nicht entscheidungserheblich ist, ob das Patent die eine oder die andere Fassung hat.
Beschluss vom 10. November 2009 - X ZR 11/06

 

GWB §§ 107 Abs. 2 Satz 2, 117 Abs. 1; VOL/A 2006 § 3 a Nr. 1 Abs. 5 lit. b
Die Beschwerdefrist des § 117 Abs. 1 GWB wird nicht dadurch in Lauf gesetzt, dass die Vergabekammer eine Beschlussabschrift "vorab" per Telefax übersendet, wenn für den Empfänger zu erkennen ist, dass die Übermittlung per Telefax nur zur Information und nicht zum Zwecke der Zustellung erfolgt.
Einem Bieter, der sich an dem beanstandeten Vergabeverfahren durch die Abgabe eines Gebots beteiligt hat, droht regelmäßig auch dann im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 2 GWB ein Schaden durch eine Verletzung von Vergabe-vorschriften, wenn zu Unrecht das Verhandlungsverfahren statt des offenen Verfahrens gewählt worden ist, deshalb das Vergabeverfahren nicht ohne weiteres durch Zuschlag beendet werden darf und zur Bedarfsdeckung eine Neuausschreibung in Betracht kommt.
Zur Zulässigkeit eines Verhandlungsverfahrens nach § 3 a Nr. 1 Abs. 5 lit. b VOL/A 2006.
Beschluss vom 10. November 2009 - X ZB 8/09

 

InsO § 352 Abs. 1, § 343 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2, § 86 Abs. 1; ZPO § 240
Das durch einen Antrag des Schuldners eingeleitete Verfahren nach Chapter 11 des US-amerikanischen Bankruptcy Code wird als Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens anerkannt. 
Die Einleitung dieses Verfahrens bewirkt die Unterbrechung des Nichtigkeitberufungsverfahrens.
Betrifft die Insolvenz das Vermögen des Nichtigkeitsbeklagten, kann der Nichtigkeitskläger das Berufungsverfahren jedenfalls nicht aufnehmen, bevor er bei den zuständigen US-amerikanischen Gerichten um eine Aufhebung der Unterbrechung ("relief from the stay") nachgesucht hat.
Urteil vom 13. Oktober 2009 - X ZR 79/06

 

BGB § 518 Abs. 1 Satz 1, § 81 Abs. 1 Satz 1
Ein Anspruch des Destinatärs auf Stiftungsleistungen kann durch Satzung, durch einseitige Zuerkennung durch ein Stiftungsorgan oder durch Vertrag begründet werden.

Dabei handelt es sich auch dann nicht um ein Schenkungsversprechen, wenn die Zuwendung unentgeltlich erfolgt; Rechtsgrund für derartige Zuwendungen ist der Stiftungszweck selbst.
Urteil vom 7. Oktober 2009 – Xa ZR 8/08
Pressemitteilung Nr. 209/09

 

EPÜ Art. 56; PatG § 4
Die Zuziehung von Experten oder sonst besser qualifizierten Fachleuten oder die Einholung von entsprechenden Erkundigungen kann vom zuständigen Fachmann erwartet werden, wenn das zu lösende Problem sich in einem sachlich naheliegenden Fachgebiet in ähnlicher Weise stellt bzw. wenn er aufgrund seiner eigenen Sachkunde erkennen kann, dass er eine Lösung auf einem anderen Gebiet finden kann (Bestätigung von Sen.Urt. v. 26.10.1982 - X ZR 12/81, GRUR 1983, 64, 66 f. - Liegemöbel und v. 11.3.1986 - X ZR 17/83, GRUR 1986, 798 - Abfördereinrichtung für Schüttgut).

Setzt die Frage, ob gegebenenfalls der Rat eines höher qualifizierten Fachmanns hilfreich sein könnte, voraus, dass der Fachmann bereits eine ihm durch den Stand der Technik nicht nahegelegte Lösung zumindest in Grundprinzipien erdacht hat, kann die erfinderische Tätigkeit nicht mit der Begründung verneint werden, die Lösung wäre dem Spezialisten nahegelegt gewesen.
Urteil vom 29. September 2009 - X ZR 169/07

 

RVG § 15a Abs. 1, Abs. 2, 3. Alt.; RVG-VV Vorbemerkung 3 Abs. 4
Die Geschäftsgebühr, die der Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer erhält, ist auf die Verfahrensgebühr des Beschwerdeverfahrens anzurechnen.
Zur Anwendbarkeit des § 15a RVG auf Altfälle.
Beschluss vom 29. September 2009 - X ZB 1/09

 

GG Art. 103 Abs. 1; PatG § 100 Abs. 3 Nr. 3
Verteidigt der Patentinhaber im Einspruchsverfahren nur einen von zwei nebengeordneten, im Wesentlichen inhaltsgleichen Patentansprüchen in einer beschränkten Fassung, verletzt es den Anspruch des Patentinhabers auf rechtliches Gehör, wenn die Patentabteilung oder das Patentgericht ohne weitere Anhaltspunkte annimmt, der Patentinhaber wolle den Gegenstand des beschränkten Patentanspruchs nur für den Fall verteidigen, dass sich auch der Gegenstand des nicht beschränkten Patentanspruchs als rechtsbeständig erweist, und das Patent wegen mangelnder Patentfähigkeit des Gegenstands des nicht beschränkten Patentanspruchs insgesamt widerruft.
Beschluss vom 22. September 2009 - Xa ZB 36/08

 

ZPO § 138; PatG §§ 9, 139 Abs. 1, 140a Abs. 1
Den Spediteur, der auf Vernichtung angeblich patentverletzender Ware in Anspruch genommen wird, trifft keine prozessuale Obliegenheit zur Beschaffung der für ein qualifiziertes Bestreiten erforderlichen Informationen über die nähere Beschaffenheit der Ware; er kann daher die Übereinstimmung mit der erfindungsgemäßen Lehre grundsätzlich mit Nichtwissen bestreiten.

Schuldner des Unterlassungs- und des Vernichtungsanspruchs ist nicht nur, wer in eigener Person einen der Benutzungstatbestände des § 9 PatG verwirklicht oder vorsätzlich die Verwirklichung des Benutzungstatbestands durch einen Dritten ermöglicht oder fördert. Verletzer und damit Schuldner ist vielmehr auch, wer die Verwirklichung des Benutzungstatbestands durch den Dritten ermöglicht oder fördert, obwohl er sich mit zumutbarem Aufwand die Kenntnis verschaffen kann, dass die von ihm unterstützte Handlung das absolute Recht des Patentinhabers verletzt.

Den Spediteur trifft keine generelle Prüfungspflicht im Hinblick auf Schutzrechtsverletzungen durch die transportierte Ware (Bestätigung von BGH, Urt. v. 15.1.1957 - I ZR 56/55, GRUR 1957, 352, 354 - Taeschner/Pertussin II).

Eine Pflicht zur Einholung von Erkundigungen und gegebenenfalls zur eigenen Prüfung der Ware kann jedoch für den Spediteur entstehen, wenn ihm konkrete Anhaltspunkte für eine Schutzrechtsverletzung vorliegen.
Urteil vom 17. September 2009 - Xa ZR 2/08

 

BGB § 309 Nr. 5, § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1
Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Luftfahrtunternehmens, die für den Fall einer Rücklastschrift eine Bearbeitungsgebühr von 50 Euro pro Buchung vorsieht, stellt eine nach § 309 Nr. 5 Alt. 1 Buchst. a BGB unwirksame Schadenspauschalierung dar. Dies gilt auch dann, wenn der Kunde zur Entrichtung des Beförderungsentgelts eine Belastungsermächtigung für ein Kreditkartenkonto oder eine Einzugsermächtigung für ein Bankkonto erteilen muss und andere Zahlungswege nach den vertraglichen Vereinbarungen ausgeschlossen sind.
Eine derartige Klausel ist auch nicht als Preisnebenabrede wirksam.
Urteil vom 17. September 2009 - Xa ZR 40/08
Pressemitteilung Nr. 187/09

 

BGB § 154 Abs. 2; EGBGB Art. 28 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5; EPÜ Art. 56
Bei fehlender Rechtswahl weist ein Vergleich, mit dem im Wesentlichen die Ansprüche einer Partei wegen Patentverletzung gegen die Zahlung eines Geldbetrages sowie die Rücknahme von Nichtigkeitsklagen und Einsprüchen durch die andere Partei erledigt werden sollen, nach der Vermutung des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 EGBGB die engsten Verbindungen zu dem Sitzrecht der Partei auf, welche die Ansprüche wegen Patentverletzung geltend gemacht hat, weil darin die für den Vergleich charakteristische Leistung liegt. Die Vermutung gilt jedenfalls dann, wenn mit dem Vergleich die Verletzung von Patenten in mehreren Staaten erledigt werden soll, so dass es bereits der Grundsatz der einheitlichen Vertragsanknüpfung ausschließt, dass der Vergleich nach Art. 28 Abs. 5 EGBGB eine engere Verbindung zu einem der Staaten hat, für die die Patente Schutz gewähren.
Wurden die Anwälte der Parteien während der Verhandlung beauftragt, den zunächst nur mündlich vereinbarten Vergleich schriftlich zu fixieren, ist nach § 154 Abs. 2 BGB im Zweifel zu vermuten, dass der Vertrag nicht geschlossen werden soll, bis dies in schriftlicher Form erfolgt ist.
Bestanden aus Sicht des Fachmanns zum Prioritätszeitpunkt keine Vorbehalte, ein Produkt (hier: Paneele für ein Sektionaltor), das im Stand der Technik zwar der Form nach (konvexe und konkave Profilierung der Stirnbreitseiten benachbarter Paneele, um einen Fingerschutz zu schaffen) bekannt war, jedoch aus einem anderen Material (hier: Holz mit Metallprofilelementen) gebildet wurde, mit einem anderen als solchem bekannten Material (hier: Blechschalen) in einem bekannten Verfahren (hier: Gesenkbiegen oder Walzprofilieren) herzustellen, ist in aller Regel anzunehmen, dass es auch nahelag, dies zu versuchen.
Urteil vom 15. September 2009 - X ZR 115/05

 

EPÜ Art. 54, Art. 56; PatG § 3, § 4, § 16a, § 49a;
EG-VO 469/2009 Art. 1 Buchst. b, Art. 3 Buchst. d
Steht der Fachmann vor dem Problem, einen Stoff bereitzustellen, der als Arzneimittel für bestimmte Anwendungsgebiete in Betracht kommt und im Vergleich zu auf diesem Gebiet bekannten Arzneimitteln eine Alternative darstellt, und kommen hierfür mehrere Stoffe oder Stoffgruppen in Betracht, ist die Entscheidung zugunsten eines bestimmten Stoffs bereits ein Teil der Lösung.

Einer Veröffentlichung, aus der sich ergibt, dass es von einer chemischen Verbindung Enantiomere geben muss, sind in der Regel die Enantiomere selbst nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen, sofern die Veröffentlichung es dem Fachmann nicht ohne Weiteres ermöglicht, die Enantiomere in die Hand zu bekommen.

Die Bereitstellung eines einzelnen Enantiomers einer bislang nur als Gemisch von Enantiomeren (Razemat) vorliegenden Verbindung kann auch dann auf erfinderischer Tätigkeit beruhen, wenn sich das Vorhandensein der Enantiomere in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Entscheidend ist, ob es am Prioritätstag einen für den Fachmann naheliegenden Weg gab, das Enantiomer in die Hand zu bekommen.

Eine arzneimittelrechtliche Genehmigung für ein Arzneimittel, das als Wirkstoff eine chemische Verbindung als Razemat enthält, steht der Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für ein Arzneimittel, das als Wirkstoff ein Enantiomer der Verbindung enthält und Gegenstand einer späteren arznei-mittelrechtlichen Genehmigung sowie eines eigenen Stoffpatents ist, nicht entgegen.
Urteil vom 10. September 2009 - Xa ZR 130/07
Pressemitteilung Nr. 249/09

 

PatG § 12
Ein Vorbenutzungsrecht gemäß § 12 PatG ist in aller Regel ausgeschlossen, wenn der Benutzer und der Erfinder in vertraglicher Beziehung stehen und der Erfindungsbesitz im Zusammenhang mit der Erfüllung dieses Vertrags erlangt wurde.
Urteil vom 10. September 2009 - Xa ZR 18/08

 

EPÜ Art. 52 ff., Art. 56; PatG § 4
Bei der Bestimmung des technischen Problems (der "Aufgabe") der Erfindung sind Vorgaben, die der Fachmann von seinen Auftraggebern erhält, mit einzubeziehen, sie sind nicht der Problemlösung, sondern dem Problem selbst zuzurechnen (Fortführung von BGH, Urt. v. 22.5.1990 - X ZR 124/88, GRUR 1991, 811, 813 f. - Falzmaschine).

Hilfskriterien (früher: "Beweisanzeichen") können lediglich im Einzelfall Anlass geben, bekannte Lösungen besonders kritisch darauf zu überprüfen, ob sie vor dem Hintergrund des allgemeinen Fachwissens hinreichende Anhaltspunkte für ein Naheliegen der Erfindung bieten und nicht erst aus Ex-post-Sicht eine zur Erfindung führende Anregung zu enthalten scheinen.
Urteil vom 30. Juli 2009 - Xa ZR 22/06

 

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6; GVG § 17a Abs. 2 Satz 3
Hat ein Gericht in einem Prozesskostenhilfeverfahren die Unzulässigkeit des Rechtswegs ausgesprochen und die Sache an ein anderes Gericht verwiesen, ist es dem anderen Gericht verwehrt, die Rechtswegzuständigkeit im Rahmen der Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch abweichend zu beurteilen (ebenso BAG, Beschl. v. 27.10.1992 - 5 AS 5/92, NJW 1993, 751, 752).
Beschluss vom 30. Juli 2009 - Xa ARZ 167/09

 

PatG § 59 Abs. 1, § 61 Abs. 2, § 100 Abs. 1
Der Umstand, dass der auf den Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit gestützte Einspruch mit einer älteren Anmeldung begründet wird, die bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen ist, steht der Zulässigkeit des Einspruchs unabhängig davon nicht entgegen, ob der Einsprechende sich auf mangelnde Neuheit oder auf fehlende erfinderische Tätigkeit beruft.
Beschluss vom 30. Juli 2009 - Xa ZB 28/08

 

GKG § 51 Abs. 1
Bei der Bestimmung des Werts des Patentnichtigkeitsverfahrens ist die Klagesumme einer bezifferten Patentverletzungsschadensersatzklage regelmäßig in voller Höhe zu berücksichtigen.
Beschluss vom 28. Juli 2009 - X ZR 153/04

 

Brüssel II-VO Art. 5 Nr. 3; Rom-II-VO Art. 4 Abs. 1; EGBGB Art. 40 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1, 2 und 5; UKlaG § 1, § 4a Abs. 1
Für die Klage eines Verbraucherschutzvereins, mit der dieser von einem Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften begehrt, die Verwendung missbräuchlicher Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland zu unterlassen, sind die deutschen Gerichte international zuständig.
Wird ein innergemeinschaftlicher Verstoß gegen Gesetze zum Schutz der Verbraucherinteressen durch Verwendung missbräuchlicher Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen behauptet, ist das anwendbare Sachrecht nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II-VO) zu bestimmen. Maßgeblich ist das Recht des Staats, in dem nach dem Klagevortrag die kollektiven Verbraucherinteressen durch Verwendung der Klausel beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden. Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bedarf es bei grenzüberschreitenden Sachverhalten einer gesonderten kollisionsrechtlichen Anknüpfung nach dem Vertragsstatut.
Nach § 4a UKlaG kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer in der Bundesrepublik Deutschland Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, die gegen Gesetze eines anderen Mitgliedstaats zum Schutz der Verbraucher im Sinn von Art. 3 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 vom 27. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden verstoßen.
Bei Verträgen über die Luftbeförderung von Personen ist der Verbraucherschutz als solcher kein Umstand, der im Sinn des Art. 28 Abs. 5 EGBGB engere Verbindungen mit einem anderen Staat als demjenigen begründet, mit dem der Vertrag auf Grund der Vermutung nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB die engsten Verbindungen aufweist.
Urteil vom 9. Juli 2009 - Xa ZR 19/08

 

EuGVVO Art. 5 Nr. 3; Rom-II-VO Art. 4 Abs. 1; EGBGB Art. 40 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1, 2 und 5; UKlaG § 1, § 4a Abs. 1
(berichtigter Leitsatz)
Urteil vom 9. Juli 2009 - Xa ZR 19/08

 

Die Rechtsbeschwerde ist auch dann statthaft, wenn das anstelle des Patentamts zur Entscheidung über den Einspruch berufene Patentgericht diesen verworfen hat.

EPÜ Art. 56; PatG § 4
Maßgeblicher Fachmann für die Entwicklung eines Fischbissanzeigers ist ein Konstrukteur mit Erfahrungen auf dem Gebiet der Entwicklung von Angelgeräten und nicht ein Angler.
Bei der Beurteilung des Naheliegens eines patentgeschützten Gegenstands kann nicht stets der "nächstkommende" Stand der Technik als alleiniger Ausgangspunkt zugrunde gelegt werden. Die Wahl eines Ausgangspunkts (oder auch mehrerer Ausgangspunkte) bedarf vielmehr einer besonderen Rechtfertigung, die in der Regel aus dem Bemühen des Fachmanns abzuleiten ist, für einen bestimmten Zweck eine bessere - oder auch nur eine andere - Lösung zu finden, als sie der Stand der Technik zur Verfügung stellt (vgl. BGHZ 179, 168 Tz. 51 - Olanzapin). Für ein ausschließliches Abstellen auf einen "nächstkommenden" Stand der Technik bietet auch das Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente (Europäisches Patentübereinkommen) vom 5. Oktober 1973 (BGBl. 1976 II 649) keine Grundlage.
Urteil vom 18. Juni 2009 - Xa ZR 138/05

 

Sozialversicherungsträger müssen Ausschlussfrist des Reisevertragsrechts wahren.
BGB § 651g Abs. 1
Der Sozialversicherungsträger, der es schuldhaft versäumt hat, auf ihn übergegangene reisevertragliche Schadensersatzansprüche innerhalb eines Monats nach der vorgesehenen Beendigung der Reise gegenüber dem Reiseveranstalter geltend zu machen, ist auch dann mit seinen Ansprüchen ausgeschlossen, wenn der Reisende bei ihm verbliebene Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht hat (Fortführung von BGHZ 159, 350).
Urteil vom 9. Juni 2009 - Xa ZR 99/06
Urteil vom 9. Juni 2009 - Xa ZR 74/08
Pressemitteilung Nr. 127/09

 

BGB § 631 Abs. 2, § 633 Abs. 2
Der Flugbeförderungsvertrag ist regelmäßig nicht auf ein absolutes Fixgeschäft gerichtet.
Die Verspätung eines Flugs begründet regelmäßig keinen Sachmangel der Beförderungsleistung.
Urteil vom 28. Mai 2009 - Xa ZR 113/08
Pressemitteilung Nr. 118/09

 

EPÜ Art. 69; PatG § 14
Zweckangaben in einem Sachanspruch haben im Nichtigkeitsverfahren keine andere Bedeutung als im Verletzungsprozess. Sie haben regelmäßig die Aufgabe, den durch das Patent geschützten Gegenstand dahin zu definieren, dass er nicht nur die im Patentanspruch genannten räumlich-körperlichen Merkmale erfüllen, sondern auch so ausgebildet sein muss, dass er für den im Patentanspruch angegebenen Zweck verwendbar ist.
Urteil vom 28. Mai 2009 - Xa ZR 140/05

 

BGB § 241 Abs. 1, § 516 Abs. 1, § 518 Abs. 1
Auslobung einer Meisterschaftsprämie ist formfrei wirksam
Wer eine Zuwendung für den Fall zusagt, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt, auf das der Zuwendungsempfänger hinarbeiten soll (hier: Gewinn einer Meisterschaft durch die von dem Zuwendungsempfänger trainierte Mannschaft), verspricht keine belohnende Schenkung, sondern eine Gegenleistung für das Bemühen des Zuwendungsempfängers um die Herbeiführung des Ereignisses.
Urteil vom 28. Mai 2009 – Xa ZR 9/08
Pressemitteilung Nr. 119/09

 

EPÜ Art. 56 Abs. 2; PatG § 3 Abs. 1
Ein Zwischenprodukt, das gemäß einer technischen Lehre während eines mehrstufigen Herstellungsprozesses nur vorübergehend und abschnittsweise in einer bestimmten Beschaffenheit besteht (hier: ein mit einer hygroskopischen Substanz beschichtetes Schleifkorn), gehört als solches zum Stand der Technik, sofern der Herstellungsvorgang nicht derart vonstatten geht, dass das Erzeugnis übergangslos und unabgrenzbar in einen Zustand mit anderer Beschaffenheit umgeformt wird.
Urteil vom 26. Mai 2009 - X ZR 185/04

 

PatG § 64, §§ 81 ff., §§ 110 ff.
Das Streitpatent kann im Patentnichtigkeitsverfahren nicht in der Weise verteidigt werden, dass in einen übergeordneten Patentanspruch Merkmale aus nachgeordneten Patentansprüchen des erteilten Patents aufgenommen werden, die in ihrer Kombination eine Ausführungsform definieren, die in den Anmeldeunterlagen nicht als mögliche Ausgestaltung der Erfindung offenbart ist.
Urteil vom 14. Mai 2009 - Xa ZR 148/05

 

EPÜ Art. 56; PatG § 4
Der Umstand, dass die Kenntnis eines technischen Sachverhalts zum allgemeinen Fachwissen gehört, belegt noch nicht, dass es für den Fachmann nahegelegen hat, sich bei der Lösung eines bestimmten technischen Problems dieser Kenntnis zu bedienen.
Urteil vom 30. April 2009 - Xa ZR 56/05

 

PatG § 4
Um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden Lösungswegs nicht nur als möglich, sondern dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es - abgesehen von den Fällen, in denen für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist - in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen.
Urteil vom 30. April 2009 - Xa ZR 92/05

 

PatG § 22 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 2; IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2;
EPÜ Art. 138 Abs. 1 Buchst. b
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Notwendigkeit einer eindeutigen Identifizierbarkeit der Erfindung (BGHZ 57, 1, 3 - Trioxan; fortgeführt in BGHZ 92, 129, 134 - Acrylfasern und in dem Beschluss vom 11.10.1983 - X ZB 16/82, BlPMZ 1984, 211, 213 - optische Wellenleiter) ist auf den Nichtigkeitsgrund des Fehlens einer ausführbaren Offenbarung nach geltendem Recht nicht ohne Weiteres anwendbar.
Urteil vom 30. April 2009 - Xa ZR 156/04

 

FluggastrechteVO Art. 2 Buchst. j, Art. 3 Abs. 2, Art. 4 Abs. 3
Dem Fluggast steht ein Ausgleichsanspruch wegen "Nichtbeförderung" auf einem Flug zu, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
1. Der Fluggast verfügt entweder über eine bestätigte Buchung für den betreffenden Flug oder ist von einem anderen Flug, für den er eine solche Buchung besaß, auf den betreffenden Flug "verlegt" worden.
2. Der Fluggast hat sich - außer im Fall der "Verlegung" und jedenfalls wenn ihm nicht schon vorher die Mitnahme verweigert worden ist - zur angegebenen Zeit oder mangels einer solchen Angabe 45 Minuten vor dem planmäßigen Abflug zur Abfertigung eingefunden.
3. Dem am Flugsteig erschienenen Fluggast wird der Einstieg gegen seinen Willen verweigert.
Urteil vom 30. April 2009 - Xa ZR 78/08
Pressemitteilung Nr. 93/09

 

Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (GemSortV) Art. 13 Abs. 2
Der Zustimmungsvorbehalt in Art. 13 Abs. 2 GemSortV erfasst - wie die alleinige Berechtigung des Sortenschutzinhabers nach § 10 Abs. 1 SortG - nicht nur Material der geschützten Sorte, das die festgelegten Ausprägungsmerkmale übereinstimmend verwirklicht, sondern auch Material, das einzelne der Ausprägungsmerkmale im Rahmen zu tolerierender Variationen verwirklicht ("Toleranzbereich").
Urteil vom 23. April 2009 - Xa ZR 14/07

 

EPÜ Art. 138 Abs. 1 lit. c, Art. 69 Abs. 1; PatG § 21 Abs. 1 Nr. 4, § 14 Abs. 1
Der Gegenstand des Patents geht nicht schon dadurch über den Inhalt der Anmeldung hinaus, dass er mit Begriffen gekennzeichnet ist, die in den Anmeldungsunterlagen als solche nicht verwendet worden sind, insbesondere, wenn damit längere Umschreibungen in den ursprünglich eingereichten Unterlagen zusammenfassend oder schlagwortartig umschrieben werden.
Urteil vom 21. April 2009 - X ZR 153/04

 

EPÜ Art. 69; PatG § 14
Die Patentverletzungsklage darf nicht mit der Begründung abgewiesen werden, Angaben des Patentanspruchs seien unklar und ihr Sinngehalt sei unaufklärbar.
Urteil vom 31. März 2009 - X ZR 95/05

 

BGB § 516 Abs. 1
§ 516 Abs. 1 BGB definiert die Schenkung als eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Unter einer solchen Zuwendung ist jedenfalls die Verschaffung eines Vermögensvorteils zu verstehen (AnwK/Dendorfer, § 516 BGB Rdn. 13). Auf Seiten des Schenkers muss eine Vermögensminderung ("rechtliche Entäußerung eines Vermögens-vorteils" nach Prot. II 3, hier zit. nach Staudinger/Wimmer-Leonhardt, 2005, § 516 BGB Rdn. 17; vgl. auch Rdn. 21) im Sinn einer Entreicherung (BGHZ 112, 40, 46) eintreten, der auf Seiten des Beschenkten eine Vermögensvermehrung entspricht (MünchKomm./Kollhosser, BGB, 4. Aufl., § 516 Rdn. 3 ff.). Dabei muss die Substanz des Vermögens des Schenkers vermindert werden (BGHZ 101, 229, 232 m.w.N.). Dass es sich auch wirtschaftlich um Vermögensgegenstände handeln muss, die sich der Schenker selbst gleichsam durchseiner Hände Fleiß erarbeitet hat, ist der Bestimmung dagegen nicht zu entnehmen.
Urteil vom 26. März 2009 – Xa ZR 118/06

 

Antragsrücknahme im Beschwerdeverfahren
GWB § 128 Abs. 4
Bei Rücknahme des Nachprüfungsantrags im Beschwerdeverfahren findet keine Erstattung von Auslagen statt, die den Beteiligten im Verfahren vor der Vergabekammer entstanden sind.
Beschluss vom 24. März 2009 - X ZB 29/08

 

IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3; EPÜ Art. 83, 138 Abs. 1 Buchst. b, c
Dass nur eine bestimmte Ausführungsform einer Vorrichtung ausführbar offenbart ist, besagt noch nichts darüber, ob ein beschränkter Patentanspruch, der nicht auf eine solche Ausführungsform begrenzt ist, über den Inhalt der Ursprungsoffenbarung hinausgeht (Fortführung von BGH, Urt. v. 16.10.2007 - X ZR 226/02, GRUR 2008, 60 - Sammelhefter II).
Urteil vom 12. März 2009 - Xa ZR 158/04

 

PatG § 8; IntPatÜbkG Art. II § 5 Abs. 1 Satz 1
Geht die Anmeldung einer Erfindung zum Patent teilweise auf den Beitrag eines anderen als des Anmelders zurück, kann ein Anspruch auf Einräumung einer Mitberechtigung auch dann in Betracht kommen, wenn die Anmeldung teilbar ist (Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 6.3.1979 - X ZR 60/77, GRUR 1979, 692 - Spinnturbine I).
Eine Mitberechtigung kann nur an einer Patentanmeldung als Ganzer, nicht an Teilen der Anmeldung wie einzelnen Patentansprüchen eingeräumt werden.
Urteil vom 12. März 2009 - Xa ZR 86/06

 

ZPO § 699 Abs. 3
Ist die Sache nicht an das Prozessgericht abgegeben worden, verbleibt es für die nachträgliche Titulierung nicht in den Vollstreckungsbescheid aufgenommener Kosten des Verfahrens bei der Zuständigkeit des Mahngerichts, das den Vollstreckungsbescheid entsprechend zu ergänzen hat. Dies gilt unabhängig davon, ob die Kosten mit dem Mahnbescheid geltend gemacht worden sind.
Beschluss vom 25. Februar 2009 - Xa ARZ 197/08

 

PatG § 9 Satz 1
Ein jüngeres Patentrecht kann gegenüber dem Inhaber eines älteren Patents durch dessen Patentanspruch begrenzt sein. Das ältere Patent steht nur demjenigen zur Seite, der ausschließlich dessen Lehre benutzt und nicht von zusätzlichen Merkmalen Gebrauch macht, die erst von dem jüngeren Patent gelehrt werden.
Urteil vom 12. Februar 2009 - Xa ZR 116/07

 

PatG § 25 Abs. 4
Die Regelung des § 25 Abs. 4 PatG erfasst nur solche Fälle, in denen den (auswärtigen) Patentinhaber nach § 25 Abs. 1 PatG die Obliegenheit trifft, einen Inlandsvertreter zu bestellen.

PatG § 74 Abs. 1
Die Beschwerde gegen eine Entscheidung des Patentamts setzt in Nebenverfahren (hier: Antrag auf Löschung eines Vertreters im Patentregister) nicht voraus, dass der Beschwerdeführer Verfahrensbeteiligter im Hauptverfahren ist.
Beschluss vom 11. Februar 2009 - Xa ZB 24/07

 

BGB § 281 Abs. 2 1. Alternative, § 323 Abs. 2 Nr. 1
Aus dem Gesichtspunkt der ernsthaften und endgültigen Verweigerung der geschuldeten Beseitigung von Mängeln kann eine Fristsetzung als Voraussetzung des Schadensersatzanspruchs wegen Schlechterteilung grundsätzlich nur dann entbehrlich werden, wenn der Schuldner die Mängelbeseitigung bereits verweigert hat, bevor diese durch den Gläubiger erfolgt.
Wie der Schuldner sich nach der Mängelbeseitigung durch den Gläubiger verhält, kann nur dann von Bedeutung sein, wenn dieses Verhalten den sicheren Rückschluss erlaubt oder hierzu beiträgt, dass schon vor der Mängelbeseitigung die Mängelbeseitigung ernsthaft und endgültig verweigert war.
Urteil vom 20. Januar 2009 - X ZR 45/07

 

VOB/A § 21 Nr. 4, § 25 Nr. 5 Satz 2
Preisnachlässe, die nicht an der in den Verdingungsunterlagen festgelegten Stelle aufgeführt sind, sind gemäß § 25 Nr. 5 Satz 2 VOB/A auch dann von der Wertung auszuschließen, wenn sie inhaltlich den gestellten Anforderungen entsprechen und für den Ausschreibenden und die Konkurrenten des Bieters zu erkennen sind.
Urteil vom 20. Januar 2009 - X ZR 113/07

 

ZPO § 321a Abs. 1 Satz 2, § 233
Gegen die Gewährung der Wiedereinsetzung steht der Gegenpartei die Gehörsrüge zu.
Bei der Vorlage der Handakten zur Einlegung der Berufung muss der Prozessbevollmächtigte die Berechnung der Berufungsbegründungsfrist kontrollieren.
Beschluss vom 20. Januar 2009 - Xa ZB 34/08

 

PatG § 73 Abs. 3
Wird Beschwerde gegen Beschlüsse der Prüfungsstellen und Patentabteilungen eingelegt, so ist für andere Entscheidungen als die Abhilfe das Patentamt nicht zuständig; das gilt auch für die Entscheidung über ein Wiedereinsetzungsgesuch.
Beschluss vom 16. Dezember 2008 - X ZB 14/08

 

PatG § 14
Allein aus dem Fehlen eines Merkmals in einer Zeichnung einer Patentschrift kann nicht geschlossen werden, dass es zur patentgemäßen Lehre gehört, dass dieses Merkmal nicht vorhanden ist.
Urteil vom 9. Dezember 2008 - X ZR 124/05

 

PatG § 147 Abs. 3 a.F.
Eine vor dem 1. Juli 2006 begründete Zuständigkeit des Patentgerichts für die Entscheidung über den Einspruch besteht auch nach der Aufhebung des § 147 Abs. 3 PatG fort (Bestätigung von BGHZ 173, 47 - Informationsübermittlungsverfahren II).
Beschluss vom 9. Dezember 2008 - X ZB 6/08

 

ZPO § 545 Abs. 1
Die Revision kann nicht darauf gestützt werden, dass eine Entscheidung auf der Verletzung einer Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich nicht über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt.
Beschluss vom 2. Dezember 2008 - X ZR 80/07

 

GWB §§ 97 Abs. 1, 99 Abs. 1; SächsBRKG § 31
Rettungsdienstleistungen
Das zur Übertragung der Durchführung der Notfallrettung und des Krankentransports nach § 31 SächsBRKG vorgesehene Auswahlverfahren ist als Vergabeverfahren nach § 97 Abs. 1 GWB durchzuführen, wenn der Wert des abzuschließenden Vertrags den Schwellenwert erreicht.
Beschluss vom 1. Dezember 2008 - X ZB 31/08

 

Verordnung (EG) Nr. 261/2004 (Fluggastrechte) Art. 5 Abs. 1 Buchst. c, Art. 5 Abs. 3, Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden zur Auslegung von Art. 5 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. Nr. L 46, S. 1) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Kann ein technischer Defekt, auf den eine Annullierung zurückgeht, ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 sein?

2. Falls ja: Schließt der Begriff des außergewöhnlichen Umstands als technischen Defekt auch solche Mängel ein, die die Lufttüchtigkeit des Flugzeugs oder die sichere Durchführung des Flugs beeinträchtigen?

3. Hätte das ausführende Luftfahrtunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen getroffen, wenn es das für das betroffene Flugzeug geltende Wartungs- und Instandhaltungsprogramm des Herstellers sowie Sicherheitsnormen und Auflagen der zuständigen Behörden oder Hersteller eingehalten hat oder sich der Fehler auch dann nicht hätte vermeiden lassen, wenn es dieses Programm oder die Anweisung eingehalten bzw. beachtet hätte?

4. Falls Frage 3 bejaht wird: Ist dies ausreichend, um das Luftfahrtunternehmen von der Verpflichtung zur Leistung von Ausgleichszahlungen zu befreien oder ist weitergehend der Nachweis zu verlangen, dass auch die Annullierung, das heißt die Außerbetriebsetzung des betroffenen Flugzeugs und die Streichung des Flugs wegen Fehlens einer Ersatzmaschine bei Ergreifen aller zumutbaren Maßnahmen nicht vermieden worden wäre?
Beschluss vom 14. Oktober 2008 - X ZR 35/08

 

Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel Art. 3 Buchst. d

Für die Beurteilung der Frage, ob es sich um einen anderen Wirkstoff als denjenigen handelt, für den die arzneimittelrechtliche Genehmigung erteilt worden ist, ist die bloße Verbesserung der arzneilichen Wirksamkeit nicht entscheidend.
Beschluss vom 14. Oktober 2008 - X ZB 4/08

 

VO (EG) 261/2004 (Fluggastrechte) Art. 4 Abs. 3
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gemäß Art. 234 EG zur Auslegung von Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 folgende Fragen vorgelegt:
a) Stellt die Umbuchung auf einen anderen Flug einen von Artikel 4 Abs. 3 der Verordnung erfassten Sachverhalt dar?
b) Falls die erste Frage zu bejahen ist: Ist diese Vorschrift auch auf eine Umbuchung anzuwenden, die nicht durch das Luftfahrtunternehmen, sondern allein durch das Reiseunternehmen veranlasst worden ist?
Beschluss vom 7. Oktober 2008 – X ZR 96/06
Pressemitteilung Nr. 186/08

 

BGB § 651e Abs. 1 Satz 1; VO (EG) 261/2004 Art. 6 lit. c, iii, 8 Abs. 1 lit. a, Abs. 2
Bei einer Pauschalreise stellt die Verspätung eines Zubringerfluges um mindestens fünf Stunden nicht schon für sich eine erhebliche Beeinträchtigung dar, die eine Kündigung des Reisevertrages ermöglicht. Ob bei einer solchen Verspätung ein Kündigungsgrund gegeben ist, ist vielmehr aufgrund einer an Zweck und konkreter Ausgestaltung der Reise sowie der Art und Dauer der Beeinträchtigung orientierten Gesamtwürdigung zu beurteilen.
Urteil vom 7. Oktober 2008 - X ZR 37/08
Pressemitteilung Nr. 187/08

 

ZPO § 406 Abs. 2
Ist der ein Ablehnungsgesuch anbringenden Partei bekannt, dass die Gewinnung des Sachverständigen wegen der Besonderheiten des Falls außergewöhnliche Schwierigkeiten bereitet, so kann es die Prozessförderungspflicht ausnahmsweise gebieten, frühzeitig zumutbare Nachforschungen darüber anzustellen, ob ein Ablehnungsgrund in Betracht kommt.
Beschluss vom 23. September 2008 - X ZR 135/04

 

PatG §§ 81 ff.; § 81 Abs. 1 Satz 2
Zur Frage, ob die Erklärung, dass das Streitpatent im Patentnichtigkeitsverfahren eingeschränkt verteidigt werde, nur von dem materiell am Patent Berechtigten abgegeben werden kann.

Zur Behandlung einer unrichtigen Bezeichnung des Beklagten im Patentnichtigkeitsverfahren.
Urteil vom 23. September 2008 - X ZR 135/04

 

PatG § 100 Abs. 3 Nr. 3
Die inhaltliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung kann mit der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht zur Überprüfung gestellt werden.
Beschluss vom 16. September 2008 - X ZB 28/07

 

GG Art. 103 Abs. 1; PatG § 100 Abs. 3 Nr. 3
Der Anspruch auf rechtliches Gehör gibt den Parteien kein Recht darauf, vor der gerichtlichen Entscheidung zu erfahren, wie das Gericht den die Grundlage seiner Entscheidung bildenden Sachverhalt (voraussichtlich) würdigen wird. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist daher nicht schon dann verletzt, wenn das Patentgericht nicht darauf hinweist, welchen Offenbarungsgehalt es einer in der mündlichen Verhandlung erörterten Veröffentlichung entnimmt.
Beschluss vom 16. September 2008 - X ZB 29/07

 

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3
Sollen mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen verklagt werden, ohne dass für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand begründet ist, ist für die Gerichtsstandsbestimmung grundsätzlich das als erstes angerufene Oberlandesgericht zuständig, auch wenn in seinem Bezirk keiner der Streitgenossen seinen allgemeinen Wohnsitz hat.
Beschluss vom 21. August 2008 - X ARZ 105/08

 

Eine Berufungsbegründung ist in schriftlicher Form eingereicht, sobald dem Berufungsgericht ein Ausdruck der als Anhang einer elektronischen Nachricht übermittelten, die vollständige Berufungsbegründung enthaltenden Bilddatei (hier: PDF-Datei) vorliegt. Ist die Datei durch Einscannen eines vom Prozessbevollmächtigten unterzeichneten Schriftsatzes hergestellt, ist auch dem Unterschriftserfordernis des § 130 Nr. 6 ZPO genügt.
Beschluss vom 15. Juli 2008 - X ZB 8/08

 

Bundesgerichtshof zur Bemessung der Minderung des Reisepreises bei Beinahe-Absturz auf dem Rückflug von einer ansonsten mangelfrei durchgeführten Reise BGB § 651d Abs. 1 Bei besonderer Schwere kann ein Ereignis, das zu einem Mangel führt, eine Minderung rechtfertigen, die nicht auf den anteiligen Reisepreis für die Dauer des Ereignisses beschränkt ist.
Urteil vom 15. Juli 2008 - X ZR 93/07
Pressemitteilung Nr. 134/08

 

GWB § 114 Abs. 1, § 116 Abs. 1, 3; 
SGB V § 130a Abs. 8, 9; GVG § 17a 
Gegen die Entscheidung einer Vergabekammer, die das Vergabeverfahren für den Abschluss von Rabattvereinbarungen nach § 130a Abs. 8 SGB V zum Gegenstand hat, ist allein das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu dem für den Sitz der Vergabekammer zuständigen Oberlandesgericht gegeben. Erklärt ein um die Rechtswegbestimmung angegangener oberster Gerichtshof des Bundes in einem solchen Fall einen anderen Rechtsweg als zulässig, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.
Beschluss vom 15. Juli 2008 - X ZB 17/08

 

EPÜ Art. 54 Abs. 2; PatG § 3 Abs. 1 
Ein Angebot kann auch nach Art. 54 Abs. 2 EPÜ/§ 3 Abs. 1 PatG 1981 dann zum Stand der Technik rechnen, wenn im Einzelfall die Weiterverbreitung der dem Angebotsempfänger übermittelten Kenntnis an beliebige Dritte vor dem für die Schutzfähigkeitsprüfung relevanten Zeitpunkt nach der Lebenserfahrung nahelag.
Urteil vom 8. Juli 2008 - X ZR 189/03 

 

Für die Feststellung des Offenbarungsgehalts der Gesamtheit der Anmeldeunterlagen gilt nichts anderes als für die Auslegung der in einem Patentanspruch verwendeten Begriffe und dessen Lehre zum technischen Handeln.
Beschluss vom 8. Juli 2008 - X ZB 13/06

 

Betrifft die Genehmigung für das Inverkehrbringen für ein Arzneimittel nur einen Einzelwirkstoff, und sei es auch zur Anwendung in Kombination mit den übrigen Wirkstoffen einer Wirkstoffkombination, so kann ein ergänzendes Schutzzertifi-kat für die Wirkstoffkombination auch dann nicht erteilt werden, wenn das Grundpatent die Wirkstoffkombination schützt.
Beschluss vom 8. Juli 2008 - X ZB 1/08

 

ZPO §§ 33, 36 Abs. 1 Nr. 3 
Der Gerichtsstand der Widerklage (§ 33 ZPO) gilt nicht für die Widerklage gegen den bisher am Verfahren nicht beteiligten Widerbeklagten. Die Bestimmung des Gerichts der Klage als gemeinsam zuständiges Gericht für Klage und Widerklage ist nicht nur dann zulässig, wenn zumindest einer der Widerbeklagten dort seinen allgemeinen Gerichtsstand hat.
Beschuss vom 24. Juni 2008 - X ARZ 69/08 

 

Zur Auslegung von Vergabeunterlagen, nach denen der Bieter bei beabsichtigter Übertragung von Teilen der Leistung auf Nachunternehmer in seinem Angebot Art und Umfang der durch Subunternehmer auszuführenden Leistungen angeben und auf Verlangen die vorgesehenen Nachunternehmer benennen muss und zu denen ein Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen gehört.
Urteil vom 10. Juni 2008 - X ZR 78/07

 

Wird mit der Gebrauchsmusteranmeldung ein Anmeldetag in Anspruch genommen, der dem Gebrauchsmuster nicht zukommt, führt dies zur Zurückweisung der Anmeldung. Ohne einen Übergang des Rechts auf das Patent kann der durch wider-rechtliche Entnahme Verletzte den für die Patentanmeldung maßgebenden Anmeldetag nicht für eine Gebrauchsmusteranmeldung ("Abzweigung") in Anspruch nehmen.
Beschluss vom 10. Juni 2008 - X ZB 3/08 

 

Als "erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft" im Sinn des Art. 13 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 1768/92 ist die vor anderen Genehmigungen in der Gemeinschaft und nach dem 31. Dezember 1993 erteilte Genehmigung in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) zu verstehen.
Beschluss vom 27. Mai 2008 - X ZB 31/06 

 

Eine nur mit § 38 Abs. 1 ZPO begründete Verweisung ist nicht willkürlich, wenn beide Parteien diese unter Bezugnahme auf eine vertragliche Gerichtsstandsvereinbarung begehrt haben.
Beschluss vom 27. Mai 2008 - X ARZ 45/08 

 

Dem Patent- oder Gebrauchsmusterinhaber steht grundsätzlich auch dann ein Unterlassungsanspruch gegen den Verletzer zu, wenn er an dem Schutzrecht eine ausschließliche Lizenz vergeben hat. Der Schutzrechtsinhaber, der an dem Schutzrecht eine ausschließliche Lizenz vergeben hat, kann den Verletzer unabhängig von dem ausschließlichen Lizenznehmer auf Schadensersatz in Anspruch nehmen; Schutzrechtsinhaber und Lizenznehmer sind nicht Mitgläubiger. Dem Schutzrechtsinhaber steht ein eigener Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung zu, mit dem er sämtliche Angaben beanspruchen kann, die er benötigt, um sich für eine der Schadensausgleichsmethoden zu entscheiden und seinen Anspruch nach der gewählten Methode zu beziffern.
Urteil vom 20. Mai 2008 - X ZR 180/05

 

Für eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO genügt es, dass ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand der Streitgenossen nicht zuverlässig feststellbar ist. Ist für die Ansprüche gegen einen Streitgenossen ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet, so kann das für diesen zuständige Gericht auch dann zu dem für den Rechtsstreit gegen sämtliche Streitgenossen zuständigen Gericht bestimmt werden, wenn in seinem Bezirk keiner der Streitgenossen seinen allgemeinen Gerichtstand hat. Der ausschließliche Gerichtsstand nach § 13 Abs. 2 VerkProspG ist mit Wirkung zum 1. November 2005 entfallen.
Beschluss vom 20. Mai 2008 - X ARZ 98/08 

 

Die Anordnung, einen im Inland ansässigen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, darf nur bei Zustellungen getroffen werden, die gemäß § 183 Abs. 1 Nr. 2 u. Nr. 3 ZPO auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts im Ausland erfolgen. Für Zustellungen im Inland - gleich in welcher Form - ist eine derartige Möglichkeit nicht eröffnet.
 Beschluss vom 5. Mai 2008 - X ZB 36/07

 

Ist Art. 5 Nr. 1 Buchst. b 2. Spiegelstrich der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen dahin auszulegen, dass auch bei Flugreisen von einem Mitgliedstaat der Gemeinschaft in einen anderen Mitgliedstaat ein einheitlicher Erfüllungsort für sämtliche Vertragspflichten an dem nach wirtschaftlichen Kriterien zu bestimmenden Ort der Hauptleistung anzunehmen ist? Wenn ein einheitlicher Erfüllungsort zu bestimmen ist: Welche Kriterien sind für seine Bestimmung maßgeblich; wird der einheitliche Erfüllungsort insbesondere durch den Ort des Abflugs oder den Ort der Ankunft bestimmt?
Beschluss vom 22. April 2008 - X ZR 76/07

 

Ist die vom Prozessbevollmächtigten eingelegte Berufung unwirksam, weil er nicht mehr als Rechtsanwalt zugelassen und aus der beim Berufungsgericht geführten Rechtsanwaltsliste gelöscht ist, muss sich die Partei die schuldhafte Unkenntnis des Prozessbevollmächtigten von der Löschung nicht zurechnen lassen (im Anschluss an BAG, Urt. v. 18.7.2007 - 5 AZR 848/06, NJW 2007, 3226; Abgrenzung zu BVerwG, Beschl. v. 10.6.2005 - 1 B 149/04, NJW 2005, 3018).
Beschluss vom 22. April 2008 - X ZB 18/07

 

Jedenfalls dann, wenn das Bundespatentgericht im Beschwerdeverfahren nach zurückgewiesener Anmeldung vor Beginn der Bearbeitung durch besondere Mitteilung Gelegenheit zur Einreichung einer Beschwerdebegründung gibt, kann ein Beschwerdeführer, der um eine entsprechende Mitteilung gebeten hat, darauf vertrauen, dass er eine entsprechende Aufforderung erhält. Unterbleibt diese und reicht er deshalb keine Beschwerdebegründung ein, verletzt die gleichwohl ergangene Entscheidung seinen Anspruch auf rechtliches Gehör.
Beschluss vom 22. April 2008 - X ZB 13/07 

 

Im Falle von Vertragsklauseln, die zur Verwendung in einem einzelnen Verbrauchervertrag bestimmt sind, trägt der Verbraucher die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Vertragsklauseln vorformuliert worden sind und er infolge der Vorformulierung keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen konnte.
Urteil vom 15. April 2008 - X ZR 126/06 

 

Die Eignungsprüfung dient im System der VOB/A bei öffentlicher Ausschreibung bzw. bei offenem Verfahren dazu, die Unternehmen zu ermitteln, die zur Erbringung der konkret nachgefragten Bauleistung nach Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit generell in Betracht kommen und die unzureichend qualifizierten Bieter auszusondern. Dem Angebot eines für geeignet befundenen Bieters darf dasjenige eines Konkurrenten nicht maßgeblich wegen dessen höher eingeschätzter Eignung vorgezogen werden (Bestätigung von BGHZ 139, 273). Möchte ein Bieter die Bauzeit proportional der verlängerten Zuschlags- und Bindefrist anpassen, kann sein Angebot nur ausgeschlossen werden, wenn der Auftraggeber berechtigterweise erwarten konnte, dass der ursprüngliche Fertigstellungstermin trotz des verzögerten Baubeginns eingehalten wird. Ob das der Fall ist, hängt im Wesentlichen von einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls einschließlich der beiderseitigen Interessen ab.
Urteil. vom 15. April 2008 - X ZR 129/06

 

Bei einem inhaltsgleichen gegen mehrere Beklagte gerichteten Unterlassungsbegehren handelt es sich nicht um denselben Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit; das gilt auch, wenn eine juristische Person und ihr Organ in Anspruch genommen werden.
Beschluss vom 15. April 2008 - X ZB 12/06

 

Die Auslegung der Individualvereinbarung zwischen den Parteien ist zunächst Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf überprüfbar, ob sie auf Verfahrensfehlern beruht, etwa weil wesentliches Tatsachenmaterial außer Acht gelassen wurde, oder gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder gesetzliche Auslegungsregeln verstoßen worden ist (vgl. z.B. Sen. Urt. v. 9.10.2002 - X ZR 80/01, BGH-Report 2003, 150; Urt. v. 25.2.1992 - X ZR 88/90, NJW 1992, 1967, 1968; BGHZ 135, 269, 273).
Urteil vom 1. April 2008 - X ZR 150/05 

 

Wird im Anwendungsbereich der VOB/A in der Ausschreibung dazu aufgefordert, Skontoabzüge anzubieten, so können diese bei der Wertung der Angebote berücksichtigt werden. Die Aufforderung, Skontoabzüge anzubieten, ist in der Regel dahingehend auszulegen, dass die Bedingungen, namentlich die Fristen, für die Gewährung des Skontoabzugs so beschaffen sein müssen, dass der Ausschreibende sie realistischerweise erfüllen kann. Die Prüfung, ob er die Bedingungen für die Gewährung des Skontos erfüllen kann, ist vom Ausschreibenden vorzunehmen; sie kann im Schadensersatzprozess des übergangenen Bieters nur auf ihre Vertretbarkeit überprüft werden.
Urteil vom 11. März 2008 - X ZR 134/05 

 

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des als Patentinhaber im Register Eingetragenen wird die danach ablaufende Frist zur Zahlung einer fälligen Jahresgebühr nicht unterbrochen.
Beschluss vom 11. März 2008 - X ZB 5/07 

 

Ansprüche auf Ausgleichszahlungen gemäß Art. 7 EGV 261/2004 können nicht gegen den Reiseveranstalter, sondern nur gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen geltend gemacht werden.
Hinweis-Beschluss vom 11. März 2008 - X ZR 49/07

 

Ein die mündliche Verhandlung vorbereitender Hinweis, eine bestimmte beschränkte Verteidigung des Streitpatents könne in der Verhandlung erörtert werden, kann auch dazu dienen, den Einsprechenden auf die Möglichkeit einer beschränkten Verteidigung des Streitpatents für den Fall vorzubereiten, dass der Patentinhaber überraschend neue Patentansprüche einreicht. Aus einem solchen Hinweis allein lässt sich daher noch nicht herleiten, ein solcher Gegenstand werde von dem den Hinweis gebenden Gericht für patentfähig gehalten, so dass es zur Vermeidung einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör verpflichtet sei, dem Patentinhaber weitere Hinweise zu geben.
Beschluss vom 27. Februar 2008 - X ZB 10/07

 

Die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde dient ausschließlich der Sicherung der Verpflichtung des Patentgerichts, seine Entscheidung zu begründen. Eine sachlich fehlerhafte oder unvollständige Begründung rechtfertigt die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nicht.
Beschluss vom 27. Februar 2008 - X ZB 16/07

 

Aufgabe des Sachverständigen ist die Vermittlung von Fachwissen zur richterlichen Beurteilung von Tatsachen und im Patentverletzungsprozess insbesondere die Vermittlung derjenigen fachlichen Kenntnisse, die das Gericht benötigt, um die geschützte technische Lehre zu verstehen und den diese Lehre definierenden Patentanspruch unter Ausschöpfung seines Sinngehalts selbst auslegen zu können. Das Verständnis des Sachverständigen vom Patentanspruch genießt als solches bei der richterlichen Auslegung grundsätzlich ebenso wenig Vorrang wie das Verständnis einer Partei (Fortführung von BGHZ 171, 120 – Kettenradanordnung). Allein aus Ausführungsbeispielen darf nicht auf ein engeres Verständnis des Patentanspruchs geschlossen werden, als es dessen Wortlaut für sich genommen nahelegt. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Auslegung des Patentanspruchs unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen ergibt, dass nur bei Befolgung einer solchen engeren technischen Lehre derjenige technische Erfolg erzielt wird, der erfindungsgemäß mit den im Anspruch bezeichneten Mitteln erreicht werden soll.
Urteil vom 12. Februar 2008 – X ZR 153/05 

 

Der wirksamen Inanspruchnahme des Prioritätsrechts steht es nicht entgegen, dass in dem auf die Nachanmeldung erteilten Patent eine technische Wirkung beansprucht ist, die in der Prioritätsanmeldung nicht angegeben ist, wenn die Erzielung der Wirkung aus der Sicht des Fachmanns bei der Nacharbeitung der offenbarten Erfindung selbstverständlich erscheint.
Urteil vom 30. Januar 2008 - X ZR 107/04 

 

Fehlen anderweitige Absprachen der Parteien, ist im Zweifel die Nachbesserung dort zu erbringen, wo das nachzubessernde Werk sich vertragsgemäß befindet.
Urteil vom 8. Januar 2008 - X ZR 97/05 

 

Bei Abschluss eines Lizenzvertrages über die unbeschränkt in Anspruch genommene Diensterfindung ist der Vergütungsanspruch des Erfinders - gegebenenfalls vorläufig - festzustellen oder festzusetzen. Kommt eine Feststellung nicht zustande und unterlässt der Arbeitgeber eine Festsetzung, kann der Erfinder auf gerichtliche Bestimmung der angemessenen Vergütung klagen. Der festzusetzende Vergütungsanspruch kann ausnahmsweise auf Null reduziert sein, wenn die vorbehaltlose Aufgabe des Nutzungsrechts durch den Lizenznehmer ohne Reduzierung der von ihm zu zahlenden Lizenzgebühren den Schluss zulässt, dass der Lizenznehmer der lizenzierten Erfindung keinen wirtschaftlichen Wert beigemessen hat. Muss sich der Arbeitgeber für die Aufgabe des Nutzungsrechts des Lizenznehmers Beschränkungen bei der zukünftigen Verwertung der Diensterfindung unterwerfen, kann dies gegen die Annahme sprechen, der Erfindung sei kein wirtschaftlicher Wert beigemessen worden.
Urteil vom 4. Dezember 2007 - X ZR 102/06

 

Der Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens in § 126 Satz 1 GWB setzt kein Verschulden beim Verstoß gegen bieterschützende Bestimmungen voraus. Ein Angebot hätte i. S. von § 126 Satz 1 GWB eine echte Chance auf den Zuschlag gehabt, wenn es innerhalb des Wertungsspielraums der Vergabestelle gelegen hätte, darauf den Zuschlag zu erteilen. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der für die Auftragserteilung vorgesehenen Wertungskriterien und deren Gewichtung, zu denen der öffentliche Auftraggeber ggf. nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast vorzutragen hat, zu prüfen. Die vom Auftraggeber vorzunehmende Schätzung des Gesamtauftragswerts i. S. von § 1a VOB/A (§ 3 Abs. 1 VgV) bezieht sich auf die unter Wettbewerbsbedingungen voraussichtlich entstehende Gesamtvergütung. Ein Anspruch aus culpa in contrahendo auf Erstattung der Kosten für die Teilnahme am Vergabeverfahren kann einem Bieter zustehen, wenn er sich ohne Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens (hier: Schätzung der Gesamtvergütung unterhalb des einschlägigen Schwellenwerts) nicht oder nicht so, wie geschehen, daran beteiligt hätte (Weiterführung von Sen.Urt. v. 27.6.2007 - X ZR 34/04, NZBau 2007, 727, zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen).
Urteil vom 27. November 2007 - X ZR 18/07 

 

Die Frist für die Stellung des Antrags auf Wiedereinsetzung in die ver-säumte Berufungsbegründungsfrist beträgt auch im Patentnichtigkeits-verfahren einen Monat (Fortführung des Sen.Beschl. v. 31.5.2000 - X ZR 154/99, GRUR 2000, 1010 - Schaltmechanismus).
Beschluss vom 13. November 2007 - X ZR 100/07 

 

Bei einem Werkmangel genügt für die Geltendmachung der Rechte des Bestellers und für die Hemmung der Verjährung der Hinweis auf die bloßen Mangelerscheinungen. Die Mangelursachen braucht er überhaupt nicht mitzuteilen und darf sie auch irrtümlich falsch angeben. Dies gilt auch dann, wenn der Besteller irrtümlich annimmt, dass einer objektiven Funktionsstörung gar kein Mangel, sondern lediglich ein Bedienungsfehler zugrunde liegt. Das Revisionsgericht kann nicht in der Sache selbst entscheiden, wenn das Sachverhältnis bisher nur vom erstinstanzlichen Gericht festgestellt worden ist und das Berufungsgericht noch nicht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO geprüft hat, ob konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Feststellung begründen.
Urteil vom 30. Oktober 2007 - X ZR 101/06 

 

Zur Beurteilung der Besorgnis der Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen im Nichtigkeitsberufungsverfahren.
Beschluss vom 23. Oktober 2007 - X ZR 100/05 

 

Wird von mehreren, ein Ausführungsbeispiel der Erfindung beschreibenden Merkmalen nur eines in den Patentanspruch aufgenommen, das die mit dem Ausführungsbeispiel erzielte technische Wirkung angibt, liegt darin auch dann keine unzulässige Erweiterung, wenn ein anderer Weg zur Erzielung derselben Wirkung nicht offenbart ist. Wer dem Patentnichtigkeitsverfahren auf Seiten des Klägers beitritt, gilt als Streitgenosse des Klägers (Abweichung vom Sen.Urt. v. 30.9.1997 - X ZR 85/94, GRUR 1998, 382, 387 - Schere).
Urteil vom 16. Oktober 2007 - X ZR 226/02

 

Wird die Berufung nach Ablauf der Berufungsfrist zurückgenommen, tritt die Rechtskraft des angefochtenen Urteils mit der Rücknahme ein. Der Grundsatz, dass bei Verletzung eines immateriellen Schutzrechts bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Schadensersatzanspruch zwischen einer der drei möglichen Berechnungsarten gewählt werden kann, ist dahin eingrenzend zu konkretisieren, dass der Verletzte dieses Wahlrecht dann verliert, wenn über seinen Schadensersatzanspruch bereits für ihn selbst unangreifbar nach einer Berechnungsart entschieden worden ist.
Urteil vom 25. September 2007 - X ZR 60/06 

 

Gesetzliche Regelung zur Mitteilungspflicht des Hochschullehrers bei Veröffentlichung von Diensterfindungen verfassungsgemäß
ArbNErfG § 42 Nr. 1; GG Art. 5 Abs. 3, Art. 73 Abs. 1 Nr. 9
Die Regelung in § 42 Nr. 1 ArbNErfG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen vom 18. Januar 2002 (BGBl. 2002 I S. 414) hält sich im Rahmen der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 9 GG.

Die Regelung der "positiven Publikationsfreiheit" des Hochschullehrers in § 42 Nr. 1 ArbNErfG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen vom 18. Januar 2002 (BGBl. 2002 I S. 414) verstößt nicht gegen Art. 5 Abs. 3 GG.
Urteil vom 18. September 2007 - X ZR 167/05
Pressemitteilung Nr. 130/07

 

VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b
Werden in den Ausschreibungsunterlagen Erklärungen zu den Leistungen, die der Bieter durch Nachunternehmer erbringen lassen will, gefordert, so ist ein Angebot, das diese Erklärungen nicht enthält, von der Wertung der Angebote nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b VOB/A auszuschließen.
Urteil vom 18. September 2007 - X ZR 89/04 

 

BGB §§ 651c, 651f, 651g Abs. 1; BGB-InfoV § 6 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 4 Satz 1
Haftung eines Reiseveranstalters trotz Versäumung der Ausschlussfrist
Die Beeinträchtigung, die ein Reisender durch eine Verletzung der Ver-kehrssicherungspflicht des Reiseveranstalters erleidet, kann einen Reisemangel darstellen. Eine § 6 Abs. 4 Satz 1 BGB-InfoV genügende Verweisung des Reiseveranstalters auf Prospektangaben über die Ausschlussfrist des § 651g Abs. 1 BGB muss zumindest einen Hinweis auf die Existenz von Ausschlussfristen und auf deren Fundstelle im Prospekt enthalten. Der Ersatz von Angaben über die Ausschlussfrist des § 651g Abs. 1 BGB in der Reisebestätigung durch Verweisung auf den Prospekt setzt zumindest bei einer Buchung im Reisebüro voraus, dass der Reiseveranstalter dem Reisenden den Prospekt ausgehändigt hat. Wenn der Reiseveranstalter seine Pflicht zum Hinweis auf die Ausschlussfrist des § 651g Abs. 1 BGB nicht erfüllt hat, besteht eine widerlegliche Vermutung dafür, dass die Fristversäumung des Reisenden entschuldigt ist. Die Versäumung der Ausschlussfrist des § 651g Abs. 1 BGB ist entschuldigt, soweit der Reisende gesundheitliche Spätschäden geltend macht, die für ihn persönlich bis zum Fristablauf nicht vorhersehbar waren.Ein Reisender, der die Ausschlussfrist des § 651g Abs. 1 BGB mangels Kenntnisseiner Ansprüche unverschuldet versäumt hat, braucht nach Kenntniserlangung die Anspruchsanmeldung nur dann unverzüglich nachzuholen, wenn der Reiseveranstalter ihn bei Vertragsschluss auf die Ausschlussfrist hingewiesen oder wenn er sie anderweitig in Erfahrung gebracht hatte (Fortführung von BGH, Urt. v. 22.06.2004 - X ZR 171/03). Dafür trägt der Reiseveranstalter die Darlegungs- und Beweislast.
Urteil vom 12. Juli 2007- X ZR 87/06
Pressemitteilung Nr. 82/07

 

ZPO § 4 Abs. 1; RVG § 23 Abs. 1; GKG § 43 Abs. 1
Vorprozessual aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten Hauptanspruchs wirken nicht werterhöhend unabhängig davon, ob diese Kosten der Hauptforderung hinzugerechnet werden oder neben der im Klagewege geltend gemachten Hauptforderung Gegenstand eines eigenen Antrags sind.
Beschluss vom 30. Januar 2007 - X ZB 7/06 

 

Wer gestützt auf eine Bankvollmacht Beträge vom Konto des Vollmachtgebers abgehoben hat, trägt im Rückforderungsprozess die Beweislast für die Behauptung, mit der Abhebung ein formnichtiges Schenkungsversprechen des Vollmachtgebers mit dessen Willen vollzogen zu haben.
Urteil vom 14. November 2006 - X ZR 34/05 

 

Entschädigungsanspruch des Reisenden gegen den Reiseveranstalter bei Vereitelung der Reise durch Überbuchung
Urteil vom 11. Januar 2005 - X ZR 118/03
Pressemitteilung Nr. 3/05

 

Für eine Reisemängelrüge gemäß § 651 g Abs. 1 BGB reicht es aus, dass der Reisende erklärt, den Vorfall nicht auf sich beruhen lassen zu wollen, und dabei die Mängel nach Ort, Zeit, Geschehensablauf und Schadensfolgen so 
konkret beschreibt, dass der Reiseveranstalter die zur Aufklärung des Sachverhalts gebotenen Maßnahmen zur Wahrung seiner Interessen ergreifen kann. Die Ausschlussfrist von einem Monat nach § 651 g Abs. 1 BGB ist jedenfalls gewahrt, wenn der Reisende seine Mängelrüge bei dem Reisebüro, über das er die Reise gebucht hat, abgibt und sie von diesem innerhalb der Monatsfrist an den Reiseveranstalter weitergeleitet wird.
Urteil vom 11. Januar 2005 - X ZR 163/02 

 

Dem Rückforderungsanspruch wegen Verarmung des Schenkers und der Überleitung dieses Anspruchs auf den Träger der Sozialhilfe im Hinblick auf die von diesem dem Schenker geleistete Hilfe zum Lebensunterhalt steht es nicht entgegen, dass das Geschenk, wenn es beim Schenker verblieben wäre, zu dessen Schonvermögen gehört hätte.
Urteil vom 19. Oktober 2004 - X ZR 2/03 

 

Die Qualifikation einer Verbraucherausstellung als Freizeitveranstaltung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWiG (jetzt § 312 Abs. 1 Nr. 2 BGB) setzt voraus, dass Freizeitangebote und Verkaufsangebote derart organisatorisch miteinander verwoben sind, dass der Kunde im Hinblick auf die Ankündigung und die Durchführung der Veranstaltung in eine freizeitlich unbeschwerte Stimmung versetzt wird und sich dem auf einen Geschäftsabschluss gerichteten Angebot nur schwer entziehen kann (im Anschluss an BGH, Urt. 10.7.2002 - VIII ZR 199/01, NJW 2002, 3100). Die Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen gibt keine Veranlassung, ohne Rücksicht auf die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung formulierten Kriterien jede Verbrauchermesse oder Verbraucherausstellung als Freizeitveranstaltung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWiG (jetzt § 312 Abs. 1 Nr. 2 BGB) zu qualifizieren.
Urteil vom 28. Oktober 2003 - X ZR 178/02 

 

Bundesgerichtshof zur Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Reiseveranstalters
Urteil vom 30. September 2003 - X ZR 244/02 
Pressemitteilung Nr. 112/03

 

Der Werkunternehmer hat auch ohne Nachfristsetzung für einen Vermögensschaden einzustehen, der dem Besteller eines unter Verletzung von Urheberrechten Dritter hergestellten Werbefilms zu dem Zeitpunkt, zu dem der Besteller den Unternehmer zur Beseitigung des Mangels hätte auffordern können, durch die Verbreitung des Werbefilms und die deshalb von dem Dritten geltend gemachten Ansprüche bereits entstanden ist.
Urteil vom 13. Mai 2003 - X ZR 200/01 

 

Bundesgerichtshof zu Preiserhöhungsklauseln in Geschäftsbedingungen von Reiseveranstaltern
Urteil vom 19. November 2002 - X ZR 243/01 
Pressemitteilung Nr. 119/02